Fundstück / 17.10.2013 / 16:23 / 3 / Seite ausdrucken

Leon de Winter: Populismus - das Ende der repräsentativen Demokratie

Bürger, die anfällig sind für den modernen Populismus, glauben zusehen zu müssen, wie die etablierten Politiker den Wohlstand der Bürger verteilen (zum Beispiel an Entwicklungsländer oder Immigranten), wie sie Prestigeobjekte finanzieren, die fast immer das Budget überschreiten, wie sie von einem gut bezahlten Posten auf den anderen gut bezahlten Posten hinübergleiten und uneinnehmbare Festungen von sich gegenseitig bevorteilenden “Insidern” schaffen. Meiner Meinung nach ist der moderne Populismus eine Reaktion auf eine Form von repräsentativer Demokratie, die in unserer Zeit an ihrem eigenen Erfolg unterzugehen droht. http://www.welt.de/debatte/kommentare/article120957380/Die-neue-Macht-des-Populismus-in-Europa.html

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Christoph Horst / 17.10.2013

Im Artikel von de Winter ist von den “griechischen Plätzen des Altertums” die Rede. Ich glaube, wir können auch heute noch Einiges von den (alten!) Griechen lernen, vor allem von der attischen Demokratie. Für die Athener war nämlich die Wahl kein Merkmal der Demokratie, also der Volksherrschaft. Für Wahlen benötigt man Kandidaten, die sich in harten Auswahlverfahren mit allen möglichen Mitteln durchsetzen müssen. So entsteht eine Elite der - im günstigsten Falle - “besten” Politiker, auf Griechisch “Aristoi.” Die Wahl war für die Athener ein Merkmal der Aristokratie, also der Herrschaft der Besten. Die gesetzgebenden Gremien (“Rat der Fünfhundert”, Prytanie) wurden durch das Los bestimmt. Dieses Verfahren garantiert ein wirklich repräsentatives Parlament, die Herrschaft des Volkes. Das ginge auch bei uns. Es wären natürlich einige Fragen zu klären, aber durch die Auslosung könnte das Parlament aus der Gefangenschaft der Parteien befreit werden. Florian Felix Weyh hat das in seinem Buch “Die letzte Wahl” sehr schön erläutert. Die Athener losten auch die meisten politischen Ämter aus, doch so weit würde ich gar nicht gehen. Der Bundeskanzler (oder die -in), Minister, Ministerpräsidenten (und -innen) - sie alle könnten unabhängig von ihren Parlamenten durch das Volk gewählt werden. (Dass bei uns die Bundesregierung dem Parlament angehört, ist ja sowieso ein krasser Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip; wie Sortenmüll im Restmüll.) Die Amtsinhaber könnten auch weiterhin Gesetzesvorlagen ausarbeiten (lassen). Nur würden nicht mehr die Parteien darüber entscheiden, sondern - eben: das Volk. Da die meisten Parlamentarier richtige Beruf hätten (es gäbe endlich einen angemessenen Anteil von Ingenieuren!), könnten sie natürlich nicht so viel “Parlamentsarbeit” erledigen wie unsere gewählten Volksvertreter. Das wäre ein weiterer Vorteil. Wir haben sowieso viel zu viele Gesetze. Es würde schon reichen, wenn man sich, sagen wir, jeden Monat trifft, um festzustellen, dass kein Bedarf für neue Gesetze besteht. Ich weiß, es ist völlig ausgeschlossen, dass die Vorstellung eines Losparlaments Wirklichkeit wird. Es war ja auch ausgeschlossen, dass die Mauer fallen würde.    

Markus Becker / 17.10.2013

Alle reden davon, wie und warum “Populisten” Erfolg haben. Und um die Sache, das Thema geht es gar nicht mehr ? Ist der Islam denn keine Bedrohung für jedes zivilisiert Land ? Ist es denn mit Massenzuwanderung nicht genauso ? Meiner Meinung nach haben wir die Wahrnehmung der Realität durch linke Ideologie ersetzt und denken nur noch in diesem Rahmen. Das kommt weil wir es uns leisten können, will sagen: es geht uns wohl zu gut.

Petra Affenbach / 17.10.2013

Den entscheidenen Teil für den Erfolg von Parteien jenseits der Massenparteien machen Massenbildung und freie Information im Internet aus.  In Kombination mit durchschaubar selbstbezogenen Politikern ergibt sich ein hohes Frustpotential. Ich selbst beobachte mich seit längerer Zeit, dass ich die meisten Artikel nur noch überfliege und direkt zu den Kommentaren wechsele. Dort gibt es (je nach Medium..) meist interessantere Aspekte und intelligentere Kommentare auch als sie jeder Artikel bereitstellen kann. Wir wollen Politiker nicht mehr, weil wir sie nicht mehr brauchen. In der Masse sind wir mE inzwischen tatsächlich intelligenter als die Politikapparate. Und mit der Unmittelbarkeit des Internets ergibt das weit bessere Möglichkeiten als wir bekommen: Wir werden eindeutig unter Wert regiert. Der Grund für den Erfolg von Populisten mit einfachen Lösungen beruht für mich auf den Prioritäten des Einzelnen. In der Summe ist man indiskutabel unzufrieden mit der Leistung der politischen Elite, muss aber letztlich wegen der Programmatik priorisieren und sich für ein Metathema entscheiden, dessen Durchsetzung gegen die ideologisierte Impertinenz gegen Sinn und Verstand. Beim einen ist es dann die innere Sicherheit und Einwanderung, beim anderen ist es die soziale Schieflage, beim dritten die pervertiert wurstige Regelungswut. Auf der Metaebene sind Ursache und Zielsetzung bei allen gleich: Die schlechte Regierung(-sform!) muss weg, gute hin. So lange Politiker noch nicht begriffen haben, dass sie ihre Macht direktdemokratisch teilen müssen, um ihre Legitimation zu erneuern werden sie von der Zeit weggespült. Die Parlamente waren eine Erfindung des 19. Jhd., sie hatten ihre Zeit, aber sie haben sich überlebt. Die Zukunft in ganz Europa wird entweder sehr viel mehr Schweiz, oder aber sehr viel mehr Schmerz.

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