Europas Heuchelei: Mein Flüchtling und Dein Flüchtling

Von Joe Zammit-Lucia.

Einige nennen es kognitive Dissonanz – die Fähigkeit, gleichzeitig zwei widersprüchliche Positionen einzunehmen. Andere nennen es Heuchelei – etwas anderes sagen als man tut. Die aktuelle politische Debatte weist vieles von beidem auf, insbesondere in Bezug auf Themen rundum Migration und die Personenfreizügigkeit.

Für Wirbel sorgt neuerdings die Visegrad-Gruppe der EU-Mitgliedstaaten Ungarn, Polen, Tschechische Republik und Slowakei. Mit ihren Vorbereitungen für Brexit-Verhandlungen hat die Gruppe klar zu verstehen gegeben, dass sie sich gegen jegliche Einschränkung des ungehinderten und freien Personenverkehrs innerhalb der EU wehren will. Andererseits haben besonders diese Länder gegen die Aufnahme größerer Flüchtlingszahlen rebelliert und die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Aufnahmequoten abgelehnt. Sind diese beiden Standpunkte miteinander vereinbar?

Beginnen wir beim freien Personenverkehr. Wie mein Co-Autor David Boyle und ich in unserem gerade veröffentlichten Buch „The Death of Liberal Democracy?“ (Der Tod der liberalen Demokratie?) erklären, gibt es zwei Arten der „Freizügigkeit“. Die erste besteht darin, dass Personen frei reisen dürfen. Das ist zu empfehlen. Das Reisen fördert schließlich das gegenseitige Verständnis und bringt Menschen zusammen. Die zweite Art des Reisens ist jedoch die Notwendigkeit, in ein anderes Land zu reisen und sich dort niederzulassen, um ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Diese Art des Reisens schafft keine Gemeinschaft, sondern zerstört sie. Diese von ihren Familien und ihrer Kultur getrennten Menschen sind zu einem wurzellosen Leben gezwungen. Sie werden praktisch zu Wirtschaftsflüchtlingen.

Wirtschaftsflüchtlinge innerhalb der Europäischen Union

Der starke Zustrom von Menschen aus weniger reichen in die reicheren Teile der EU ist kein Zeichen des Erfolgs. Es zeigt vielmehr das Versagen der Union, eine wirtschaftliche Angleichung zu erreichen, sodass jeder EU-Bürger im eigenen Land seinen Lebensunterhalt vernünftig bestreiten kann, sofern er das möchte. Die Krise in der Eurozone und die fatale Misswirtschaft haben die Verarmung von Ländern wie Griechenland, Portugal, Spanien und anderen weiter vorangetrieben und zu einer noch stärkeren Abwanderung von Wirtschaftsflüchtlingen nach Nordeuropa geführt.

Hier kommen wir also wieder an unseren Ausgangspunkt zurück, die kognitive Dissonanz. Die Visegrad-Gruppe vertritt die Ansicht, dass der Strom von Wirtschaftsflüchtlingen, die ihr eigenes Land verlassen, um in Großbritannien, den Niederlanden, Deutschland, Schweden und anderen Ländern Geld zu verdienen, in keinster Weise eingeschränkt werden darf. Abgesehen davon sollen sie Anspruch auf Sozialleistungen aus den Wirtschaftssystemen haben, in die sie keinerlei Beiträge eingezahlt haben. Andererseits sollen Flüchtlinge aus Kriegsgebieten, Menschen, die vor Tod und Verfolgung fliehen, durch Mauern und Stacheldrahtzäune abgewehrt werden. Dies soll auch für diejenigen gelten, die es bereits in ein anderes EU-Partnerland geschafft haben und dort aufgenommen wurden und sich daher legal in der EU befinden.

Mir ist nicht klar, wie eine moralische Wertvorstellung aussehen soll, in der Wirtschaftsflüchtlinge Flüchtlingen vorgezogen werden, die vor Tod und Verfolgung fliehen. Normalerweise ist es eher andersherum. Die Visegrad-Gruppe, die jedoch selbst nicht in der Lage ist, ihren Bürgen die wirtschaftlichen Voraussetzungen zu bieten, die es ihnen ermöglichen, in ihrem eigenen Land einen angemessenen Lebensunterhalt zu verdienen, sieht das scheinbar anders.

