Anabel Schunke / 08.07.2020 / 14:00 / Foto: Achgut.com / 44 / Seite ausdrucken

Gute Strukturen, böse Strukturen?

Es ist bald anderthalb Monate her, dass der Afroamerikaner George Floyd bei einem Polizeieinsatz  in der US-Metropole Minneapolis starb. Seither ist die Welt nicht zur Ruhe gekommen. Die Unruhe liegt vor allem in den unterstellten strukturellen Ursachen der Tat begründet, die Aktivisten der Black Lives Matter-Bewegung auf der ganzen Welt geltend machen. Darin, dass der Tod George Floyds eben kein Einzelfall, kein tragisches Unglück gewesen sei, das durch ein einzelnes schwarzes Schaf bei der Polizei in Minneapolis ausgelöst wurde, sondern nur ein Beispiel von vielen für Polizeigewalt und strukturellen Rassismus in den Vereinigten Staaten. Der eine Tropfen im Fass der strukturellen Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung, der eben dieses zum Überlaufen brachte. 

George Floyds Tod bekommt damit eine politische Dimension, den der Giftmord an der eigenen Ehefrau und das anschließende Einbetonieren der Leiche in die Hauswand, bei aller Abscheulichkeit, nicht hat. Die politische Dimension, die alles andere in den Schatten stellt, lautet Rassismus, und sie ist deshalb so wirkmächtig, weil die bloße Unterstellung, es handele sich hierbei um ein rassistisches Motiv, ausreicht, um einen aus der Gefallsucht der Menschen resultierenden, pseudomoralischen Zwang, sich auf der „guten“ Seite zu positionieren, auszulösen, der jedwede Fakten und Aspekte einer ausgewogenen Debatte systematisch ausblendet. In einem solchen Klima ist es dann auch unerheblich, was bei dem eigentlichen Prozess gegen die involvierten Polizisten herauskommt, oder dass die absoluten Zahlen der Personen, die bei einem Polizeieinsatz um’s Leben kamen, gegen die These vom strukturellen Rassismus gegenüber Schwarzen sprechen. 

Was zählt, ist, wie in allen von links dominierten gesellschaftlichen Debatten der letzten Jahre, das Gefühl, ein subjektives Moralempfinden und nicht die Fakten. Was zählt, ist am Ende auch nicht George Floyd oder die Opfer, die in den nachfolgenden Protesten durch Aktivisten selbst um’s Leben kamen. Was zählt, ist die Möglichkeit, sich selbst als Social Justice-Warrior inszenieren zu können und eine übergreifende Debatte über Rassismus in allen westlichen Gesellschaften loszutreten – egal, wie absurd die Vergleiche auch sein mögen. 

Gefangen im eigenen ideologischen Gefängnis

Am Ende ist auch der Linke nur auf der Suche nach der eigenen Identität, die er all den „hängengebliebenen Hinterwäldlern“ so gerne abspricht. Wer sich am Ende nicht mal mehr über seine Zugehörigkeit zu einem Geschlecht definieren darf, weil das all jene ausschließen würde, die sich nicht klar zuordnen wollen oder können, der wird eben schnell einmal zum Gefangenen seines eigenen ideologischen Gefängnisses. Und da man nicht zugeben kann, dass man – genau wie der konservative Hinterwäldler und jedes andere menschliche Wesen – seine Identität durch Zuordnung und Abgrenzung von etwas bildet, inszeniert man sich als Kämpfer für die „Entrechteten“ dieser Welt und ordnet sich damit eben der Größe der „Guten“ zu und grenzt sich von den „Bösen“ ab.

Da dieses Schauspiel aber von der mehrheitlich selbst davon betroffenen Presselandschaft nicht benannt wird und es dem Zeitgeist entspricht, die lahmen linken Parolen aus den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts immer und immer wiederzukäuen und tatsächlich als progressive Neuerfindung unter dem Oxymoron „demokratischer Sozialismus“ zu verkaufen, ist derjenige, der sich über seine Wurzeln oder sein Geschlecht definiert, halt ein Ewiggestriger und der "Social Justice Warrior“ selbstredend der altruistische neue Mensch, nach dem der Sozialismus so lange vergeblich gesucht hat, um endlich funktionieren zu können. 

