Cora Stephan / 18.04.2024 / 12:00 / Foto: Elkawe / 8 / Seite ausdrucken

Toxische Weis(s)heit: Abrissbirne

Die Renovierung alter Häuser ist nicht nur teuer, sondern auch ein sehr unsicheres Feld. Denn wer weiß schon, an welche absurden Richtlinien man sich in Zukunft halten muss?

Ich mag Häuser mit Geschichte. Als Jugendliche gehörte ich zu den Schülern, die für die Rettung der Osnabrücker Altstadt eintraten, die von den Stadtvätern niedergelegt werden sollte, weil man glaubte, eine autogerechte Stadt haben zu müssen. Häuser, ganz nebenbei, in denen ein Teil der Gesandten wohnten, die den Westfälischen Frieden verhandelten, der 1648 beschlossen wurde. Also Geschichte! Und auf die wollte man in Osnabrück verzichten, der „Friedensstadt“?

Während des Studiums wohnte ich zuerst in Hamburg, später in Frankfurt in zum Abriss bestimmten Häusern. Wir Studenten waren geeignetes Material, die Häuser billig zu be- oder entwohnen, bevor die Abrissbirne tätig wurde. So kam wenigstens noch ein wenig Geld in die Schatulle der Eigentümer.

Die für den Abriss bestimmten prächtigen Westendvillen in Frankfurt am Main wurden in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gewiss auch deshalb verteidigt, weil sie Studenten, Chaoten und Rebellen halbwegs kostengünstigen (oder kostenlosen, im Fall der Besetzung) Raum boten. Verteidigungswürdig waren sie aber vor allem, dank einer verdienstvollen Bürgerinitiative, weil die Villen Frankfurter Stadtgeschichte verkörperten: Das großbürgerliche und jüdische Leben in der Stadt.

Verbindung mit der Vergangenheit

Der Zerstörung durch den zweiten Weltkrieg folgte die „fortschrittliche“ Zerstörung deutscher Städte, nicht gerade selten unter der Ägide der SPD. Dass ausgerechnet unter CDU-Bürgermeister Walter Wallmann mit dem Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt am Dom begonnen wurde, traf dort auf Naserümpfen: „Disneyland“ sei das. Unterstellt wird, dass sich Touristen deshalb dort so gern aufhalten – weil es „unecht“ sei. Ist Warschau auch unecht, weil die Polen es nach seiner Zerstörung durch die Wehrmacht wieder aufgebaut haben?

Mein Gefährte und ich haben zwei alte Häuser renoviert, ein winziges Fachwerkhaus in Oberhessen und ein aus vier Teilen zusammengesetztes Steinhaus im Ardéche, in Frankreich, in dem noch etwas aus einem alten Kastell aus dem 12. Jahrhundert schlummert. In dem einen zieht es, in das andere regnet es schon mal rein. Aber beide Häuser leben und verbinden mit der Vergangenheit. Wofür das gut ist? Genau: dafür.

Doch die Deutschen, jedenfalls einige ihrer Politiker, haben es ja nicht so mit Tradition oder Heimat oder Kulturlandschaft. Sie stellen noch ihre schönsten Landschaften mit Windmühlen und Solarwiesen zu und empfehlen eine sogenannte „Wärmepumpe“ zum Heizen, die nur funktioniert, wenn das zu heizende Haus bis auf Sehschlitze zugedämmt ist. Das freut den Schimmel und den Specht. Und was, wenn Regen die Dämmung durchnässt? Dann bilden sich Kältebrücken, die die Wärme von innen nach außen leiten. Unterm Strich macht Dämmen teurer, nicht günstiger.