Die meisten Leute unterstützen die Reisefreiheit innerhalb der EU. Es hat jedoch keinen Sinn, dieser Freiheit überhaupt keine Grenzen zu setzen. Dabei herausgekommen ist, dass von Ländern wie die Niederlande, Deutschland, Schweden und anderen als einzigen Ländern erwartet wird, die doppelte Anzahl an Flüchtlingen aus Kriegsgebieten und an Wirtschaftsflüchtlingen aus der EU aufzunehmen. Andererseits müssen die südeuropäischen Länder einen Großteil der Last der Kriegsflüchtlinge tragen, Länder, die selbst wirtschaftlich stark angeschlagen sind und nicht einmal die eigenen Bürger versorgen können, ganz zu schweigen von der zusätzlichen Last der Flüchtlinge. Die Visegrad-Staaten hätten jedoch gerne beides. Keine Flüchtlinge, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, aber vollständig offene und schrankenlose Grenzen für die eigenen Wirtschaftsflüchtlinge. Wenn Europa diese Heuchelei akzeptiert, sollte es sich nicht wundern, wenn die Bürger weiterhin das Vertrauen in die Europäische Union verlieren.

Dr. Joe Zammit-Lucia ist Anleger und Kommentator zu politischen und wirtschaftlichen Fragen. Er ist Vorstandsmitglied bei radix.org.uk und kann über joezl@me.com kontaktiert werden.

Foto: Tim Maxeiner

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Andreas Rochow / 04.10.2016

Dann fällt der Begriff der “Willkommenskultur” oder das unsägliche Nützlichkeitsargument oder das vieldeutige und damit nichtssagende Gerede von der Integration, das voreilig das unbegrenzte Bleiberecht jedes Asylbewerbers annimmt, ebenfalls unter kognitive Dissonanz. Oder sind das schon Sprachvorgaben, die eine kritische Diskussion erschweren oder ausschließen sollen? Die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU hat schließlich überhaupt nichts mit Flucht zu tun; Sie ist der Rechtsanspruch eines Bewohners von EU-Europa und wird es, sollte es keine EU-Sonderregelung geben, nach der Ausverhandlung des Brexit aus und nach Groß Britannien nicht mehr geben. Ob es aber z.B. dauerhaft für ein Land wie Bulgarien nützlich oder gar normal sein soll, seine Ärzte für reichere EU-Länder auszubilden, wird leider überhaupt nicht erörtert. Diese EU-gewollte Migration mit Flucht und Vertreibung oder der aktuellen Massenzuwanderung zu vermengen, ist nicht sinnvoll, weil beides absolut nichts miteinander zu tun hat.

Mona Rieboldt / 04.10.2016

Wieviel Kriegsflüchtlinge sind denn nach Deutschland gekommen? Wenn es 1% ist, wäre das schon hoch gegriffen. Alle anderen auch Syrier sind Wirtschaftsflüchtlinge, die schon aus sicheren Ländern wie Libanon oder Türkei kamen.  Und es kamen so gut wie nur junge moslemische Männer. “Flüchtlinge”, die ihre Familien im Krieg allein lassen? Warum überlassen diese jungen Männer die Kämpfe auch gegen den IS den Amerikanern und Russen, anstatt selbst zu kämpfen? Es gibt viele Polen, auch Russen, viele Italiener, eine große Kolonie Japaner in Deutschland, auch Vietnamesen. Keine dieser Gruppen macht Probleme.  Jeder Europäer ist besser ausgebildet als die moslemischen Analphabeten und fast Analphabeten, die im letzten Jahr und auch in diesem gekommen sind. Probleme gibt es mit Moslems. Ständige Übergriffe auf Frauen, was nirgendwo thematisiert wird, jedenfalls nicht in der Lückenpresse. Parallelgesellschaften, no-go-Areas, kriminelle Großfamilien, gegen die die Polizei gar nicht ankommt. Ständige Massenschlägereien, der Niedergang von Stadtteilen, wo mehrheitlich Moslems leben. Salafisten, deren Zahl ständig zunimmt.  Forderungen der islamischen Verbände, die gleichzeitig verbieten, dass eine moslemische Frau einen deutschen Christen heiratet.  Kinderehen sind inzwischen schon erlaubt in Deutschland.  In Berlin dealen Afrikaner unter den Augen der Polizei etc. Dazu kommen moslemische Attentate. Frankreich kommt gar nicht mehr zur Ruhe, es hat nach Deutschland die meisten Moslems. Da kann ich die Visegrad-Staaten gut verstehen, dass sie keine Moslems wollen. Die osteuropäischen Staaten erleben nicht die Islamisierung, die wir hier in Deutschland schon haben. Saudi-Arabien nimmt keine moslemischen “Flüchtlinge” auf, weil sie, wie sie sagen, keine Destabiliseirung ihrer Gesellschaft wollen. Destabilisiert wird nur die deutsche Gesellschaft, offensichtlich so gewollt.

