Ulli Kulke / 06.01.2014 / 20:19 / 0 / Seite ausdrucken

Klimabilanz 2013

Jahreswechsel sind Anlässe, Bilanz zu ziehen. Dabei schiebt sich seit etwa zwei Jahrzehnten unter die diversen Rückblicke regelmäßig ein lautstarker Basso Continuo: Das vergangene Jahr, so orchestrieren es stets im Januar die Gralshüter der Klima-Apokalypse, hätten wieder mal gezeigt, dass die menschengemachte Erderwärmung immer schneller voranschreite. Immer deutlicher zeige sich: Es sei fünf vor zwölf, die Menschheit müsse umkehren, wenn sie ihren eigenen Untergang verhindern wolle. Seien wir also auch in diesem Januar darauf gefasst, dass wir in Kürze, wenn nämlich alle Dezemberdaten die Angaben von 2013 vervollständigt haben, von Presse, Funk und Fernsehen (und vom Netz) Entsprechendes übermittelt bekommen. Dabei erzählen uns die Daten des vergangenen Jahres eigentlich eine ganz andere Geschichte. Erneut haben sich nämlich die Zeichen gehäuft, dass wir uns langsam aber sicher weiter entfernen von der Aussicht auf den Weltuntergang, auch wenn Viele nicht müde werden, ihn wieder und wieder zu predigen. Interessant übrigens ist zum Jahresbeginn nicht nur ein Blick auf die Klimastatistik 2013, sondern auch darauf, wie sich die politische und wissenschaftliche Diskussion in den letzten 12 Monaten weiterentwickelt hat.

Bevor wir zur Bilanz kommen, hier vorab kurz drei Anekdoten, die die einschlägige Diskussion rund um den Jahreswechsel begleitet haben:

1. Spektakulär und nicht ohne ironischen Beigeschmack verläuft gerade das Scheitern der russischen Antarktisexpedition mit dem Schiff „Akademik Schokalskij“. War es doch eines ihrer Ziele, zu zeigen, wie sehr die Erderwärmung das Eis der Region verflüchtigt. Das Ergebnis: Ihr Schiff ist von einem weit ausgreifenden Packeis fest eingeschlossen worden, gleich mit auch der chinesische Eisbrecher „Xue Long“, der zur Rettung von Norden hinzustieß, obwohl er die letzten paar hundert Kilometer mit seinem Hubschrauber überbrückte. Gewiss: Für den Vorgang sind vor allem die Bewegungen gigantischer Eisberge verantwortlich. Einen Beweis für ihr beschleunigtes Schmelzen fand man aber jedenfalls nicht. Nicht wirklich.

2. Am anderen Ende der Welt werden Nordamerika und Sibirien von einer Kältewelle heimgesucht wie in den letzten 20 Jahren nicht mehr – mindestens: Ob es nämlich jemals davor ein Footballspiel bei Minus 35 Grad gegeben hat, darf bezweifelt werden. Natürlich ist es weniger eine Frage des Klimas als eine der Windrichtung, ob es warm oder kalt ist also, der Witterung mithin. Tatsache ist aber auch, dass das Meer rund um den Nordpol – woher jetzt die eisigen Luftmassen nach Kanada, in die USA und nach Russland strömen – wieder recht weit zugefroren ist, fast in den Bereich des langjährigen Durchschnitts (und wo das Eis übrigens auch im vergangenen Sommer erheblich weniger schmolz als in den vorherigen Jahren).  Im milden Europa sieht es derzeit natürlich anders aus, erst recht in Südamerika, was zeigt, dass die Extreme – wie schon immer – zum globalen Ausgleich tendieren. Dass dieser Winter in Europa zur Abwechslung mal mild werden könnte, habe ich im Übrigen bereits vor Monaten vermutet.

3. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner will jetzt die Energiewende durch Kredite, also die saftige Erhöhung der Staatsverschuldung finanzieren. Wenn es noch irgendeines weiteren Anlasses bedurft hätte für Jürgen Trittin und seine grünen Freunde, wegen ihrer einstigen Prophezeiung, die Energiewende sei für ein großes Bier pro Monat zu haben, besser stillschweigend im Erdboden zu versinken, dann hat ihn Aigner jetzt geliefert. Ihr Vorschlag ist auch eine Reaktion darauf, dass – ganz anders als vielfach behauptet – die Bevölkerung die Energiewende eben nur unter der Voraussetzung akzeptieren will, dass sie dafür nicht verarmen muss. Dem nun mit staatlicher Kreditaufnahme zu begegnen, ist schon eine bodenlose Unverschämtheit, die erneut die Beliebigkeit von CSU-Politik zeigt.