Mit der Ampel gibt es keine Planungssicherheit

Mal abgesehen davon, was das Dämmen für die wenigen noch halbwegs intakten mittelalterlichen Städte in Deutschland bedeuten würde. In Frankreich macht sich bereits bemerkbar, was die Alternative zu den beeindruckenden alten Steinhäusern ist, die zwar nicht sonderlich gut zu heizen sind, aber im Sommer schön kühl bleiben: identische Energiesparkisten auf der grünen Wiese. Denn wer weiß, was sich „die da oben“ demnächst noch einfallen lassen, weil sie glauben, mit unsinnigen Maßnahmen das Klima retten zu können – was menschliche Hybris par excellence ist, womit aber mittlerweile jeder Irrsinn begründet wird.

Immerhin verlangt die soeben vom EU-Parlament und dem Rat der Mitgliedstaaten verabschiedete Gebäuderichtlinie nicht mehr die Zwangssanierung von älteren Wohngebäuden, allerdings dürfen die Mitgliedstaaten selbst festlegen, wie sie die vereinbarten „Energieziele“ erreichen wollen. Bundesbauministerin Klara Geywitz hat zwar bereits 2023 versichert, man „orientiere sich an der Realität und überfordere weder die Familie im Einfamilienhaus noch den Bäckermeister mit kleinem Verkaufsraum.“

Doch wer will sich auf solche Versprechen noch verlassen? Mit der Ampelregierung, das hat schon Robert Habecks wirres „Heizungsgesetz“ gezeigt, gibt es keine Planungssicherheit. Das gilt nicht nur für Neubauten. Es gilt auch für das überkommene Gesicht von Dörfern und Städten. Wer will sich noch auf die liebevolle Renovierung eines alten Kastens einlassen, wenn demnächst das „Klima“ wieder ganz anders geschützt werden soll? Schneller ginge das Ganze, wenn man Deutschland mit der Abrissbirne „sanieren“ würde. So bleibt es bei der Agonie.

Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.

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Foto: Elkawe via Wikimedia

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Leserpost

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Elizabeth Bennett / 18.04.2024

Nach fest kommt ab. Irgendwann sind die kafkaesken Zurichtungsschikanen, Schwarze-Pädagogik -Sadismen und lyssenkoartigen Bürokratiediktate den Leuten zu grotesk, zumal keiner mehr durchblickt und sich in der Konsequenz auch niemand an solche „Gesetze“ halten kann. Anzeigenhauptmeister haben vielleicht heute noch die Konjunktur wie Klimaextremisten oder Genderzwangsneurotiker vor Jahresfrist, aber auch deren Zeit läuft ab, sobald diese Leute einfach ignoriert werden.  So einfach ist das. Dann gibt’s halt wieder kleinteilige Lösungen und an Gesetze und Verordnungen hält sich halt keiner mehr, sofern der gesunde Menschenverstand ihnen keinen Sinngehalt zumisst, was natürlich in der Konsequenz auch schiefgehen kann; sieht man aber, wieviel Selbstorganisation, Schwarmintelligenz und situative Kooperation unter Fremden unversehens möglich ist, etwa wenn auf belebten Kreuzungen wieder die Ampeln ausgefallen sind (Windstille…?), - na, dann erscheint mir das wiederum als gutes Omen.

Sam Lowry / 18.04.2024

Gutes Geld schlechtem Geld hinterherzuwerfen ist so sinnlos wie damals das Ding mit der “T-Aktie”. Zum Vorzugspreis (53,50?) haben die Rentner ihr halbes Vermögen investiert, und dann bei 40 oder 35 Euro nochmal die andere Hälfte in den Sand gesetzt. Bis zum Ende drin wohnen; oder hoffen, dass die AfD noch rechtzeitig übernehmen wird und den ganzen Wahnsinn der Grünen rückgängig macht. Abandon all hope ye who enter here…

