Stefan Frank / 18.03.2021 / 06:00 / Foto: Pixabay / 56 / Seite ausdrucken

Zweifelhafte ZDF-Zitate: Verzögern und sich dumm stellen

Nach der Veröffentlichung unseres Beitrages „Zitate erfunden? Das Schweigen des ZDF" kam vorgestern Abend um 18:13 Uhr folgende Antwort des ZDF auf die sieben Tage zuvor gestellte Frage, ob ZDF-„Faktenchecker“ Nils Metzger wahrheitsgemäß versichern könne, dass Herr Prof. Roland Wiesendanger die fragliche Äußerung („Ich bin stolz auf den Präsidenten der Universität Hamburg. Wir haben sehr umfangreich über die Szenarien gesprochen, welche Reaktionen es auf die Veröffentlichung geben wird. Reaktionen, die uns in die Ecke von Verschwörungstheorien stellen wollen.") wirklich in dem Telefongespräch zwischen ihm und Herrn Metzger am 18. Februar 2021 getätigt habe und ob er das belegen könne. Herr Prof. Wiesendanger hat mehrfach gesagt, dass Nils Metzger das vermeintliche Zitat frei erfunden habe.

Das ZDF schreibt nun:

„Die von Herrn Prof. Wiesendanger kritisierte Aussage ist so während eines Interviews mit einem ZDFheute-Redakteur am 18. Februar 2021 gefallen. Das belegen unter anderem während des Interviews angefertigte Notizen. Der Beitrag mit dem kritisierten Zitat wurde am selben Tag veröffentlicht. Erst am 7. März 2021, mehr als zwei Wochen nach Veröffentlichung, wurde die Redaktion darüber informiert, dass Herr Prof. Wiesendanger behauptet, er werde an einer Stelle nicht richtig wiedergegeben. Herr Prof. Wiesendanger hat sich auch in anderen Medien zu einer Besprechung mit dem Präsidenten der Universität Hamburg geäußert.“

Herr Professor Wiesendanger kommentiert die Stellungnahme des Senders gegenüber Achgut wie folgt:

„1. Ich habe während des Interviews mit dem ZDFheute-Redakteur am 18. Februar 2021 nicht gesagt, dass ich mit dem Präsidenten der Universität Hamburg über ‚mögliche Reaktionen, die uns in die Ecke von Verschwörungstheorien stellen wollen‘ gesprochen habe. 

2. Da es sich hier um ein angebliches Zitat von mir handeln soll, ist das ZDF in der Pflicht, die schriftliche Freigabe meinerseits dieses angeblichen Zitats vorzulegen.

3. Ich habe bereits einen Tag später, also am 19. Februar 2021, in einem Interview gegenüber einem anderen Sender dieses Fehlverhalten des ZDF angeprangert. Im Übrigen „verjährt“ ein Fehlverhalten auch im Bereich des Journalismus nicht. 

4. Das angebliche Zitat wurde nur vom ZDF in dieser Form publiziert. Andere Medien haben sich vielmehr in den Folgetagen auf dieses angebliche Zitat, welches das ZDF publiziert hat, bezogen.“

Er beabsichtige derzeit nicht, einen Anwalt einzuschalten, sagt Professor Wiesendanger. Es gehe „vielmehr darum, das Fehlverhalten des ZDF einer Leserschaft aufzuzeigen, die mindestens gleich groß ist wie die, die das ZDF mit seinem Falschzitat am 18.02.21 erreicht hat“. Er wolle dieses „Fehlverhalten darum verstärkt auch über internationale Medien“ öffentlich machen. „Die Angelegenheit ist für mich solange nicht vom Tisch, bis eine Korrektur und Entschuldigung seitens des ZDF erfolgt.“

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das ZDF in seiner neuerlichen Antwort auf folgende Fragen von Achgut.com noch immer nicht geantwortet hat:

  • Werden Sie die falsche Behauptung korrigieren, dass die in dem Text von Oliver Klein und Nils Metzger verlinkte WHO-Studie zu dem ‚Schluss‘ (d.h. Ergebnis) kommt, dass das Virus von einer ‚Fledermausart auf eine andere Tierart übergesprungen und von dieser auf den Menschen übertragen‘ wurde?
  • Er [ZDF Faktenchecker Nils Metzger] hat doch sicherlich die verwendeten Zitate, den allgemeinen journalistischen Standards und der Sorgfaltspflicht entsprechend, von seinem Gesprächspartner autorisieren lassen, oder?

