Dirk Maxeiner / 21.08.2022 / 06:15 / Foto: Pixabay / 31 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Die Wahnsinnigen und die Superschrauber

Der Begriff „Wahnsinniger“ hat für mich eine positive Konnotation. Genau wie der Begriff Schrauber. Beide werden dringend gebraucht.

Der ironische Einsatz von Schimpfwörtern signalisiert immer auch Verbundenheit. Der Begriff „Wahnsinniger“ beispielsweise hat für mich eine positive Konnotation. Insofern mag ich in Deutschland umherirrende Politiker nicht Wahnsinnige nennen. Denn damit geschieht den von mir geschätzten echten Wahnsinnigen bitteres Unrecht. Aktuell auffällig werdende Politiker sind für mich im Gegensatz dazu Irre. Um die Demarkationslinie zwischen beiden zu zeichnen, genügt ein roter Filzstift: Der Wahnsinnige kann über sich selbst lachen, der Irre nicht.

In solch tiefschürfende Gedanken versunken, kurvte ich kürzlich in der Gegend von Wasserburg am Inn umher. Wenn die Sonne scheint, ist es da sehr schön. Ich wähnte mich in einem Film aus den 50er Jahren und wartete ständig darauf, dass Liselotte Pulver mit einem Karmann-Ghia um die Ecke kommt. Aber wehe, es regnet. Dann kommst du dir vor wie in der untersten Grabkammer der Pyramide von Gizeh. Zum Glück schien die Sonne, und der Himmel strahlte bayrischblau, ein wunderbarer Tag, um einen Wahnsinnigen in der Provinz zu besuchen. 

Die heitere Seele heißt Joachim Schroeder, er ist sogenannter Filmschaffender und führt zusammen mit anderen Wahnsinnigen die Produktionsgesellschaft Preview, deren umfangreiches Œuvre hier nachgelesen werden kann. Etwa die Hälfte davon ist, wie es sich gehört, der Delegitimierung unserer Staatsorgane gewidmet. Aufmerksame Achse-Leser kennen aus der Vergangenheit beispielsweise die Serie „Entweder Broder – Die Europa Safari“. Oder jüngst die preisgekrönte Tragikomödie „Kill me today, tomorrow I am sick“, die im Kosovokonflikt spielt. Der Streifen ist politisch unbotmäßig bis in die Besetzung hinein, Joachim Steinhöfel und Henryk M. Broder geben darin ein Gastspiel. Friedrich Merz, der unlängst nicht mit Steinhöfel und Broder auftreten wollte, weiß gar nicht, was er versäumt hat.

Damit dem Feuilleton so richtig die Kopfdichtung wegfliegt

Um es zum Wahnsinnigen honoris causa zu bringen, ist die Produktion von Kinofilmen oder Features mit anstößigem politischen Inhalt schon eine gute Voraussetzung. Nirgendwo ist die Chance größer, aus Überzeugung pleitezugehen und nicht einmal dafür bedauert zu werden. Soviel zur Pflicht. Für die Kür des Wahnsinns braucht es aber noch ein bisschen gespaltenes Bewusstsein. Also beispielsweise eine Faszination für das Automobil und die Schrauberszene, damit dem Feuilleton so richtig die Kopfdichtung wegfliegt. So produzieren Schroeder und die Seinen eifrig Brumm-Brumm-Serien für unsensible Sender wie DMAX & Co, das heißt, sie bestreiten einen wesentlichen Teil meiner kulturellen Weiterbildung. 

Kein Wunder, dass ich mich mit Joe Schroeder von Anfang an gut verstanden habe. Ich hielt ihn für einen Wahnsinnigen, und er hielt mich für einen Wahnsinnigen, was wir uns aber nicht mitteilten. Wir könnten spontan einen Einakter mit zwei sonnigen Seelen in einer geschlossenen Garage uraufführen.

Joes Garage ist ziemlich groß, es handelt sich um eine Halle mit mehreren Hebebühnen und integrierter Schlafstatt. Joe wohnt zusammen mit seiner Volvo-Sammlung, und zwar inmitten idyllischer oberbayerischer Maisfelder, in denen schlecht erzogene Wildsäue schmatzen. Nachbarn, die in Reihenhäusern schmatzen, sind sehr, sehr fern – und das ist auch gut so. 