Ralf Pöhling / 18.04.2024

Ich hätte mal einen anderen Vorschlag um in Deutschland den Energieverbrauch zu senken: Durch Senkung der Bevölkerungsdichte. Deutschland gehört zu den Ländern auf Erden mit der mit Abstand höchsten Bevölkerungsdichte. Was ist der Sinn dabei, so viele Menschen auf so kleinem Raum zu konzentrieren? Was soll das? Ist ganz Deutschland etwa ein Konzentrationslager in dem Arbeit “frei” macht? Dabei geht nicht nur der Ressourcen- und Energieverbrauch hoch, die Natur wird auch verschandelt und durch mehr und mehr nötigen Wohnraum immer mehr zurückgedrängt, worüber sich dann alle wieder (diesmal zu recht) aufregen. In Deutschland muss aufgrund der geografischen Lage in etwa die Hälfte des Jahres geheizt werden. Je mehr Menschen sich hier aufhalten, desto mehr müssen wir hier also heizen. Soll hier weniger Energie verbraucht und weniger Natur abgebaut und versiegelt werden, dann braucht es nicht noch mehr gedämmte Häuser und noch mehr Zuwanderung, sondern viel mehr Abwanderung! Deutschland ist ein Narrenschiff voller Schildbürger. Hier versucht man immer totale logische Gegensätze zeitgleich durchzusetzen. Was kommt dabei raus? Am Schluss ist dieses Land wieder komplett im Eimer.

gerhard giesemann / 18.04.2024

Der Verständige rührt keinen Finger mehr in diesem verruckten Land, basta. A brainache das.

Dr. Joachim Lucas / 18.04.2024

Planungs-/Rechtssicherheit, Infrastruktur, ökonomisches Handeln des Staates und akzeptable Steuern sind das A und O eines prosperierenden Staates. Nichts davon unter den rotgrünen Chaoten. Durch die ausschließliche Fixierung auf den Klimasch… ist alles, wirklich alles dem untergeordnet worden. Niemand weiß, welcher Unsinn denen morgen zur Rettung der Welt einfällt und ob das übermorgen nicht schon wieder anders ist. Das hat logischerweise auf allen Gebieten zum Attentismus geführt, so auch beim Bauen. Das Ergebnis sind anarchische Verhältnisse, bei denen jeder nur noch schaut, wie er das übersteht. Nur die Kostgänger dieses Systems leben wie die Maden im Speck und traktieren die Leute aus allen Rohren Tag für Tag mit ihrer Dauer-Agitprop. Die Grünen sind ein Krebsgeschwür dieses Landes, wo die hinkommen, geht es abwärts, was die anfassen wird zerstört. Die müssen weg!

L. Luhmann / 18.04.2024

Tja, ich denke, dass die “Agonie” Teil des kalkulierten Terrors ist, der uns per Great Reset aufgebürdet wurde, damit wir dereinst - z.B. im Jahre 2030! - in alles einwilligen, nur damit es wieder ein bisschen normal und lebenswert wird. ‘Niemand hat die Absicht, einen totalitären, demokratielosen Stakeholder-Überwachungsstaat zu errichten!’

Marcel Seiler / 18.04.2024

Die fehlende Rechtssicherheit in Deutschland ist auch woanders ein Problem. Wer investiert noch in ein Kraftwerk – egal welchen Typs – wenn man damit rechnen muss, dass demnächst eine technik-ahnungslose Regierung von Gutmenschen die entschädigungslose Abschaltung verordnet? (Passierte gerade in Hamburg mit Vattenfalls Kraftwerk Moorburg.) Wer baut ein Forschungszentrum auf (etwa: Agrarforschung), wenn er damit rechnen muss, dass eine “Ethikkommission” das morgen stilllegt? – Wer in Deutschland sein Geld anlegt, sollte (wie Präsident Trump sagen würde) sich dringend am Kopf untersuchen lassen.

Roland Völlmer / 18.04.2024

Privathäuser sind generell klimaschädlich, genauso wie Privatfahrzeuge. Also, Bahnfahren und Wohnraumzuteilung. Das ist die Klimarettung durch unseren Staat.

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