Marcus Ermler / 04.10.2018 / 06:29 / Foto: Pixabay / 18 / Seite ausdrucken

Zwischen Marx und Marxloh (1)

Auf den ersten Blick manifestiert die Causa Chemnitz, um so mehr nach den Feststellungen von Hans-Georg Maaßen, des mittlerweile geschassten Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, das Versagen der politischen Kaste des merkelsozialistischen Allparteienblocks und einer zum Hofschranzentum transformierten leitmedialen Berichterstattung. Doch hierin einfach nur das stümperhafte Verhalten vor sich hin dilettierender Politikdarsteller zu sehen, deren Lebenslauf sich hauptsächlich aus dem Dreiklang Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal speist, beziehungsweise von grünlinken Systemjournalisten, die Hajo Friedrichs Arbeitsethos in migrationsaffinen Aktivismus umdekliniert haben, greift zu kurz. 

Geht es doch um so viel mehr. Jede Kritik an den Auswüchsen der Merkelschen Flüchtlingspolitik im Hinblick auf einen Anstieg migrantischer Kriminalität, alltäglicher Manifestationen islamischen Herrenmenschentums durch Terror und parallelweltlicher Segregation, so schließlich insgesamt die Unterwanderung und Delegitimierung von Sozial- wie Rechtsstaat, ist frontaler Angriff auf den totalitären Ungeist der herrschenden Ideologie der offenen Grenzen. Nicht umsonst versucht dieses systemische Kollektivismussyndrom mit dem UN-Migrationspakt, dem „besorgten“ autochthonen Bürger präemptives Antirassismus-Gegengift und zugleich staatlich sanktionierten Verdrängungsmechanismus aufzuzwingen.

Diesen Migrationspakt fasst die Basler-Zeitung eindringlich zusammen als zur Staatskapitulation degenerierendes Zusammenspiel wirkungsmächtiger Einzelzutaten, bestehend aus einer Legalisierung privaten Mittelmeer-Schleppertums, des bedingungslosen Grundeinkommens für jeden Migranten, des Familiennachzugs für alle sowie letztlich der Konditionierung der einheimischen Bevölkerung und Diskriminierung ihres potenziellen Widerstands durch ein Konglomerat antirassistischer Massnahmen. 

Es zeigt sich hier bei einem zweiten eindringlicheren Blick auf so ein System, das eine Fortschreibung des seit hundertfünfzig Jahren insbesondere in Deutschland sich zeitigenden Kollektivsozialismus ist, der mit allen Mitteln des Agitprops versucht, seine kaleidoskopischen Narrative „Offene Grenzen für alle“, „Multikulti“, „Wir schaffen das“,  neuerdings „Wir sind mehr“ aufrechtzuerhalten und so jede Anbahnung von Rationalität aggressiv desavouiert. 

Der Totalitarismus des 21. Jahrhunderts

So extendiert diese vulgärmarxistische Spätlese als Instrumentarium einer marktradikalen Globalplanwirtschaft zu einem Totalitarismus des 21. Jahrhunderts, der jede Opposition – ob von links, rechts oder aus der Mitte der Gesellschaft – als Häresie von Nazis, Rechtspopulisten sowie Rassisten brandmarkt und im medialen Dauerfeuer seiner willfähriger Journalisten-Entourage mundtot defiliert. Diese Melange der polyglotten Gutmenschen kann und sollte in einem absoluten Totalitarismus eines bourgeois-sozialistischen Open-Border-Movements als Diktatur der Weltbürger identifiziert werden.

