Ramin Peymani, Gastautor / 24.08.2021 / 13:00 / Foto: Pixabay / 40 / Seite ausdrucken

Zwei Drittel der Deutschen fühlen sich nicht frei

Bereits zum achten Mal hat das Institut für Demoskopie Allensbach den „Freiheitsindex für Deutschland“ veröffentlicht. Die neuesten Zahlen erschrecken. Gerade noch 36 Prozent der Deutschen fühlen sich frei.

Fühlen Sie sich frei? Viele von Ihnen wahrscheinlich nicht mehr. Ich sage Ihnen, was mir ein Gefühl der Freiheit gibt: Es ist die Garantie, sich artikulieren zu können, ohne offene oder versteckte Repressalien zu erleiden. Es ist die Unbefangenheit, mit der ich mich mehr als 40 Jahre lang im Alltag dieses Landes bewegt habe. Es ist die Gewissheit, dass Regeln und Gesetze für alle gleich gelten und ich keiner staatlichen Willkür ausgesetzt bin. Und noch viel mehr: Die Freiheit, Verantwortung für mich selbst übernehmen zu dürfen, Risiken eingehen und aus Fehlern lernen zu können. Es ist das Gefühl der Unabhängigkeit von Lehrmeistern und Erziehungsbeauftragten.

Freiheit ist die Möglichkeit, mein eigenes Leben nach meinen Vorstellungen zu gestalten und so zu leben, wie ich möchte, solange ich dadurch niemanden in ungebührlicher Weise in dessen Freiheit einschränke. Ernüchtert stelle ich im Jahr 2021 fest, dass ich mich nicht mehr frei fühle. Der Verlust der Freiheit kam allerdings nicht über Nacht. Schleichend hat sich eine Gesellschaft, die ich noch vor einem Jahrzehnt als eine der freiesten bezeichnet hätte, in ihr Gegenteil verkehrt.

Immer heftiger attackieren die selbsterklärten Hüter des Guten, die vermeintlichen Retter der Welt und die Verteidiger der angeblich Rechtlosen jene, die den Regeln des gesunden Menschenverstandes folgen und das Beste für einen möglichst großen Teil der Bevölkerung im Sinn haben. Wer aber das Gemeinwohl im Blick hat, ist denen ein Dorn im Auge, die das Einzelschicksal zum Maß aller Dinge erhoben und ein Netz aus Bevormundung, Ausgrenzung und Diffamierung ausgeworfen haben. Das Resultat ist der Verlust der Freiheit für die Mehrheit zugunsten einer Minderheit, die ihre eigene Freiheit als Herrschaft über andere definiert.

Der „Freiheitsindex 2021“ ist ein Paukenschlag

Wie es so weit kommen konnte, habe ich in unzähligen Essays beschrieben. Ich habe früh gewarnt, als viele Menschen meine Besorgnis noch gar nicht recht verstanden. Daher bin ich nicht überrascht über die Entwicklung, allein deren Dynamik macht mich fassungslos. Dass ich jedoch nicht allein bin mit meinem Gefühl, in einem immer unfreieren Land zu leben, unterstreicht eine aktuelle Allensbach-Studie. Bereits zum achten Mal hat das Institut für Demoskopie Allensbach den „Freiheitsindex für Deutschland“ veröffentlicht. Die Zahlen erschrecken. Gerade noch 36 Prozent der Deutschen fühlen sich frei. Nun bin ich der Letzte, der Auftragsstudien einen Referenzcharakter zuweisen wollte. Zu oft kommt eben genau das heraus, was sich die Auftraggeber wünschen. Immerhin zahlen sie viel Geld für das Ergebnis, da darf es doch bitte den Erwartungen entsprechen und der eigenen Kommunikationslinie dienlich sein.

Umso bemerkenswerter sind Antworten, die dem geltenden Narrativ zuwiderlaufen und ein Bild zeichnen, das den Regierenden und deren Satelliten so gar nicht ins Konzept passen dürfte. Der „Freiheitsindex 2021“ ist ein Paukenschlag, der nur zu einem Teil mit den Corona-Repressalien zu erklären ist. Noch 2017, bei der letzten Erhebung, fühlte sich eine knappe Mehrheit von immerhin 51 Prozent frei. Nichts könnte den Verfall unserer freiheitlichen Ordnung und die Errichtung totalitärer Strukturen durch gemeinwohlferne Berufspolitiker und autoritäre NGO-Häscher beeindruckender dokumentieren als ein solch dramatischer Verlust des Freiheitsgefühls bei so vielen Menschen. Untermauert werden die Studienergebnisse von einer weiteren Befragung, in der eine Mehrheit der Bürger angab, aus Sorge vor Ächtung ihre Meinung zumindest öffentlich nicht mehr frei zu äußern.

