Das frisch gewählte Staatsoberhaupt Egon Krenz will sich als Reformer profilieren und kündigt „Vorschläge für einen attraktiven Sozialismus an“. Das Problem ist, dass kaum noch jemand am SED-Sozialismus interessiert ist. Die Oppositionellen und die Demonstranten wollen endlich selbst bestimmen, wie sie leben wollen.
Das „Neue Deutschland“ titelt: „Neues Qualitätserzeugnis ging in Serienproduktion“. Das Papier von Krenz war damit nicht gemeint, obwohl es massenhaft verteilt wurde.
Mediale Aufregung über die Ausführungen von Bundespräsident Horst Köhler anlässlich des 20. Jahrestages der Montagsdemonstration vom 9. 10. 1989. Seine Redenschreiber hatten ihm die Worte in den Mund gelegt, dass damals die Krankenhäuser sich mit Blutplasma und Leichensäcken versorgt hätten, in Erwartung der Verletzten und Toten. Es seien Panzer aufgefahren worden. Eine Steilvorlage für alle Verharmloser der DDR-Diktatur. Zwar haben Augenzeugen Panzerwagen hinter dem Schauspielhaus in Leipzig gesehen und fotografiert. Auch haben die Krankenhäuser natürlich Vorkehrungen getroffen, alles andere wäre unverantwortlich gewesen. In dem Buch, auf das sich Köhlers Redenschreiber offensichtlich gestützt haben, Ehrhart Neubert: „Unsere Revolution“ steht aber nur, dass es in der Stadt Gerüchte gab, dass die Krankenhäuser ihre Blutkonserven aufgestockt hätten, was absolut zutreffend ist. Von Leichensäcken ist in keiner Darstellung der Ereignisse, die ich kenne, die Rede. Hier ist dem Redenschreiber offenbar die Fantasie durchgegangen. Fatal, wenn durch solche Ungenauigkeiten den Geschichtsleugnern die Gelegenheit gegeben wird, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, die SED wäre der friedliche Teil der Revolution gewesen und davon abzulenken, dass die Einsatzbefehle gegen die Demonstrationen mit Anwendung von Gewalt zu verhindern, bzw. aufzulösen, erst nach dem Mauerfall zurückgezogen wurden. Desgleichen wurden die Teile der Nationalen Volksarmee, die bereit standen, um gegen Demonstranten eingesetzt zu werden, erst nach dem Mauerfall wieder in ihre Einheiten eingegliedert.
Der Bundespräsident sollte sich bessere Mitarbeiter suchen. Nach der Ehrung zweier Israel-Hasser ist das innerhalb weniger Wochen sein dritter Fehler.