Eine adäquate Fundierung dieser Totalitarismus-Charakterisierung muss getragen sein von einer wissenschaftlichen Diagnostik. So schrieb Ernst Gottschling, ein bis wenige Jahre vor der friedlichen Revolution in der DDR am Institut für Marxistisch-Leninistische Philosophie in Greifswald lehrender Wissenschaftler, im Jahr 1985 über „Die Verkehrung der Demokratie- und Diktatur-Problematik“ folgende einprägsame Leitsätze zur Analyse eines Totalitarismusansatzes: 

Dieser Widerspruch zwischen Erscheinung und Wesen hinsichtlich des Staates und seiner Organisationsformen jedweder Epoche kann nicht erfaßt werden, wenn die Herrschaftsform losgelöst von ihrem politischen, klassenmäßigen Inhalt obendrein im Zustand der Bewegungslosigkeit untersucht werden soll […] alles in der Welt bewegt sich, hat Anfang und Ende, befindet sich in den verschiedensten Zusammenhängen kausalen und anderen Charakters“.

Auch wenn Gottschling als Wissenschaftler der DDR hierbei den Blick auf den herrenmenschlichen Sozialismus der Auschwitz-Faschisten richtete und dessen vermeintlich gutmenschliches realsozialistisches Pendant von Gulag, Stalinschen Säuberung und Kulturrevolution reinzuwaschen versuchte, bleiben diese Leitsätze nichtsdestotrotz Maßstab einer historisch akkuraten Betrachtung. Das heißt: Nicht allein die Gegenwart des Open-Border-Movements kann Bestandteil einer Analyse sein, vielmehr noch muss sie als aktuelle Zustandsaufnahme einer sozialistischen Herrschaftsform in hundertfünfzigjähriger Bewegung betrachtet werden. 

So spannt dieser Artikel folglich einen Bogen um alle sich bislang realpolitisch artikulierenden vier Generationen des Sozialismus, beginnend bei Karl Marx und endend bei der aktuellen Ausprägung der offenen Grenzen. In Anlehnung an die Namensgebung der Wellen des Feminismus möchte ich die verschiedenen Epochen des Sozialismus auch hier als eben solche „Wellen“ bezeichnen. In der Revolution als Mittel der Durchsetzung der jeweiligen Ziele zeigt sich eine über alle Wellen übergreifende grundsätzliche Einigkeit. So soll der revolutionäre Charakter all dieser Spielarten sozialistischer Diktatur als zentraler Punkt adressiert werden. Schließen möchte ich dann mit einer Begründung, warum diese Diktatur der Weltbürger eben auch bedingt durch ihre Revolutionsmystik allumfassend totalitär ist.

Die erste Welle: Diktatur des Proletariats

Der First-Wave-Sozialismus ist initial der historische Sozialismus, für den Marx und Engels in ihrem Kommunistischen Manifest 1848 den Grundstein legten, hierdurch die Gründung der ersten reinen sozialistischen Arbeiterbewegung forcierten – wobei es allerdings auch christlich und liberal orientierte Bewegungen gab, was die totalitären Auswüchse sozialistischer Folkloristik gerne verschweigen – und so alle folgenden Wellen maßgeblich beeinflussten. 

Als Zentralgestirn eines Systems revolutionärer Umwälzung legitimierten Marx und Engels hier das Proletariat als „diejenige Klasse der Gesellschaft, welche ihren Lebensunterhalt einzig und allein aus dem Verkauf ihrer Arbeit und nicht aus dem Profit irgendeines Kapitals zieht […] mit einem Worte, die arbeitende Klasse“. Im Kommunismus als „Lehre von den Bedingungen der Befreiung des Proletariats“ sollte dieser „arbeitende Klasse“ ihren ideologischen Katechismus erhalten. Ihre „Befreiung“ sollte münden in die Diktatur des Proletariats, die die Herrschaft des Bürgertums als „Klasse der Bourgeois“, d.h. „der großen Kapitalisten [ablösen sollte], welche in allen zivilisierten Ländern […] im Besitz aller Lebensmittel und der zur Erzeugung der Lebensmittel nötigen Rohstoffe und Instrumente (Maschinen, Fabriken) sind“.

