René Zeyer, Gastautor / 16.05.2020 / 16:00 / Foto: Bene16 / 21 / Seite ausdrucken

Zwei Billionen für ein schwarzes Loch

Das gab es selbst im Sozialstaat Deutschland noch nie: Du wollen Geld? Hier haben. Wollen mehr? Du kriegen. So ungefähr könnte man das Herabregnenlassen von sagenhaften rund 2 Billionen, also 2.000 Milliarden Euro, bezeichnen. Nein, das ist kein fremdenfeindlicher Schlenker, die Rudimentärsprache soll die gar nicht rudimentäre Dummheit beim Verteilen symbolisieren.

Aus Sicht der Schweiz ist man voller Bewunderung. Hier versucht der Staat, mit rund zehn Prozent des BIP, also der jährlichen Wertschöpfung, aus der Corona-Krise rauszukommen. Das sind läppische 70 Milliarden Franken, in Euro zurzeit sogar noch weniger. Läppisch? Allerdings, denn wie meinte der deutsche Finanzminister so richtig: klotzen, nicht kleckern. Alle feuchten Träume von Umverteilern, Reichenhassern, Anspruchsdenkenden sind in Erfüllung gegangen.

Zunächst nur eine einzige Zahl zur Einordnung. 2019 betrug das BIP Deutschlands 3,44 Billionen Euro. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Das ist der Betrag, der entsteht, wenn man sämtliche Dienstleistungen, alle Produktion, einfach alles zusammenzählt. So, und nun schüttet Papa Staat wie einst Frau Holle einen Platzregen aus Geldnoten auf die Deutschen. Genau, und wie die Bettfedern oder Schneeflocken schmilzt auch hier das meiste Geld einfach weg.

Um das zu verstehen, muss man sich darüber im Klaren sein, dass man mit Geld zwei ganz verschiedene Dinge tun kann. Man kann es ausgeben. Konsumieren. Umwandeln in Produkte des täglichen Lebens. Oder einen Riesen-TV. Oder ein neues Auto. Oder in Penisverlängerung. Das alles ist mehr oder minder sinnvoll, hat aber eines gemeinsam: Das Geld ist zwar nicht weg, aber einfach umgewandelt. Ein Euro, ein Tiefkühlhuhn.

Konsumieren oder investieren 

Das ist die eine Art. Nicht zu kritisieren, aber ihr fehlt etwas. Genau, die Wertschöpfung. Die entsteht auch, wenn man Geld ausgibt. Da spricht man dann aber nicht von kaufen, sondern von investieren. Also ich stecke 1 Euro in irgendwas, weil ich mir davon verspreche, dass da dann mal 1,10, 1,50 rauskommen. Und kein Huhn.

Das alles kann furchtbar in die Hose gehen, aber das ist das Prinzip. Konsumieren oder investieren. Wir nähern uns bereits rasant der entscheidenden Frage: Was ist denn mit diesen 2 Billionen? Immerhin weit mehr als die Hälfte des deutschen BIP. Werden die konsumiert oder investiert? Tja, in erster Linie sind diese 2 Billionen als Schadenersatz gedacht. Als Ersatz für den Schaden, den die deutsche Regierung mit dem Lockdown von Wirtschaft und Gesellschaft angerichtet hat.

Auch dem wirtschaftlichen Laien wird klar: Wenn einer mein Auto gegen den Baum gefahren hat und mir dafür Schadenersatz zahlt, dann kann man das nicht als Wertschöpfung bezeichnen. Natürlich, ich kaufe mir davon ein neues Auto, worüber die deutsche Autoindustrie furchtbar froh wäre. Aber gleichzeitig ist der Wert 1 Auto vernichtet worden. Eine klassische Umverteilung, nicht mehr, nicht weniger.