Und weil sich George Floyds Tod, ganz gleich, was für einen Background der Mann hat, so hervorragend eignet, um sich selbst im Kampf für das „Richtige“ zu inszenieren, wird seit Wochen in aller Ausführlichkeit über alles berichtet, was der Black Lives Matter-Ideologie irgendwie zuträglich ist, während zugleich systematisch alles ausgeblendet wird, was, wie die Todesopfer durch die Proteste selbst, nicht ins Bild passt. Am Ende gibt es eben doch „gute“ und „schlechte“ Opfer. 

Dass es diesen Filter gibt, lässt sich in Deutschland seit 2015 quasi jeden Tag auch in Bezug auf ein Thema beobachten, das uns in Deutschland deutlich mehr betrifft als Polizeigewalt und struktureller Rassismus gegenüber der schwarzen Bevölkerung: Die unkontrollierte Einwanderungs- und Asylpolitik.

Ausschließlich daran arbeiten, das Weltbild aufrechtzuerhalten

Auch hier gilt es, das Narrativ des bösen weißen Mannes (m/w/d), der sich vor allem am afrikanischen Kontinent und dem Nahen Osten versündigt hat, aufrechtzuerhalten. Strukturelle Probleme gib es ebenso allenfalls in Form von strukturellem Rassismus, der ausnahmslos vom weißen Mann oder der weißen Frau ausgeht. All jene Taten, die von Menschen mit Migrationshintergrund begangen werden, sind hingegen Einzelfälle, die keinerlei politische Dimension aufweisen. 

Auch hier erweist es sich für die politische Linke als überaus vorteilhaft, dass in den Redaktionen Deutschlands und mittlerweile auch in anderen Ländern der Welt nahezu ausnahmslos Gesinnungsgenossen sitzen, die eifrig daran arbeiten, dieses Weltbild aufrechtzuerhalten, damit im teilnahmslosen Noch-nicht-Nazi-Rest in Deutschland kein Unmut entsteht. Der Rest hat Angst um seinen Job und schreibt daher auch nicht mehr, was er denkt. 

Und so ist es nicht verwunderlich, dass wir seit Wochen in aller Ausführlichkeit über die Befindlichkeiten einer jungen Frau mit Kopftuch aufgeklärt werden, deren Jobgesuch bei einem Edeka-Markt abgelehnt wurde, was völlig unkritisch von allen Redaktionen als „rassistischer Vorfall“ eingeordnet wird, nicht aber über die besagten Todesfälle im Zusammenhang mit den Black Lives Matter-Protesten

Stattdessen werden wir von der Süddeutschen Zeitung bereits in der Headline darüber aufgeklärt, dass sich eine Frau in den USA wegen einer fälschlichen Anzeige gegenüber einem afroamerikanischen Mann verantworten muss, während in Obergünzburg am gestrigen Montag lediglich ein „Mann“ seine Ehefrau im Linienbus erstochen hat. Dass der Mann Afghane war und seine (Ex-)Frau einem sogenannten Ehrenmord zum Opfer fiel, erfahren wir dabei nicht. 

Wo das Strukturelle durch Weglassen verschleiert wird

Es wird deutlich: Das Strukturelle allein reicht bei einer Tat nicht aus, um eine große Berichterstattung in Gang zu setzen. Schlimmer noch: Sofern das Strukturelle nicht in den ideologischen Zeitgeist passt, wird es mitunter sogar systematisch durch Weglassen verschleiert oder gar geleugnet, indem man es als Einzelfall deklariert und damit die Regel zur Ausnahme macht. 

Dabei gäbe es so vieles, worüber wir im Zusammenhang mit dieser und vergangener Taten reden müssten. Nicht, weil Deutsche keine Beziehungstäter sein können, sondern, weil sich diese Art der „Beziehungstaten" gänzlich von unseren unterscheidet. Das macht den einen Mord nicht besser als den anderen, aber es legt den Fokus darauf, dass wir es hier, anders als bei deutschen Tätern, mit einem Problem zu tun haben, das der Heimatkultur dieser Menschen inhärent ist und damit eine völlig andere strukturelle Dimension aufweist, die nicht zuletzt durch die unkontrollierte Zuwanderung aus eben diesen Ländern auch für Europa und Deutschland eine zunehmend politische Dimension erhält. 