Die Herrschaft des Proletariats wird „der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital entreißen“ mittels „despotischer Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die bürgerlichen Produktionsverhältnisse“, um so „alle Produktionsmittel in den Händen des Staates […] zu zentralisieren“. Folge dieser „Maßregeln“ zur „Umwälzung der ganzen Produktionsweise“ ist, dass „die Klassenunterschiede verschwunden und […] alle Produktion in den Händen der assoziierten Individuen konzentriert“ ist, was die „Existenzbedingungen des Klassengegensatzes“ zwischen Proletariat und Bürgertum aufhebt und so „die Klassen überhaupt“. So tritt schließlich „an die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen […] eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“.

Die „Aufhebung des Privateigentums“ als Instanz bürgerlicher Herrschaft ist nur im revolutionären Rahmen denkbar. Denn es wird „die Entwicklung des Proletariats in fast allen zivilisierten Ländern gewaltsam unterdrückt und […] hierdurch von den Gegnern der Kommunisten auf eine Revolution mit aller Macht hingearbeitet“. Diese Revolution wird „nur allmählich die jetzige Gesellschaft umgestalten und erst dann das Privateigentum abschaffen können, wenn die dazu nötige Masse von Produktionsmitteln geschaffen ist“, und so durch „eine demokratische Staatsverfassung […] direkt oder indirekt die politische Herrschaft des Proletariats herstellen“. National findet diese Umwälzung jedoch nicht ihre Begrenzung, vielmehr wird sie „eine in allen zivilisierten Ländern, das heißt wenigstens in England, Amerika, Frankreich und Deutschland gleichzeitig vor sich gehende Revolution sein“ und so schließlich auch „auf die übrigen Länder der Welt ebenfalls eine bedeutende Rückwirkung ausüben“.

Möchte man den Revolutionszyklus Marx' der ersten Welle zusammenfassen, so ist die „Diktatur des Proletariats“ ein Substrat einer zuvörderst lokalen Umwälzung im nationalen Rahmen, in der das Proletariat in einem „zivilisierten“ Industrieland das Bürgertum in seiner Herrschaft ablöst, um so letztlich die Klassengegensätze aufzuheben und eine Assoziation freier Individuen zu begründen.

Die zweite Welle: Diktatur der proletarischen Avantgarde

Der Second-Wave-Sozialismus ist der durch Lenin initiierte Sowjetkommunismus, der mit der russischen Oktoberrevolution seinen ersten realpolitischen Erfolg zeichnete und nach Lenins Tod durch Stalins „Sozialismus in einem Land“ dauerhaft in Russland verankert wurde. Marx' Vision einer klassenlosen Gesellschaft als Assoziation freier Individuen spiegelt sich auch in Lenins Werk wider, wenn er in seiner Schrift „Staat und Revolution“ schreibt:

Erst in der kommunistischen Gesellschaft, wenn der Widerstand der Kapitalisten schon endgültig gebrochen ist, wenn die Kapitalisten verschwunden sind, wenn es keine Klassen […] mehr gibt – erst dann ‚hört der Staat auf zu bestehen, und es kann von Freiheit die Rede sein‘ […] ohne Gewalt, ohne Zwang, ohne Unterordnung, ohne den besonderen Zwangsapparat, der sich Staat nennt“ 

Während Lenin also mit Marx im Zersetzen jeder Form bürgerliche Gesellschaft zur Befreiung der arbeitenden Klasse einer Meinung war, trennte sie doch der Weg dahin. Wo Marx die Herrschaft des Proletariats postuliert, verlagert Lenin die originäre Wurzel von Revolution und Diktatur zu einer bürokratischen Technokratenkaste des Proletariats, die als Avantgarde proletarische Zukunft gestalten sollte. In „Staat und Revolution“ beschreibt Lenin die wesentlichen Zutaten dieser Diktatur der proletarischen Avantgarde, die er in propagandistischer Doppelbödigkeit mit einer Diktatur des Proletariats ummantelte:

