Gastautor / 31.05.2013 / 08:45 / 0 / Seite ausdrucken

Grün und völkisch

Hansjörg Walther

Von verschiedener Seite werden die Grünen darauf angesprochen, was es denn mit ihrer Forderung auf sich hat, Produkte aus jüdischen Siedlungen im Westjordanland zu kennzeichnen, so etwa von Gideon Böss oder Henryk Broder.

Natürlich hat die Forderung ein Geschmäckle von “Kauft nicht bei Juden”, und die Kritik trifft hier ganz zurecht. Insbesondere, weil die Grünen sich mit einiger Heuchelei dahinter verstecken, man wolle doch nur dem Verbraucher, aber bloß in diesem einen Fall, eine bewußte Kaufentscheidung ermöglichen. Wenig verhüllt geht es hingegen um die Hilfestellung für einen Boykott.

Noch bemerkenswerter ist dabei allerdings, wie sorgenvoll die Grünen hier an völkische Käufer denken. Das völkische Grundaxiom lautet nämlich, daß Gebiete Völkern gehören. Diese seien im Boden verwurzelt und hätten deshalb das Recht dort zu sein. Andere, die nur zugezogen sind, also keine Wurzeln an ihren Füßen vorzuweisen haben, gehören dort nicht hin. Und sie gehören nicht nur nicht hin, sie begehen durch ihre Anwesenheit bereits ein Verbrechen.

Nur das kann doch denjenigen Käufer umtreiben, der sich anhand der Kennzeichnung gegen Waren aus jüdischen Siedlungen im Westjordanland entscheiden möchte. Ob irgendetwas Unrechtes an diesen Waren oder deren Herstellung ist, scheint ihn nicht zu interessieren, nur woher sie kommen und, daß sie von Juden im Westjordanland stammen, wo diese Juden nach seiner Ansicht nichts zu suchen haben.

Natürlich könnte es etwas Unrechtes geben, etwa wenn Land zwangsweise enteignet wurde, doch das läßt sich nicht einfach per GPS entscheiden. Und dann wäre die angemessene Forderung, daß individuell eine Entschädigung geleistet und je nachdem strafrechtlich vorgegangen würde, nicht daß Juden aus dem Westjordanland verschwinden, worauf doch ein Boykott abzielt, der ihnen die wirtschaftliche Grundlage entziehen will.

Man übertrage das Argument für einen solchen Boykott einmal auf Deutschland. Wäre denn etwas dagegen einzuwenden, wenn Israelis in Deutschland sich ein Stück Land kaufen und dort etwas produzieren? Wäre es ein berechtigtes Anliegen, ihnen den Verkauf ihrer Waren unmöglich oder doch schwer zu machen, weil diese auf “deutschem” Boden hergestellt werden?

Grüne Politiker würden ihre Augenbrauen in tiefer Sorge soweit hochziehen, bis sie ihnen im Nacken hängen. Da wäre man ganz sensibel, wegen der Geschichte und so. Aber wenn es auf “palästinensischem” Boden heißt, dann macht man sich mit einem derartigen völkischen Argument gemein.

Doch vielleicht überschätzt man die Grünen einfach. Wie auch in anderen Debatten scheinen diese ja mit dem Selbstbild ganz einverstanden zu sein, daß jede beliebige Forderung willkürlich ins Programm geraten kann, nur weil irgendeine Gruppe sich dahinterklemmt.

Stimmt ja auch: die Grünen sind die Piratenpartei ihrer Zeit, nur heute arrivierter, salbungsvoller und mit gesicherten Pensionsansprüchen.

Zuerst erschienen auf dem Blog des Eugen-Richter-Instituts

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