Dirk Maxeiner / 30.05.2021 / 06:00 / Foto: Unbekannt / 29 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Das ultimative Argument

Der Wetterbericht hat für heute sonniges Wetter und einen blauen Himmel vorhergesagt. Der Himmel spielt in dieser Kolumne eine wichtige Rolle, warum, verrate ich aber erst am Schluss. Es geht hier nämlich um eine neue den Horizont erweiternde Methode, die heute vor exakt einer Woche der Weltöffentlichkeit präsentiert wurde. Mit Hilfe des im Prinzip einfachen Gerätes vereinfachen und verkürzen sich politische Debatten enorm, das mühsame und zeitaufwendige Austauschen von Argumenten entfällt weitgehend. Das universelle Instrument funktioniert in jeder Sprache, Übersetzer werden nicht benötigt. Allein innerhalb der Europäischen Union können auf diese Weise Heerscharen von Übersetzern eingespart werden. Die Argumentationshilfe ist weitgehend selbsterklärend, die Technik überschaubar und robust und überdies sofort frei Haus lieferbar. 

Sie sind genervt von den Klimahüpfern, die zwar keine Ahnung, davon aber viel haben? Sie haben keine Lust, sich über sinnlose Inzidenzwerte zu streiten? Sie finden, es gibt Wichtigeres als Gendersternchen? Sie finden, dass Sie zu viel Steuern und Abgaben bezahlen müssen? Sie wollen sich nicht von der Regierung vorschreiben lassen, wann Sie ihr Geschäft aufmachen dürfen und wann nicht? Sie möchten überhaupt mal Angela Merkel die Meinung geigen, so dass sie es auch versteht? Dann sollten Sie auf die bahnbrechende Technik der beiden begnadeten russischen Intellektuellen Artjom Mikojan und Michail Gurewitsch zurückgreifen, mit der sie jede Debatte innerhalb weniger Minuten für sich entscheiden. 

Das Ganze ist für den Anwender so anspruchslos, dass selbst schlichte Charaktere wie der weißrussische Präsident Alexander Grigorjewitsch Lukaschenko damit prima umgehen können und sich ein – pädagogisch wichtiges – sofortiges Erfolgserlebnis einstellt. So war Lukaschenko am vergangenen Sonntag der Meinung, dass eine über Weißrussland hinwegfliegende Ryanair-Maschine nicht im litauischen Vilnius landen sollte, sondern direkt vor seiner Haustür in Minsk. Unter normalen Umständen hätte dies zu einer endlosen Diskussion mit unbekanntem Ausgang geführt, im konkreten Falle bemühte Alexander der Weißrussische aber die hier bereits angedeutete Erfindung. Ein Gerät von „Mikojan i Gurewitsch“, abgekürzend genannt „MIG", im konkreten Fall in der Ausführung "MIG 29" eroberte in Nullkommanix die Deutungshoheit und begleitete die Maschine nach Minsk. 

"Freies Spiel der Erkenntniskräfte"

Das ebenso glänzende wie überzeugende  Argument besteht weitgehend aus Aluminium, und Ästheten der gepflegten geistigen Auseinandersetzung werden bestätigen, dass es darüber hinaus von großer Schönheit ist. Die Überzeugungskraft ist im Duett sogar noch einleuchtender und formvollendeter. Schon Platon widmete sich der Schönheit im transzendenten Sinne, und spätestens Immanuel Kant nahm die Wirkmächtigkeit der MIG 29 vorweg, als er angesichts des Schönen vom "freien Spiel der Erkenntniskräfte" sprach.

Russland verfügt über rund 300 MIG 29, Deutschland über keine einzige vergleichbare Argumentationshilfe, was eine Erklärung für die wenig überzeugende Rolle der heimischen Dichter und Denker sein könnte. Gerade wurde von der Bundesregierung ein Corona-Paket für den kulturellen Wiederaufbau in Höhe von 2,5 Milliarden Euro bereitgestellt, ich empfehle, diese Mittel direkt für die Anzahlung von 100 MIG 29 zu investieren (Stückpreis etwa 250 Millionen Euro), um die geistig-kulturelle Durchschlagskraft Deutschlands und die Schönheit unserer Argumente in internationalen Debatten wieder deutlicher herauszustreichen. Dies wäre womöglich noch überzeugender als die Arbeit der Goethe-Institute.

