Das ist nicht nur sachlich falsch… es offenbart auch einen inneren Grass, den es immer schon gab, und der jetzt endlich mal nach draußen will. Günter Grass ist einer jener grundanständigen deutschen Antisemiten, auf den der oft zitierte sarkastische Satz des israelischen Psychoanalytikers Zvi Rex voll zutrifft: “Auschwitz werden die Deutschen den Juden nie verzeihen.” Rex beschrieb damit ein Phänomen, das in der Psychoanalyse ein wohlbekannter Klassiker ist: Der Täter muss irgendwann das Opfer hassen, weil das Opfer ihm gezeigt hat, zu welchen monströsen Verbrechen er fähig war. Das ist für den Täter, auch für den reumütigen Täter, so unerträglich, dass er seine Aggressionen fortan gegen das Opfer wenden muss. Und da ist die Generation Grass, die innerlich den verlorenen Krieg noch immer nicht verwunden hat, natürlich schlechter dran als die Generation Golf. http://www.stern.de/kultur/buecher/guenter-grass-israel-kritik-letzte-tinte-oder-der-erstschlag-1810083.html
Grass antwortete mürrisch und besorgt, hatte aber nichts zurückzunehmen oder zu präzisieren - und verstrickte sich deshalb mit jedem Wort tiefer in den selbstverzapften Unsinn. Dass er dabei wie üblich eimerweise Autorität aus dem nie versiegenden Brunnen dunkeldeutscher Geschichte schöpfte, machte seine abenteuerlichen Analogien nur noch unerträglicher. Der Titel seines Gedichts gehe “auf das zurück, was meine Generation erfahren hat”, noch einmal solle nachher niemand sagen: “Ja, wenn wir das gewusst hätten.” Deshalb schreibe er nun “über Dinge, über die zu wenig gesprochen wird”. http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,826153,00.html
Es muss uns nämlich endlich einer aus dem Schatten der Worte Angela Merkels holen, die sie im Jahr 2008 in Jerusalem gesprochen hat. Sie sagte damals, die Sicherheit Israels gehöre zur deutschen “Staatsräson”. Und damit es keine Missverständnisse gebe, fügte sie hinzu: “Wenn das so ist, dann dürfen das in der Stunde der Bewährung keine leeren Worte bleiben.” ... Mit der ganzen Rückendeckung aus den USA, wo ein Präsident sich vor den Wahlen immer noch die Unterstützung der jüdischen Lobbygruppen sichern muss, und aus Deutschland, wo Geschichtsbewältigung inzwischen eine militärische Komponente hat, führt die Regierung Netanjahu die ganze Welt am Gängelband eines anschwellenden Kriegsgesangs… http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,826163,00.html#spRedirectedFrom
Auch wenn Günter Grass in seinem Text einige fatale Fehler unterlaufen sind – es ist der Iran, der Israel mit Auslöschung droht und nicht umgekehrt – hat er mit Einigem RechtEtwa wenn er auf die deutsche Befangenheit gegenüber Israel hinweist. Es gibt sie zu Recht, aber sie kann auch zu einer gefährlichen Blindheit, einem gefährlichen Schweigen führen. Er bricht ein Tabu, wenn er dieses Denk-und Redeverbot reflektiert und sich Sorgen um die deutsche U-Boot-Lieferung macht. Wie ernst soll man den Friedenswillen einer israelischen Regierung nehmen, die ihre Siedlungspolitik ständig fortsetzt: Will sie Frieden oder Gebietserweiterung, oder Frieden nur mit Gebietserweiterung? Es steht dann immer schnell der Vorwurf des Antisemitismus im Raum, aber dieser Vorwurf läuft oft auf eine Zensur des Denkens hinaus. Grass und Walser sind keine Antisemiten.
http://www.tagesspiegel.de/kultur/kein-antisemit/6478980.html