Gastautor / 23.07.2022 / 06:15 / Foto: J.Lohmann / 27 / Seite ausdrucken

Kanada – Saturday Morning Coffee wie immer?

Von Jo Lohmann.

Saturday morning coffee – Caffe Latte und Muffin in der noch flachen Morgensonne vor dem lokalen Coffeeshop, die New York Times oder einfach ein Classic Car Magazine neben dem Sweet Breakfast auf dem Tisch, angeregt intelligenter Plausch mit anderen, die das Gleiche tun, einfach tief durchatmen. Auf der Straße ziehen noch erst wenige Autos vorbei, Richtung Cottage oder mit dem Bootshänger zum Fluss zum Fischen – nordamerikanisches Wochenend-Einläuten pur!

Das war beinahe ein Ritual, nicht jedes aber every other weekend. In der samstäglichen Morgenfrühe rollt auch der eine oder andere automobile Klassiker oder eine Harley auf den Parkplatz vor dem Coffein-Outlet der Kaffee-Kette. Alle sind gut drauf, entspannt, manche erzählen mit Vorfreude von dem, was ihnen so als Wochenend-Highlight vorschwebt.

2020 schoben dann wie aus dem Nichts die Regierenden dunkle Wolken von Covid-Lockdowns, Masken- und Abstandsregeln vor die Sonne über diesen Samstagmorgen-Szenen.  Über Nacht war der bis dahin vertraute Tischnachbar von der Politik und deren Gesundheitsexperten zur lebensgefährdenden Virenschleuder gestempelt, wichen die Sonnenbrillen aufmerksamen Blicken, auf dass einem die anderen Gäste nur nicht zu nahe kommen, verschwand das Lächeln hinter Textilbinden vor Mund und Nase.

Mittlerweile sind die Coffeeshops wieder uneingeschränkt geöffnet, Masken- und Abstandszwang öffentlich aufgehoben, alles könnte wieder sein wie früher, im „alten Normal“. Aber eine irgendwie fremdartige Skepsis in den Blicken der Gäste, die unterdrückt misstrauische Stimmung gegenüber den Anderen, die ist geblieben, und das bei unheimlich vielen hier in Ontario, die zum Teil völlig freiwillig weiter nur mit Maske an den Tresen treten, um rasch ihren Coffee-to-Go zu bestellen.

Fremdelndes Flair draußen am Rand der Shopping Mall

„Nichts wird wieder so sein, wie es war“, hatten unsere Staatslenker und globalen Vordenker prognostiziert während der weltweit ausgerufenen Pandemie. Wenig ist noch so wie zuvor, auch wenn die Sonne über dem Coffeeshop scheint wie immer, die Sonneschirme wieder über den Tischen zum Parkplatz hin aufgespannt sind.

Und so lasse ich die Espressomaschine vorwärmen, in der heimischen Küche, allein aber frei von diesem fremdelnden Flair draußen am Rand der Shopping Mall, in dem junge Eltern ihre Kinder immer noch ermahnen, kritischen Abstand zu ihren Mitmenschen zu halten, weil man ja nie wissen kann, weil die „siebte Corona-Welle“ von der Politik schon fest erwartet wird. Gleich genieße ich meinen Caffe Latte mit einem selbstgebackenen Pancake auf der Terrasse hinter dem Haus. Aus dem Radio begleiten Hispanoklänge von Tito Puente meine persönliche Idylle, läuft Musik von Hand gemacht, Aufnahmen von regionalen Rhythm-and-Blues, Folk und Country Bands, die unentdeckt von der großen Musikindustrie weiter der Versuchung des Mainstream-Trends der mageren digitalen Töne widerstehen.

Gestern Abend war Classic Car Curise Night, eines jener ungezwungenen, marken- und generationenverbindenden Treffen mit orginalgetreu restaurierten automobilen Klassikern, in aller Patina erhaltenen „Survivor“-Limousinen, und Rat Rods – Blechdenkmälern, die im Flugrost alle Krisen der vergangenen Jahrzehnte souverän überlebt haben. Die Cruise Nights sind nun sogar wieder von der wachsamen Obrigkeit gestattet. Man darf sich wieder die Hand reichen. Obwohl, das haben wir auch letzten Sommer schon getan, irgendwie teil-erlaubt zwischen den alten Autos, haben uns später dann spontan auf anderen, nirgendwo genehmigten „Cruise-ins“ erneut getroffen, ohne zu fragen unsere eigene Welt geschaffen – legal, illegal, scheißegal. 

Wie einfach es doch sein kann, sich allen negativen Schwingungen für eine Zeit lang zu entziehen, einzutauchen in eine der über die vergangenen zwei Jahre verbliebenen, wohltuenden Nischen des Lebens. Nachher setze ich mich aufs Rad und fahre hinaus aus der nervösen Stadt, vergesse mal alles um mich herum, auf einer anderen kleinen, über die gesamte Pandemiezeit hinweg unstörbar gebliebenen Art der persönlichen Flucht und schalte den Geist einfach mal in den Leerlauf, zum Auftakt eines neuen sonnigen Wochenendes.

