Gastautor / 25.05.2008 / 16:51 / 0 / Seite ausdrucken

Hildegard Becker: Omar al-Rawi leistet Integrationsarbeit

“Voll krass” – oder was sonst soll man dazu sagen, wenn ein paar Muslim-Vertreter in Österreich es schaffen, dass eine zuvor als Referentin geladene deutsche Islamwissenschaftlerin kurzerhand wieder ausgeladen wird? So geschehen in Traun. Die Rede ist von Prof. Dr. Christine Schirrmacher (Bonn), Leiterin des Instituts für Islamfragen. Die Veranstalter in Traun nennen sich „Personenkomitee Aufeinander zugehen“.

Das „Zugehen“ des Komitees auf Frau Schirrmacher hatte ja geklappt. Das Abrücken von ihr dann auch – nur wenige Tage vor ihrem für den 21. Mai 2008 geplanten Vortrag über den „Islam in Europa als Herausforderung für Staat, Gesellschaft und Kirche“. Was war geschehen? Man habe bei der Einladung Frau Schirrmachers Einstellung zum Islam nicht gekannt – hieß es etwas schlicht bei der Ausladung. Man befürchte eine unsachliche Darstellung des Islam. Etwas peinlich, jemanden einzuladen, ohne sich über ihn oder sie vorab zu informieren.

Fragwürdigen „Nachhilfeunterricht“ bezüglich dieser „Einstellung“ der Frau Schirrmacher zum Islam erhielt Trauns aufeinander zugehendes Komitee von einigen massiv protestierenden Muslimen in Wien, vor allem von Omar Al-Rawi. Der ist kein Unbekannter. Abgesehen von der ihm von Kennern der Wiener Islamszene nachgesagten Nähe zur islamistischen Muslimbruderschaft ist Al-Rawi Integrationsbeauftragter der „Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich“ (IGGiÖ), SPÖ-Abgeordneter im Wiener Landtag und Gemeinderat in Wien. Frau Schirrmacher sei eine „bekannte antiislamische und antimuslimische Aktivistin“ (idea-spektrum 23.5.2008), „die auf Plakaten und in Wahlreden minderheitenfeindliche und antiislamische Reden schwinge“.  „Erschreckend“ fand Al-Rawi „ihre Unterstützung durch die Stadt Traun und Organisationen der Migrantenbetreuung“; „besonders enttäuschend“ sei, dass der sozialdemokratische Bürgermeister von Traun die Veranstaltung unterstütze. Und als Al-Rawi dann – oh Schreck! –  auch noch drohte, „die Sache öffentlich und in den Medien zu thematisieren“ (so idea), sagte die Vorsitzende des Trauner Komitees die Veranstaltung ab.  Soviel bevorstehende Ungemach schüchtert ein.

Das wiederum macht es umso notwendiger, den „Fall“ öffentlich zu thematisieren. Nein nein – nicht die Einladung der Christine Schirrmacher, sondern deren Ausladung durch die Veranstalter. Denn der Vorgang legt den Schluss nahe, dass nicht etwa sachliche Information die Absage bewirkt hat, sondern erpresserischer Druck durch einige Muslimrepräsentanten. Was also hat Christine Schirrmacher „verbrochen“, dass sie zum Muslimschreck hochstilisiert werden konnte? 

Ein gefundenes Fressen ist es natürlich, dass der Träger des von ihr geleiteten Instituts die „Evangelische Allianz“ ist, die – ebenso wie die „Lausanner Bewegung“ – zu den so genannten „Evangelikalen“ gezählt wird, und die werden von Schwarz-Weiß-Malern schlicht als „Fundamentalisten“ eingeordnet. Da fällt es muslimischen Fundamentalisten natürlich leicht, Christine Schirrmacher als „evangelikale Rechte“ und „islamfeindlich“ zu beschimpfen. Dass in der evangelikalen Bewegung nicht nur Rechte, sondern das ganze politische Spektrum vertreten ist (also auch „Linke“), ist Leuten wie Al-Rawi vermutlich gar nicht bekannt – oder aber er ignoriert es, weil es der Verleumdung dient und ohnehin der Klischeevorstellung entspricht. 