Jacek Berger / 04.10.2016

Sehr geehrter Herr Joe Zammit-Lucia, ich habe etwas über Sie im Internet recherchiert,  bin mir danach aber nicht ganz schlüssig geworden, was für ein Landsmann Sie sind, und in welchem Land Sie leben. Ich tippe auf Amerikaner oder Engländer und auf eine große oder ganz große Insel, also auf England oder Amerika. Wenn es so ist, dann haben Sie persönlich die Invasion der so genannten “Flüchtlingen” oder"Schutzsuchenden” auf Europa im Jahre 2015 nicht erlebt, schreiben aber erstaunlicherweise einen Artikel dazu. Jetzt ein paar Bemerkungen von mir. 1. Die von Ihnen im Artikel genannten “Flüchtlinge” wollen zufälligerweise alle nach Deutschland, Österreich oder Schweden, kein einziger nach Polen, Tschechien oder Ungarn. Damit stufen sie sich alle , als Wirtschaftsemigranten ein. Jemand der wirklich vor einem Krieg flieht ist froh, wenn sein Leben nicht mehr bedroht ist, wenn er etwas zum Essen und Dach über dem Kopf hat.  2.Die Visegrad Staaten gehören zu EU, also die Bürger dieser Staaten dürfen sich innerhalb der europäischen Union frei bewegen und niederlassen,wo sie wollen im Gegensatz zu Bürger aus arabischen Länder oder aus dem Hindukusch. 3.Hätten die Visegrad Staaten ( mit Österreich zusammen) im Februar 2016 die so genannte “Balkan Route” nicht zugemacht, dann hätte der Zustrom der Migranten angehalten. In dem Tempo, wie im Januar ( 200.000 Personen), hätten wir bis heute in Europa ca. 1.600.000 Millionen Flüchtlinge mehr. Da weder Schweden, noch Österreich seit Januar Flüchtlinge aufnehmen, wären die meisten in Deutschland gelandet. 4. Keiner von Visegrad Staaten hat durch Unterstützung des so genannten “arabischen Frühling” zuerst eine Destabilisierung , dann Kriege im Region und, als Folge dessen diese riesen Fluchtwelle verursacht, wie z.B.: USA, Großbritannien, Frankreich und auch Deutschland. Ich habe im Interne Ihre Publikationen über Diät und Ernährung gesehen. Es kann sein, dass Sie sich in dieser Materie auskennen. Sie sollten auf jeden Fall in der Zukunft dabei belassen. Ein in Deutschland lebender Visegrad Bürger.