„Mein Papa ist der Beste. Der macht euch alle fertig. Alle.“

Das Hallentor steht sperrangelweit offen, und drinnen sitzt eine sehr aufgeweckte Zehnjährige am Esstisch neben der Hebebühne und spricht: „Mein Papa ist der Beste. Der macht euch alle fertig. Alle.“ Sie guckt dabei sehr ernst und strahlt außerdem die fröhliche Gewissheit aus: „Ich werde mich nie an eine Straße kleben“. Es wird nämlich gerade ein Werbetrailer für die neuste Provokation aus dem Hause Preview gedreht. Der beziehungsreiche Titel lautet: „eBay sucht den Superschrauber“. In diesem Safe Space klebt allenfalls Nutella an der Klappstulle und später vielleicht Racing-Slicks an der Straße. Der Plot der Folgen ist angenehm überschaubar, verschiedene Teams konkurrieren vor einer gestrengen Jury um Aufgaben der automobilen Daseinsvorsorge, als Preise werden Geldprämien, Oldtimer oder teure Tuningteile ausgelobt, man muss sie nur schnell genug einbauen, sonst sind sie futsch und müssen wieder raus. 

Das Wunderbare an Schrauber-Serien – und das gilt auch für diese – ist ihr kontemplativer Wert. Im Gegensatz zur Tagesschau, die mich als vulnerable Gruppe nur aufregt, versetzen sie mich in einen geradezu buddhistischen Flow. Wie schön ist es, dass der Mensch wenigstens an der Werkbank noch die Welt verstehen, auseinandernehmen und wieder zusammensetzen kann. Diese Sehnsucht treibt Millionen in die Heimwerkermärkte und verschafft der Do-It-Yourself-Sparte einen Dauer-Boom. Diese Läden und Internet-Shops verkaufen zwar Schrauben und Holzplatten, Lichtmaschinen und Auspuffanlagen, aber sie liefern auch Seelenheil. Das ist ihr Erfolgsgeheimnis. Der Schrauber, egal ob er nun einen Toaster repariert oder einen heißen Ofen tunt, steht gewissermaßen für den geerdeten Teil der Bevölkerung.  

Was die Sinnhaftigkeit eines solchen Wettbewerbes anbetrifft, heute nennt man das ja "Challenge", möchte ich als Antwort ein paar einfache Fragen bemühen. Wie ginge es Deutschland ohne Genderbeauftragte und dergleichen Aufsichtspersonal, das wie eine Algenblüte übers Land wuchert? Antwort: Eben. Es ginge ohne sie besser. Mehr Luft zum Atmen. Und was wäre das Land ohne Wahnsinnige? Antwort: Fallen Die Wahnsinnigen von der Stange zieht Gefahr auf und die Luft wird dünn. Sie sind die Kanarienvögel im Bergwerks-Stollen. Und was wäre Deutschland ohne Schrauber und sonstiges geerdetes Personal? Güterzüge mit Kohle haben Vorfahrt – Fahrgäste das Nachsehen.

Besonders gespannt bin ich übrigens auf die Superschrauber-Folge, die demnächst komplett im Dunkeln abgedreht wird. Nein, nix mit Blackout. Es geht lediglich um jene Region, die von einem ehemaligen Bundespräsident zu Dunkeldeutschland erklärt wurde. Dort hat sich die Kunst der Improvisation und Reparatur in 40 Jahren DDR genetisch verfestigt. Ohne Schrauber hätte dort der Letze schon zwanzig Jahre früher das Licht ausgemacht. Die aktuellen Superschrauber müssen an zwei ehemaligen Ostautos ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Irgendwas mit Zweitaktern, viel blauem Dunst und einer Brise Bitterfeld. Also sehr zukunftsorientiert. Mehr darf ich nicht verraten. 

eBay sucht den Superschrauber finden Sie auf YouTube hier.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

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Gerhard Schäfer / 21.08.2022

Sehr geehrter Herr Maxeiner,- Sie treiben mir wehmütige Tränen in die Augen,- in Gedenken an eine Zeit, in der die Welt noch in Ordnung war! Weiter so! Die kleine Tochter Ihres Freundes läßt hoffen!

Claudius Pappe / 21.08.2022

Aktuell auffällig werdende Politiker sind für mich im Gegensatz dazu Irre. Irre sind die, die nicht wissen was sie tun. ” Unsere ” Politiker wissen was sie tun. Sie wollen Deutschland vernichten. Wer vorsätzlich vernichten will ist nicht irre, sondern ein xxxxxx, also einer der angeklagt und verurteilt werden muß.

Steffen Raschack / 21.08.2022

@ Fritz Kolb Einspruch, es gibt auch Lastenradfahrer, die Menschen wie Sie erfreuen! Ich bin so einer, weil ich den Führerschein nicht immer nutze, Bierkonsum ist genau so wichtig wie der von Benzin und Diesel, und schließlich möchte ich nicht aussehen, wie gewisse adipöse Volksbelehrer (innen), welche im Übrigen einen Fahrdienst haben ;-)

Helmut Driesel / 21.08.2022

  Die Begeisterung war da, aber meistens war es so, wenn ich alles auseinander hatte, dann hatte ich auch keine Lust mehr.

