Henryk M. Broder / 22.11.2023 / 13:00 / Foto: Amrei-Marie / 19 / Seite ausdrucken

Deborah, die Schein-Heilige

Deborah Feldman hat einen guten Lauf bei den Medien, nun hat sie sich verstolpert. In ihrem neuen Buch enthüllt sie einen schlimmen Skandal, der offenbar auf reinem Hörensagen basiert. Jetzt unterschrieb sie eine Unterlassungserklärung. Abgesehen von den „bereits aufgebundenen und ausgelieferten Exemplaren des Buches“ kann die Auflage entsorgt werden.

Deborah Feldman hat derzeit einen guten Lauf. Sie räkelt sich bei Lanz, wird von Spiegel und SZ interviewt und strahlt bei jedem ihrer Auftritte die Heiterkeit eines Menschen aus, der seinen eigenen Erfolg nicht fassen kann. Wie bin ich nur so weit gekommen? Was habe ich, das andere nicht haben? Susan Neiman, zum Beispiel, Eva Menasse oder Judith Butler, die sich schon länger als „Israelkritikerinnen“ profilieren.

Ein Satz, mit dem Deborah Feldman immer wieder zitiert wird, lautet: „Germany is a good place to be Jewish. Unless, like me, you’re a Jew who criticises Israel.“ Womit sie vermutlich sagen will, eine übermächtige und übergriffige jüdische Lobby in der Bundesrepublik hindere sie, a Jew who criticises Israel, an der vollen Entfaltung ihrer Talente. Es ist ihre Art, der Welt „How dare you!“ zuzurufen.

Nun aber hat sie sich verstolpert. In ihrem neuen Buch enthüllt sie einen schlimmen Skandal. Eine „messianische Sekte“, die sich um „verlorene Juden“ kümmert, würde diesen Juden die „Sozialhilfegelder“ abnehmen und sie „in den Hotels am Kurfürstendamm“ einquartieren. Das hätten ihr „Flüchtlinge“ erzählt, deren Namen sie nicht nennen wollte, um sie nicht zu gefährden.

Der Vorsitzende des Vereins zog daraufhin vor das Berliner Landgericht und erwirkte Einstweilige Verfügungen, mit denen Deborah Feldman und ihrem Verlag untersagt wurde, „über den Antragsteller zu äußern und/oder äußern zu lassen“, er würde jüdischen Flüchtlingen Sozialhilfegelder abnehmen und sie in Hotels am Kurfürstendamm einquartieren. (Die Beschlüsse des LG Berlin liegen Achgut.com vor.) Sowohl die Autorin wie auch der Verlag, Penguin Random House, legten gegen den Beschluss keine Rechtsmittel ein. Die Entscheidung ist inzwischen „bestandskräftig“. Abgesehen von den „bereits aufgebundenen und ausgelieferten Exemplaren des Buches“ kann die Auflage entsorgt werden.

So weit, so gut. Aber es muss kein Ende der Geschichte sein. Möglich, dass sich noch andere Betroffene melden, die von Deborah Feldman ein wenig zu arg verdichtet wurden. Yeah, Germany is a good place to be a writer.

Unless you start telling lies.

Foto: Amrei-Marie CC BY 4.0 via Wikimedia Commons

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Michael Anton / 22.11.2023

Fanatiker, Schein-Heilige, Lügnerin, klar kann man das noch steigern. Diese Wunderrabbisekten sind jüdische Ayatollahs. Wer nur Thora und die kleinen Buchstaben lernt, lebt irgendwo 2400 Jahre v u Z. Aber sie wollen Hitler nicht den posthumen Triumph geben, daß Ihre Lebensform ausstirbt. Den Staat aber lehnen sie ab. Das tat auch die aufgeklärte Orthodoxie in Deutschland: Der Staat ist ein Götze, er stellt keinen Wert dar. Er hat nur die Aufgabe, daß wir “einander nicht mit Haut und Haaren auffressen.” wie im Talmud steht, womit diese Frage nach vielen Jahrhunderten abgeschlossen wurde. Der ganze Hobbes aus Babylon. Wer Israel kritisiert, weil er ein Staatsrefusenik ist, wer orthodox und aufgeklärt ist, den finde ich sympathisch. Deborah hatte diese Vorraussetzungen nicht, aber ich hoffe, daß noch mehr ihren Weg gehen. Das Abschütteln der Orthodoxie ist weltweit ein Riesenthema.