Günter H. Probst / 04.10.2016

Kognitive Dissonanz bedeutet etwas ganz anderes. Aber die Begriffs-Unschärfe führt zu Unverständnis. Zunächst handelt es sich bei den von Ihnen benannten Flüchtlingen um Einwanderer. Flüchtlinge fliehen aus einem Kriegs- oder Bürgerkriegsgebiet als Binnenflüchtlinge in ein landeseigenes Nicht-Kriegsgebiet oder in ein friedliches nächstes Land. Für Syrien und Irak bieten sich folgende Nachbarländer an: Türkei, Iran, Kuwait, Saudi-Arabien, Jordanien, Libanon, Israel. Sollten die Berichte stimmen, leben auch die meisten Flüchtlinge in UNHCR-Lagern in der Türkei, im Libanon und in Jordanien. Fühlt sich ein Land überfordert, kann die UNHCR andere Länder bitten, ausgehandelte Flüchtlingskontingente zu übernehmen. Davon kann hier keine Rede sein. Seit ungefähr 2000 gibt es eine illegale Migration, die vom politische -kriminellen Schleppernetzwerk professionell betrieben wird, aus den Bevölkerung-Überschußgebieten in Afrika, Nah- und Fernost in die europäischen Sozialsysteme. Für einen unausgebildeten, oft analphabetischen, Slum-Bewohner ist die Aussicht auf ein Leben in Europa, wo ihm Unterkunft, der Lebensunterhalt, die Heilfürsorge und Bildung geboten wird, die er nicht selbst erwirtschaften muß, unwiderstehlich. In diese illegale Migration haben sich jetzt überwiegend aus den Lagern und mit Hilfe der Türkei Flüchtlinge gemischt, die ebenfalls von diesen Segnungen profitieren wollen. Das alle diese illegale Migranten von der herrschenden Politik und den bisher bestimmenden Medien als Flüchtlinge bezeichnet werden, ist der geglückte Propaganda-Trick , der gute Menschen dazu brachte, an Bahnhöfen Schokolade an Ankommende zu verteilen und in Unterkünften und Kirchengemeinden für diese freiwillig tätig zu werden. Etwas ganz anderes ist die Arbeitskräfte-Wanderung von EU-Bürgern. Die Verträge zum Binnenmarkt sollen den freien Waren- und Arbeiskräfteverkehr sicher stellen und das Schengen Abkommen sollte die Grenzkontrollen für diesen Verkehr abschaffen. Daß in einem gemeinsamern Markt die Arbeitskräfte von der Minder- in die Mehrbeschäftigung wandern, ist ausdrücklich gewünscht. Dieser Mechanismus, der z.B. in den USA völlig problemlos funktioniert, und ebenfalls etwas anderes ist als die Migration aus Lateinamerika, funtioniert in der EU wegen der Mehrsprachigkeit nur begrenzt. Der Wanderung der Arbeitskräfte entspricht auf der anderen Seite der Kapitaltransfer und der Aufbau von Produktion in den Ländern mit niedrigem Lohn-Niveau. Auch dieser Transfer funktioniert in der EU aus vielerlei Gründen nur begrenzt. Öffnen nun die wirtschaftlich stärkeren Länder wie D., Schweden, die Niederlande ihre Länder für die Masseneinwanderung, weil sie die höheren Sozialkosten noch auf ihre Bewohner abwälzen können, so gilt das doch für die Länder, die ihre Bürger zur Arbeit in der EU schicken müssen, nicht.

Werni Sägesser / 04.10.2016

Das, was die Visegrad-Staaten machen, ist doch nicht widersprüchlich. Sie beschreiben die Situation einfach von Ihrer Warte aus und blenden dabei Tatsachen aus. 1. Es sind keine Flüchtlinge sonder illegale Migranten die nach Europa wollen, vor allem nach Deutschland, in die Schweiz, Schweden. 2. Sind die Visegrad-Staaten Mitglieder eines Vereins, genannt EU. Die Länder, aus dem die illegalen Migranten stammen sind es nicht. Also haben sie auch kein Recht einfach einzureisen und sich nieder zu lassen, die Bürger aus den Visegrad-Staaten schon. Wo soll hier ein Widerspruch sein? Wenn ich als Schweizer mich in einem anderen Kanton niederlassen will und kann, heisst das noch lange nicht, dass ich illegale Migranten zu dulden habe. Und seit der Abstimmung zu Masseneinwanderung, welches die CH-Behörden nach wie vor nicht gewillt sind umzusetzen, bin ich auch der Meinung, nicht jeder EU-Bürger kann sich hier frei niederlassen.

Dorothea Friedrich / 04.10.2016

Die Polen, Tschechen, Slowaken und Ungarn sind nicht in die EU eingetreten, um dann die einsame rechtswidrige Entscheidung der Bundeskanzlerin (millionenfache ungesteuerte Einwanderung vor allem junger islamischer Männer) auszubaden. Aus ihren Ländern kommen wirklich Ärzte und fleißige Landarbeiter nach Deutschland. Dafür sollen sie dann ungebildete, kulturfremde Menschen übernehmen, die nach dem Dublin-Abkommen nie in Nordeuropa hätten ankommen dürfen? Außerdem möchten sie keine sich bildenden islamischen Parallelgesellschaften, mit all den Problemen. Finden sie es etwa normal, dass jährlich tausende Juden Frankreich verlassen, weil sie von Muslimen bedroht werden. Das UNHCR wäre froh, wenn die Flüchtlinge wie vorgesehen, bei kriegerischen Auseinandersetzungen in den Nachbarländern betreut werden könnten (da könnten die deutschen Geldmittel viel effektiver eingesetzt werden), damit sie später schnell in ihre Heimat zurückkehren können. Hören Sie auf, anderen Völkern ihre Moralvorstellungen aufdrücken zu wollen.

