Auch die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff findet gegenüber der F.A.Z. deutliche Worte, wenn sie Grass vorwirft: „Die eigene SS-Nähe verschweigen, sich unermüdlich zum Lehrmeister Deutschlands aufschwingen, Konrad Adenauer schmähen, obwohl der eben gerade kein Nazi gewesen war, und nun den Israelis vorwerfen, sie wollten alle Iraner auslöschen“.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/schriftsteller-zu-grass-intellektuelle-senkgrube-11709829.html
Dann war da der berühmte Auftritt von Günter Grass mit dem israelischen Schriftsteller Yoram Kaniuk im März 1991 im Berliner Literaturhaus. In der arabischen Wüste tobte der Golfkrieg um die Befreiung von Kuwait, auf Israel gingen jeden Tag die Skud-Raketen nieder, die Saddam Hussein geschickt hatte. Kaniuk bat damals nicht, nein: er bettelte um Mitgefühl mit den Überlebenden des Genozids, die mit Gasmasken auf dem Gesicht in Tel Aviv saßen und Angst vor deutschem Giftgas hatten – zum zweiten Mal in diesem Jahrhundert… Günter Grass saß mit kerzengeradem Oberkörper daneben. Er wischte alles, was Kaniuk vorbrachte, mit kurzen, herrischen Handbewegungen vom Tisch. Mit keinem Wort ging er auf Argumente ein, stattdessen fragte er sinngemäß: Und was macht ihr mit den Palästinensern? Das Publikum im Literaturhaus klatschte und johlte. http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/12753
Nach etwa zwanzig Minuten verschwanden die Kleider des eleganten, schlauen, talentierten Grass, des Friedensaktivisten, des wagemutigen Kämpfers gegen den deutschen Nationalismus, des Mannes, der vor kurzem in Oslo eine wichtige Rede gehalten und die Wiedervereinigung in einen Zusammenhang mit Auschwitz gebracht hatte. Nach zwanzig Minuten tauchte aus den Tiefen seiner Seele jemand anderes auf, die Blechtrommel verwandelte sich in etwas anderes, vielleicht in eine Stahltrommel. http://www.zeit.de/1991/26/dreieinhalb-stunden-und-fuenfzig-jahre-mit-guenter-grass-in-berlin
Zu der massiven Kritik an seiner Person meinte Grass, diese treffe ihn nicht besonders: “Ich war immer gewohnt, dass meine Werke, große und kleine, auf heftige Kritik stoßen.” Dennoch sei er enttäuscht darüber, dass “der kränkende und pauschale Vorwurf des Antisemitismus” gegen ihn erhoben worden sei. Nicht er, Grass, sei ein Friedensstörer, sondern die derzeitige Regierung in Israel, die mit “dem Iran und der Vermutung, dass dort eine Atombombe gebaut wird, einen Popanz” aufbauen würde. Er hoffe aber, dass sich die Debatte mit einem gewissen Abstand versachliche und dann über die Inhalte seines Gedichtes diskutiert würde.
http://www.sueddeutsche.de/kultur/nach-debatte-um-sein-gedicht-grass-praezisiert-kritik-an-israel-1.1327719
Ich frage Dich, Günter Grass, hast Du je seit unser Führer am 1. September 1939, in seiner Kriegserklärung an Polen, als der ehrlichste aller Massenmörder der Geschichte, der Welt „die Ausrottung der jüdischen Rasse in Europa“ vorankündigte –, hast Du seither von einem anderen Staat als dem Iran eine wörtlich fast gleich lautende Drohung gehört? http://www.bz-berlin.de/aktuell/deutschland/warum-keine-kritik-am-iran-article1430627.html#bzRSS
Gleichzeitig beharrt Grass darauf, das alles geschehe zum Besten Israels: »Ja keine Kritik an Israel ist das Schlimmste, was man Israel antun kann.« Schlimmer offenbar, als ein Angriff aus dem Iran oder Raketen aus dem Gazastreifen. Man wünschte sich, die selbsterklärten Freunde Israels würden es dem Freund einmal selbst überlassen, zu entscheiden, was gut für ihn ist. Grass selber hört ja auch nicht auf den Rat von Freunden, die ihm raten, lieber den Mund zu halten. Oder er beeilt sich, wenn dieser Freund Tom Segev heißt und israelischer Historiker ist, worauf Tom Buhrow hinwies, sogleich zu versichern: »Das ist nicht mein Freund.«
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/12755
Avi Primor war von 1993 bis 1999 Israels Botschafter in Deutschland. Der heutige Präsident der Israelischen Gesellschaft für Auswärtige Politik bewertet Günter Grass’ Kritik an seinem Land nicht als antisemitisch. Die Kritik gehe aber in die falsche Richtung. Nicht Israel wolle den Iran von der Landkarte streichen, sondern umgekehrt. http://www.n-tv.de/politik/Grass-Kritik-ist-nicht-antisemitisch-article5966136.html
Grass zeigt für die Situation der bedrohten Israelis kein Interesse. Ursache und Wirkung hat er vertauscht. Niemand in Israel will Krieg, während Iran seine nuklear bestückbaren Raketen mit der Aufschrift „Israel muss vernichtet werden” versieht, wie Fotos von iranischen Paraden beweisen. http://www.matthiaskuentzel.de/contents/die-bombe-und-der-guenter
Für Grass steht fest, dass Israel in einem “politischen Irrtum verstrickt ist”. Nicht erst gestern in seinem unsäglichen Poem. Es war schon 1973 im Aufsatz “Israel und ich”. Das Thema hat beim deutschen Nobelpreisträger eine Karriere, und keine gute. Natürlich verweist er dabei stets auf deutsche Schuld und Verbrechen, auf jüdische Opfer und Verfolgung. Doch was treibt ihn immer wieder um, den Warner für Israel zu spielen, noch dazu im Gewande des Moralisten, dem es zu heucheln nach eigenen Worten unerträglich geworden ist? Ist Grass doch von einem linken, intellektuellen Antisemitismus infiziert? Einer der Lautesten, Henryk M. Broder, hat diese Frage für sich jetzt deutlich mit Ja beantwortet. Die Gefahr ist groß, einen Menschen mundtot zu machen. Doch das Gegenteil zu behaupten, fällt seit gestern schwerer. Nur weil einer den Vorwurf des Antisemitismus im Gedicht vorwegnimmt, muss er noch nicht falsch sein. http://www.presseportal.de/pm/30621/2229942/rheinische-post-der-gebildete-antisemit?search=der,gebildete,antisemit