Claudio Casula / 28.06.2023 / 08:10 / Foto: cartese / 0 / Seite ausdrucken

Morgenlage: Bio und Brandmauern

Guten Morgen, es ist Mittwoch, der 28. Juni und Zeit für die Morgenlage. Merz findet, dass eine andere Migrationspolitik der AfD den Wind aus den Segeln nehmen würde, Orban macht bereits eine andere und bleibt auch dabei, Weidel kann sich die CDU perspektivisch als Partner vorstellen und in Sierra Leone wurde ein Präsident wiedergewählt – oder auch nicht.

CDU: Friedrich Merz sieht Flüchtlingspolitik als Grund für hohe AfD-Werte

Nach Ansicht des CDU-Vorsitzenden würde die AfD an Zustimmung verlieren, wenn die Regierung ihre Flüchtlingspolitik ändere, meldet zeit.de. „Alle Wahlforscher sagen uns, dass die AfD fast nur dieses eine Thema hat“, habe Merz der Augsburger Allgemeinen gesagt. Vielleicht sollte Merz sich allerdings nicht nur von Wahlforschern beraten lassen, sondern einmal zuhören, wenn Alice Weidel im Bundestag redet. Die sprach da kürzlich einen ganzen Strauß an Themen an, die auch für die größte Oppositionspartei interessant sein könnten. Da ist Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) schon weiter, der immerhin mit Blick auf den Streit um das Gebäudeenergiegesetz feststellte, dass bei den guten Werten für die AfD „auch viel Frust über die Ampel“ dabei sei.

Orban: Machen nicht mit bei Migrantenverteilung

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban schlägt vor, dass Migranten außerhalb des EU-Gebiets auf den Abschluss ihres Asylverfahrens warten sollen, meldet faz.net. Sein Land unterscheide klar zwischen Gastarbeitern und Migranten, Deutschland nicht, sagte Orban. Ungarn wolle keine Gemeinschaften, „die unsere wichtigsten europäischen Werte nicht respektieren“, etwa die Gleichberechtigung oder die Ablehnung von Homophobie und Antisemitismus. Ungarn lehnt den von den EU-Innenministern Anfang Juni ausgehandelten „Asyl-Kompromiss“ weiter ab, will sich auch nicht an der Verteilung von Migranten in der EU beteiligen und keine Ausgleichszahlungen leisten. Orban verwies darauf, dass sein Land schon jetzt mehr als zwei Milliarden Euro aufwende, um den Schengen-Raum vor illegalen Einwanderern zu schützen.

Weidel würde CDU-Minderheitsregierung unterstützen

AfD-Chefin Alice Weidel kann sich nach den Landtagswahlen nächstes Jahr in Ostdeutschland die Unterstützung einer CDU-geführten Minderheitsregierung vorstellen, meldet faz.net. Dem Stern habe Weidel mitgeteilt: „Ich würde nicht per se ausschließen, im Osten eine Minderheitsregierung der CDU zu unterstützen.“ Sie halte die CDU auch für einen denkbaren Koalitionspartner. Die Frage einer Tolerierung könnte sich bereits nächstes Jahr stellen: In Thüringen und Sachsen sehen Demoskopen die AfD mit 28 Prozent auf Platz eins, in Brandenburg mit 25 Prozent mit der SPD gleichauf. In allen drei Ländern wird 2024 ein neuer Landtag gewählt. Doch noch hält die „Brandmauer“, notfalls schließt sich eben die Einheitsfront zusammen. Was allerdings auch nach hinten losgehen kann, wie man eben bei der Landratswahl in Sonneberg gesehen hat. Weidel jedenfalls sagt, sie sei „ganz zuversichtlich. Wir sind immer offen für Gespräche. Mit der Union finden sie auf informeller Ebene schon statt, in Kreistagen, aber auch auf höherer Ebene.“

