„Die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Islam wurde den Rechten überlassen“

Von Mina Ahadi.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir alle sind besorgt angesichts der anhaltend hohen Zahlen von rassistisch und antisemitisch motivierten Gewalttaten. Denn sie belegen nicht nur die erschreckende Alltäglichkeit physischer und psychischer Angriffe. Sie zeigen auch, wie weit gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in der Bevölkerung verbreitet ist und wie sehr das gesellschaftliche Klima vergiftet wurde. So müssen wir auch in Berlin beobachten, wie Rechtsextremisten gegen Flüchtlinge und Ausländer hetzen und wie Islamisten beim al-Quds-Tag auf offener Straße zur Vernichtung Israels aufrufen und judenfeindliche Parolen verbreiten. Trotz aller Bemühungen der letzten Jahre für ein friedliches Zusammenleben stehen wir weiterhin vor diesen Problemen und wir müssen uns ehrlich fragen, warum das so ist. 

Ein zentraler Punkt bei der Beantwortung dieser Frage ist meines Erachtens unser Umgang mit dem politischen Islam. Diese Bewegung hat leider auch in Deutschland an Macht und Aufmerksamkeit gewonnen und wird zugleich von großen Teilen der Politik verharmlost oder sogar hofiert. Tragischerweise waren es vor allem linke Parteien und Intellektuelle, die jede berechtigte Kritik am Islam als „islamophob“ oder sogar als „rassistisch“ bezeichneten und Kritiker und Betroffene wie mich in die rechte Ecke gestellt haben. Die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Islam wurde damit den Rechten überlassen, die von dieser Situation sehr profitiert haben. Denn die rassistischen Kräfte konnten sich nur durch den Missbrauch der vielen unbeantworteten Probleme als Sprachrohr der Unzufriedenen verkaufen.

Dabei wird häufig übersehen, dass Rechtspopulisten und -Extremisten ähnlich autoritäre, homophobe und sexistische – kurz: menschenfeindliche – Positionen wie die Islamisten vertreten. Mit ihrem traditionell-patriarchalen Familienbild, ihrer Aversion gegen eine fortschrittliche Sexualerziehung und ihrer rückständigen Haltung zu Menschenrechten und Wissenschaft träumen die Rechten den gleichen fundamentalistischen Traum wie die Islamisten. Sie beide reduzieren Menschen auf Gruppenidentitäten, statt einzelne Menschen als Individuen in ihrer Unterschiedlichkeit ernst zu nehmen. Und beide lehnen die liberale Demokratie als Ausdruck sogenannter „westlicher Dekadenz“ ab. 

Für die Prinzipien der offenen Gesellschaft einstehen

Um auf diese doppelte Bedrohung durch Rechtsextremisten und Islamisten zu reagieren, sollten wir deutlicher als zuvor für die Prinzipien der offenen Gesellschaft einstehen – nämlich Freiheit, Gleichheit, Individualität, Rationalität und Säkularität. Konkret bedeutet das, dass wir Menschenrechtsverletzungen und Hetze unter keinen Umständen tolerieren sollten. Die Politik sollte zudem ihre Beschwichtigungs- und Appeasementpolitik mit den islamischen Organisationen und Verbänden beenden und den Einfluss von religiösen Partikularinteressen auf das Bildungssystem, das Gesundheitswesen, die Medien und die wissenschaftliche Forschung verhindern. 

Dadurch würde nicht nur die reaktionäre islamische Bewegung, sondern auch das fremdenfeindliche Lager in der Gesellschaft zurückgedrängt. Nur so werden unsere Kinder ohne Hass und Brutalität in einer menschlicheren und friedlicheren Gesellschaft zusammen aufwachsen können. Nur so lassen sich Fanatismus und Radikalisierung verhindern.

Ich hoffe daher sehr, dass die deutsche Politik endlich konkret Stellung gegen den politischen Islam bezieht und sich solidarisch mit all jenen zeigt, die sich aus den Ketten der religiösen Bevormundung befreien wollen. Vor allem MenschenrechtlerInnen und FeministInnen sollten sehen, wie Frauen derzeit im Iran gegen das Mullah-Regime und gegen den Kopftuchzwang protestieren und damit große Gefahren in Kauf nehmen. Denn das Kopftuch ist nicht nur ein harmloses Stück Stoff oder normales Kleidungsstück, sondern ein Symbol für eine patriarchale Kultur, in der Frauen nicht als gleichwertig angesehen werden. Es ist ein politisches Instrument, um die Religion in das Privatleben der Menschen zu verankern und Macht über sie auszuüben.