Jetzt aber zur Bilanz.

Wir werden also hören, das Jahr 2013 sei eines der zehn wärmsten der jüngeren Geschichte (wahrscheinlich das siebtwärmste) gewesen. Mit großer Sicherheit wird sich daran die Einschätzung anschließen: Dies sei der Beweis, dass die Erderwärmung ungebremst voranschreite, wenn nicht sogar beschleunigt. Genau das ist aber nach dieser Statistik nicht der Fall, vor allem letzteres nicht. Man kann es leider gar nicht oft genug betonen: „Eines der zehn wärmsten“ oder „siebtwärmstes“ zeigt zwar, dass die Erderwärmung ein – relativ – hohes Niveau erreicht hat, aber auch, dass die Dynamik, die weitere Steigerung, zumindest zur Zeit gestoppt ist. Von einer Beschleunigung kann erst recht nicht die Rede sein. Schließlich haben wir seit der Jahrtausendwende bereits sechs Jahre wärmere Jahre erlebt. „Warm“ ist nicht gleich „immer wärmer“, das scheinen viele zu verdrängen.

Inzwischen darf man diese Feststellung auch als amtlich anerkannt sehen. Selbst der Weltklimarat IPCC hat es in seinem vergangenen September vorgelegten fünften Sachstandsbericht bestätigt: Seit eineinhalb Jahrzehnten hat es keine statistisch signifikante weitere Erwärmung gegeben. Die Ursachen dafür könne man sich nicht erklären, schreibt der Klimarat. Indirekt ist dies das Eingeständnis, dass die einschlägigen Klimamodelle, auf denen der Alarmismus beruht, fragwürdig sind. Zwar erwartet man mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein Wiederanspringen des Erwärmungsprozesses, glaubwürdiger werden solche Prognosen aber nicht. Übrigens wollten Vertreter der Bundesregierung diese Passage im IPCC-Bericht streichen, es ist ihnen nicht gelungen.

Die Erderwärmung hat also ausgesetzt – wohlgemerkt trotz ungebremsten Anstiegs der CO2-Emissionen. Und das fügt sich bestens: Gerade im vergangenen Jahr nämlich sind – leider fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit – gleich mehrere wissenschaftlich überprüfte Studien („peer reviewed“) in Fachzeitschriften erschienen, laut derer die Wirksamkeit des Kohlendioxids (CO2) auf das Klima, seine „Klimasensitivität“ also, als bisher viel zu hoch eingeschätzt wurde. Der Blog Donner und Doria hat mehrfach darauf hingewiesen, wie hier und hier nachzulesen ist. Nach mehreren Studien würde sich die Erde bis zum Ende des Jahrhunderts auch dann nicht über zwei Grad Celsius erwärmen, wenn der Kohlendioxidausstoß wie bisher weiter ansteigt, eher noch um einiges weniger als zwei Grad. Und übrigens: Auch der IPCC hat seine Vorhersage über die weitere Temperaturentwicklung bei anhaltendem Wachstum der CO2-Emissionen ein wenig zurückgenommen. Und die Vermutung, dass bei weiter stagnierenden globalen Temperaturen künftige Prognosen noch geringer ausfallen werden, ist nicht abwegig.

Es hat auch Studien gegeben, deren Ergebnis in die Gegenrichtung läuft. In Nature erschien kürzlich ein Beitrag, deren Autoren eine Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu acht Grad für möglich halten. Er wird jedoch nicht nur von Klimawissenschaftlern, die ansonsten eher für Katastrophenszenarien bekannt sind, in Zweifel gezogen, sondern auch von einem Begleitartikel im selben Heft der Nature stark relativiert.

Auch was die Auswirkungen der vermeintlichen Erwärmung angeht, bestätigte das vergangene Jahr keinesfalls den Alarmismus. Als dramatisches Ereignis bleibt der Taifun Haiyan in Erinnerung, der im November 2013 die Philippinen verheerte. Über 6000 Tote sind zu beklagen, ein schlimmes Naturereignis. Um so unverantwortlicher allerdings, dass manche Wissenschaftler in rechthaberischer Manier daraus eine menschengemachte Katastrophe drehen wollten und sich auch manche Medien daran beteiligten.  Wir kennen das von anderen beliebigen Hurrikanen.