Die weitere Entwicklung, d.h. die Entwicklung zum Kommunismus, geht über die Diktatur des Proletariats und kann auch gar nicht anders gehen, denn außer dem Proletariat ist niemand imstande, den Widerstand der kapitalistischen Ausbeuter zu brechen, und auf anderem Wege ist er nicht zu brechen. Die Diktatur des Proletariats aber […] [ist] die Organisierung der Avantgarde der Unterdrückten zur herrschenden Klasse, um die Unterdrücker niederzuhalten“

Warum Lenin im Gegensatz zu Marx nicht die Quelle der Revolution beim Proletariat an sich sieht, sondern bei einer Kaste elitärer Bürokraten, die „den besonderen Zwangsapparat, der sich Staat nennt“ unter anderem Namen fortführt, erklärt er weiter: 

Beim Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus ist die Unterdrückung noch notwendig, aber es ist das bereits eine Unterdrückung der Minderheit der Ausbeuter durch die Mehrheit der Ausgebeuteten. Ein besonderer Apparat, eine besondere Maschine zur Unterdrückung, ein ‚Staat‘ ist noch notwendig“

Dieses avantgardistische Staatsgefüge, umdekliniert in die Diktatur des Proletariats, findet seinen realpolitischen Ausdruck in der „sozialistischen Partei“, deren Aufgabe Leo Trotzki in seinem Werk „Ergebnisse und Perspektiven. Die treibenden Kräfte der Revolution“ wie folgt definiert:

Die Aufgabe der sozialistischen Partei war und ist es, das Bewußtsein der Arbeiterklasse in dem Maße zu revolutionieren, wie die Entwicklung des Kapitalismus die sozialen Verhältnisse revolutionierte.“

Wer nun übrigens monieren mag, dass Lenins Revolutionsexegese der Werke Marx' sich in einem fatalen historischen Holzwege exaltierten, da Lenin eben diese systematische Umwälzung nicht in einem „zivilisierten Land“ initiierte, sondern im reaktionären, zaristischen Russland, dem antwortet Lenin in seinem Artikel „Über unserer Revolution“ aus dem Jahr 1923:

Wenn zur Schaffung des Sozialismus ein bestimmtes Kulturniveau notwendig ist (obwohl niemand sagen kann, wie dieses bestimmte ‚Kulturniveau‘ aussieht, denn es ist in jedem westeuropäischen Staat verschieden), warum sollten wir also nicht damit anfangen, auf revolutionärem Wege die Voraussetzungen für dieses bestimmte Niveau zu erringen, und dann schon, auf der Grundlage der Arbeiter- und Bauernmacht und der Sowjetordnung, vorwärtsschreitend und die anderen Völker einholen.“

Der Revolutionszyklus Lenins ist als „Diktatur der proletarischen Avantgarde“ eine erste Iteration der Welle Marx', in der die lokale Umwälzung im nationalen Rahmen ihren realpolitischen Gehalt erfährt, und weiter in einer abgeschwächt permanenten Revolution in den späten 1910er Jahren sowie der anschließenden Dekade erfolglose Versuche unternimmt, vom zaristischen bzw. bäuerlich geprägten Russland in Richtung westeuropäischer Industrieländer zu extendieren (beispielsweise der Kieler Matrosenaufstand von 1918 und die deutsche KP in der Zeit der Weimarer Republik insgesamt), und sich somit vom lokalen in den globalen Zustand erhebt.

Die dritte Welle: Diktatur der bürgerlichen Berufsrevolutionäre

Der Third-Wave-Sozialismus basiert in theoretischer Hinsicht auf der permanenten Revolution“ Trotzkis, der die lokale russische Revolution als Ausgangspunkt einer global-revolutionären Transformation reüssierte. Seinen praktischen wie revolutionären Ausdruck fand diese Welle in sozialistischen Freiheitskämpfern von Dritte-Welt-Ländern, die – oftmals gutbürgerlich situiert – zu Berufsrevolutionären terrorkommunistischer Prägung transzendierten. Beispiele sind hier Mao Tse-tung, Pol Pot, Fidel Castro, Che Guevara oder Hồ Chí Minh.