Warum gibt es nach Black Lives Matter kein „Women lives Matter“? Warum schauen jene Frauen, die sich sonst schon durch klassische Geschlechterrollen in einem alten Disneyfilm diskriminiert fühlen, so geflissentlich weg, wenn Gewalt gegen Frauen am helllichten Tag mitten unter uns stattfindet? 

Weil es schon lange nicht mehr um „Black Lives Matter“ oder „Women lives Matter“, sondern um „Ideology matter“ geht. Nicht darum, was ein Menschenleben zählt, sondern darum, welches  Leben oder besser gesagt, welcher Tod, sich gewinnbringend für die eigene Sache instrumentalisieren lässt. 

Der Tod der namenlosen afghanischen Frau und Mutter ist es nicht. Genauso wenig wie das Leben der Opfer des Terroranschlags vom Breitscheidplatz. Denn all das könnte auf jene strukturellen Ursachen hinter gewissen Taten hinweisen, über die man nicht so gerne redet. 

Foto: Achgut.com

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Andreas Rochow / 08.07.2020

Verpuffte intellektuelle Energie! Schön zu lesen, weil zutreffend in Analyse und Wertung. Ich habe inzwischen den Glauben an die Fähigkeit zum Widerstand verloren! Höre ich mir aktuell die fanatischen Hetzerinnen Angela Merkel und Ursula von der Leyen an, plagt mich neben dem Ekel auch die Frage, wie die Historiker der Zukunft die Mimikri des geschundenen deutschen Volkes und der nationalen EU-ropäischen Parlamente bewerten werden. Grünlinke und Angela Merkel haben sich an die Spitze der Totengräber der europäischen Demokratie gehetzt und die Europäer um ihre Stimme gebracht.

Bernd Große-Lordemann / 08.07.2020

Es ist beschämend, dass mittlerweile Mut dazu gehört, in Deutschland einen Text wie diesen zu veröffentlichen, und dass er nicht in einer der ehemals renommierten, konservativen Tageszeitungen erscheint. Danke, Frau Schunke, für die rationale Analyse dieser Melange aus struktureller ideologischer Einseitigkeit, Feigheit und Irrationalität , die uns als “Haltung” und als “progressiv” verkauft werden soll.

Peter Wachter / 08.07.2020

Zum Glück gibt es kein Rassismus gegen alte, weisse Rentner, s.h. hier auf MSN von heute: Ein Team des Fernsehsenders RTL ist bei Recherchen in Köln von mehreren Personen angegriffen worden. Der Vorfall ereignete sich am Dienstagmittag im Stadtteil Ostheim, wie die Polizei mitteilte. Nach ersten Erkenntnissen soll der Angriff mit einem Fall zu tun haben, in dem es am 24. Juni Durchsuchungen der Polizei gegeben hatte. Fahnder gingen damals in Deutschland und Frankreich gegen eine mutmaßliche familiär verbundene Einbrecherbande vor. Die Mitglieder der Gruppierung sollen den damaligen Angaben zufolge zu einer aus dem früheren Jugoslawien stammenden Großfamilie gehören, die in Köln ansässig ist. Ein Teil der Gruppe soll vorwiegend Senioren mit Einbrüchen um ihre Ersparnisse gebracht haben.

Rolf Lindner / 08.07.2020

Man kann sich kaum noch eine naturwissenschaftliche TV-Dokumentation anschauen, ohne dass einem ein Schwarzer das Weltall erklärt, wie Einstein dachte oder wie das mit den Quanten funktioniert. Sogar, wenn Werder Bremen die Relegation gewinnt, wird ein jubelnder Schwarzer - der einzige der Mannschaft - vorgeführt, obwohl der am Ende noch die größte Fehlleistung des Spieles vollbrachte. Merken die Macher der Indoktrinationsmedien gar nicht mehr, was für ein strukturell dümmlicher Rassismus das ist?

