Das europäische Parlament macht sich Sorgen. Anfangs September wurde in Brüssel gefordert, dass geklonte Tiere in der Landwirtschaft nicht verwendet werden sollen. Klonfleisch droht vermeintlich vor allem aus Amerika. 622 Abgeordnete waren dafür, dass die Vermarktung von Klonfleisch verboten werden soll. 25 EU-Parlamentarier haben sich der Stimme enthalten, wahrscheinlich weil sie keine Meinung haben oder Vegetarier sind. Nur 32 Parlamentarier waren gegen diesen Vorstoss. Man war sich also einig. Die Beweggründe für diesen irrationalen Entscheid werden wohl im Dunkeln bleiben, die weitere Entwicklung wird hingegen interessant…
In Europa und natürlich auch in der Schweiz sind längst Kälber auf der Wiese, die sich wie ein Ei dem anderen gleichen. Diese Kalbereien sind beinahe Klone. Swiss Genetics bietet seine Dienste in aller Öffentlichkeit an, vermeidet aber meist das Reizwort „Embryotransfer“. Dabei geht es um das Leihmutterprinzip: man entnimmt hormonell stimulierten Kühen mehrere Eier, befruchtet diese mit dem Samen eines Superstiers und die entstandenen Embryonen werden dann Leihmüttern, besser gesagt, Leihmutterkühen einverleibt. Die Nachkommen kann man als mehreiig bezeichnen, sind also keine eineiigen Zwillinge. Natürlich könnte auch bei dieser künstlichen Art von Befruchtung passieren, dass identische Kälber zur Welt kommen und somit nun für die EU ein Problem darstellen. Den normalen Kühen kann man schliesslich schlecht verbieten, Klone, pardon Zwillinge, zu gebären. Eineiige Zwillinge, ob bei Kuh oder Mensch, sind Klone und solches Fleisch darf gemäss EU nicht mehr verzehrt werden. Dass Menschen nicht auf den Teller gehören, ist den meisten von uns klar. Bis anhin hat diese Gesellschaft menschliche Klone wegen ihrer Vererbung nicht diskriminiert. Ich hatte sogar eine Zwilling Studentin, die mit einem “ich bin ein Klon” T Shirt zur Arbeit kam. Sollten Zwillingskühe nicht mehr essbar sein, würden auch Menschen-Zwillinge ins Zwielicht gerückt.
Die Anti-Zwilling Stimmung könnte ausufern. Jetzt da die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) entschieden hat, dass Pflanzen auch eine Würde haben, fürchte ich mich um meinen Salatteller. Das Köpfen von Wildblumen am Wegrand ohne vernünftigen Grund mag man allenfalls ächten, aber muss ich mir bei der nächsten Rösti Gedanken machen? Zum Beispiel ist die gute alte Bintje ein Klon und hat kein Geschlechtsleben. Dies ist gemäss der Mehrheit der EKAH Mitglieder ein klarer Verstoss gegen die Würde der Pflanze. Solche Klone kommen zu Hauff unter den Kulturpflanzen vor. Unsere besten Weine, die Havelaar Bananen und überhaupt vieles was so beim Biobauern als besonders naturbezogen daherkommt, ist effektiv ein Pflanzenklon. Man kann ohne geklonte Kühe leben, aber ohne geklonte Pflanzen sähen unsere Teller öd aus.
Unsere Ethikkommission hat laut nachgedacht, scheint aber nach der Sitzung trotzdem einen Salat gegessen zu haben. Das EU Parlament scheint aber abzustimmen, ohne nachzudenken.
Zuerst erschienen in der Berner Zeitung vom 27. Sept. 2008