„Gottes Ratschlüsse sind unerforschlich und seine Wege unergründlich,“ pflegen Theologen zu sagen, um mitunter eine gewisse argumentative Hilflosigkeit einzuräumen. Was für den lieben Gott gilt, trifft in gewisser Weise auch für die Natur zu. Sie ist zwar nicht ganz so unerforschlich, macht aber trotzdem was sie will - und nicht das, was der Mensch gerne hätte. Diese Erfahrung mussten auch die Bewohner der kleinen Gemeinde Deuringen bei Augsburg machen, die früher einen amerikanischen Truppenübungsplatz beherbergte. Als die Panzer abrückten ließen sie eine ökologisch wertvolle - und für die Region eher untypische - Heidelandschaft zurück, in der seltene Arten eine Heimat fanden. Laubfrosch, Zauneidechse und Neuntöter lieben das geschundene Stück Land mit seinen Furchen und Tümpeln.
Doch einige Jahre nachdem keine schweren Kettenfahrzeuge mehr den Grund umpflügen, ist die Idylle bedroht: Erst kommt die „Verbuschung“, dann rückt der Wald nach. Wald gibt’s in der Gegend aber wirklich genug, weshalb man das Besatzungs-Biotop gerne erhalten würde. Aber wie? Im Moment versuchen Freiwillige den Bewuchs mit Sägen und einigen Schafen kurz zu halten. Eine bessere Lösung wären Großtiere wie Rinder und Pferde - doch dann müsste ein Zaun darum herum gezogen werden und der Mensch draußen bleiben. Dann hätte niemand mehr etwas von dem schönen Lehrpfad durch das Gelände. Deshalb wird die Möglichkeit erwogen, das Panzer-Biotop durch den regelmäßigen Einsatz von Großfahrzeugen zu erhalten. Doch deren Einsatz kostet Geld, das nicht vorhanden ist.
Was uns auf eine Kosten sparende Idee bringt, die gleich mehrere Interessen auf ideale Weise vereint. Da sind einerseits die Naturschützer, die kein Geld haben. Da sind andererseits die ortsansässigen Offroad- und Geländewagen-Freaks, die zwar über Geld, nicht aber über ein Übungsgelände verfügen. Nutzlos parken ihre Kleinpanzer vor den Cafés. Naturschützern sind diese Dinger bislang ein ausgesprochener Dorn im Auge. Doch jetzt ist die Gelegenheit zur Versöhnung gekommen! Motto: Einmal im Monat macht ihr für uns die Heide platt und wir vergeben euch für den Rest der Zeit eure Öko-Sünden. Das hätte geradezu Modellcharakter: Andere Regionen, die gerne auch so eine Idylle schaffen möchten, könnten den Offroad-Club in ihrer Nähe um unbürokratische Amtshilfe bitten. Oder geht das jetzt zu weit?
Erschienen in DIE WELT am 11.11.2011