2017 betrug der Leistungsbilanzüberschuss der deutschen Volkswirtschaft 262 Mrd. Euro, das sind 8,4 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Das deutsche Nettoauslandsvermögen wuchs auf über 1,8 Billionen Euro an und brachte Nettoerträge von über 60 Milliarden Euro. Im Außenhandel gab es einen Überschuss von 244 Milliarden Euro, davon entfielen 90 Milliarden auf die Euro-Länder und 50 Milliarden auf den Handel mit den USA.
Ohne die Mitgliedschaft in der Eurozone hätte die deutsche Währung längst aufgewertet. Deutschland könnte seine Waren teurer verkaufen, und Reisen in die Schweiz würden billiger werden. Die europäische Währung wirkt für Deutschland wie in den sechziger und siebziger Jahren die unterbewertete D-Mark. Die deutsche Wirtschaft ist für den Euro einfach zu stark. Da niemand auf den Euro verzichten will, müssen unsere Partner in der Währungsunion halt grummeln und leiden, Strafzölle können sie ja nicht einführen.
Die internen Ungleichgewichte bestimmen den expansiven geldpolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank, und dies führt immer wieder zu Forderungen nach einer „gerechteren Lastenteilung" in der Währungsunion: Irgendwie soll Deutschland mehr zahlen. Finanzminister Schäuble hat hier tapfer widerstanden. Der neue Finanzminister Olaf Scholz hat sich noch nicht endgültig positioniert. Die üppigen europapolitischen Versprechungen seines ehemaligen Parteivorsitzenden Martin Schulz stehen noch hinderlich im Raum.
Ohne den Euro wäre auch der deutsche Außenhandelsüberschuss gegenüber den USA wesentlich kleiner. 2017 wurden aus Deutschland Waren im Wert von 111 Milliarden Euro in die USA exportiert, der Import aus den USA lag aber nur bei 61 Milliarden Euro. Deutschland hatte immer schon einen Überschuss im Warenhandel mit den USA, aber seit 2011 hat er sich auf 50 Milliarden Euro im Jahr verdoppelt.
Deutsche lieben das I-Phone und viele andere amerikanische Hightech-Produkte. Aber noch größer ist die Liebe der Amerikaner zu deutschen Autos sowie zu Produkten des Maschinenbaus und der Elektrotechnik. Auf diese drei Sektoren entfallen 42 Milliarden des Außenhandelsüberschusses mit den USA.
Ein Wettbewerb der Tüchtigen
Auch China, Japan und Korea haben traditionell hohe Außenhandelsüberschüsse mit den USA, ebenso die Schweiz. Donald Trump beklagt seit seiner Wahl zum amerikanischen Präsidenten „unfaire Handelspraktiken" und hat dabei insbesondere die deutsche Autoindustrie im Visier. Bisher konnte Trump noch keinem erklären, worin die Unfairness bestehen soll.
Es geht vielmehr um einen Wettbewerb der Tüchtigen: Während General Motors Opel verkauft hat und sich praktisch aus Europa zurückzieht, während Ford in Europa Marktanteile verliert, exportieren deutsche Autofirmen mittlerweile aus ihren Fabriken in den USA mehr Autos als die Amerikaner. So ist der Markt. Umgekehrt setzt Amazon auch in Deutschland den Einzelhandel mächtig unter Druck, und Telefone von Siemens gibt es schon lange nicht mehr.
Seit einigen Monaten droht Trump der EU und China mit geplanten Strafzöllen auf Stahl und Aluminium, die EU kündigte Vergeltungsmaßnahmen auf landwirtschaftliche Produkte an. Trump steigerte den Einsatz mit der Drohung, dann auch Autoexporte in die USA mit Strafzöllen zu belegen. Das würde vor allem die Deutschen treffen. So standen die Dinge, als Ende April zunächst Präsident Macron und dann Bundeskanzlerin Merkel zu Gast bei Trump waren. Ihre Gespräche blieben ohne greifbares Ergebnis.