Thomas Behrendt / 21.08.2022

Jetzt weiß ich endlich, warum ich so gerne an meinen Toaster und an meinem alten Auto rumschraube: ich gehöre zum „geerdeten“ Teil der Bevölkerung. Dabei beziehe ich meine ganze Fachkenntnis als Bürohengst ausschließlich aus dem Konsum von DMAX und seit neuestem dem YouTube Kanal von EBAY, wo ich übrigens auch die nötigen Ersatzteile bestelle. Dabei ist die ganze Schrauberei reine Selbsthilfe, weil Deutschland langsam die Handwerker ausgehen. Und Autoschrauberfernsehen ist die einzige verbliebene Unterhaltung, bei der man nicht indoktriniert wird. Vielen Dank an Medienschaffende Herrn Schröder.

Hans Meier / 21.08.2022

Aus meiner Perspektive, ist der Abstand der sich zwischen den “Normalos auftut” zu denen die von den “GEZ-Kanalisations-Anstalten mit Genderei und Killefit” abgefüllten, die große Grenz-Region. Einerseits ist es herrlich auf Mitmenschen zu treffen, die diese “Kanalisierung” aus schlagen um dem “öffentlichen Elend” zu entgehen, und ihren eigenen Interessen folgen. Andererseits “wechseln aber auch viele” zwischen der “GEZ-Schein-Welt” und ihrer eigenen Realität hin und her, was sie leider zumeist verwirrt, was ja das Ziel der öffentlichen Sender ist. Die Tatsache ist, “ein Schrauber hatte schon immer das Glück auf seiner Seite” er hatte stets Erolge in der Hand. Der GEZ-Angestellte hat nur “linke Hände, an denen Daumen sind, statt Fingern, sogar die Zehen sind wie Daumen”. Das analysiert seine Befindlichkeit, seine Wut auf die Normalos un deren Glück.

Johannes Schuster / 21.08.2022

Das ist wieder so ein Verblödungsformat und ein narzisstisches Getue:  Die Realität ist doch die, daß man bei der Spannrolle nur noch ausfällig wird, weil die Motorbrücke im Weg ist: Beim Automatikgetriebe braucht man einen Tranquilizer beim Gedanken an auch nur den kleinsten Dreckeintrag. Bei der Zyko - Dichtung bekomme ich schon beim bloßen Wort stressbedingten Durchfall bei der bloßen Vorstellung, daß die Emulsion den Motorblock zerstören kann. Und wenn einem mal mit einem blockierten Thermostat eine Dampfwolke aus der Haube kommt, dann wird es sehr unromantisch. Wer hat sich hier schon mal einen Lager - Auspress - Bock selber geschweißt…. ?...also!. Wer hat sich hier die Bremsleitungen schon selber gebördelt oder tagelang überkopf geschweißt, oder Blech in Form gedengelt ? Und wenn dann die Hohlraumversiegelung (Hirn - Innenbeschichtung für Politiker) Feuer fängt, und man den Drahtvorschub schnell auf null stellt um mit dem Brennergas zu löschen, jo mei, das ist lustig, wenn da so eine Wachslache im Träger brennt. Oder Flugzeug gefällt ? wo man das Dashboard über den Motorraum abschrauben muß und hinter einer Teerplane die Avionik zugänglich ist. Oder eine alte Jazz - Orgel mit gefühlt 10 000 Kabeln und einem Dutzend Oszillatoren in Gatter - geschalteter Zuordnung. Was ich hier empfehlen kann ist der EEV - Blog von David Jones. Der macht richtig geile Beiträge und Teardowns bis in den gynäkologischen Chipbereich. Es gibt besseres als die deutschen Formate vor allem lustigere und ich finde Jones hat etwas drauf, was mich beeindruckt und nicht langweilt, auch wenn er die Diva unter den Elektronikern ist. Also über den Rand schauen schadet nicht und ein paar - eigene - Leistungen der Autoren wären sicher interessanter als ewig die journalistische Steckmückenanleihe. Schreibst du noch… oder schraubst Du schon ?

Fritz kolb / 21.08.2022

Wahnsinniger oder Auto-Verrückter, beide Attribute nehme ich als Kompliment. Wenn ich an einem schönen Sonnen-Sonntag meinen Roadster starte und er mich freudig aus zwei Sidepipes mit je 10 cm Durchmesser freudig begrüßt, ist das schön. Meine männlichen Nachbarn freut es unisono auch (ich wohne auf dem Land), die weiblichen sind gespalten, aber tolerant. Auf dem Land, in meinem Dorf, leben wir nach der Devise Leben und leben lassen. Unterwegs sehr ich in glücklich-überraschte Männer- und Jungs-Gesichter. Der ganze, künstlich gehypte Elektroschmock ist weit davon entfernt, positive Emotionen zu schaffen. Lastenradfahrer, die ihre Moral vor sich herradeln, sind natürlich nicht unter meinen Fans. Aber die sind mir auch herzlich egal, und -innen und sonstiges Gedöns auch. Sollen die sich damit beschäftigen, deren Leben ansonsten öd und leer wäre.

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