In westlichen Industriestaaten waren gutbürgerliche Sozialrevolutionäre, die – wie die RAF – auch gerne Richtung Terrorismus abdrifteten, in der 68er-Bewegung ebenso Resultat dieser trotzkistischen Vision. Die proletarischen Wurzeln einer Revolution, im besten marxistischen Sinne, sind hier nahezu verschüttet und okkupiert von einer Armee spießbürgerlicher Berufsrevolutionäre, die den Arbeiter nur noch als unbedeutendes Zielobjekt eigener gesellschaftlicher Umwälzungsgelüste abqualifizieren, so die Quelle der Revolution ihres Subjekts beraubten und – marxistisch gesehen – schließlich völlig entkernten.

Einen nicht unerheblichen Einfluss auf diese neomarxistische Entfremdung hatten die Theoretiker der Frankfurter Schule um Habermas, Marcuse und Adorno, die in ihrer Kritischen Theorie dem Proletariat ein protofaschistisches Syndrom attestierten. Und somit einer Klasse bürgerlicher Freizeitrevolutionäre jede theoretische Fundierung für einen in die Praxis übersetzten „Vulgärdialekt der Aufklärung“ lieferten, um sich anstelle des Proletariats zum Subjekt einer gesellschaftlichen Revolution zu erheben. In Randgruppen der Dritten Welt identifizierten diese bourgeois-sozialistischen Verfälscher Kritischer Theorie ihren perfekten „eindimensionalen Menschen“ als Waffe sozialer Umwälzungen.

Im Einklang mit Marx und Lenin verstand nun auch Trotzki als erstes Ziel seiner sozialen Revolution den nationalen Rahmen, indem „die Diktatur des Proletariats, das als Führer der demokratischen Revolution zur Herrschaft gelangt ist, […] unvermeidlich und in kürzester Frist vor Aufgaben gestellt sein [wird], die mit weitgehenden Eingriffen in die bürgerlichen Eigentumsrechte verbunden sind“. Doch die nationale demokratische Umgestaltung ist nur die erste Etappe, so führt Trotzki weiter aus: „die demokratische Revolution wächst unmittelbar in die sozialistische hinein und wird dadurch allein schon zur permanenten Revolution“. 

Im Gegensatz zu Marx und Lenin bescheidet sich Trotzki nicht mit einem Sozialismus, der zuvörderst dem nationalen Proletariat in seiner Heimat Freiheit, Gleichheit und Wohlstand bringen sollte, da „der Abschluß einer sozialistischen Revolution […] im nationalen Rahmen undenkbar“ sei, vielmehr noch denkt er Sozialismus folglich international:

Die Machteroberung durch das Proletariat schließt die Revolution nicht ab, sondern eröffnet sie nur. Der sozialistische Aufbau ist nur auf der Basis des Klassenkampfes im nationalen und internationalen Maßstabe denkbar. Unter den Bedingungen des entscheidenden Übergewichts kapitalistischer Beziehungen in der Weltarena wird dieser Kampf unvermeidlich zu Explosionen führen, d.h. im Inneren zum Bürgerkrieg und außerhalb der nationalen Grenzen zum revolutionären Krieg. Darin besteht der permanente Charakter der sozialistischen Revolution“

Diese Revolutionsdramaturgie, die man neutestamentlich eher in der Apokalypse des Johannes verorten würde, gilt bei Trotzki als Pragmatik einer apokryphen Vision des globalkommunistischen Paradieses:

Die sozialistische Revolution beginnt auf nationalem Boden, entwickelt sich international und wird vollendet in der Weltarena. Folglich wird die sozialistische Revolution in einem neuen, breiteren Sinne des Wortes zu einer permanenten Revolution: sie findet ihren Abschluß nicht vor dem endgültigen Siege der neuen Gesellschaft auf unserem ganzen Planeten.“