Mehr als 1.000 Zivilisten seit Taliban-Machtübernahme getötet

Von Mitte August 2021 bis Ende Mai 2023 verzeichnete die UN-Mission in Afghanistan fast 1.100 Tote und knapp 2.700 Verletzte bei Anschlägen, meldet zeit.de. Die meisten seien Opfer von Sprengsätzen geworden, die in Moscheen, auf Märkten oder öffentlichen Plätzen gezündet wurden. Urheber der Terrorattacken sollen laut der Vereinten Nationen der IS und nicht näher definierte „regierungsfeindliche Elemente“ sein. Besonders betroffen sei die Minderheit der schiitischen Hasara, die seit Jahren Ziel von Anschlägen in dem mehrheitlich sunnitischen Land sind, aber auch im Zuge von Angriffen auf die regierenden Taliban seien viele Zivilisten getötet oder verletzt worden.

Amtsinhaber Julius Maada Bio zum Präsidenten wiedergewählt

In Sierra Leone hat Präsident Bio die Wahl in Sierra Leone für sich entschieden, meldet zeit.de. Sein Herausforderer Samura Kamara nannte das Wahlergebnis „nicht glaubwürdig“. Er werde das von der Wahlkommission verkündete Ergebnis, das „falsch und erfunden“ sei, nicht akzeptieren. Seine Partei beklagte ungültige Stimmabgaben in einigen Gegenden. Auch EU- Wahlbeobachter hatten von gewalttätigen Zwischenfällen berichtet. Bio wird für seinen Beitrag zum Übergang zu den ersten freien Wahlen seit Jahrzehnten von vielen als „Vater der modernen Demokratie“ des kleinen westafrikanischen Landes (etwa von der Fläche Bayerns) verehrt, geht jedoch mit politische Gegnern nicht zimperlich um.

Brasiliens Präsident Lula und SPD vereinbaren Zusammenarbeit

Die brasilianische Arbeiterpartei PT von Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva und die SPD wollen künftig verstärkt zusammenarbeiten, meldet welt.de. Geplant sei ein regelmäßiger Austausch etwa über demokratische Werte, den Kampf gegen die extreme Rechte, Förderung des Friedens, die Klimakrise und eine nachhaltigkeitsorientierte Weltwirtschaft. Nach Ansicht von SPD-Chef Lars Klingbeil lohne sich der intensive Dialog mit den brasilianischen Partnern. Auch solle bei schwierigen Themen für die eigene Perspektive geworben werden, etwa „bei der Verurteilung des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine“. Da hat Herr Lula ja bekanntlich eine andere Sicht auf die Dinge („Die USA müssen aufhören, den Krieg zu fördern und anfangen, über Frieden zu reden. Die EU muss anfangen, über den Frieden zu reden.“), und für Außenministerin Annalena Baerbock hatte er neulich auch keine Zeit.

Selenskyj entlässt Chef von staatlichem Rüstungskonzern

Mitten im Krieg hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Chef des staatlichen Rüstungskonzerns Ukroboronprom, Jurij Hussjew, entlassen, meldet orf.at. In der Holding Ukroboronprom sind alle Rüstungsunternehmen der Ukraine konzentriert. Offenbar war Selenskyj unzufrieden mit Hussjew, weil er sich eine höhere Produktion der Kurzstreckenrakete Sapsan (Wanderfalke) erhofft hatte. Bisher ist Kiew bei der Störung der russischen Logistik vor allem auf Raketen westlicher Herkunft angewiesen. Derweil ist die ukrainische Gegenoffensive auf Territorium vorgestoßen, das bereits seit 2014 von russischen Truppen besetzt ist, wie kleinezeitung.at berichtet. Mitglieder der ukrainischen Luftstreitkräfte sollen kleine Vorstöße im Osten des Dorfes Krasnohoriwka nahe der Stadt Donezk gemacht haben. Bei einem russischen Raketenangriff auf das Zentrum der Stadt Kramatorsk kamen am Abend mindestens vier Menschen ums Leben. Die ukrainische Armee nutzt unterdessen auch den Wagner-Aufstand zu Angriffen, etwa unweit der östlichen Stadt Bachmut, die von den Invasoren nach einem monatelangen erbitterten Kampf besetzt worden war.

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