K.Bucher / 08.07.2020

Renate Bahl / 08.07.2020 M.M.n. sollte viel weniger über diesen ganzen Schwachsinn geschrieben werden ... Pardon aber das sehe ich nicht so .Für mich besteht die Tatsache darin das nach wie vor genau die Jüngere Generation eben gar nicht mehr weiß um was es wirklich geht , Weil es Ihnen Jahrzehnte lang schon ab der Kindergarten Zeit ausgetrieben wurde NORMAL denken zu dürfen . Und übrigens es war schon immer so :WER sich beugt und es vorzieht aus eigener Bequemlichkeit zu schweigen , ist um nichts besser als der Jeweilige Aggressor Egal in welchem Bereich .Und genau deswegen ist man auch Heutzutage eben da, wo man inzwischen SCHON WIEDER ANGEKOMMEN IST .Klartext : WER nicht kämpft hat eh schon Verloren ,und noch viel schlimmer ist die eigene Schmach es wenigstens nicht einmal versucht zu haben .

Renate Bahl / 08.07.2020

M.M.n. sollte viel weniger über diesen ganzen Schwachsinn geschrieben werden. Damit wird diesen Verwirrten viel zuviel Aufmerksamkeit geschenkt, die kapieren doch eh nix. Welch Geistes Kind muss man sein, um einen SchwerVerbrecher anzubeten und z.B. Straßen nach ihm zu benennen. DE ist nunmal die größte Freiluftirrenanstalt ever. Aber in meinem sozialen Umfeld scheint das niemanden so wirklich zu interessieren. Es muss noch viel schlimmer kommen, leider. Aber ich sage immer: Kommt mir dann nicht damit, ihr hättet von nichts gewusst. ...

Peter Maier / 08.07.2020

Sehr geehrte Frau Schunke, beim Lesen Ihres Artikels fiel mir nachfolgendes Beispiel zu struktureller Gewalt ein. Wenn ein Ehemann seine Frau aus Wut darüber, dass diese ein Verhältnis mit einem anderen Mann hat, mit 20 Messerstichen ermordet, so ist dies ein Beispiel für individuelle Gewalt, aber keineswegs für strukturelle Gewalt, denn: Niemand wird von dem Ehemann verlangen, dass er deshalb seine Frau ermordet, ausserdem wird er für diese Tat-hoffentlich streng- bestraft und auch seine verloren geglaubte Ehre wird er damit bei niemandem wiederherstellen. Wird die gleiche Tat von einem, z.B. afghanischen Ehemann an seiner Frau aus nämlichen Gründen begangen, kann man, insbesondere wenn diese Tat sich in der Herkunftsregion des Ehepaares ereignet durchaus von struktureller Gewalt sprechen, denn: Das gesellschaftliche Umfeld des Ehemannes erwartet regelrecht von ihm, dass er seine ‘verlorene Ehre’ solcherart wieder herstellt und bietet ihm hierfür ggf Unterstützung an und das Justizsystem wird den Mord, wenn überhaupt, nur seeehr zurückhaltend sanktionieren. Ja, mit den Konsequenzen für ihre “Verfehlung” hätte die Ehefrau sogar rechnen müssen, da sie gegen die Werte und rechtlichen Normen ihrer Gesellschaft verstossen hat, ebenso wie der Ehemann im ersten Beispiel gegen Werte und rechtliche Normen seiner Gesellschaft verstiess. Meine Folgerung: Wenn man also unbedingt von “struktureller Gewalt” oder “strukturellem Rassismus” reden möchte, sollte man sich klar machen, dass diese NUR dann belegbar sind, wenn a) ein gesellschaftliches Umfeld gegeben ist, das eine entsprechende Handlung verlangt/erzwingt und ein Rechtssystem, das entsprechend sanktioniert bzw. durch Nichtahndung honoriert. Auf das Beispiel des beim Polizeieinsatz getöteten Floyd George angewendet heisst dies: Es handelt sich NICHT um ein Beispiel struktureller Polizeigewalt und auch nicht um ein Beispiel eines strukturellen oder individuellen Rassismus, da wir nichts über die Motivation des Polizisten w

Yvonne Flückiger / 08.07.2020

Sehr guter Artikel und auf den Punkt gebracht. Dem ist nichts mehr beizufügen, ausser: So ist es.

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