Weltmeister Schweiz
Das von Trump gezeichnete Drama wird durch die konkreten Zahlen nicht bestätigt: Zwar ist das Leistungsbilanzdefizit der USA mit 466 Milliarden Dollar absolut gesehen sehr hoch. Das sind aber nur 2,4 Prozent des amerikanischen BIP, da müssen sich Großbritannien mit 4,1 Prozent oder die Türkei mit einen Leistungsbilanzdefizit von 5,5 Prozent des BIP wesentlich mehr Sorgen machen.
Rekordhalter beim Leistungsbilanzüberschuss ist übrigens die Schweiz, er lag 2017 bei 9,8 Prozent des BIP. Wenn die Wirtschaft exportstark ist und die Menschen sparsam sind, scheint auch die Aufwertung der eigenen Währung kaum zu helfen.
Deutschland könnte den amerikanischen Präsidenten am besten besänftigen, indem es mehr Waren aus den USA bezieht. Listig erinnerte Trump die Bundeskanzlerin an das uneingelöste Versprechen, die deutschen Verteidigungsausgaben schrittweise auf 2 Prozent des BIP zu erhöhen. Gegenwärtig sind es 1,1 Prozent. Beim Fall der Mauer waren es noch 3 Prozent gewesen. Damals hatte die Bundeswahr 460.000 Soldaten, heute sind es 180.000. Das westdeutsche Heer bestand aus 12 Divisionen mit 36 Brigaden. Heute hat das Heer in Gesamtdeutschland noch 7 Brigaden, die bis 2032 (!) wieder auf 10 Brigaden aufwachsen sollen, so die aktuelle Planung.
Von 244 Kampfpanzern Leopard sind nur 105 einsatzfähig, von 176 Schützenpanzern Puma sind 46, von 120 Panzerhaubitzen sind 42 einsatzfähig. Von 93 Transporthubschraubern der Luftwaffe fliegen 16, von 128 Eurofightern sind 39 einsatzbereit. Von den 15 neu beschafften Transportflugzeugen A400M sind im Durchschnitt drei einsatzfähig. Bei der Marine ist von sechs U-Booten eines einsatzbereit, von neun Fregatten sind es immerhin fünf. Von ihrem Etat von 31 Milliarden Euro gibt die Bundeswehr jährlich 3,2 Milliarden für die Materialerhaltung und 4,9 Milliarden für militärische Beschaffungen aus. Beides ist selbst für den stark verringerten Streitkräfteumfang nicht ausreichend.
Für einen Landkrieg schon lange nicht mehr gerüstet
Die Zahlen zeigen, dass die Bundeswehr nicht nur unter Geldmangel leidet, sondern offenbar auch ein schwerwiegendes Managementproblem hat. Seit der Abschaffung der Wehrpflicht findet sie zudem nicht mehr genügend geeignetes Personal. Die Anforderungen an Eignung und körperliche Fitness der Bewerber wurden mehrfach abgesenkt. Das gilt auch für die Offiziersanwärter. Für einen Landkrieg in Europa ist die Bundeswehr schon lange nicht mehr gerüstet. Ihre Auslandseinsätze in Afghanistan, dem Nahen Osten und Afrika gehen auf Kosten der ohnehin dünnen militärischen Substanz in Europa.
In einem Punkt kann die Welt beruhigt sein: Zu fürchten ist Deutschland nur noch im Außenhandel. Als Militärmacht hat es dagegen seine preußischen Traditionen abgelegt. Käme die deutsche Regierung dem amerikanischen Präsidenten durch Rüstungskäufe in den USA entgegen, so schlüge man zwei Fliegen mit einer Klappe: Abwendung von Strafzöllen der USA durch einen sinkenden Außenhandelsüberschuss und größere militärische Glaubwürdigkeit gegenüber einem immer unberechenbarer werdenden Russland. So einfach könnte Politik sein, wenn man sie aus einem Guss betrachtet.