Ich persönlich erwäge, im Rahmen eines Sonntagsausfluges mit einer privaten Initiative voranzugehen. Ein MIG-29-Flug ist in Russland für gerade mal 12.500 Euro zu haben (25 Minuten Flug Akrobatik ohne Überschall), also deutlich billiger als ein Lufttaxi von Markus Söder (25 Minuten Akrobatik ohne Flug). „45 Minuten Akrobatik mit Überschall“ klingt zwar ein bisschen nach Edelpuff und kostet 14.500 Euro. Das ist immer noch ein Schnäppchen, vor allem, wenn man mal kurz nach Berlin abdreht, umgekehrt wie Mathias Rust, der vor 35 Jahren mit seiner Cessna auf dem Roten Platz landete.

„Sie sind mit sehr netten Piloten unterwegs. Deren Ziel ist es, Sie mit Ihrem MiG-29 Flug glücklich zu machen. Wenn Sie sich jedoch einen wirklich wilden Ritt in der MiG wünschen, dann werden Sie dies auch bekommen“, verspricht der Veranstalter. Von der russischen Grenze dauert es mit einer MIG-29 nicht länger bis Berlin als mit der S-Bahn von Mitte nach Pankow. Ich überlege nur noch, wo ich eine Kultur des nachhaltigen Verstehens leisten will: über dem Kanzleramt, den Gemächern von Karl Lauterbach oder dem Büro von Greenpeace. Ach ja: Statt sich bei Greenpeace anzubiedern hätte Volkswagenchef Herbert Diess die geklauten Autoschlüssel mit einer MIG 29 auf der Zugspitze abholen können. Lufthoheit wieder hergestellt, ich schwör.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Unbekannt via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Reinhard Giraud / 30.05.2021

Also wenn so ne MIG 250 Mio. kostet, dann kriegen Sie für 2,5 Milliarden keine 100, sondern gerade mal schlappe 10. Hat Ihnen das Annalenchen so vorgerechnet?

Hans-Peter Dollhopf / 30.05.2021

Herr Maxeiner, wenn dem Täter ein rechter Fertigungsgrund zugutekommt, fällt Bestrafung weg. So will es das gut verpflegte Recht. Und ich denke mal, die Grünfrieds haben die Hüter des Fasses von Karlsruhe, diese Bahnbrecher höchstselbst, dann ganz und durchgegart auf ihrer Payroll. Das Fassungslos-Gericht steigerte sich nach seiner Entführung durch den Barden Ha mit dem Klimaschmutzurteil selbst zur Rechtsabteilung von Green pleace, whatever it takes, Zündschlüssel inklusive. Zitat WeLT: “In einem Video auf Twitter äußerte sich eine Aktivistin der Organisation zu der Protestaktion. ‘Die Aktivistinnen und Aktivisten haben in Emden nichts gestohlen (...) sie haben gegen die Zerstörung ihrer Zukunft demonstriert – aus Notwehr’”!! Der Oberste Rennstallmeister des Volkes, Herbert Diess, setzt darum schon mal auf “Bereitschaft zum kritischen Dialog” und zukünftig auf Elektroschocker: “Volkswagen wolle bis 2025 rund 35 Milliarden Euro in die E-Mobilität investieren. Zudem solle bis 2030 die Zahl von 26 Millionen VW-Autos mit einem Elektroantrieb erreicht werden”, summste seine werkohholische Emdener Besprecherin dem Evangelischen Pressedienst. Tofu auf Rädern. Die aus der Allmacht cleverer CO2-Triebwerke kommende Luftüberlegenheit bleibt auch zukünftig den Rußern, Chinikern und auch den kolonialsprachlich korrekt bezeichneten Indians erhalten, auch nach 2030. Bei jedem MiG-Wetter!