Den aufrechten Gang und den Mut der iranischen Frauen wünsche ich mir auch in Deutschland. Denn statt für falsch verstandene Toleranz sollten wir endlich für humanistische Werte und für die Aufklärung einstehen. Die Feinde der offenen Gesellschaft – die Rassisten, Islamisten und Antisemiten – hätten dann ein gewaltiges Problem.

Rede von Mina Ahadi zu einer Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus zum Thema „Rechtsextreme, rassistische und antisemitische Gewalttaten in Berlin im Jahr 2017“, die anlässlich des „Internationalen Tags gegen Rassismus“ am 21. März 2018 veranstaltet wurde.

Mina Ahadi ist Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime.

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Thomas Weidner / 22.03.2018

Solange jeder, der in Deutschland gegen die rechts- bzw. verfassungswidrige “Willkommenskultur”, den Asylmissbrauch oder die Verweigerung jeglicher Integrationsversuche durch Muslime (komisch: bei Angehörigen anderer Religionen gab es noch nie vergleichbare Probleme) sein Wort erhebt oder gar demonstriert, als “rechtsextrem” hingestellt wird, solange bin jedenfalls ich nicht bereit, mich mit Leuten wie Mina Ahadi oder ihren Äußerungen zu befassen. Denn nur ungeschickte Geister agieren nach der Formel: “Der Feind meines Feindes ist mein Freund”. Wie sich das mit den “rechtsextremen” Gewalttaten, auf denen in D so herumgeritten wird, so verhält, wurde in den seriösen Medien ja schon oft genug berichtet. (Wobei ich heute kein klassisches Massenmedium in D mehr kenne, welches ich als “seriös” ansehen würde.) Und was speziell den Iran betrifft: Ich kann mich noch bestens daran erinnern, wie zehntausende iranischer Frauen begeistert im Tschador auf die Straße gingen, um für Khomeini und dessen Machtübernahme zu demonstrieren… Den Tschador, den sie jahrzehntelang niemals freiwillig getragen hätten… Sie haben bekommen, was sie bestellt haben. Der Sachverhalt läge anders, wenn Khomeini gewaltsam den Iran erobert hätte… Das mag gehässig klingen - aber man sollte sich seine Wünsche eben sehr gut überlegen, schließlich könnten sie erfüllt werden. An das Märchen von demjenigen, welchem sein Wunsch erfüllt wurde, dass alles, was er anfasste, zu Gold werde, sei erinnert, der wurde nämlich gar nicht glücklich…

Wolfgang Ezer / 22.03.2018

Sehr geehrte Frau Ahadi , Ihrem Artikel kann ich in vielen Punkten zustimmen. Dennoch möchte ich Kritik üben , wenn sie folgendes schreiben : „ ...wurde damit den Rechten überlassen, die von dieser Situation sehr profitiert haben. Denn die rassistischen Kräfte ... “ Ich halte den Begriff von den „Rechten“ , wie Sie und andere ihn inzwischen alltäglich verwenden für diskursschädigend. In einer Demokratie muß eine Bandbreite der Ideen und Haltungen möglich sein , die es überhaupt erlaubt einen lebendigen Diskurs führen zu können. Eine funktionierende Demokratie lebt von diesem Wettstreit der Ideen. Ansonsten würde es den , seit der Antike bekannten , Diskursdreiklang aus These , Antithese und Synthese nicht geben. „Rechts“ ist ein Begriff der politischen Verortung im politischen Spektrum. In diesem Rahmen ist er legitim und sollte keinesfalls ruchbar konnotiert sein. Die Betrachtung der Welt durch einen Rechten unterscheidet sich eben grundlegend von der Weltsicht eines Linken. Karl Poppers Werk „Die offene Gesellschaft und Ihre Feinde“ mag beispielsweise diesbezüglich erste Anhaltspunkte liefern. Wer jedoch „rechts“ nur noch als Chiffre verwendet , als einen diffusen , symbolisch aufgeladenen Begriff , wird mit seiner ausschließlich diffamierenden Verwendung seinen eigenen kleinen Teil zur zunehmend unversöhnlich werdenden Spaltung der Gesellschaft beitragen. Wer rechtsextrem meint , kann diesen klaren Begriff auch verwenden. Wer „rechts“ sagt , will damit oftmals Teile der Bevölkerung mittels autoritärer Diskurshoheit mundtot machen. Wenn sich die „Linken“ ein wenig mehr ihrer alten „Säulenheiligen“ wie Habermas erinnern würden , könnten auch sie ihren Anteil daran haben , der fortschreitenden Polarisierung der Gesellschaft etwas entgegen zu stellen. Stichworte : „Der herrschaftsfreie Diskurs“ „Der zwanglose Zwang des besseren Arguments“ Mit freundlichem Gruß Wolfgang Ezer