Nach Lenins Deklination hin zur Diktatur der proletarischen Avantgarde als originäre Initiationsquelle sozialistischer Revolution geht Trotzki in den nächsten Übergang der Entfremdung von der ursprünglichen Definitions Marx' über, in dem bürgerlichen Berufsrevolutionären die Führung der Arbeiterschaft obliegt, was er jedoch verklausuliert über die permanente Revolution und „das Übergangsprogramm“ festsetzt. 

So schreibt er in der permanenten Revolution, dass „die Verwirklichung des revolutionären Bündnisses zwischen Proletariat und Bauernschaft […] nur denkbar unter der politischen Führung der proletarischen Avantgarde [ist], die in der Kommunistischen Partei organisiert ist“. Dass hierbei jedoch Proletariat und Bauernschaft gleichmächtiger Handlungspartner sind, täuscht. So führt Trotzki weiter aus, dass „die ‚demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft‘ nur als Diktatur des Proletariats, das die Bauernmassen führt, denkbar“ ist.

Ist hier bereits also die hierarchische Abstufung einsehbar, dass die kommunistische Partei, die das Proletariat führt, welches über der Bauernschaft steht, nunmehr proletarische Avantgarde ist, hält Trotzki im Übergangsprogramm weiter fest, wer denn nach der stalinistischen Verfälschung in Gulag und Säuberung durch eine Kaste willfähriger Technokraten nun diese Avantgarde charakterisiert: „die Krise der proletarischen Führung, die zur Krise der menschlichen Kultur geworden ist, [kann] nur von der IV. Internationale gelöst werden“. Und diese Vierte Internationale ist im Wesentlich ein Sammelsurium bürgerlicher Berufsrevolutionäre, nicht mehr und nicht weniger.

Wo Lenin und Marx zuerst ausschließlich im nationalen Rahmen operieren und zuvörderst Sozialismus als nationalstaatliche Aufgabe verstehen, ist Trotzkis international-sozialistische Amplitude des dritten Revolutionszyklus eine faktische Erweiterung von einem einzelnen Industrieland hin zum globalen Maßstab. Ausgedrückt in Dritte-Welt-Ländern und deren Marxismus-affinen Menschenschlächtern beliebiger Terror-Couleur, die als gutbürgerliche Berufsrevolutionäre Roten Terror gegen jedes als Konterrevolution qualifizierte Aufbegehren des Proletariats in Kulturrevolution, dem Großen Sprung nach vorne oder den Killing Fields massenmörderisch eine „Diktatur des Proletariats“ simulierten. So verbleibt dem Trotzkismus aus der Warte des kommenden vierten Revolutionszyklus schließlich das historische Verdienst, das nationale Proletariat als Zielobjekt der Revolution durch das Lumpenproletariat Dritter-Welt-Ländern zu substituieren. Wie wir anschließend sehen werden: ein Verdienst mit epochalen Konsequenzen.

Im zweiten Teil dieses Beitrages lesen Sie morgen: Die vierte Welle: Diktatur des Weltbürgertums. Der Fourth-Wave-Sozialismus ist die neuzeitliche Ausprägung eines totalitären Kollektivsozialismus, durch den eine Kaste elitärer Weltverbesserer und Globetrotter, die sich in Europa als linksgrünes und in den USA als liberales Establishment charakterisieren lassen, in einer global-planwirtschaftlichen Politik der offenen Grenzen die Welt kosmopolitisch durch das islamofaschistische Lumpenproletariat revolutionieren will und im Zuge dessen den Islamofaschismus weltweit schranken- wie grenzenlos operieren lässt.

Dr. Dr. Marcus Ermler, geboren 1983, ist Mathematiker und Informatiker. In seiner Freizeit blickt er kritisch auf Junk Science, die politische Linke und religiösen Fundamentalismus.

