Ich bin für die Einführung eines Pflichtjahres nach dem Abitur oder Studium, obwohl man darüber anderer Meinung sein darf. Dieses Pflichtjahr sollte auf jeden Fall in Bereichen abgeleistet werden, in denen man aus dem linksgrünen Wolkenkuckucksheim auf die Erde zurückgeholt wird, z.B. in sozialen Einrichtungen in no-go-areas deutscher Großstädte. Sollte nach dem Aufschlagen auf dem Realitätsbeton keine Bewusstseinsänderung eintreten, ist sowieso alles verloren.
So ganz anders war das in meiner Generation, der der 1960-er Jahre, auch nicht. Wir fanden die RAF cool oder lieferten unter den bewundernden Blicken unserer Schulkameraden (wie man damals noch ganz selbstverständlich und auch unter Linken sagte) eine sagenhaft differenzierte Bewertung, die der RAF und deren Gegnern/Opfern genauestens die gleiche Schuld an Terroranschlägen zumaß. Wir hielten Kleider- und Musikmoden für ganz doll aufständisch und neigten schon damals dazu, Grün zu wählen. Dass die ältlichen und ökologisch wie auch in jeder anderen Hinsicht völlig unglaubwürdigen Grünen heute noch die schwach ausgeprägte, aber natürliche Rebellion der jungen Generation abzufangen vermögen, halte ich für erstaunlich und ätzend, nicht aber, dass die jungen Menschen so denken, wie sie denken, und so fühlen, wie sie fühlen. In zehn Jahren seid ihr weiter, wetten? Selbst wenn die auf uns zukommenden Probleme noch ein bisschen abgefedert werden sollten und die, die dann jung sind, auf linksextremen Staatskonzerten ihr “Alerta, alerta, antifascista!” ´raushauen, seid ihr bis dahin schon halbwegs vom realen Leben erzogen worden. Das geht jeder Generation so. Bis ca. 1970/1975 waren die meisten mit 20 oder sehr knapp danach erwachsen, bei den seit etwa 1950 Geborenen dauerte und dauert es ein paar Jahre länger. Zum Schluss kapiert ihr aber doch noch, wie der Hase hoppelt. Wetten?
Danke für diese Analyse der jungen Generation. Die Hauptschuld tragen die Eltern ,die 68er und ihre Kinder erzogen die heutige Jugend. Der Osten bildet immer wieder eine Ausnahme,da das Bildungssystem der DDR eine sehr gute Allgemeinbildung vermittelte. Die sozialistische Erziehung fand doch nur auf dem Papier statt.Das Westfernsehen vermittelte eine zweite Welt und die Menschen konnten zwei Systeme vergleichen. Warum tickt der Osten heute anders? Warum bekommen die Grünen 5- 6% oder sind gar nicht im Landtag vertreten? 1989 haben wir die alte BRD gewählt,Freiheit und Meinungsfreiheit,ein selbstbestimmter Leben! Das aber will uns die grün/linke Politik und die Medien wieder entreissen. Ich behaupte,unsere Jugend ist streitbarer,denn wir Eltern haben sie zu selbstdenkenden Menschen erzogen. Wenn wir uns nicht wehren,werden unsere Enkel auch dekadent,noch habe ich Hoffnung.
Klasse Artikel Sehr persönlich gefasst - toll - Glückwunsch - es gibt sie ja noch, die die denken können und wollen!
Die jungen Leute haben halt einen festen Klassenstandpunkt und wissen, wann man sich zu ducken hat. Woran erinnert das bloß? Ach ja, an diesen deutschen Staat, der sich selbst demokratisch nannte und der nur formal untergegangen ist. Der Schoß ist noch immer fruchtbar, aus dem das kroch.