Dabei gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass sich in den letzten Jahrzehnten die Anzahl oder die Stärke von Hurrikanen oder Taifunen erhöht habe. Im Gegenteil. Die Tendenz ist ­ – wohlgemerkt bei Anzahl und Stärke – deutlich rückläufig, wie diese Aufstellung untrüglich zeigt. Auch das bestätigt jener 2013 vorgelegte letzte Bericht des IPCC: Die Autoren stufen dort zum einen die Aussagen über die Wahrscheinlichkeit gegenüber dem vorherigen Bericht 2007 zurück. Zum zweiten wurde 2013 ein eigenständiger Paragraf zum Thema tropischer Wirbelstürme, der 2007 noch enthalten war, schlicht gestrichen. Machen wir uns dennoch nichts vor: Auch bei Wirbelstürmen in der kommenden Saison wird wieder das Menschengemachte suggeriert werden, so als habe es in früheren Zeiten keine Hurrikane oder Taifune gegeben.

Das letzte größere Klima-Ereignis war die Weltklimakonferenz in Warschau Ende November / Anfang Dezember in Warschau. Niemand hatte erwartet, dass es dort zu einer Einigung auf eine verbindliche Verringerung des CO2-Ausstoßes kommen würde. Sie blieb dann auch aus, was für ein Wunder, wie in allen Jahren zuvor. Der Klimazirkus musste dennoch wieder stattfinden, weil er zur Selbstlegitimation des klimaindustriellen und klimawissenschaftlichen Komplexes gehört, den man inzwischen getrost zu den stärksten Lobbygruppen zählen darf. Auch im Hinblick auf die immer noch geplante Nachfolgeregelung für das Kyoto-Protokoll wurde nichts erreicht, die reine, völlig unverbindliche diesbezügliche Willensbekundung feierten einige schon als Erfolg, nur um den Konferenzzirkus wiederum zu legitimieren.

Klar wurde in Warschau erneut eines: Es geht letztlich weniger um CO2-Emissionen als vor allem ums Geld, um eine Umverteilung von Nord nach Süd. Die Industriestaaten sollen aus schlechtem Gewissen wegen ihrer industriellen Entwicklung in einen Topf einzahlen, aus dem sich die Entwicklungsländer bedienen können. Diese malen den Klimawandel in den schwärzesten Farben, Lobbygruppen wie Greenpeace sehen dies als Bestätigung für ihre Lesart und so fügt sich eins zum anderen.

Eines war aber dann doch neu in Warschau: Im Vorfeld der Konferenz machte Australien klar, dass es sich aus der internationalen Klimaagenda verabschiedet. Japan erklärte den Ausstieg aus seiner Selbstverpflichtung. Dies aus einer klugen Erkenntnis heraus (die inzwischen ja sogar bei SPD-Chef Sigmar Gabriel angekommen ist): Man kann nicht gleichzeitig aus der Atom- und aus der Kohleenergie aussteigen. Die Liste der erklärten Verweigerer-Länder ist also deutlich länger geworden. Von Kanada und Russland ist nichts mehr zu erwarten, aus Großbritannien kommen Signale, dass man nun doch nicht das ganze Land mit Windrädern verspargeln will und womöglich auch mal skeptischen Klimawissenschaftlern zuzuhören bereit istl. Und man höre und staune. Die kommende Frau in der SPD, Hannelore Kraft rät ganz offen zum Abwägen zwischen Klimazielen und industriellen Arbeitsplätzen. Auch wenn die Landesmutter des fleißigen Nordrhein-Westfalens schon früher so gedacht haben mag, nun hat sie es offen ausgesprochen (eben ganz im Sinne jener noblen Erkenntnis ihres Parteichefs).

Bliebe für 2013 noch der Prozess in Neuseeland zu erwähnen, mit dem ein Bürger des pazifischen Inselstaates Kiribati die Anerkennung als Klimaflüchtling erzwingen wollte, weil sein Inselstaat angeblich unterginge. Die Richter lehnten dies ab. Hauptsächlich aus formalen Gründen. Schade, sie hätten dem Polynesier auch einen sachlichen Grund vorhalten können: Dass nämlich die Inseln seines Staates nicht untergehen sondern im Gegenteil in den letzten 50 Jahren sogar eher größer wurden.