Beitragsbild: DonkeyHotey Flickr CC BY-SA 2.0 via Wikimedia

Die Aussage "unberchenbares Russland" kann man so nicht stehen lassen. In der Krim-Frage und in Syrien handelt Russland absolut vorhersehbar. Jeder Hobby-Stratege kann das sehen. Auf der Krim befindet sich einer der größten Militärstützpunkte Russland. Neben der tief sitzenden historischen Bedeutung stellt dieser Stützpunkt. einen wichtigen Eckstein der geostrategischen Verteidigung Russlands dar. 2014 kam es zu einen Umsturz des von der (russlandfreundlichen) Mehrheit gewählten (russlandfreundlichen) Präsidenten. Wichtige Repräsentanten aus den USA und der EU waren auf dem Maidan öffentlich aufgetreten. Nach dem Sturz wurde die doch sehr nationalistische und russlandfeindliche Übergangsregierung bzw. die Putschisten von allen Westmächten ohne wenn und aber unterstützt. Eigentlich sehr ungewöhnlich für unsere demokratisch/moralischen Regierungen. Die Übergangregierung hat dann immer wieder Drohungen gegen die russisch sprechende Bevölkerung in der Ostukraine geäußert und man hat auch mit dem Rückzug der Pachtrechte für die Krim gedroht und den Eintritt in die NATO angestrebt. Und jetzt die Frage. Denken jemand wirklich die Russen würden Ihren wichtigsten Stützpunkt in der Region in die Hände der NATO fallen lassen? Ich bitte Sie. Die Reaktion Russland war absolut logisch. Hätte die Russische Föderation nichts unternommen, dann wäre das sehr ungewöhnlich gewesen. Und in Syrien. Dort ist ebenfalls ein wichtiger Stützpunkt (der einzige im Mittelmeer). 2015 war Assad mit dem Rücken an der Wand und mit Ihm der großteil seiner Alawiten. Der IS war dabei die Küste zu erobern und Syrien somit (neben den Massaker) dem sunnitischen Einflussbereich von Türkei und Saudi-Arabien einzuverleiben. Hinter diesen steht natürlich unser Freund die USA. Damit wäre Russland dort ebenfalls der Stuhl vor die Tür gesetzt worden. Des Weiteren ging es auch um eine Pipeline-Route von Katar nach Europa über Syrien. Für mich eigentlich ganz klare strategische Kausalzusammenhänge.
Rußland bedroht Deutschland derzeit nicht militärisch - wohl aber unsere weiteren Nachbarn wie die baltischen Staaten, die Ukraine und indirekt auch schon Polen. Putin ist allerdings nicht "unberechenbar", sondern folgt einer bekannten Doktrin namens Expansion des Einflusses mit allen notwendigen Mitteln.
Dieser Aufsatz von Herrn Sarazin ist das Flachste, was ich bisher von ihm gelesen habe. Russland hat einen Militäretat von ca. 10 % der USA und ebenso im Vergleich zu den Europäern (ganz grob) um damit Angst und Schrecken mit Hilfe der staatsgelenkten Medien und dort infiltrierter transatlantischer Brücke zu verbreiten. Setzt sich der Autor jetzt auch auf den Schoß der Amerikaner oder will er etwas gut machen. Für mich ist das Ganze am ehesten nur als Satire zu verstehen. Wir sind in einer Situation, in welcher der Welt durch die USA mit dem Stempel ihrer militärischen Macht, geschaffen mit gepumpten Geld ihre Sicht vom Zusammenleben der Völker aufgedrückt wird. Bei Russland geht es doch nur um die Vorbereitung zur Kolonialisierung durch westliche Konzerne. Da haben die Amerikaner ja Traditionen und skrupelfreie Erfahrungen. Putin ist der Böse, weil er dem Westen kurz vor dem Ziel gemeinsam mit den russischen Bürgern den Daumen gezeigt hat. ...Falls anderenfalls nötig, würde ich noch Staubzucker zur speziellen Verwendung spendieren.