Michael Lorenz / 30.05.2021

Es dauert eine Weile, bis man drauf kommt, obwohl jedes Geschichtsbuch randvoll mit Beweisen dafür ist: das klassische linke “Gewalt-ist-keine-Lösung” hat -wie fast alles Linke- noch nie gestimmt. Das genaue Gegenteil ist richtig. Das weiß Russland durch die MIG, die USA duch die B-52 und der Schulhofrüpel aus Erfahrung.

Leo Hohensee / 30.05.2021

Guten morgen Herr Maxeiner, das sind ja echt tolle Kisten. Die „Duettvorführung“ (Link) zeigt, die können tanzen. Aber jetzt zum Ernst. Sie schreiben: “.... ich überlege nur noch, wo ich eine Kultur des nachhaltigen Verstehens leisten will: über dem Kanzleramt ...... ”—- Am Kanzleramt wird sich in Kürze einiges ändern. Das Amt ist jetzt schon 8 mal größer als das White house in Washington oder 10 mal so groß wie Downingstreet in London. Trotzdem wird das Kanzleramt nach der Wahl in seiner Größe VERDOPPELT auf ca 50.000 qm. Die kalkulierten Kosten belaufen sich auf 600 Mio Euro. Und was Kostenschätzungen - insbesondere in Berlin wert sind - weiß man ja. (Quelle: bz-berlin.de 11. Okt. 2020 Gunnar Schupelius und Gabor Steingart) Dann werden die MIGs dort ein lohnendes Refugium zum “tanzen” haben. Schönen Sonntag

Wilfried Cremer / 30.05.2021

Sehr geehrter Herr Maxeiner, kennen Sie den? Kommt ein halbes Hähnchen zum Arzt…

A. Ostrovsky / 30.05.2021

Ich sag mal so: Wer kann, der kann. Luka-Schenko, ein Name, wie ein Programm. Der hat sogar zwei Stück davon. Und Ariel wäscht nicht sauber, sondern rein, sogar Weißrussland. Man kann da jammern und klagen, oder eben auch mal anerkennen, dass das Luftverkehrsrecht so ist und sogar die UNO das Privileg jedes Halbgottes in Absurdistan verteidigen müsste, dass der entscheiden darf, was über seinem Schlaraffenland für Tauben fliegen und welche nicht. Der Klügere gibt nach, aber der Stärkere gewinnt. Ich überlege jetzt, was ich machen könnte, wenn mir das nicht gefällt. Ich könnte nur mit solchen Gesellschaften fliegen, die mich nicht über dem Höllenschlund in Gefahr bringen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Ich finde es lächerlich, wenn Leute, die die 15km Grenze nicht überschreiten dürfen, darüber nachdenken, ob man über Weißrussland fliegen darf. NEIN! DAs muss doch nun klar sein. Und seit der MH17 auch nicht über freies Ukraina, Gott habe seelig. Und auch über Deutschland ist es gefährlich, Frankrech tödlich. Fragt doch mal die Annalena und die Luisa, wo die sichersten Flugrouten sind, oder die Dorothea vom Flugtaxi. Ich finde den Schenko mit dem Schnauzbart schrecklich. Aber ich kann nichts machen. Sogar das Jammern tut weh.

Michael Palusch / 30.05.2021

Nachdem der Funkverkehr zwischen den Piloten der Ryanair-Maschine und dem Tower in Minsk veröffentlicht wurde, ergibt sich ein völlig anderes Bild. Die “bedrohliche” Mik-29 wurde darin nicht einmal erwähnt. Das das Transkript keine Fälschung ist, beweist das dröhnende Schweigen der einschlägig bekannten Büchsenspanner in Politik und Medien.

Till Thomas / 30.05.2021

Sorry, ich hab´s nicht mitgekriegt: Was waren noch mal die unwiderlegbaren Beweise für die erzwungene Landung in Minsk? - Die lückenlose Dokumentation des Ablaufs? Das Protokoll und der Mitschnitt des Funkverkehrs? Die Aussagen der Piloten? Unwiderlegbar gefälschte emails?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com