Wolfram Weimer / 15.08.2019 / 06:25 / 115 / Seite ausdrucken

Greta als Investment

Seit 800 Jahren ist keine Kinderseefahrt mehr so beachtet worden wie die von Greta Thunberg in dieser Woche. Die schwedische Klimaaktivistin sticht in See nach Amerika, um beim Klimagipfel der Vereinten Nationen am 23. September in New York die Welt vor dem Untergang zu warnen. Und weil sie das demonstrativ emissionsfrei tun will, fliegt sie nicht, sondern segelt sie mit der Hochseeyacht „Malizia II“ los. Es wird ein bildmächtiges Medienspektakel globaler Dimension: das zerbrechliche Kind stürzt sich in die Atlantikfluten, um die Apokalypse noch zu verhindern. Titelseiten und Nachrichtenaufmacher sind ihr damit sicher. 

Historiker fühlen an das Jahr 1212 erinnert. Damals wollten politisch beseelte Kinder ebenfalls mit allerlei Seefahrer-Spektakel die Welt retten, predigten innbrünstig für Armut wie für Gott und brachen ins Heilige Land auf. Ihr Anführer hieß Nikolaus, minderjährig wie Greta und ebenso charismatisch, er kam aus Köln und trug ein Kreuzzeichen aus Schiffstauen bei sich. Auch ihm flogen die Herzen der damaligen Zeit zu. Er versprach Kindern, die sich um ihn geschart hatten, ein Wunder: Das Meer würde sich in Genua teilen und so würden sie trockenen Fußes nach Jerusalem gelangen. Es kam anders, der friedliche Kinderkreuzzug scheiterte, doch die Faszination vor dem Kind als moralischem Mahner blieb im europäischen Unterbewusstsein für Jahrhunderte erhalten.

Greta Thunberg profitiert davon bis heute. Die einen – vor allem im links-ökologischen Milieu – verehren die 16-jährige Umweltaktivistin als selbstlose Prophetin und tapfere Kinder-Kämpferin wie eine Heilige. Die von ihr ausgelösten „Schulstreiks für das Klima“ seien zur wichtigen Jugend-Bewegung „Fridays for Future“ gewachsen. Andere – vor allem Rechtspopulisten – schmähen sie als „öko-religiöse Putte“ und ihr Tun als „grünen Katastrophenklamauk“. Sie sei eine „Wunderwaffe der Grünen“, um der Welt eine neue Öko-Ideologie einzuflüstern.

Jenseits der politischen Lagerperspektive ist der Mensch Greta Thunberg für die meisten Beobachter schlichtweg ein Faszinosum, ein mutiges Mädchen mit Asperger-Syndrom, das mit ansteckendem jugendlichem Idealismus die Klimadiskussion anfacht. 

Im Publikum wächst die Skepsis

Doch selbst für viele Sympathisanten sind die jüngsten Inszenierungen ihrer Person unglücklich bis befremdlich. Es wächst im Publikum die Skepsis, wer warum den neuen Superstar des Öko-Zeitgeistes eigentlich so professionell inszeniert und wie es dem kranken Kind im politischen Getümmel wohl geht? Greta Thunberg hat mittlerweile den Terminplan eines Supermodells und Spitzenpolitikers; Pressekonferenzen, Foto-Shooting, Interviews, Parlamentsreden, Demonstrationsauftritt wechseln sich immer hektischer ab. Auf einem Fototermin im Braunkohle-Revier Hambacher Forst hat sie sich mit einer vermummten Aktivistin – der Verfassungsschutz stuft die gewaltbereite Szene als linksextremistisch ein – fotografieren lassen und einige Kritik dafür einstecken müssen. 

Auch die Segeljachtfahrt wird vielfach kritisch kommentiert, weil es sich um eine der teuersten Rennjachten der Welt handelt, weil ihr „Team Malizia“ aus Monaco stammt und also aus einem Steuerparadies, weil das Schiff einem ominösen Stuttgarter Immobilienmillionär gehört, weil man Greta unnötig in atlantische Sturmgefahren begibt. Eine Sprecherin des Teams sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Reise könnte für Greta je nach Wetterverhältnissen recht unruhig werden und ergänzt lakonisch: „Aber Greta ist ein mutiges Mädchen, sie wird das locker hinkriegen.“

So wachsen im Publikum die Zweifel über die Motive von Gretas Hintermännern. Ist sie womöglich ein kalt inszeniertes Produkt cleverer Marketingstrategen, die Profit aus dem medialen Hype schlagen wollen? Bereits im Februar berichtete die linksgerichtete Tageszeitung „taz“ unter dem Titel „Greta Thunberg kommerziell ausgenutzt/ Aktivistin als Werbefigur“. Seither mehren sich vor allem in skandinavischen Medien Berichte über die kommerziellen Hintergründe des Greta-Hypes.