Jürgen Althoff / 22.03.2018

Sehr geehrte Verfasserin, warum haben Sie sich nicht vor dem Verfassen der Mühe unterzogen, das Programm der mit 12,6% größten “rechtspopulistischen” Partei zu lesen? Diese Partei ist weder homophob ( Alice Weidel ist bekennende Lesbe und wurde trotzdem(?) gewählt), noch migrantenfeindlich (integrierte Flüchtlinge in leitenden Positionen) noch antisemitisch (im Gegensatz zum Großteil der anderen Parteien), noch rassistisch (es gibt ethnisch sehr unterschiedliche Parteimitglieder). Und es ist die einzige Partei, wie gerade wieder im Bundestag erlebt, die die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Rechtsordnung fordert.

Frank Stricker / 22.03.2018

Liebe Frau Ahadi, an den entscheidenen Punkten bleiben sie erstaunlich vage, Sie werfen “Rechtspopulisten und Rechtsextreme” in einen Topf ohne Roß und Reiter zu nennen. Das ist gelinde gesagt schon Kleber/Slomka Stil , Hauptsache räääächts ! Da sollten sie schon sauber differenzieren , die von ihnen erwähnten mutigen Frauen aus dem Mullah-Regime im Iran würden bei der AFD garantiert einen begeisternden Empfang genießen, während man sie bei den Linken u. Grünen eher unfreiwillig dulden würde.

Frank Holdergrün / 22.03.2018

Wenn es einen politischen Islam gäbe, müsste auch ein unpolitischer existieren. Ich habe den aber noch nicht entdeckt! Er scheint eine Fata Morgana zu sein. Ich sehe keine Bedrohung durch Rechtsextreme oder Islamisten, ich lese die Grundlagen des Islam und verstehe die Gefahr, die aus dem Herzen der Schriften kommt, die Muslime glauben müssen. Hadith M036,6603 Mohammed: „Wenn ich nicht mehr bin, wird als größte Bedrohung der Stabilität der Schaden bleiben, der Männern von Frauen zugefügt wird.“ Hadith B7,62,113: Mohammed: „Eine Frau ist wie eine Rippe: wenn Du versuchst, sie gerade zu biegen, bricht sie. Damit sie dir nützlich sein kann, musst Du sie krumm lassen.“  “Denn statt für falsch verstandene Toleranz sollten wir endlich für humanistische Werte und für die Aufklärung einstehen.” Wen meint die Autorin mit diesem Satz? Die Ex-Muslime oder uns, die wir unter großen Mühen die Aufklärung gegen die Kirche durchgesetzt haben? Haben wir jetzt nochmals die Verpflichtung, den Islam aufzuklären? Wer soll das machen, wenn nicht der Islam selbst und Ex-Muslime? Ich habe diese windschiefen Diskussionen inzwischen völlig über, jeder zieht sich irgend eine Beleidigung oder Gefahr heraus, die ihm so passt. Frau Ahadi spricht eine merkwürdige windschiefe Sprache und mixt ziemlich viele Dinge, die sie besser sortieren sollte.

Judith Hirsch / 22.03.2018

Es ist bedauerlich, dass nicht Frauen wie Mina Ahadi, sondern Personen wie Hengameh Yaghoobifarah die öffentliche Debatte bestimmen.

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