Zwischen Deutschland und Frankreich braut sich was zusammen

Reisen bildet und manchmal ist es notwendig, um vor Ort jene Information einzusammeln, die die Hofberichterstatter von Leitmedien oder der öffentlich-rechtliche Rundfunk dem deutschen Publikum vorenthalten. Dazu gehören die ungenierten Äußerungen von Pariser Essayisten und selbsternannten Ökonomen, die dem französischen, besonders dem Pariser, Publikum in letzter Zeit versuchen nahezubringen, dass Deutschland eine Bedrohung für Europa darstelle und im Grunde genommen ein Feind Frankreichs geblieben sei. 

Jacques Attali, die schillerndste Figur auf dieser Bühne, langjähriger Berater von Staatspräsident Mitterand, schwingt sich gar zu der These auf, der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich wäre wieder möglich.Zuvor hatte Eric Zemmour in der rechtsnationalen Zeitschrift Valeurs Actuelles die These aufgestellt, um in Europa zu überleben, müsse Frankreich Deutschland zerschlagen.

Derartige Äußerungen sind nicht nur schockierend und treffen in breiten Schichten der französischen Bevölkerung auf zurückhaltende Resonanz, werden aber in dem überwiegende staatlich kontrollierten Rundfunksystem in Paris systematisch in Umlauf gesetzt, ohne jemals nach Deutschland zu gelangen. Anstoß nehmen diese Kreise und mit ihnen die gesamte Pariser Elite, daran, dass Deutschland allein aufgrund seiner ökonomischen Bedeutung nicht länger wie in den 60er und 70er Jahren der politische Annex Frankreichs ist und in bestimmten Konstellationen eigene ökonomische Interessen formuliert.

Nun aber ist die wenig vorausschauende Energieaußenpolitik gegenüber Russland, von Frankreich kritisiert, Deutschland und seinen provinziellen Politikern auf die Füße gefallen. Statt die Deutschen mitleidig ob ihres mangelnden Souveränitätsbewusstseins zu belächeln, meint die französische Politik ermächtigt zu sein, jene 200 Milliarden Euro Schulden, die die Bundesregierung aufnehmen will, um die Energiepreisverteuerung abzumildern, einem französischen Erlaubnisvorbehalt zu unterwerfen. 

Die Rede von Wettbewerbsverfälschungen

Macron gibt sich als Wortführer aller Länder, die -übrigens zum ersten Mal- in diesem Zusammenhang, von staatlichen Beihilfen und Wettbewerbsverfälschungen reden. Hintergrund dieser wohl einmaligen Demarche, die von den tiefen Eingriffen Frankreichs in die Preisregulierung auf den Energiemarkt ablenkt, ist das Unbehagen mit einem Deutschland, das mehr sein will als eine reiche Provinz, die wie beim Schuldenfonds EU-New-Generation sich darauf beschränkt, mit hohen finanziellen Zuwendungen und Risikoübernahmen die EU-Subventionswirtschaft zu finanzieren. Dass aufgrund der gegenwärtigen Situation die Bundesregierung zusammen mit Israel einen Luftabwehrschirm errichten will, geißelt Macron, der zunehmend autokratische Staatspräsident, als „uneuropäisch“. Zuvor hatte Frankreich alles getan, um das mit dieser Technologie befasste Unternehmen Airbus so unter französische Kuratel zu stellen, dass Deutschland langsam aber sicher jegliches industrielle Interesse verliert. 

Ähnlich läuft es bei dem Luftfahrtrüstungsprojekt FCAS. Hier verlangt Frankreich mit seinem Unternehmen Dassault nicht nur die technologische Führung, sondern die Reduzierung der deutschen Industrie, die auf diesem Gebiet ohnehin schon dezimiert ist – auf den Status von Zulieferanten. Wenn es nicht den Protest der deutschen Industrie gäbe, hätte die Bundesregierung wahrscheinlich auch hier kapituliert. Gleiches gilt für das Projekt eines MGCS, also eines neuen Panzersystems, für das Deutschland die Führung erhalten soll. Dieses Projekt ist so überflüssig wie ein Kropf, zumal die deutsche Industrie den meistverkauften Kampfpanzer der Welt produziert hat und eine technologische Zusammenarbeit mit dem französischen Panzerbauer, einem Staatsbetrieb namens Nexter, überhaupt nicht nötig hat.