Demnach steht insbesondere die Aktiengesellschaft „We don’t have time“ im Zwielicht. Das Unternehmen wurde von einem der erfolgreichsten PR-Manager und Börsenspezialisten Schwedens, Ingmar Rentzhog, 2017 gegründet. Sein selbstbewussten Ziel: Das „weltweit größte soziale Netzwerk für Klimaaktion“ zu schaffen und damit möglichst viel Geld zu verdienen. Als Gallionsfigur wird Greta Thunberg dafür gezielt aufgebaut.

Erste Investoren-Runden werden anberaumt

Schon der allererste Auftritt von Greta, als sie sich im August 2018 vor dem schwedischen Reichstag mit ihrem Pappschild „Schulstreik für das Klima“ nieder gesetzt hat, wird von Rentzhog und seinem Medienteam ins rechte Bild gesetzt. Fotos und Videos – PR-professionell gleich in englischer Sprache – lässt Rentzhog von Facebook bis Instagram viral verbreiten. Auf dem Youtube-Kanal von „We don’t have time“ kann man vom ersten Moment an die Kampagne für Greta bestaunen. Der Zeitung „Svenska Dagbladet“, sagt Rentzhog hernach, er sei der Entdecker Gretas: „Ja, so war es. Ich habe Greta dann auch mit vielem geholfen und dazu auch mein Kontaktnetzwerk verwendet.“

Zeitgleich veröffentlicht die Mutter von Greta, Malena Ernmann, publikumswirksam ein Buch über das Familienleben, die Erkrankung von Greta und den Klimawandel. Das Buch wird ein internationaler Bestseller und flankiert den medialen Aufstieg Gretas perfekt. Ernmann ist in Schweden eine prominente Sängerin und hat Schweden 2009 beim Eurovision Song Contest vertreten. 

Kommerzielles Ziel der Rentzhog-Kampagne ist es von Anfang an, über die Klima-Ikone Greta die Aktiengesellschaft „We don’t have time“ zu einer grünen Massen-Plattform auszubauen. Erste Investoren-Runden werden anberaumt und Finanzprospekte geschrieben, um Aktienkapital zeichnen zu lassen. In einem Börsenbriefing heißt es: „Unser Vorbild ist TripAdvisor.com, das mit seinen 390 Millionen Usern Unternehmen bewertet und beeinflusst.“ 

Ende November nimmt Greta Thunberg sogar offiziell einen Platz als Beraterin im Vorstand der Stiftung Rentzhogs ein. Beim Klimagipfel in Kattowitz im Dezember 2018 reist sie wie auf einer Road Show mit den „We don’t have time“-Managern an und stellt das Projekt vor. Nachdem erste Kritik an der geschäftlichen Konstruktion öffentlich wird, zieht sich Greta von dem Unternehmen plötzlich zurück und erklärt in einem Facebook-Post vom 11. Februar offiziell: „Ich habe keine Verbindungen mehr mit We don’t have time.“ Die Eltern von Greta behaupten in Interviews, Rentzhog habe den Namen Gretas für seine Geschäfte missbraucht und sich dafür entschuldigt.

"Kein Interessenkonflikt zwischen Klimaschutz und Geldmachen"

Das Geschäft des neuen Klimakonzerns läuft freilich lebhaft weiter. Mit Anette Nordvall ist sogar eine Größe der schwedischen Venture-Kapitalistenszene bei der Rentzhog-Plattform eingestiegen. Das swedische Wirtschaftsmagazin „Di Digital“ bezeichnet Nordvall als „eine von Schwedens mächtigsten Tech-Investoren“. Nun ist sie „Chairwoman“ bei „We don’t have time“ und erklärt: „Unser Ziel ist es, das Facebook für den Klimawandel zu werden.“ 

In einem gemeinsamen Brief an Investoren schreiben Rentzhog und Nordvall: „Seit wir vor 18 Monaten gestartet sind , haben wir daran gearbeitet das soziale Netzwerk zu auszubauen, Investoren anzuziehen und wichtige Klimawandel-Initiativen und junge Klima-Helden wie Greta Thunberg in Szene zu setzen.“

Und weiter, in erstaunlicher Offenheit: „Die Aufgabe des Unternehmens ist es, Gewinne zu erzielen, Werbeeinnahmen inbegriffen….es gibt keinen Interessenkonflikt zwischen Klimaschutz und Geldmachen.“ Man habe in kurzer Zeit bereits 23 Millionen schwedische Kronen von mehr als 500 Investoren aus 16 Ländern eingenommen. In dieser Woche wird mit den Greta-Bildern der Atlantik-Fahrt wohl einiges hinzu kommen. 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf The European