Am morgigen Freitag veröffentlich Achgut.com ein ausführliches Interview mit Roland Wiesendanger. Wir sprachen mit ihm über Journalisten, Fledermausviren, das Buckeln vor Peking und den Kampf um Wikipedia.

Foto: Pixabay

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Hans-Peter Dollhopf / 18.03.2021

Professor Wiesendanger, geboren 1961, wurde als Anlass einer Affäre auf die Rampe gezogen, auf welcher ihm für eine vermeintliche Insubordination entsprechend Mainstreammedien-Script eigentlich bereits das Genick hätte gebrochen worden sein sollen. Die “Definition der Situation” ist ja das Nonplusultra an jedem guten Framing, doch nun haben wir hier einen Stellvertreterkrieg mit ungewissem Ausgang. Mit dem investigativ aggressiven Herrn Frank, der genauer hinschaut als lieb ist auf der einen und dem Meinungsmoloch ZDF mit seinem in heutigen Zeiten mehr als dubiosen Staats[!?]auftrag auf der anderen. Komisch an diesem ganzen Stück finde ich, dass die Figur des Nils Metzger dabei so bedeckt bleibt, quasi wie im Nebel. Dabei haben, so lehrt uns inzwischen tägliche Erfahrung, “Faktenchecker” immer einen klaren NGO-Hintergrund mit fester Agenda und Auftrag! so who the fuck is alice

Peter Robinson / 18.03.2021

Es fällt mir nicht leicht in Populismus zu fallen über das Fehlverhalten des ÖRRs, dennoch, der das populistische Etikett LÜGENPRESSE!!! (Nr. 1) scheint hier wohl mehr als angebracht zu sein. Merken die denn nicht, dass ihre Beiträge seit Jahren (privat) gesichert werden um sie später wiederum damit konfrontieren zu können, wenn sie im Namen des leider linksradikal-versifften Zeitgeist genau das Gegenteil behaupten? Populistisch ausgedruckt : BULLSHIT (Nr. 2) verbreiten! Beispiel «IPCC zensiert Klimawissenschaftler Klimaschwindel» vom 23. May 2007. In YouTube (7m31s) zu sehen. Meine Empfehlung des Tages. Schönen Tag allerseits!

Jörg Plath / 18.03.2021

Der nächste Schritt wäre nun allerdings eine anwaltliche Unterlassungserklärung.

Chr. Kühn / 18.03.2021

>>Es gehe „vielmehr darum, das Fehlverhalten des ZDF einer Leserschaft aufzuzeigen, die mindestens gleich groß ist wie die, die das ZDF mit seinem Falschzitat am 18.02.21 erreicht hat“.<< Puh, viel Erfolg damit! Das Vorgehen des ZDF ist jahrelang erprobt und wird wohl zum vom ZDF gewünschten Ziel führen, die Dokumentation hier auf AG hin oder her. :-(

M. Schraag / 18.03.2021

Ich kann aus eigener Erfahrung (eine von mir zitierte Aussage im ZDF) sagen, dass es beim ZDF auch Journalisten gibt, die die Zitierregeln kannten und sich das Zitat autorisieren ließen. Das aber ist schon ca. zwei Jahre her. Vielleicht ist der hier geschilderte Fall bereits die Auswirkung des wegen ausgebliebener Gebührenerhöhung angedrohten Qualitätsverlustes, ein Qualitätsverlust, der allerdings nur selektiv scheint.

Dr. Joachim Lucas / 18.03.2021

Man ist also in D schon so weit, dass eigene Notizen des “Journalisten” als Quelle herangezogen werden und nicht mehr die ursprüngliche Äußerung. Diese Art Berichterstattung zeigt einmal mehr auf welch unterirdischem Niveau der deutsche Staatsjournalismus angekommen ist (fälschen, basteln, biegen, weglassen, Selbstreferenz, erziehen). Aber wundern muss man sich da ja schon lange nicht mehr.

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