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Thomas Raffelsieper / 04.10.2018

Ich fragte die örtliche Antifa warum ihre französischen linksradikalen Genossen geschlossen Le Pen gewählt haben. “ÄH ähhh ähhhhhhh, stimmt nicht”. Kommunikation war gestern. Da hilft nur noch abwählen. Und ich glaube auch nicht , daß die besitzende Klasse in Deutschland ihr Vermögen in einer muslimischen Mehrheitsgesellschaft hierzulande lange behalten wird. Und da meine ich auch ganz normale Häuslebesitzer. Die werden sich wundern, also die heutigen Enkelkinder. Da wird dann einfach die Grundsteuer verzehnfacht. Schwupp die Wupp ist das Häusle unterm Hammer. Islamofaschismus und Linksradikalismus sind zwei Seiten der gleichen Münze. Sie arbeiten heute zusammen um die freiheitlich rechtliche Grundordnung Deutschlands zu vernichten.

Peter Groepper / 04.10.2018

@Christian Schmidt “Brilliante, zumeist niederschmetternde Analysen lesen wir hier nahezu täglich. Therapievorschläge wären jetzt gefragt, ... Oder sind diese Fragen tatsächlich auch für Experten so schwer zu beantworten?” Ja! Denn Therapievorschläge (Grenzen kontrollieren, Gesetze durchsetzen, usw. usw.) gibt es, aber sie werden nicht befolgt. Wie bei unheilbaren Krankheiten ist also auch hier eine wirkungsvolle Therapie noch nicht gefunden worden. Als einziger Trost fällt mir zur Zeit nur ein Wort Otto v. Bismarcks ein: “L’excès du mal en devient le remède.” Die lautstarken und sich über jedes geschriebene Recht hinwegsetzenden Verteidiger unserer Werte merken nicht, dass sie genau die Werte, die sie (angeblich?) verteidigen wollen, verlieren werden.

Richard Löwe / 04.10.2018

Ein verwundetes Tier ist besonders gefährlich. Merkel, die Repräsentin der vierten Welle, wird mit der schnellen Ratifizierung des UN-Migrationspaktes die Zerstörung unumkehrbar machen. Die böse Saat Habermas‘ und Markuses wird das blühen und jedwede Kultur zerstören.

Karla Kuhn / 04.10.2018

“...aus dem Dreiklang Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal speist, ..”  Oft fehlt sogar der Hörsaal.  “Diesen Migrationspakt fasst die Basler-Zeitung eindringlich zusammen als zur Staatskapitulation degenerierendes Zusammenspiel wirkungsmächtiger Einzelzutaten, bestehend aus einer Legalisierung privaten Mittelmeer-Schleppertums, des bedingungslosen Grundeinkommens für jeden Migranten, des Familiennachzugs für alle sowie letztlich der Konditionierung der einheimischen Bevölkerung und Diskriminierung ihres potenziellen Widerstands durch ein Konglomerat antirassistischer Massnahmen. ”  Immer weiter so, wenn die Kasse leer ist ist Ruhe !! Thatcher hat es mal treffend gesagt.  Diesen PAKT und nicht nur diesen kann man mit einem dementsprechenden WAHLVERHALTEN schnell den Garaus machen.  WAS wurde den Schülern in der DDR eingetrichtert ?? WENN mein STARKER ARM es will,  stehen ALLE Räder STILL !! Herr Christian Schmidt, das wäre DER Therapievorschlag !!