Ein „Weiter so“ hat uns unfrei gemacht

Wer angesichts dieser Befunde allen Ernstes jene in die rechtspopulistische Ecke stellt, die versuchen, den verbliebenen Rest der Freiheit zu verteidigen, muss sich die Frage gefallen lassen, ob es Ignoranz, Dummheit oder schlicht die Lust am Autoritären ist, die ihn antreibt. Nie zuvor fühlten sich weniger Bürger frei, nie zuvor gaben so viele Menschen an, sich aus Angst vor Nachteilen am Arbeitsplatz und aus Sorge vor einer Ausgrenzung aus Familie und Freundeskreis am politischen Diskurs nicht mehr zu beteiligen. Warum aber folgt dann trotzdem eine Mehrheit genau jenen Rattenfängern, die sie in die missliche Lage gebracht haben? Wieso verstehen immer noch viel zu wenige Bürger die Kausalitäten, zu denen gehört, dass ein „weiter so“ sie erst zu den Unfreien gemacht hat, die sie sind? Weshalb trauen sich so wenige Unzufriedene, die erkennen, wo eine der größten Gefahren unserer Zeit liegt, denen etwas entgegenzusetzen, die fortlaufend Zerrbilder zeichnen?

Es gäbe genug Möglichkeiten des Protests und der Gegenwehr, ohne sich zu exponieren und ins Kreuzfeuer zu begeben, wenn man denn – was nicht von der Hand zu weisen ist – um sein Wohlergehen fürchtet. Eine Erklärung dürfte die große Naivität sein. 74 Prozent der Befragten sprechen sich für ein gesellschaftliches Engagement aus. Viele von ihnen lassen sich dabei allerdings von eben jenen Ideologen missbrauchen, die sie unfrei machen. Es ist ein Teufelskreis, den zu durchbrechen der Schlüssel zur Wiedererlangung der Freiheit ist. Ideen gibt es viele. Woher aber kommt die Kraft zur Erneuerung? Kann dieser neue Fernsehkanal etwas bewirken? Sind es die Impulse aus den Nachbarländern? Ist es der Abgang Merkels? Oder führen erst echte Existenzangst und pure Not aus eigenem Erleben zu einer Wende? Es ist zu befürchten.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Blog Liberale Warte.

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A. Kaltenhauser / 24.08.2021

Schon seltsam, dass genau die lange Friedenszeit letztendlich in Unfreiheit mündet. So haben all die bekannten Parasiten genug Zeit sich festzusetzen, um die bisherige Gesellschaft zu zersetzen. Ein Krieg oder zumindest eine starke nationale Bedrohungslage würden sofort die bisherigen Grundlagen nachhaltig ändern. Dabei würden so nebenbei, all die hüpfenden Kinder, CO2-Vorgaben, erneuerbare (?) Stromerzeugung und fast alle der schmarotzenden NGOs verschwinden. Asylanten würden von selbst darauf verzichten, ins gesegnete Deutschland einzufallen. Viele würden sogar die entgegengesetzte Richtung einschlagen, ohne finanzielle Unterstützung! Arbeitsscheue Subjekte müssten ihre Lebenseinstellung drastisch ändern. Schmierige Verfassungsgerichte, EGMR und EuGH würden obsolet. Bitte Putin, oder Sonst-wer, bedrohe uns ....

Horst Jungsbluth / 24.08.2021

Ich fühle mich schon seit Jahrzehnten nicht mehr frei in diesem Staat, habe ich doch dafür bezahlen müssen, dass ich die Verbrechen des SPD/AL-Senats von Berlin, der 1989 mit Unterstützung der diktatorischen SED ans Ruder kam, nicht nur aufgedeckt, sondern auch benannt habe. Das macht man aber nicht, weil ganz oben beschlossen wurde, dass die Gefahr von “rechts” kommt. Sie kam aber gar nicht von “rechts”, sondern daher, wo sie schon immer herkam, nämlich von der Regierung (Senat) und den wieder einmal gleichgeschalteten Ämtern, der Justiz und den Medien.  Der Terror gegen mich war orchestriert, die bösen Briefe kamen aus den Ämtern, während die Steine, die Morddrohungen und der Telefonterror wohl die damaligen NGO, die man aber nicht so nannte, zu verantworten hatten. Rechtsanwalte agierten damals wie Gysis Kollegen in der DDR, sie liefen aber dann zu großer Form auf, wenn sie Schwerbrecher verteidigten und hatten dazu verständnisvolle KomplizInnen bei den StaatsanwältInnen und vor allen bei den RichterInnen. Ein Anwalt gar, Sohn eines ehemaligen Bezirksbürgermeisters, betrog mich ganz primitiv und dreist, weil er wohl Vorteile für einen anderen Mandanten herausholen wollte, der mehrere Prostituierte mit Messern bearbeitet hatte, wobei eine nach dieser Attacke verstarb. So läuft das eben in unserem wunderbaren Staat und es wird noch besser!

