Die Woche begann mit einer traurigen Nachricht: Der Ökonom und Publizist Roland Baader ist gestorben. Wir haben einige seiner Bücher gelesen und viele Anregungen durch sie bekommen. Er gehörte zu den klügsten liberalen Köpfen Deutschlands, aber nie zur Riege der gefragten„Wirtschaftsexperten“, die unentwegt vollmundige Prognosen abgeben, die sie in der nächsten Talkshow schon wieder vergessen haben. Doch seine Schriften begeisterten Tausende für klassisch-liberale Wirtschaftstheorie. Was man am politischen Liberalismus in Deutschland oft vermisst, repräsentierte Baader: Prinzipientreue statt Klientelpolitik und Demoskopie-Opportunismus.
Eines seiner Bücher schrieb er über die gesellschaftliche Rolle der Intellektuellen, die zwar häufig die Freiheit im Munde führen, aber immer wieder nach dem Staat rufen und oftmals in der Geschichte totalitären Ideologien den Weg bereiteten. Er erklärte das Versagen der Intellektuellen mit ihrer wirtschaftlichen Stellung. Als eine Art Sinnstifter-Kaste stehen sie auf dem Markt schlechter da, als der Händler, der einen profanen Gebrauchsgegenstand feilbietet. Diese Kränkung fördert antikapitalistisches Ressentiment. Verbünden sie sich jedoch mit dem Herrscher oder mit dem Revolutionär, der Aussicht hat, demnächst zum Herrscher zu werden, winken ihnen Ruhm und Geld.
Baader war das Gegenbild zum üblichen Typus des Intellektuellen: Ein freier Unternehmer des Geistes. Er kämpfte gegen das große Umverteilen, das im Namen der Gerechtigkeit stattfindet, doch am Ende alle ärmer macht. „Ich brauche Euere Subventionen und Transferzahlungen nicht,“ schrieb er einmal. „Ich will nicht Euer Kinder-, Mutterschafts- und Sterbegeld, nicht Eure tausend Almosen und milden Gaben, die Ihr mir vorher aus der Tasche gezogen habt – und mir und meinen Kindern noch in fünfzig Jahren aus der Tasche ziehen werdet. Ich bin ein freier Mann, der für sein Schicksal selbst und allein verantwortlich ist, der sich in die Gemeinschaft einfügt und die Rechte anderer genauso respektiert wie er seinen eigenen Pflichten nachkommt, der aber keine selbsternannten Ammen und scheinheilige Gute Onkels, keine ausbeuterischen Wohltäter und von mir bezahlte Paradiesverkünder braucht.“ Seine Stimme wird fehlen. Aber wir sind uns sicher, dass Baaders scharfe Analysen noch viele Menschen zum Nachdenken bringen werden. Spätestens, wenn eine Mehrheit realisiert hat, dass aus Schulden keine sozialen Wohltaten werden. Vielleicht dauert das gar nicht mehr so lange.
Erschienen in DIE WELT am 13.01.2012