Weiterführende Links:

http://www.handelsblatt.com/technologie/energie-umwelt/umwelt-news/nach-rettungsmission-klimaskeptiker-verspotten-antarktis-forscher/9283278.html

http://www.welt.de/print/die_welt/article122144120/Ski-und-Rodel-gut.html

http://www.welt.de/wirtschaft/article120219019/Forscher-entziehen-Klimaregulierern-die-Grundlage.html

http://donnerunddoria.welt.de/2013/09/22/deutsche-politiker-wollen-klimabericht-verschaerfen/

http://donnerunddoria.welt.de/2013/03/11/co2-ausstos-und-temperaturverlauf-immer-starker-entkoppelt/

http://donnerunddoria.welt.de/2013/02/19/klimadebatte-anzeichen-fur-mehr-realismus-vermehren-sich-dramatisch/#more-702

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klima-simulationen-forscher-wollen-wolken-raetsel-geloest-haben-a-941312.html

http://donnerunddoria.welt.de/2013/11/15/energie-tropischer-wirbelstuerme-nimmt-weltweit-dramatisch-ab/

http://donnerunddoria.welt.de/2013/11/25/klimakonferenz-war-ein-erfolg-japan-weist-den-weg/

http://donnerunddoria.welt.de/2013/10/27/hannelore-kraft-zur-wende/

http://donnerunddoria.welt.de/2013/10/22/pazifik-inseln-falsche-aufregung-um-klima-asylanten/#more-1242

Zuerst erscheinen auf Ulli Kulkes Blog bei der WELT

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Ulli Kulke / 30.11.2023 / 12:00 / 45

Beim Thema Klimawandel kühlen Kopf bewahren

Heute beginnt die Weltklimakonferenz in Dubai. Ein guter Anlass, das Buch „Der Mensch-Klima-Komplex“ vorzustellen. Der Autor Hans von Storch ist Insider, hat selbst an Berichten des UN-Klimarates IPCC…/ mehr

Ulli Kulke / 24.04.2023 / 06:00 / 163

Die doppelte Berlin-Blockade – eine bizarre Koinzidenz

Ausgerechnet nur wenige Wochen vorm großen Jahrestag 75 Jahre Berlin-Blockade, mitten in der Vorbereitung dazu, will die „Letzte Generation“ Berlin erneut rundum blockieren. Komplett lahmlegen,…/ mehr

Ulli Kulke / 20.07.2021 / 06:20 / 162

Die unbeantwortete Frage aller Klimafragen

Wie hoch ist eigentlich der menschengemachte Anteil an der Klimaerwärmung? 99 Prozent? 80 Prozent? Die Hälfte, nur ein oder eher zwei Drittel? Keiner weiß es.…/ mehr

Ulli Kulke / 10.02.2021 / 06:00 / 98

Klima: „Langjähriges Mittel” jetzt kürzer!

Die Klima-Angst geht um. Nein, nicht in der Weise, dass die veröffentlichten Temperaturdaten noch schneller in die Höhe schnellen. Im Gegenteil. Die Gefahr heute: Gewisse,…/ mehr

Ulli Kulke / 19.12.2019 / 06:25 / 101

Inseln versenken mit Claudia Roth

Stell dir vor: Der Sahel ergrünt und die Pazifik-Inseln wachsen. Und keiner geht hin und guckt mal nach. Was haben Claudia Roth und Claas Relotius…/ mehr

Ulli Kulke / 27.01.2019 / 06:27 / 61

Klima: Mit Relotius unter dem Meeresspiegel

Zwanzig Jahre ist es inzwischen her, dass der WWF Deutschland mich bat, für ein voluminöses Coffeetable-Buch („Zu neuen Ufern“) einen langen Essay über die untergehenden…/ mehr

Ulli Kulke / 26.06.2018 / 06:03 / 26

Die Sonnenallergie der Klimaforscher

Auch wenn der Einfluss der Sonne auf die Klimaschwankungen in den letzten Jahrzehnten etwas in den Hintergrund gerückt ist: Es gibt sie, die Forscher, die…/ mehr

Ulli Kulke / 10.08.2017 / 06:25 / 8

Al Gott vom Planeten Ich

Ganz voll war der riesige Zoopalast nicht. Aber die vielen jungen Fans des Gurus waren unüberhörbar. Superstar-Atmosphäre mit Pfiffen, Kreischen und Popcorn. Die Al Gore-Show.…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com