Xaver Huber / 24.08.2021

Besagte demoskopische Zustandsbeschreibung geht nach der unmaßgeblichen Alltagswahrnehmung des Verfassers dieser Zuschrift grotesk an der Realität vor. Das öffentliche Bild im August 2021 strotzt vor Menschen mit Masken vor Mund und Nase im Stadtbild, (allein) im Auto oder auch beim spazieren im Wald; der Blick in die Schlafzimmer ist gottlob verwehrt. Gemäß dieser These werden in bevorstehender Bundestagswahl zirka 90% der abgegebenen Stimmen auf die Systemparteien entfallen, die zwar in marginal unterschiedlicher Ausprägung, doch letztlich unisono das “Panikmaßnahmenregime“ (Cora Stephan) befürworten. Die kriegsrechtsadäquaten Maßnahmen des Staates gegen Menschen in Brüssel, Berlin und Melbourne, die es wagten, an die verfassungsmäßigen Rechte zu erinnern, rufen (mindesten) drei Sentenzen in Erinnerung: »Die Demokratie ist nichts als ein Niederprügeln des Volkes durch das Volk für das Volk.« Oscar Wilde (*16.10.1854, †30.11.1900) »Demokratie ist die Verfallsform des Staates«, Friedrich Wilhelm Nietzsche »Zivilisationen gehen nicht unter, sie begehen Selbstmord«, Arnold Toynbee (1889 - 1975) Una salus victis nullam sperare salutem. Konträr des historischen Originals: Ah! Ça ira ...  

Thomas Dornheck / 24.08.2021

Erst wenn es ans Auto,  die Wohnung,  an den Job und ans Fressen geht,  erst dann wird der “deutsche Michel” wach.  Leider!

Martin Stumpp / 24.08.2021

Auf einer Skala auf der Mahatma Gandhi auf der einen und Adolf Hitler auf der anderen Seite zu finden ist, wo würden unsere Politiker sich wohl einreihen? Die viel interessantere Frage aber, warum werden diese Politiker bzw. ihre Parteien gewählt? Man müsste denken, dass diejenigen die sich unfrei fühlen, immerhin 64% der Menschen, lieber eine chancenlose Partei als die Partei ihrer Schlächter wählen? Oder dass sie gleich die Partei wählen, die ihre Peiniger fürchten, weil deren Pfründe gefährden? Warum aber tun sie es nicht? Zudem hat die Politikerkaste mit ihren sogenannten Corona-Maßnahmen gut einem Drittel der Wählerschaft faktisch den Krieg erklärt? Eigentlich müssten deren Parteien die Rache dieser Wähler fürchten? Aber Sie fürchten sie nicht. Warum nicht? Könnte der Verdacht, dass diese Politiker genau wissen, dass sie die Wähler und damit die Wahl nicht zu fürchten brauchen, eventuell nicht ganz von der Hand zu weisen sein?

Gerhard Mader / 24.08.2021

Freiheitsgefühl ist relativ. Wie auch die Freiheitsansprüche unterschiedlich sind. Das Hinnehmen von Freiheitseinschränkungen ist eine Frage der Massenpsychologie. Wie das funktioniert habe ich in 40 Jahren DDR erlebt. Jeder stand für sich allein da. Meine Freiheitsbestrebungen haben mir fast 5 Jahre Stasi-Haft eingebracht.

P. Wedder / 24.08.2021

Etliche, auch Corona-geimpfte, Menschen haben mir gesagt, wie schlimm es ist, dass jetzt Kinder geimpft werden sollen, können, dürfen…Und wie sehr der Druck durch die Impfbusse an den Schulen verstärkt wird und Mobbing befürchtet wird. Nur ist kaum einer von ihnen gewillt dies auch öffentlich zu äußern oder sich ansatzweise zu engagieren. Und sei es nur mit einer Mail an z.B. den Landrat, den Diskriminierungsbeauftragten, das Schulamt, den Datenschutzbeauftragten (z.B. bei öffentlicher Abfrage bei Schule oder Arbeitgeber vom Impfstatus) , das Gesundheitsamt, den Landtag, den Bundestag, etc. Man muss ja nicht ständig Beschwerdeschreiben aufsetzten, aber je mehr Leute mal eine Mail zu diesem Thema absetzen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass vielleicht einer von 100 Angeschriebenen mal zum Nachdenken kommt. Besser als Nichtstun und so kann man den Kindern wenigstens noch ins Gesicht sehen und sagen, dass man es zumindest versucht hat.

Olaf Weiss / 24.08.2021

“Ein Staat ist immer nur so frei wie sein Waffengesetz!” Diese Worte stammen vom ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Es hat schon seinen Grund, dass Deutschland eines der schärfsten Waffenrechte weltweit hat. Untertanen sind halt leichter zu kontrollieren als freie Bürger. Ob sich unser Staat auch solche totalitären Maßnahmen erlauben würden, wenn in jedem Haushalt eine Feuerwaffe liegen würde? Nun, wir werden es nie erfahren, denn der Durchschnittsdeutsche ist liebend gerne Untertan! Das werden auch die Wahlen im September wieder beweisen. Und so schließe ich diesen Kommentar mit einem weiteren Zitat - diesmal von Marie von Ebner-Eschenbach: “Die erbittertsten Feinde der Sklaven sind glückliche Sklaven”. Eine gute Ist-Beschreibung von Deutschland im Jahre 2021.

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