Fundstück / 22.01.2012 / 16:27 / 0 / Seite ausdrucken

Die Costa Concordia vs. die Titanic ist sowas wie Aldi vs. Feinkost Käfer

Eine anonyme Leserin schickte uns diese Glosse, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten.

Irony on: Wir müssen mal ehrlich sein. Dieses Schiffsunglück gibt nicht genug her. Daher ist es köstlich, dass Mark Steyn die Titanic bemüht, denn Artikel, die die Titanic enthalten, werden eher gelesen. Die Titanic war ein Luxusschiff, mit dem Leute wie Guggenheim untergingen, eine Art Villa, deren dritte Klasse irgendwie störend wirkt, aber den Untergang des Schiffes medial aufwertet, weil sie man die Leute unten drin einsperrte mangels Rettungsbooten.

Das andere Tolle ist das spektakuläre Eisberg-Setting. Für so was machen Leute heute Kreuzfahrten in die Polregionen. Dagegen ist die Costa Concordia so was wie ein Hochhaus, in dem alle wohnen, in den unteren Etagen die Geringverdiener, oben mit Aussicht etwas bessere Mittelschicht. Die Costa Concordia vs. die Titanic ist sowas wie Aldi vs. Feinkost Käfer inclusive Keller. Für die Medien ist diese Havarie irgendwie grauenvoll, weil zu armselig. Erstens ist das Schiff zu nah an Land aufgelaufen. Zweitens gibt es effektiv nicht genug Tote.

Drittens war der Reeder nicht an Bord oder wenigstens der Haupt-Shareholder und hat sich nicht zuerst gerettet. Viertens galt das Schiff nicht als unsinkbar und sinkt trotzdem nicht. Fünftens war kein Guggenheim an Bord, denn diese Kategorie kauft heute Privatyachten. Daraus ergibt sich eine Tragik: Wir werden nie wieder einen Schiffsuntergang mit einem Guggenheim oder wenigstens einem Rothschild erleben. Sechstens: Es waren keine Auswanderer an Bord, denn diese kentern heute mit einfacheren Booten oder fliegen mit Visum in andere Länder. Erstere nennt man Migranten, letztere Ex-Pats.

Siebtens: Das Wasser war dann doch nicht so kalt. Man hätte an Land schwimmen können, traute sich aber nicht. Achtens: Nichts Mysteriöses ist an diesem Schiffsuntergang wie bei der Andrea Doria. Man wird keinen Krimi daraus machen können und auch keinen großartigen Reißer im Nordmeer mit Eisbergen und Kate Winslet in den Armen von Edgar Hoover, jung, in einem Rolls Royce. Neuntens: Bei der Titanic hat sich der Reeder zu früh von Bord gerettet. Hier haben wir nur einen kleinen popeligen, irgendwie hysterisch und dadurch menschlich und zeitgemäß wirkenden italienischen Chaotenkapitän als Schuldigen. Zehntens: Die Passagiere haben etwas von Masse und wurden fast alle gerettet. Exklusivität ist auf einem 4.000 Seelen-Dampfer ausgeschlossen, und die Exklusivität des größten Schiffsuntergangs aller Zeiten fehlt komplett.

In einer Zeit, in der sich wenig bewegt, weder der deutsche Bundespräsident, noch die europäische Finanzsituation, einer Zeit, in der man verzweifelt nach Größe sucht, ist diese Havarie zu klein. Der Kapitän hat also einen ganz gravierenden Fehler gemacht. Er hätte das Boot, nachdem er merkte, dass er einen Felsen gerammt hatte, weit auf See hinausfahren sollen, dann hätte er die Hälfte der Rettungsboote außer Betrieb setzen und den Notruf zu spät absetzen müssen und an Bord bleiben sollen. Zudem hätte er behaupten müssen, er habe ein unbekanntes Objekt gerammt. Er wäre dann berühmt, und man würde nach einem israelischen oder amerikanischen U-Boot als Verursacher suchen. 2000 von 4000 Passagieren, von denen man die unteren hätte einsperren müssen, um Panik zu vermeiden, wären gerettet worden, 2000 untergegangen, es wäre der spektakulärste Schiffsuntergang aller Zeiten gewesen. Für den Film hätte Arison ein Schwesterboot ausgeliehen und damit seine Verluste halbswegs wettgemacht. Und wir hätten alle was zum Lesen gehabt. So ist das zu klein, das Schiff zu groß, die Story zu klein, schade. Irony off.

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