Als Präsident kann er sie per Dekret auf seinen Wunschtermin vertagen.
In der Türkei werden vorgezogene Präsidentschafts- und Parlamentswahlen immer wahrscheinlicher, melden u.a. rnd.de und lessentiel.lu. Regulär sollten die Wahlen im Juni abgehalten werden, doch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan habe am Mittwoch den 14. Mai als Wahltermin ins Spiel gebracht. Erdogan wolle damit an den nach einem Militärputsch gehängten ehemaligen Ministerpräsidenten Adnan Menderes erinnern. Am 14. Mai 1950 wäre dieser mit einem „überwältigenden Sieg“ aus den Wahlen hervorgegangen. Auf den Tag genau 73 Jahre danach solle nun das Volk erneut an die Urne treten. Menderes gelte als Repräsentant der Rückkehr islamischer Werte in eine streng säkulare Öffentlichkeit.
Vorgezogene Wahlen können entweder mit 60 Prozent der Abgeordnetenstimmen im Parlament oder per Dekret durch den Präsidenten angeordnet werden. Erdogan, der 2003 erstmals zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, hatte bereits angekündigt, zum dritten Mal als Kandidat für das Präsidentenamt anzutreten. Einer Umfrage des Instituts Metropoll zufolge würden die derzeitigen Regierungsparteien AKP und MHP derzeit keine Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen können.
Aber ein Vorziehen der Wahl könnte die Opposition die entscheidende Zeit kosten, die sie braucht, um sich gemeinsam in Stellung zu bringen und sich für die Präsidentschaftswahl auf einen Gegenkandidaten zu einigen. Einer der wichtigsten Oppositionsführer, der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu, ist bekanntlich von einem Gericht wegen der angeblichen Beleidigung der Mitglieder der obersten Wahlbehörde zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Er ficht das Urteil zwar an, aber niemand weiß, ob bis Mai Klarheit in diesem Fall herrscht. Imamoglu hatte es geschafft, gegen Erdogans Kandidaten in Istanbul zum Bürgermeister gewählt zu werden. Die erste Wahl wurde von der Wahlkommission annuliiert und trotz Erdogans Einsatz gelang es dem Oppositionellen auch im zweiten Anlauf wieder eine Mehrheit zu erringen.