Dennoch behauptet Macron ungeniert und fast rührend besorgt, Deutschland wolle sich isolieren, um zu kaschieren, dass er alles im Europäischen Rat unternimmt, um Deutschland zu isolieren. Wahrscheinlich sind diese Angriffe nur verständlich vor dem Hintergrund der künftigen Forderung nach einem weiteren EU-Schuldenfond, natürlich im Namen europäischer Solidarität. Nachdem man den Deutschen hoch und heilig versprochen hat, dass der 800 Milliarden Euro EU- Next Generation-Fonds ein einmaliges Projekt bleibe, wird es den deutschen Parteipolitikern schwerfallen, die Deutschen noch einmal davon zu überzeugen, Frankreich zu folgen und neue Risiken im Namen Europas zu übernehmen. Vielleicht brauchen wir diese inflationären Bekundungen des Pariser Nationalismus im europäischen Gewande, um endlich zu verstehen:

Mit dem Frankreich von Macron wird es schwer werden, ein Europa gleichberechtigter Völker zu bauen. 

 

Markus C. Kerber ist  Dr. jur. Professor für öffentliche Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Berlin, Gastprofessor an der SGH in Warschau und an der Universität Paris 1 Sorbonne, Verfasser des Buches „Europa ohne Frankreich? Deutsche Anmerkungen zur französischen Frage.“Suhrkamp 2006/ Edition Europolis Berlin 2015. Gründer von www.europolis-online.org

 

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R. Reiger / 08.11.2022

Zum 200-Milliarden-Abwehrschirm der Bundesregierung: Betrachtet man das Anleihekaufprogramms der EZB von 2015 bis 2022, Draghis Präsidentschaft der EZB fiel zum Teil in diese Zeit, dann kommt man auf grob 400 Milliarden Euro pro Jahr. Dazu ist zweierlei zu sagen: 1) Draghi wollte seine Geldschwemme in die wirtschaftliche Zukunft investiert sehen, was nie passiert ist. Er erreichte trotz dieser Summen nie seine 2% „Boom-Inflation“, weil das Geld keinen Umlauf hatte. Das Geld wurde gebunkert oder ging in Zombies und die Schulden blieben. 2) Jetzt haben wir auf Grund der Politik der letzten Jahrzehnte „Kosten-Inflation“, wo neben anderem (Energie-) Steuern eine Rolle spielen. Die Jagd nach Steuern treibt die Inflation; es glaubt beim besten Willen wohl keiner, dass Steuern verbilligen. Und wir haben „Knappheits-Inflation“, was zur Preissteigerung aller Rohstoffe ab 2020 geführt hat. Und alternative Lieferketten sind teurer, sonst hätten wir sie vorher gehabt; aber es gibt kein zurück mehr. Die Corona Maßnahmen, nicht die erste Ursache, setzen der Inflation irreversibel eines obendrauf. Aber eine „Boom-Inflation“ haben wir nicht. Und jetzt, retardiert, bricht der Damm der EZB Geldschwemme und treibt zusätzlich die Inflation. Dazu kommt jetzt auch noch der 200-Milliarden-Abwehrschirm nur für Deutschland alleine … andere Länder tun dazu auch noch was. Wenn die EZB mit ihrer Geldschwemme nun die Inflation treibt, dann tut es der 200-Milliarden-Abwehrschirm auch! !!! Wir treten in einen verheerenden Kreislauf ein, der wiederum die Inflation treibt und wiederum einen Abwehrschirm verlangt, usw. Draghi hat nie seine 2% „Boom-Inflation“ erreicht. Und wenn wir jetzt lesen, wir wollen wieder 2% Inflation erreichen, dann wäre es aber keine „Boom-Inflation“ sondern immer noch 2% „Kosten-Inflation“ mit „Knappheits-Inflation“. DAS IST ETWAS ANDERES! !! Wenn Macron das meint, dann hat er recht. Man hat aber mehr den Eindruck, Macron will den Misserfolg Draghis wiederholen

Claudius Pappe / 08.11.2022

Nenne mir ein Land auf der Welt das kein deutsches Geld annimmt. Wenn ich Frankreich wäre, würde ich die Deutschen auch über den Tisch ziehen…........weil sie so dumme Politiker haben.

Fred Burig / 08.11.2022

@Klaus Peter:” ... Zusammenarbeit ist KEINE Freundschaft - es war stets ein reines Wunschdenken der Deutschen, Sehnsucht nach der Freundschaft eines ehemaligen mehrmaligen Kriegsgegners, ...” Mit den Amis ist es doch ganz ähnlich! Da erkennt man gerade jetzt ganz deutlich, wo die uns “aus lauter Freundschaft” hintreiben! MfG

Fred Burig / 08.11.2022

Es ist aber auch nicht einfach für andere Länder, diesem Deutschland, wie es jetzt existiert und regiert wird, immer nur gewogen sein zu müssen! Ständig und überall will Deutschland einen “Führungsanspruch” anmelden und über andere Staaten bestimmen - und das auch noch mit diesem talentfreien und “depperten Personal” in der Regierung! Wenn Deutschland sich bald seine “Bewunderer” nicht mehr “erkaufen” kann - als “Zahlmeister für Jedermann und Alles” - dann werden wohl derartige “unfreundliche Gesten” zur Normalität werden. MfG