(Teil 2) Für die meisten bedeutete die Freiheit reisen und konsumieren. Alle Wünsche sich sofort erfüllen, Kredite für alles Nötige und Unnötige. Und unseren Kindern alles bieten, was möglich war. Wir haben die junge Generation zu dem gemacht, was sie jetzt ist. Das alte Leistungsprinzip “Jeder nach seinem Können, jedem nach seiner Leistung” wurde nicht beachtet, weil unsere Kinder ja alles konnten und durften und wenn nicht, gefördert wurden, bis alles ausgereizt war. Wir haben ihnen gesagt, dass sie die Größten und Klügsten sind und haben alles dafür getan, dass sie und wir und vor allem die anderen das auch glaubten. Unsere Kinder lernten nur, ihre Interessen durchzusetzen, aber nie Verantwortung zu übernehmen. Nur was im Lebenslauf nützlich war, war akzeptabel. Ein soziales oder ökologisches Jahr oder Zivildienst vielleicht. Immer vorne mitspielen und alles mitnehmen, was karrierefördernd war. Niemals zweite Reihe. Immer auf der Überholspur. Egoismus statt Mitgefühl für die, die nicht mitkamen. Jetzt werden wir sehen, dass andere das noch besser können, wie Sie schon geschrieben haben. Der Kampf um die vorderen Plätze wird so hart werden, dass es brutale Bruchlandungen für viele geben wird. Und ich weiß nicht, wie wir dem entgehen können.
Sehr geehrte Frau Kaus, Sie sind eine unwahrscheinlich kluge junge Frau! Ihr Artikel berührt mich sehr. Wissen Sie, es ist nicht die Schuld der jungen Generation, dass sie ist, wie sie ist. Wir, die Elterngeneration haben das verbockt, mea culpa. Es hilft auch nicht zu sagen, wir haben es nur gut gemeint mit unseren Einzelkindern, die wir uns in schwierigen Umbruchzeiten nach dem Mauerfall gegönnt haben. Wir wollten alles richtig machen und unseren Kindern alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, damit sie in das neue freiheitliche Leben starten können. Dabei haben wir übersehen, dass wir sie bis in ihre 20er-Lebensjahre nur gepampert haben. Alles sollten sie haben, vom Dreirad bis zum Auto für das Abi, Auslandsschuljahr und Auslandssemester, Designerspielzeug, Designerklamotten und Geld wie Heu. Forderungen haben wir natürlich auch gestellt: an andere. Mein Kind muss aufs Gymnasium, mein Kind kommt immer zuerst, hat immer recht und darf ab dem zweiten Lebensjahr alles selbst entscheiden: was es isst, anzieht, wo es lang geht. Alles andere wäre Indoktrination gewesen. Das hatten wir, die Eltern, ja so erlebt und empfunden: von der Kinderkrippe mit festen Topfzeiten und dem Ziel, mit einem Jahr trocken zu sein, von der Pionierorganisation über die Freie Deutsche Jugend bis zum Eintritt in den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund, die Deutsch-Sowjetische Freundschaft bis vielleicht zur SED oder die Blockparteien. Der Weg lief schnurstracks über Schulausbildung, Lehre/Studium in den Beruf, den man möglichst bis zur Rente in Vollzeit ausübte. Keine Abweichungen von der Norm, Verpflichtung zur sozialistischen Lebensweise. Frühe Familiengründung mit Ausnutzung aller sozial-politischen Maßnahmen, die auf SED-Parteitagen für alle beschlossen wurden. Es war alles geregelt für uns (Sie merken, ich spreche hier als ehemalige DDR-Bürgerin), und das wollten wir nicht mehr. Aber das Prinzip der Freiheit haben wir nie ganz verstanden. (Teil 1)
Dem Wohlstand folgt die Dekadenz und die Dekadenz ist der Vorbote des Untergangs. So war es schon immer und es wird nie anders sein. “Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte, und die vierte verkommt.” (Bismarck) Die vierte Generation ist klimaneutral, studiert gerade im 19. Semester Genderwissenschaft und will Abtreibungen bis zum neunten Schwangerschaftsmonat erlauben. Die schaffen das.
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