Gerd Habermann, Gastautor / 20.03.2024 / 14:00 / Foto: Vox España / 15 / Seite ausdrucken

Milei macht’s möglich

Ein Fazit zu den ersten 100 Amtstagen von Argentiniens Präsident Javier Milei.

Der Ordoliberale Alexander von Rüstow schrieb einmal: „Bis zum Überdruss wiederholt man das angeblich von Bismarck stammende Wort, Politik sei die Kunst des Möglichen. Gewiß das gilt für die Tagespolitik, die Trivialpolitik, die Oberflächenpolitik, für die Politik von Politikern, von denen zwölf auf das Dutzend gehen. Aber gute und große Politik ist die Kunst des Unmöglichen, die Kunst, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen“ – alles andere kann auch Dr. Lieschen Müller. Das ist gar keine „Kunst“.

War nicht Ludwig Erhards Politik eine Politik des unmöglich Scheinenden, oder auch die Politik Ronald Reagans, Margret Thatchers oder auch von Roger Douglas, dem entscheidenden Reformer Neuseelands? Es gab auch einmal einen Gorbatschow oder einen Teng Hsiao Ping, der das allgemein für unmöglich Erklärte möglich machte. Wer glaubte vor 1989 an eine Wiedervereinigung Deutschlands? Oder daran, dass aus Leningrad wieder Sankt Petersburg werden könnte? Es ist eine Anmaßung von Wissen und zeugt von naivem Kleinmut, zu behaupten, dass auch die Rettung eines ökonomisch zerrütteten Landes wie Argentinien „politisch unmöglich“ sei.

Freilich ist Mileis Reformagenda so umfassend und „radikal“ wie die keines anderen demokratischen Reformers vor ihm. Es geht ihm um nicht weniger als um die Abschaffung des egalitären Wohlfahrtstaates (nicht nur seine Reform) und des gesellschaftspolitischen Destruktionismus (Genderismus and all that) – mit der „Kettensäge“. Der große Problemdruck seines Landes könnte auch zum Problemlöser werden. Sicher ist das natürlich nicht, die Widerstände der herrschenden „Kaste“ werden enorm sein und haben ja schon begonnen. Aber die Freunde Hayeks, Mises und der österreichischen Schule in der ganzen Welt sind gewiss auf seiner Seite zu finden, wenn er das unmöglich Scheinende durchzusetzen versucht. Bereits der Anlauf dahin ist einer Hayek-Medaille würdig.

 

Prof. Gerd Habermann, geb. 1945, ist Wirtschaftsphilosoph, Hochschullehrer und freier Publizist. Er ist seit 2003 Honorarprofessor an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam und geschäftsführender Vorstand der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft. Von Habermann ist das Standardwerk „Der Wohlfahrtsstaat. Das Ende einer Illusion“ erschienen, hier bestellbar.

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Johannes Schumann / 20.03.2024

Milei tut gut. Mir fällt sonst nur Trump ein, der so gut als Präsident eingeschlagen hat. Wenn Milei eine volle Amtszeit durchhält, wird Argentinien mit starken Wachstum belohnt werden.  Und die Nachfolger werden alle Erfolge wieder verfrühstücken.

Albert Schultheis / 20.03.2024

El jardinero del presidente Ich saß vor ein paar Tagen in der Wartehalle vom Aeropuerto Norte auf Teneriffa und neben mir saß ein unscheinbares, verhutzeltes altes Männchen mit schlechten Zähnen. Als ich rein musste zum Gate verabschiedete ich mich von ihm. Er fragte, ob ich zurückflöge nach Alemania. Ich sagte ihm, ich sei zwar Aleman, aber ich flöge auf eine Nachbarinsel, das sei mein Zuhause. Er erwiderte erfreut, er sei von der Insel El Hierro, ob ich die Insel kennte und er flöge nach Argentinien, worauf ich ihn fragte, was er denn dort zu tun hätte. Er sei der Jardinero, der Gärtner, des Präsidenten, sagte er. Ich fragte, ob er den Präsidenten Meili meinte, was er bejahte. Ich sagte ihm, er solle dem Herrn Präsidenten meine aller besten Wünsche unterbreiten! Daraufhin lud er mich ein, ihn auf El Hierro zu besuchen und wir verabschiedeten uns, uns gegenseitig eine gute Reise wünschend!

Richard Loewe / 20.03.2024

@Reiger: Smith hat das unsichtbare-Hand-Argument gehasst und ihm ein neues Kapitel in seinem Magnus Opus gewidmet. Das unsichtbare-Hand-Argument kommt von Mandeville und wurde lt. Smith leider von den Dummen geglaubt. Es zerstört den Unterschied zwischen Tugend und Untugend, sagte Smith und das war für den Chair of Moral Philosophy, der Tugendethiker war, ein vernichtendes Urteil. Der Unsichtbare-Hand-Smith wurde in 20er Jahre an der Universität Chicago geboren. Sie sind aber in guter Gesellschaft: viele Nobelpreisträger teilen Ihre Meinung, weil auch sie Smith nie gelesen haben. Jerry Evensky hat drüber ein schönes Buch geschrieben. Für die Libertären (nicht die Liberal/neo-Liberals) wie für Smith auch, ist die Volkswirtschaftslehre eine angewandte Moralphilosophie. Mises und Rothbard haben darüber interessante Sachen geschrieben. Milei ist Katholik und die katholische Kirche hat die Tugendethik vor 150 Jahren zur offiziellen Philosophie gemacht. So schließt sich der Kreis.