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Leserpost

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Rainer Niersberger / 15.08.2019

Man muss übrigens kein Rechtspopulist sein ( zur Definition ist bereits genug geschrieben worden und Linkspopulisten gibt es immer noch nicht oder?), um diese Bewegung als das zu erkennen, was sie- inzwischen nachgewiesenermassen- ist : Die Vermarktung einer 16jährigen mit einem besonderen Merkmal unter Ausnutzung von Untergangs - oder Verlustängsten einer neurotischen Gesellschaft. Erstaunlich ist vor allem, dass hier eine Erscheinung im Jahre 2019 eine ( natürlich westliche )Gesellschaft ergreift, die es in der Antike und im Mittelalter gab und heute für deutlich weniger „erfolgreich“ hätte halten können. Ganz offensichtlich braucht es auch heutzutage im dekadent/ regressiven Westen, besonders und nicht zufällig in einigen Ländern, nur die gleichen Zutaten, um eine neue pseudoreliglöse Bewegung zu erzeugen, ein ideale Figur( Kind oder kindähnlich mit einem Auserwähltheitsmal) mit Zuschreibungsqualität und die apokalyptische Ankündigung, verbunden mit radikalen „ Haltet ein oder kehrt um“- Appellen. Erwartungsgemäß haben hier Aufklärung und Wissenschaft bei nicht wenigen, vor allem auch gutsituierten Hipstern im Westen„ versagt“, deren Verlustängste in Verbindung mit dem notorisch schlechten Gewissen der klassische Nährboden für Greta und co sind. Die Botschaften sind naturgemäß schlicht und frei von „ Beweisen“ welcher Art auch immer. Denken wäre kontraproduktiv. Wer könnte Greta, so ernst, wie sie wirkt, nicht glauben? Sie kann nur Gesandte/ Erleuchtete einer höheren Macht sein. Dahinter klingelt‘s in der Kasse, was historisch nicht neu ist, und Links/Grün sieht die Chance auf die totale Macht durch ( freiwillige)Unterwerfung der „ Übeltäter“. So what?

Marion Knorr / 15.08.2019

Auch hier bestätigt sich wieder: Folge der Spur des Geldes.

Reinhard Schilde / 15.08.2019

Mir ist nicht so ganz klar, für welche Leistung diese schwedische Göre eigentlich den Friedensnobelpreis bekommen soll. Dafür, dass sie bisher nur Unruhe gestiftet hat? Sei’s drum, der Obama hat ihn ja schließlich auch ohne Gegenleistung bekommen. Ist schon langsam wie bei der “Bambi”-Verleihung mit dem Nobelpreis.

R.Lichti / 15.08.2019

Um 6:25 Uhr wurde der Artikel veröffentlicht (laut Zeitstempel), um 6:34 Uhr habe ich ihn aufgerufen mit 24 geschriebenen und durch den Moderator gecheckten Beiträgen! Wurden die Beiträge schon vor der Veröffentlichung des Artikels auf der Achse geschrieben? [Anm. d. Red.: Der Artikel war versehentlich vorgestern schon mal geöffnet worden.]

Leopold Hrdlitschka / 15.08.2019

Die - eine andere Bezeichnung verbietet sich leider vollständig - VERBLÖDUNG of the masses, ist umfassend, dauerhaft und komplett irreversibel. Da kann man sich eigentlich nur noch in einen alten, gut bestückten Weinkeller zurückziehen und nicht mehr herauskommen.

Michael Guhlmann / 13.08.2019

“...es gibt keinen Interessenkonflikt zwischen Klimaschutz und Geldmachen”. Köstlich. Dank an den Autor, daß er auf diese erstaunlich ehrliche Aussage aufmerksam macht.

Rolf Menzen / 13.08.2019

Dass bei St. Greta ein paar gewiefte Geschäftemacher im Hintergrund gewirkt haben und immer noch wirken, war mir und jedem, der nicht völlig verblödet ist, von Anfang an klar

Susanne antalic / 13.08.2019

Ja, die Klimagretel segelt klimaneutral, ob die Begleitbote oder Helis, die ganze Journalie, auch klimaneutral fährt oder schwimmt? Aber trotzem ist es schön anzusehen, das wird der Zukunft zeigen, dass sich nur die Segler, die sich das leisten können , fremde Länder besuchen werden können. Es ist richtig putzig. Mir geht das Herz auf.

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