Nahezu jeder, der mir in den letzten dreieinhalb Jahren die Freundschaft gekündigt hat, ist ein alter weißer Mann. Ehemalige Mitschüler, Studienkollegen, Mitarbeiter, Kunden. Ein paar junge weiße Frauen waren auch dabei, aber das konnte ich aus Altersgründen gut wegstecken. Und so lange ich mit mir selbst im Reinen bin, dürfen mich die Anderen gerne mal.
Lassen Sie mich! Ich bin und war schon immer Revolutionär und von jeher für und auf der Seite von allem was gut und richtig ist. Was das ist, ist allerdings teilweise vom aktuellen Mainstream abhängig.
Ja, so einen alten, linken weißen Mann hatte ich gerade neulich erst wieder, als ich es gewagt hatte, für fünf Minuten auf einem ausreichend breiten, äußerst gering frequentierten Gehweg notgedrungen, schräg um ca. 10 cm zu weit auf dem Fahrradweg zu parken. Anfang/Mitte 50, lange graue Haare, Pferdeschwanz, Fahrrad. Drohte mir nach kurzem Intermezzo sofort mit “Strafanzeige”. Die sind in jeder Hinsicht längst zu all dem geworden, das sie mal bekämpfen wollten und haben es immer noch nicht gemerkt.
Zur Psychologie >dieser< alter weißer Männer: Vordergründig sind sie tolerante Fürsprecher des “Taka-Tuku-Landes”. Diese Moralisten haben eine dunkle Kehrseite, wie ich es zigmal erlebt habe: in erster Linie Egoisten der Extraklasse, faul und feige. Die Detailarbeit überlassen sie immer anderen, die Kosten für das große Experiment sowieso. Und natürlich interessieren sie die Fremden einen feuchten Dreck, alles geheuchelt. Sie möchten sich nur - verbal und gesinnungstechnisch - von all den Rassisten, Populisten, Rechten und natürlich Nazis unterscheiden. Es lebe der Distinktionsgewinn. Tun muß man dafür nichts. Selbstgerechtigkeit vor Wahrheitsfindung. Letzteres wäre auch zu anstrengend und hätte etwas mit Arbeit zu tun.
Fehlt nur noch der Betroffenheitsblick von Hans Beimer aus der Lindenstraße, die Umhängetasche aus der duften Studentenzeit und ein ungepflegter grauer Vollbart, um das Bild rund zu machen. Sie wollen die ganze Welt aus den Fängen des Bösen Kapitalismus befreien, gehen aber auf die Barrikaden, wenn es nicht genug Kohle vom Staat für Ihre Besoldungen, bzw. Pensionen gibt.
Volle Zustimmung Frau Schunke. Wobei man schon bedenken muss, dass die von Ihnen beschriebenen linken alten weißen Männer durchaus Kontakte zu Ausländern haben. Aber es sind eben auch zivilisierte bzw. integrierte Ausländer. Er kennt den Betreiber des italienischen Restaurants in seiner Nachbarschaft, er kennt den Kulturreferenten der Partnerstadt und den indischen Nachbarn der in Deutschland als Programmierer arbeitet. Aber die haben nichts mit dem Ziegenhirten Ali aus dem Irak oder dem Basarflizer Samual aus Somalia zu tun. Ein deutscher Akademiker hat auch wenig deutsche Proleten im Bekanntenkreis.
Das wird ca. 80% der pensionierten Lehrer aber gar nicht gefallen.
Wenn man sich immer schön die MSM und den Staatsfunk reinzieht, immer schön in seinem grünen Ghetto bleibt, die Bereicherungsgoldstücke nur von ferne die niederen, 8 €-Arbeiten tun sieht, nur am Tag in die größere Stadt geht und in Ruhe seine Beamtenpension auf folkloristischen Fern-und Bildungsreisen verbrät, dann hat man die Realität in Deutschland hervorragend ausgeblendet. Der verspießerte Linke wird doch an einer Wolkenkuckucksheim-Idee nicht deshalb irre, nur weil sie nicht funktioniert. Das wäre ja noch schöner.
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