Josef Aßhauer / 20.03.2024

Javier Milei hat ein Zeitproblem. Er hat genau das Problem, das alle Reformer in Volkswirtschaften, die sich vom Leistungsprinzip entfernt und eine geringe Wertschöpfung und große Umverteilung haben und in denen viele von staatlichen Zuweisungen abhängig sind, haben.  Der Reformer muss die reale Wertschöpfung anschieben und steigern.  Das geht nur, wenn er dazu Anreize setzen kann. Besser gesagt: Er muss die staatliche Bekämpfung der natürlichen Anreize zur Leistung, nämlich die Wegnahme von Arbeitsergebnissen durch den Staat im Namen einer angeblich gerechten Umverteilung, beseitigen oder auf ein sinnvolles Maß zurückschneiden. Das wirkt sehr kurzfristig - gleichsam als Vorbedingung sofort - zu Lasten der abhängig gemachten Massen. Die haben wenig, leiden sofort und sind aufgrund der Schmerzen schon bei der nächsten Wahl versucht, den Scharlatanen für das Versprechen auf Besserung die Macht zu geben. Er muss also sehr schnelle Wachstumserfolge in der realen Wertschöpfung erzielen, die ihm in der Sicht der Wähler Recht geben. Ich hoffe, dass es ihm gelingt.

Lutz Herrmann / 20.03.2024

“Gegen den Ultraliberalen mobilisiert eine Gruppe, die schon lange für die Modernisierung eines der traditionellsten Bereiche der argentinischen Kultur einsetzt: die Queer Tango Community.” Okay, der Deutschlandfunk sagt es überdeutlich. Der Mann hat keine Chance, wenn ihm Schwule und Lesben die Unterstützung versagen. Darauf muss man erstmal kommen.

R. Reiger / 20.03.2024

Die unsichtbare Hand des Adam Smith, das sind die Millionen guter, innovativer Egoismen einer Volkswirtschaft, die so aus Eigeninteresse jedes einzelnen, so neben her, den Wohlstand aller schaffen. Das ist im Gegensatz zu jenen, die glauben, dass man die Millionen innovativer Egoismen durch ein paar Dutzend Politbüroköpfe ersetzen kann (allerdings erleben die Politbüroköpfe gerade eine Renaissance). Nun, Smith schreibt: “Nicht von dem Wohlwollen des Fleischers, Brauers oder Bäckers erwarten wir unsere Mahlzeit, sondern von ihrer Bedachtnahme auf ihr eigenes Interesse (der Selbstständige will Erfolg). Wir wenden uns nicht an ihre Humanität, sondern an ihren Egoismus, und sprechen ihnen nie von unseren Bedürfnissen, sondern von ihren Vorteilen. Nur ein Bettler will am liebsten ganz von dem Wohlwollen seiner Mitbürger abhängen!” “… und indem er (der Selbstständige) diesen Gewerbefleiß so leitet, dass sein Produkt den größten Wert erhalte, beabsichtigt er lediglich seinen eigenen Gewinn und wird in diesen wie in vielen anderen Fällen »von einer unsichtbaren Hand« geleitet, das heißt, dass er einen Zweck (den des allgemeinen Wohlstands) befördern muss (!!!), den er sich in keiner Weise vorgesetzt hatte. Auch ist es nicht eben ein Unglück für die Nation, dass er diesen Zweck nicht hatte. Verfolgt er sein eigenes Interesse, so befördert er das der Nation weit wirksamer, als wenn er dieses wirklich zu befördern die Absicht hätte (!!!).”

BKKopp / 20.03.2024

Georg Riedl - das ist das pseudo-libertäre Fazit von 100 Tagen. Nada, mit Hayek-Medaille. Ich wünsche Präsident Milei, und den Argentiniern,  jeden denkbaren Erfolg zum Systemumbau zur politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung, und eine reale Chance einen Weg zu Prosperität zu finden. Mit ein paar kraftmeiernden Sprüchen und Jubelarieren von abgehobenen Libertär-Ahnungslosen wird es dabei nicht getan sein.

Rolf Mainz / 20.03.2024

Stellt sich unmöglich Geglaubtes als möglich heraus, war es nicht unmöglich. Von daher ist Bismarck Recht zu geben. Und wo steht diesbezüglich die aktuelle deutsche Regierung (samt Merkel-Vorgängerin)? Sie macht schliesslich Mögliches unmöglich - auch eine Art von “Kunst”, wenn man so will.

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