U. Unger / 04.10.2018

Sehr wesentlich herausgearbeitet, Herr Ermler. Theoretisch wie praktisch darf ich also davon ausgehen, dass im Namen des Kommunismus fortwährend geschlachtet werden muss. Die Schlächter bleiben immer die “Guten”, da nicht Ergebnisse, sondern dass Ziel zählen. Wirtschaftlich sinnlos, dass haben wir im 20. Jahrhundert gesehen, als die Mauer fiel und in ganz Europa Nachholbedarf beim Konsum technisch höchst entwickelter Güter, Investitionen in private und öffentliche Infrastruktur nötig waren. Ein großer Teil Europas hat zwar immer noch nicht gleichziehen können, aber wir führen das System wieder ein, was schlechtere Ergebnisse geliefert hat. Wie ich mich schon darauf freue, wie in der DDR für eine Apfelsine anstehen zu müssen. Positives Ergebnis ihrer Abhandlung ist zweifelsfrei, dass man mit Kommunismus die Faulheit und den Unterdrückungswillen der Herrschenden nie begrenzen oder abschaffen kann. Bis ca. 2000 hat die Demokratie in Deutschland bestens funktioniert, nun wird Sie nur aus der Notwendigkeit zerstört, damit sich die durch demokratische Wiederwahl zementierte Machtelite größtmögliche Faulheit inklusive protzerischem Konsum auf dem Niveau der Superreichen leisten können, ohne je geschäftlich, erfinderisch, wissenschaftlich erfolgreich gewesen zu sein.

dr. michael kubina / 04.10.2018

Sehr interessante Sicht, bin vor allem gespannt auf den “prognostischen” Teil, der morgen kommt. Grundsätzlich habe ich Probleme mit solchen “geschichtsphilosophischen” Ansätzen, wenn sie auch als Mittel der Heuristik Sinn machen können. Dummerweise gerät der instrumentell-methodische Charakter solcher Beschreibungsversuche meist schnell aus dem Blick und mutiert zur “Wirklichkeit”. Nicht ganz klar ist mir auch, warum mit Marx begonnen wird, zumindest in der vierten Welle dürfte von Marx nicht mehr viel übrig sein. Kollektivistische Bestrebungen ziehen sich durch die gesamte Menscheitsgeschichte und endeten i.d.R., wo sie Macht erlangten im Desaster. Ich empfehle ergänzend die sehr erhellenden und originellen Schriften des leider in Vergessenheit geratenen sowjetischen Dissidenten Alexander Sinowjew, v.a.  “Homo sovieticus” und “Lichte Zukunft”. Ich formuliere seine Hauptthesen mal sehr plakativ: 1)  Sozialismus/Kollektivismus sind wie die Schwerkraft. Zivilisation, freie Gesellschaften müssen beständig diese Schwerkraft überwinden. Sobald eine Zivilisation darin nachlässt, siegt die Schwerkraft. 2) Sozialismus ist attraktiv für Doofe, Kapitalismus ist attraktiv für weniger Doofe.

E. Thielsch / 04.10.2018

Na, dieser ‘Pakt’ ist ja interessant! Warum habe ich bisher von diesem Machwerk noch nichts gehört? Ich kann’s mir denken: Weil man in Regierung und Jubel-Medien genau weiss, dass dieser ‘Pakt’ nie und nimmer die Zustimmung des Volks bekommt; Er soll durchgemogelt werden, am besten natürlich als ‘europäisch’, sprich ‘Wir armen Lampeln in Berlin können ja gar nichts machen, liebe Leut’, es ist Brüssel!’, begleitet von medialem Feuerwerk über ‘Humanität’ und ‘Wer nicht mit uns ist, ist ein Nazi!’. Im übrigen kann man nur Präsident Trump für seine Haltung gratulieren! Er gab die einzig richtige Antwort.

Christian Schmidt / 04.10.2018

Brilliante, zumeist niederschmetternde Analysen lesen wir hier nahezu täglich. Therapievorschläge wären jetzt gefragt, also Antworten, wie wir diese „Pest“ wieder loswerden. Auch Prognosen darüber was uns noch erwartet und wie lange es noch dauert, wären wünschenswert. Oder sind diese Fragen tatsächlich auch für Experten so schwer zu beantworten?

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