Fast drei Wochen nach der Veröffentlichung des Grass-Gedichts “Was gesagt werden muss” druckt der Freitag eine kritische Stellungnahme zu dem Poem ab. Allerdings nicht von einem Redaktionsmitglied - so weit möchte man sich doch nicht aus dem Fenster hängen - sondern von Juliane Wetzel, Mitarbeiterin am Zentrum für Antisemitismusfoschung an der TU in Berlin. Trotzdem lesenswert:
=Eine Umfrage von 2008 zeigt, dass mindestens 40 Prozent der Deutschen der Aussage ganz oder teilweise zustimmen, Israel mache dasselbe mit den Palästinensern wie die Nationalsozialisten einst mit den Juden, und damit einer Täter-Opfer-Umkehr das Wort reden. Noch höhere Werte ergeben sich bei der Aussage: „Israel führt einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser“ (2010: 57,3 Prozent). Die Grenzlinie zwischen legitimer Kritik und Antisemitismus/Antizionismus wird auch dann überschritten, wenn das Existenzrecht des Staates infrage gestellt oder gar negiert wird und Juden anderer Länder in einer Art Stellvertreterfunktion für diese Politik verantwortlich gemacht werden. Letzteres spiegelt sich in der Aussage „Bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat“, der 2010 etwas über 38 Prozent der Deutschen ganz oder teilweise zustimmten. Auch wenn diese Werte seit 2004 zurückgegangen sind, so haben sie sich doch auf einem höheren Niveau im Vergleich zu den neunziger Jahren eingependelt. Nicht immer sind Aussagen und Meinungen, die in diese Richtung gehen, antisemitisch. Häufig bewegen sie sich in einer Grauzone, in der es abzuwägen gilt, wer was und zu welchem Zweck sagt.= http://www.freitag.de/politik/1216-die-t-ter-opfer-umkehr