Die Gedanken sind ohnehin frei – und sollen es auch bleiben! Aber das liegt ganz allein an uns selbst, an uns allen. Ihnen schon einmal eine gute neue Woche and take it easy. Denken Sie einfach „mir san mir“, und das lassen wir uns nicht nehmen. Punkt..

Foto: J.Lohmann

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Thomas Szabó / 23.07.2022

Bricht das Zeitalter des Neo-Biedermeier heran? Man zieht sich aus dem ideologisch versifften, politisch reglementierten öffentlichen Leben zurück, kauft sich ein von Weinreben umranktes Häuschen auf dem Land, in der vertrauenserweckenden Nachbarschaft anderer weißer alter Männer und wahrt einen gesunden Distanz zur unvermeidlichen Realität. Ich fragte einen Freund, ob er die Betriebskosten übernimmt, wenn… Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: “Ja!” Wir gründen eine WG für alternde weiße Männer, lümmeln auf der Terrasse bei Wein & Brötchen, Kaffee & Kuchen mit der Schrotflinte unter dem Tisch.

Emma W. in Broakulla / 23.07.2022

Zum Glück habe ich den ganzen Maskenzirkus nie mitmachen müssen und mir entgeht daher auch die Freude darüber endlich von der Maske befreit zu sein. Ich war es ja immer!  Bin z.Zt. in ärztlicher Behandlung. Die Ärzte und das ärztliche Personal tragen noch OP-Masken, keine FFP2-Masken! Ich brauche aber auch dort keine Maske.

Hans-Peter Dollhopf / 23.07.2022

Neulich lief ich einem früheren Arbeitskollegen über den Radweg. Zuerst dachte ich: “Warum will mich jetzt jemand absichtlich übergahren?” Aber dann bremste er bei einem halben Meter Abstand auf null kmh herunter, streckte seinen Arm mir der rechten Hand dran gegen mich aus und sagte: ‘Guten Tag!” “Hey”, erwiderte ich erfreut, seine Flosse ergriffen schüttelnd, “ich hatte Dich gar nicht erkannt.” Wir talkten etwas schmal und er erwähnte: “Ich hab mir übrigens das 9-€-Ticket gekauft. Damit kann ich mal prima zu meinem Kumpel nach Gölln fahrn. Für €9.” “Hm”, überlegte ich mir plötzlich ein paar Tage später, “wenn der Thomas das Ticket gut findet, trotz der Maskenpflicht (weswegen ich ja nach Jahrzehnten mein ÖPNV-Abo gekündigt hatte), dann kaufe ich jetzt auch eines.” Man muss wissen, dass Thomas damals in der Firma der informelle Führer gewesen war. Sagte er was, waren alle anderen seiner Meinung, außer mir. Ich hatte immer schon eine anarchistische Abneigung gegen jegliche Führerung (außer in Bezug auf Hashem, aber den soll es ja gar nicht geben, von daher), aber da Thomas und ich heute ja nicht mehr unter Gruppendruckverhältnissen verlinkt sind, sehe ich kein Hindernis mehr, welche von seinen Ansichten zu übernehmen. Ich fahre also seit Anfang Juli wieder mit Bus, Straßenbahn und Regionalzug und zwar bei neun von zehn Fahrten ohne verordnete Maske. Bei einer von zehn Fahrten dient sie mir als BH: als Barthalter. Und in 0,1 Promill’ der Fälle, wenn ein Arschloch den Bus steuert und mir eine Ansage macht, merke ich mir den für das kommende unterschwellige Denunziationsportal der Regierenden. Mir fällt schon was ein!

Richard Reit / 23.07.2022

Es gab schon immer viele Bekloppte.Nur ist das jetzt, wie mit einem Brennglas vergrößert, sehr viel offensichtlicher.Und sie wurden jetzt gebündelt.Sie verteilen sich nicht mehr lose auf diverse Felder des Irrsinns, sondern bilden jetzt eine Mehrheit.The System of Dr.Tarr and Prof Fethers.

N.Lehmann / 23.07.2022

Herzerweichender Artikel, da kommen einem dieTränen! Zuhause brennt die Hütte, 86% schauen wie immer zu und die Restschafe verarbeiten ihre Selenproblemchen durch Reiseportalpropaganda. Unglaublich!

Claudius Pappe / 23.07.2022

Wir müssen Nachsicht mit den Maskenträgern haben : Sie haben alle eine schwere Vorerkrankung : Sie haben in den letzten 17 Jahren CDU, CSU, SPD und Grüne gewählt , ARD, RTL und ZDF geschaut und FAZ, Spiegel, Lokus, SZ und ihre lokale Lügenpresse gelesen.

Ludwig Luhmann / 23.07.2022

“Die Cruise Nights sind nun sogar wieder von der wachsamen Obrigkeit gestattet.” - Da kriege ich Bauchschmerzen!—- “Die Gedanken sind ohnehin frei – und sollen es auch bleiben!” - Wer sich in Ketten hat legen lassen, dessen Gedanken können nicht frei sein!

Hans-Peter Dollhopf / 23.07.2022

“Wie einfach es doch sein kann, sich allen negativen Schwingungen für eine Zeit lang zu entziehen.” Herr Lohmann, Sie haben da eine gesunde Immunabwehr gegen Neurotizismus.

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