Reinhard Max / 08.11.2022

Frankreich verteidigt also mit allen Mitteln seine wirtschaftlichen und nationalen Interessen und ist deshalb, Sallop gesagt ein Schwein ? Damit ist doch ihr Artikel zusammengefasst oder ? Wären es nicht umgekehrt wünschenswert bzw. erforderlich, das die deutsche Politik wieder ihr Rückgrat entdeckt, sich aufrichtet und auf Augenhöhe seine eigenen Interessen aktiv und mit Ellenbogen verteidigt um den erforderlichen Respekt der anderen EU Länder zu erhalten, der wiederum erforderlich ist um nationale Egoisten wie Frankreich in seine Schranken zu verweisen ? Aber nein, es ist besser einfach festzustellen, Frankreich ist ein Schwein. Alles andere würde ja Arbeit erfordern.

Bernhard Büter / 08.11.2022

Die Franzosen müssen doch nur noch etwas Geduld haben. Die grün-sozialistischen Vollpfosten zerstören Deutschland doch schon gerade erfolgreich ohne Krieg.

Ralph Paul / 08.11.2022

Jacques Attali ist alt und verbittert weil D immer noch nicht vor seiner/der Frz. Brillanz kapituliert hat. Der hat damals Mitterand ins Gewissen geredet gegen die Dt. Einheit Da er einer der entscheidenen Köpfe hinter dem Kometen haften Aufstieg von Macron war, wird dieser ihm brav folgen (müssen). Die Herren Attali und Zemour sind getrieben von ihren eigenen Geistern aus der Vergangenheit, dem 2. Weltkrieg und dem Schicksal ihrer Glaubensgemeinschaft. Die Bundeswehr hat nichts mehr mit der Wehrmacht zu tun. Außerdem sind die Frz. doch bestens im Bilde Dank Dt-Frz. Brigade oder Einsatzerfahrungen in der Ukraine. Es knallt keiner mehr die Haken und schreit „HALT, stehen bleiben“ wie in den alten Kriegsfilmen. Was aber Fakt ist, ist das F seit den 90er zentral aktiv Wirtschaftskrieg plant und betreibt. Dieses merkwürdige Gemisch könnte man bei der EADS Fusion sehen, bei Clearstream, Leuna und sämtlichen militärischen Großgeräteverkäufen. D tut gut daran sich durch diese kurzfristige Schauspielerei nicht blenden zu lassen.  Der Plan ist immer ein langfristiger aber dafür ist die Aufmerksamkeitsspanne der Dt. Politik viel zu kurz. Zum Thema MALE und FCAS, die Ingenieure sagen man arbeitet gut zusammen, auch weil die Dassaults exzellente Leute haben und aufgrund der Zusammenlegung von zivil und militärisch immer in der Praxis stehen. Der Streit wird immer von oben runter gesteuert ohne Rücksicht auf die Technik und Dassault braucht nur Zulieferer weil man noch Alles im Haus hat. MALE: Anfang des Jahres wurde das Frz Safran Triebwerk durch ein Ital. US Triebwerk ersetzt. Safran war zu lange zu arrogant, eben bis man eine Alternative hatte — so gehts. FCAS: F hat das Spiel um die 5+/6. Generation verloren gegen USA und China. D hat sich aufgegeben siehe F-35 und will eigentlich nur profitabel beschäftigt bleiben. „Combat Cloud“ ??? Niemand kann Stand heute sagen was das sein soll.    

rolf schwarz / 08.11.2022

Mit der bescheuerten Energiewende hat die deutsche Politik sich halt mal komplett verzockt. Die Idee, dem Rest Europas mit Windrädern, Sonnenfängern, und billigem Brennstoff aus Russland technologisch, und ökonomisch ein für allemal davon zu laufen, war leider “alternativlos”, also ohne Backup, angelegt. Nur spielen die amerikanischen Überfreunde -einmal mehr- nicht MIT, sondern GEGEN die arglosen Deutschen. Während Biden mit der Nato am russischen Gashahn dreht, bedient Macron demnächst mit der französischen Kernkraft den deutschen Lichtschalter. Die grüne Ampel ruiniert das Land derweil munter weiter mit absurder Covid-, Klima- und Migrationspolitik. Ähnlich blind und verantwortungslos ist Deutschland damals jubelnd in den ersten Weltkrieg reingerannt. Unterschied: Damals hatten sie viel Mut und sogar den Hauch einer Chance. Und: Diesmal können sich die Franzosen höchstens totlachen.

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