Jens Riedel / 04.10.2016

Der Autor trennt hier nicht klar zwischen den Personenbewegungen, insbesondere “in ein anderes Land zu reisen und sich dort niederzulassen, um ein menschenwürdiges Leben führen zu können. ” Die Gesetze unterscheiden das sehr wohl: Das Niederlassungsrecht gilt genau für EU-Arbeitnehmer und für Unternehmensgründer, und die Familienangehörigen. Es gilt nicht für Nicht-EU-Ausländer und Nicht-Arbeitnehmer. Beipsiele: Ein türkischer Arbeitnehmer (= Nicht-EU-Staatsbürger) hat nicht das Recht, den Arbeitsplatz von Österreich nach Ungarn zu wechseln, und dort ein Aufenthaltsrecht zu erwerben. Ein Arbeitsloser oder Sozialhilfeempfänger ( = Nicht-Arbeitnehmer) hat nicht das Recht, in einen anderen EU-Staat umzuziehen. Deutschland ist nicht verpflichtet, arbeiteslosen Rumänen oder Ungarn hier Aufenthalt zu gewähren oder ihnen gar Sozialhilfe zu zahlen. - Wenn man alles in einen Topf rührt, dann kann man den Visegrad-Ländern kognitive Dissonanz unterstellen. Man kann aber auch die entsprechenden EU-Verordnungen lesen.

Leo Hovieretriever / 04.10.2016

Sehr interessant, mal aus dieser Perspektive die “Fluechtlings”-Problematik mal zu betrachten. Es ist die Perspektive eines Briten, welcher offenbar einen riesigen Hass auf Wirtschaftsmigranten aus anderen EU-Staaten aufgestaut hat, und einen sehr grossen Groll gegen Polen, Slovaken,Tschechen und andere Osteuropaeer, wie etwa Sinti und Roma aus Bulgarien oder Rumaenien hegt. Wegen so einem Hass ist es u.a. zum Brexit gekommen, denn viele Briten haben zwar gerne die billigen Arbeitskraefte aus Osteuropa privat ausgebeutet, aber sie gleichzeitig - und das ist auch Heuchelei - als Konkurrenten auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt angesehen. Dass die Osteuropaeer in relativ geringen Umfang auch von den Sozialsystemen Grossbritaniens profitiert haben, kann der Autor, wie offenbar viele Briten, nicht verwinden. Und hier waeren wir bereits beim Vergleich, welcher hinkt. Der Autor wirft Osteuropaeer und den aktuellen Migrantenstrom aus muslimischen Laendern und aus Afrika schlicht in einen Topf. Sind es beispielsweise 2 oder 3 Millionen Polen, welche in Grossbritanien leben ? Sie haben auf jeden Fall eine europaeische Ausbildung und entsprechende Berufsabschluesse genossen, im Durchschnitt liegen sie in ihrer Bildung und ihrer Jugend wahrscheinlich sogar ueber dem Durchschnitt der Einheimischen, weil erfahrungsgemaess nur die besonders Potenten sich in die Arbeitsmigration begeben. Insbesondere haben sie eine europaeisch-christliche Kultur, welche von Vornherein viele Konflikte wie mit etwa muslimischen Migranten auschliesst. Die Mehrheit kam nach Grossbritanien, um zu arbeiten und zahlt entsprechend in die Steuer- und Sozialkassensysteme ein. Das Saldo wird trotz einem relativ geringen Anteil an Nutzniessern der Sozialsysteme fuer Grossbritanien auf jeden Fall vom ersten Moment an positiv gewesen sein. Demgegenueber kann man in Deutschland oder Schweden eine entsprechende Betrachtung der “Fluechtligne” anstellen. Sie kamen nicht zum Arbeiten, sondern werden vom Staat alimentiert. Da die ueberwiegende Mehrheit, wie wir nun wissen, ohne Berufsausbildung, Sprach- oder Lesekenntnisse ist, wird das Saldo voraussichtlich jahrzehntelang negativ bleiben, falls es jemals einen Break-Even-Point erreicht. Mit dem Brexit haben die Briten die Moeglichkeit, die Nutzniessung ihrer Sozialsysteme gegen die Osteuropaeer zu begrenzen. Aber auf keinen Fall sollte die “Fluechtlings”-Problematik Deutschlands mit der Arbeitsmigration Grosbritaniens in einen Topf undifferenziert geworfen werden.

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