Claudio Casula / 15.06.2023 / 08:00 / Foto: zarteste / 0 / Seite ausdrucken

Morgenlage: Schlappen und Spenden

Guten Morgen, es ist Donnerstag, der 15.6., und Zeit für die Morgenlage. In Frankreich weiß man offiziell noch nichts über das Motiv des Messerstechers, in Bayern lehnt die Koalition die Entlassung Aiwangers ab, in Russland stehen ukrainische Gefangene vor Gericht, in Israel geht das zähe Ringen um die Justizreform weiter und führende Köpfe der Grünen wehren sich gegen Kritik aus den eigenen Reihen.

Messerangreifer von Annecy in psychiatrische Klinik gebracht

In Frankreich ist der Messerangreifer von Annecy aus dem Gefängnis in eine psychiatrische Klinik gebracht worden, meldet deutschlandfunk.de. Der 31-jährige Syrer hatte in der vergangenen Woche auf einem Spielplatz in dem Alpenort mit einem Messer auf vier Kleinkinder und zwei Erwachsene eingestochen und einige schwer verletzt. Über das Motiv des Asylbewerbers herrscht weiter Unklarheit, die Ermittler schließen jedoch einen terroristischen Hintergrund oder eine Tat unter Alkohol- oder Drogeneinfluss aus.

CSU und Freie Wähler lehnen Aiwanger-Rauswurf ab

Die Forderung der oppositionellen Grünen im Landtag, Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu entlassen, ist von den Koalitionsparteien zurückgewiesen worden, meldet zeit.de. Aiwanger hatte auf einer Kundgebung gegen das Heizungsgesetz der Bundesregierung vor 13.000 Menschen gesagt, dass die Menschen sich die „Demokratie zurückholen“ müssten. Dir Grünen halten das für „mit demokratischen Prinzipien unvereinbare Entgleisungen“. Ihre Fraktionschefin Katharina Schulze warf Aiwanger vor, die Menschen mit seiner Wortwahl gegen die parlamentarische Demokratie aufzuwiegeln. Der parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler, Fabian Mehring, sprach hingegen von einer „Polit-Show“, um von Versagen der Ampel in Berlin abzulenken. Die Frage, wer die Demokratie stärker beschädigt – der, der Politik gegen die Bürger macht, oder der, der das benennt –, konnte nicht geklärt werden.

Gefangene ukrainische Soldaten vor Gericht

In Russland sind 24 gefangengenommene ukrainische Soldaten und andere Militärangehörige vor Gericht gestellt worden, meldet deutschlandfunk.de. Ihnen wird die Beteiligung an einer „terroristischen Vereinigung“ und die Teilnahme an einer Aktion zum Sturz der von Russland unterstützten Behörden in der Region Donezk vorgeworfen. Bei den Angeklagten handelt es sich um Mitglieder des ukrainischen Asow-Regiments, das in der Hafenstadt Mariupol gegen die russischen Invasoren gekämpft hatte. Sollten sie verurteilt werden, drohen ihnen Haftstrafen zwischen 15 Jahren und lebenslänglich.

Nach Kritik: Gleich mehrere Minister wollen ihre Inflationsprämie spenden

Die Minister des Kabinetts von Bundeskanzler Olaf Scholz sollen trotz ihres hohen Gehalts eine steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro erhalten, meldet focus.de. Das stoße insbesondere in diesen Zeiten auf großes Unverständnis. Um den Unmut zu besänftigen, denken nun mehrere Minister darüber nach, auf den Bonus zu verzichten. Innenministerin Nancy Faeser sagte im „Maischberger“-Talk: „Eine Energiepauschale in dieser Höhe wäre sicherlich nicht angemessen“. Sie werde den Betrag daher „wahrscheinlich (sic!) spenden“. Ähnlich äußerten sich Umweltministerin Steffi Lemke, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Familienministerin Lisa Paus, die alle den zurzeit hart kritisierten Grünen angehören. Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, wird mit den Worten zitiert: „Dass die Regierungsmitglieder sich selbst 3.000 Euro Bonus pro Person auszahlen wollen, während sie mit katastrophaler Wirtschaftspolitik dafür sorgen, dass die Industrie unser Land verlässt, erinnert an das politische Fingerspitzengefühl von Christine Lambrecht.“ Da ist was dran.

Kretschmann verteidigt Asylverfahren an EU-Außengrenzen

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat die EU-Einigung auf verschärfte Asylverfahren energisch verteidigt, meldet faz.net. Im ZDF-Talk „Markus Lanz“ habe Kretschmann gesagt, Arbeitsmigration müsse legalisiert, irreguläre Migration jedoch eingedämmt werden – eine Position, die wohl die meisten seiner Parteifreunde eher nicht teilen. Der Plan, Asylbewerber an den EU-an den Außengrenzen zeitweilig zu internieren, wird von ihnen kritisiert, Migranten müssten angeblich wie in Gefängnissen leben. Kretschmann: „Man kann sowas natürlich immer mit solchen Verbalinjurien belegen.“ Von einer Haft könne keine Rede sein. „Die Leute können ja zurück. Das ist doch keine Haft.“ Auch ein Grüner kann mal richtig liegen.

Habeck-Zoff mit Klimaschützern

Derweil lieferte sich Bundeswirtschafts- und klimaschutzminister Robert Habeck eine hitzige Debatte mit Umweltschützern etwa vom BUND um die geplante Reform des Klimaschutzgesetzes, wie focus.de meldet. Dass das neue Klimaschutzgesetz ein Rückschritt sei, könne „doch wohl ernsthaft keiner behaupten“, sagte Habeck dem Bericht zufolge. Hinsichtlich der nun wieder in Gang gekommenen Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) räumte Habeck aber ein, die vergangenen drei Monate seien „keine reine Erfolgsgeschichte“ gewesen. Das könnte man mit Fug und Recht die Untertreibung des Monats nennen.

Schlappe für Israels Regierung im Streit um Justizreform 

In der Auseinandersetzung um die geplante Justizreform hat die Regierung gestern eine Niederlage erlitten, meldet orf.at. Es sei um die Wahl eines Gremiums zur Besetzung von Richtern gegangen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte sich dafür eingesetzt, dass jeweils ein Vertreter der Opposition und einer der Regierung gewählt wird. Wegen des Widerstands seiner rechten Koalitionspartner rief er die Abgeordneten der Regierung dazu auf, gegen beide Kandidatinnen zu stimmen. Hier verweigerten ihm einige die Gefolgschaft und wählten eine Abgeordnete der Opposition. Eine Vertreterin der Regierung erhielt dagegen nicht genug Ja-Stimmen. Weil nur eine der Kandidatinnen genug Stimmen bekam, muss nun innerhalb von 30 Tagen erneut über die zweite Position abgestimmt werden. Vorher will die Opposition ohnehin keine Gespräche über die Justizreform aufnehmen. Ein Scheitern könnte die starken öffentlichen Proteste wieder anfachen.

Die Politik – sie bereitet einem keine Freude derzeit. Und mit dieser Feststellung endet die Morgenlage. Weitere Nachrichten der vergangenen Nacht finden Sie in unserer Presseschau. Kommen Sie gut durch den Tag!

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