Sehr geehrter Herr Sarrazin. Bei allem Respekt vor ihren wirtschaftswissenschaftlichen und währungspolitischen Qualifikationen, wüsste ich doch gerne, auf welche Fakten Sie ihr Urteil stützen, Russland (und damit ist ja wohl die russische politische Führung und deren Außenpolitik gemeint) werde zunehmend unberechenbarer. Vielleicht könnten Sie in eine weiteren Beitrag ihr Urteil begründen. Ihre Ansichten dazu würden mich sehr interessieren. MfG Wilfried Paffendorf
Dem letzten Absatz mit dem "Fürchten" ist massiv zu widersprechen: Zu "Fürchten" haben u.a. im Moment die USA die merkelsche Politik mit der Anreise des Außenamts reisenden Maasmännchens, das in maasloser Selbstüberschätzung über sich hinaus wächst und tatsächlich meint, im Alleingang die USA zurück an den Iran-Deal und weg von dem Sanktionspaket zu bringen. Und ganz nebenbei wird es sicher auch das Problem mit den angedrohten Strafzöllen regeln, bei der Überzeugungskraft ausstrahlenden Person. Hat ja mit dem USA-Auftritt der Chefin auch ganz wunderbar hingehauen. Scheinbar läuft im Berliner Politikbetrieb gerade ein Wettbewerb mit dem Ziel der Prämierung der größt möglichen Peinlichkeit - Erst die mihigru-Balltreter beim sich ihnen vorstellenden "Richtigen" Präsidenten, jetzt Maas auf Iran-Mission in den USA. Mal sehen, wer in der Lage ist, das noch zu toppen.
Hierzu ein Ausschnitt aus einer e-mail, die ich an einen afd-Mitarbeiter geschickt habe - passend zum Thema: "...mir ist bewusst, dass in der AFD einige Bundeswehrangehörige a.D.(?!) tätig sind und mir ist die daraus resultierende "Einfärbung" klar und ich habe daran per se auch nix auszusetzen, da ich die Notwendigkeit (im Rahmen dessen, was Sie auch ausführten im Interview) einer funktionierenden Bundeswehr nicht in Frage stelle. Aber ich denke doch, dass es für eine Berufsarmee (in diesem Zusammenhang von Söldnern zu sprechen, finde ich eine absolute Frechheit....absurd - bescheuert, idiotisch...dann würde dies für "unsere" Polizei und die Feuerwehr u.a. genauso gelten) gute Gründe gibt. Der erste liegt ja schon auf der Hand: es sollten nur diejenigen in der Bundeswehr arbeiten, die dies auch explizit wollen...weil sie nur dann gut in ihrem Job sind. Logisch, oder?! Eine gute Bezahlung und eine entsprechende Ausstattung muß selbstverständlich sein - dort ist mehr Geld sicherlich richtig gut aufgehoben! Das werden sicherlich nicht Wenige sein, wenn das Image wieder stimmt. Außerdem funktioniert das weisungsgebundene Arbeiten auf einer solchen professionelleren Ebene deutlich besser - wie Ihnen Psychologen sicherlich bestätigen können. Was spricht argumentativ denn im Gegenzug für die WehrPFLICHT? Ehre, Vaterlandsliebe, dienen wollen etc. pp.??? Geht doch trotzdem. Weil diejenigen, die das wollen, es genauso in einer Berufsarmee umsetzen können. Win, win!"
Als ich 1986/87 meinen Wehrdienst leistete war die Devise bei einem Angriff des Warschauer Pakts, Rückzug hinter den Rhein. Kaum vorstellbar, daß die Bundeswehr dazu heute noch in der Lage wäre. Spricht man mit Berufssoldaten über Auslandseinsätze, die Antwort ist Kopfschütteln. Sinnhaftigkeit für die (Berufs-) Soldaten nicht erkennbar. Der damalige Wehrdienst war keine große Freude für mich und meine Kameraden, trotzdem halte ich die Wiedereinführung selbiger für geboten. Auch der Kauf von gutem US amerikanischen Militärgerät scheint mir schon länger sinnvoll.