„Falsch“ nennt Christine Schirrmacher Al-Rawis Behauptung, sie gehöre der Lausanner Bewegung an. Das sei nie so gewesen und auch heute nicht der Fall. „Ich bin evangelische Christin, und das mit Überzeugung“, sagt sie. Sie weist verleumderische Charakterisierungen wie „islamfeindlich“,  „antimuslimische Aktivistin“ und „Agitatorin“ zurück. Im Übrigen ist die Taktik, unbequeme Kritiker in die Ecke von Radikalen zu schieben – seien es nun Rechtsradikale oder „Antideutsche“ – dem Herrn Omar Al-Rawi ja durchaus nicht fremd. Mit Respekt und Toleranz hat das natürlich nichts zu tun.

Einige Fakten mögen zu einer seriösen Einschätzung von Christine Schirrmacher als Islamwissenschaftlerin beitragen. Sie ist
• Professorin für Islamische Studien an der staatlich akkreditierten Evangelisch-Theologischen Fakultät Löwen/Belgien. 
• Mitglied des Kuratoriums der „Zentralstelle für Weltanschauungsfragen“ (EKD) und war
• Mitglied des 2004-2006 eingesetzten „AK Islam“ des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD)
• unterrichtet bei mehreren staatlichen Institutionen, Polizei- und Sicherheitsbehörden auf Länder- und Bundesebene, ebenso bei der Bundeswehr und seit rund 10 Jahren auch bei der Bundesregierung die Anwärter für auswärtige Laufbahnen
• Mitglied dreier regelmäßig tagender politischer Beratergremien in Islamfragen
• wird regelmäßig zu Symposien und Konferenzen an in- und ausländischen Universitäten eingeladen und publiziert in wissenschaftlichen Schriftenreihen mehrerer Universitäten
• hält Vorträge und Seminare u. a. bei Landesverbänden und -vorständen politischer Parteien, den politischen Stiftungen der Bundesparteien, bei der Deutschen Journalistenschule, München, der „Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte“, Frankfurt, bei Volkshochschulen und Bildungswerken.
• Gestaltet seit Jahren Lehrerfortbildungen sowie Vorträge und Fortbildungen für Opferschutz- und Frauenhausbeauftragte, Bürgermeister, Stadtparlamente und Integrationsräte
• Mitglied renommierter deutsch-muslimischer Gremien (wie der Deutsch-Jordanischen Gesellschaft, Berlin)
• hat zahlreiche Bücher verfasst (darunter mit Prof. Dr. U. Spuler-Stegemann das von den einschlägigen großen Tageszeitungen durchweg positiv rezensierte Buch „Frauen und die Scharia“).
• hat zahlreiche arabische Länder sowie den Iran und die Türkei bereist und stets gute Kontakte und Freundschaften zu Muslimen gepflegt
• ist an Dialoginitiativen beteiligt und wird im Juli d. J. an der Konferenz “Loving God and neighbor in Word and Deed: Implications for Muslims and Christians” auf Einladung von Prof. Dr. Miroslav Volf und Prof. Dr. HRH Prince Ghazi bin Muhammad bin Talal des Yale Center for Faith and Culture an der Yale University New Haven/USA teilnehmen.

Es ist wohl nicht davon auszugehen, dass, wie Christine Schirrmacher selbst sagt, so viele Personen und Institutionen im Laufe der Jahre „nie etwas von der hier vermuteten „Agitatorin“ bemerkt“ hätten, „die antislamische Reden schwingt“ und „islamfeindlich“ ist.“ 

Wovor hat Omar Al-Rawi Angst? Weshalb hat er sie verhindert? Will er vielleicht Kritik am Islam und an Muslimen überhaupt verhindern? Es darf nicht toleriert werden, dass „eine Minderheit von polemisch bis verleumdend agierenden“ Muslimen „demokratische Spielregeln außer Kraft setzen kann“, so die Evangelische Allianz in Österreich. Dem ist beizupflichten.

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