Markus Viktor / 22.11.2023

Zum Satz, mit dem Feldman immer wieder zitiert wird: sie muss sich da nur noch ein paar Jahre gedulden. Die Deutschen sind noch nicht wieder so weit wie zum Beispiel eine prominente – unten durchragende - Schwedin, sich umstandslos mit der Hamas zu solidarisieren. Irgendetwas irritiert sie noch und hält sie davon ab. Sie wissen zwar schon nicht mehr, was es ist, aber es wirkt noch. Noch.

Johannes Schuster / 22.11.2023

@A. Ostrovsky: Ja, ich kenne das Problem der Adaptionsbestrebungen. Ich persönlich kann Gruppendruck nicht wirklich nachvollziehen. Ich bin autistisch, ich habe das Konzept der Gruppendynamik schon als Kind nur verstanden. Meine intuitive Gruppentauglichkeit geht dabei gegen Null. Ich kann diese Phänomene erklären, aber ich kapiere nicht, wie man darauf erpicht sein kann, überhaupt in einer Gruppe aufgesogen zu werden. Ich kapiere auch im Mannschaftssport die Überkonvention der Aufstellung bis heute nicht. Entsprechend dumm stand ich im Fach Sport auch da. Ich bin dafür Rennruderboot gefahren und zwar am liebsten im Einer. Der Schlag hat meine Seele eingetaktet. Nachts um 12 Mitten im Wald fühle ich mich durchaus nicht unwohl. Nachts auf dem Friedhof stand ich schon nach einem Sterbefall in tiefer Zerknirschtheit. Die Vorstellung von einem völkischen Sing- Sang Trommel - und Sport - Lager ist für mich der blanke Horror und Alptraum. Deshalb kann ich diese Drücke der Leute, die dazugehören wollten zwar kognitiv nachvollziehen und verstehen, aber nachfühlen kann ich es eben nicht.

Franz Klar / 22.11.2023

Der Artikel enthält keine Links und der Name des “Vereins” wird nicht genannt . Warum nicht ?  Fakten , Fakten , Fakten bitte !

Mathias Rudek / 22.11.2023

Merkwürdig diese Nestbeschmutzer im eigenen Lager nach so einem grauenhaften Überfall der menschenverachtenden Todeschwadronen der Hamas. Es gibt diese Typen überall. Ich hoffe von dieser Person bald nichts mehr zu hören.

Johannes Schumann / 22.11.2023

Frau Feldman ist mir auch kürzlich negativ aufgefallen und ich rieb verwundert die Augen, als ich las, es wäre ein schwieriges Leben Deutschland, wenn man als Jude Israel kritisieren wolle. Da war mir klar, dass aus ihrer Brooklyner Welt ausgebrochen ist, um nun in einem links-grün-woken Gedankengefängnis zu leben.

ralf heinritz / 22.11.2023

Das erste Buch von Deborah Feldmann war doch ganz gut, auch wenn es da, glaube ich, auch schon Zweifel an der absoluten Wahrheitstreue oder zumindest Fairness der Autorin gab. Das kann man natürlich als Außenstehender überhaupt nicht beurteilen. Ich fand schon ihr zweites Buch ziemlich anstrengend, auch wegen der linken Ideologie und die Ansicht, Israelkritik sei, für Juden, in Deutschland gefährlich, ist schon sehr seltsam. Und sie wirkte bei Lanz leider unsympathisch.

Reinmar von Bielau / 22.11.2023

Offensichtlich ist Relotius eben keiner der vielbeschworenen Einzelfälle. Deborah Feldmann hat zwar bisher schon diverse (nix Geschlecht) Auftritte in den ÖRR Shows gehabt, aber ihr fehlen zu Relotius noch so einige Preise. Na dann…

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