Da beschleicht uns doch schon der dunkle Verdacht, dass es bei den 2 Billionen nicht um Investitionen geht, nicht wahr? Tja, also haben die Deutschen in rund zwei Monaten mehr als die Hälfte eines jährlichen BIP verfrühstückt. Hm. Nun ist es ja so, dass der Verursacher des Totalschadens an meinem Auto ihn bezahlen muss. Kann er das nicht, tritt seine Versicherung an seine Stelle, die das Geld dann von ihm wieder zurückfordert.

Wie kann denn der Staat diese doch gigantische Summe aufbringen? Genau, er hat auch eine Art Versicherung. Die nennt sich Notenbank. Nun kann der Staat immerhin nicht selber Geld drucken, und die Notenbank ist angeblich völlig unabhängig in ihren Entscheidungen. Nachdem wir uns die Lachtränen vom Mundschutz gewischt haben: Aber der Staat kann ein anderes Papier drucken. Einen Staatsschuldschein. Und den kauft ihm die Notenbank ab und reicht ihn dann an Banken weiter.

Nirgends, du Trottel

Nun fragt sich der Laie vielleicht: Aha, aber wo in diesem ganzen Ablauf entsteht nun eigentlich Wertschöpfung? Nun, da müssen wir etwas grob werden: nirgends, du Trottel. Das ist ja der Trick an der Sache. Alles eine Frage des Reputationsmanagements, wie man das Neudeutsch nennt. Wie das? Einfach: Wenn das Autohaus Müller, dritte Generation, aber geschlossen, einen Schuldschein auf dem eigenen Drucker herstellen würde und versuchen, den unter die Leute zu bringen: klappt wohl nicht. Wenn aber der Staat, also besser gesagt der STAAT, einen Schuldschein druckt, dann sieht der nicht nur schöner aus als bei Müllers, dann kann der Staat auch problemlos verlangen, dass ihn die Notenbank abkauft.

Wie das? Ganz einfach. Indem der Staat zum Fenster raus ruft: Unsere Notenbank ist selbstverständlich völlig unabhängig. Und im Hinterzimmer sagt: Her mit der Kohle, sonst werfen wir dir vor, dass du nicht nur uns, sondern ganz Deutschland in den Ruin treibst. So flutscht das dann, und allzu häufig muss der Staat das auch nicht wiederholen; seit der Finanzkrise eins von 2008 ist eine schlechte Gewohnheit daraus geworden.

Kann man also sagen, dass diese gigantischen, galaktischen 2 Billionen einfach verpulvert werden? Ja, das kann man sagen. Nur nutzt’s nix. Aber, jammert da der steuerzahlende Laie vielleicht noch, raushauen ist ja der einfachere Teil, wer zahlt denn nun die Zeche? Oder muss man das bei 2 Billionen gar nicht? Einfach, weil das viel zu viel ist?

Kurz Geduld. Ein kleiner Einschub, zur Einordnung. Die sogenannte Staatsquote Deutschlands betrug in den letzten 20 Jahren immer etwas zwischen 45 und knapp 50 Prozent des BIP. So viele Schulden schiebt der Staat vor sich her. Darauf hat er nun noch eine gewaltige Schippe draufgelegt. Und auf einigen Gebieten werden wir stolze Wachstumszahlen erleben: Bei den Staatsschulden, den Pleiten, der Kurzarbeit und den Arbeitslosenzahlen.

Der Staat muss auch keine ordentliche Bilanz machen

Wer noch nicht depressiv genug ist, dem lege ich noch eine Schippe drauf. Hier sprechen wir nur von den offiziellen Staatsschulden. Wieso, gibt es auch noch inoffizielle? Im Prinzip ja. Denn der Staat, nicht nur der deutsche, macht etwas, wofür jeder Buchhalter jeder Privatfirma direkt ins Gefängnis wandern würde, ohne über Los zu gehen. Der Staat bescheißt. Macht Bilanzbetrug. Wie das? Auch wieder ganz einfach: Jede seriöse Firma muss für zukünftige Leistungsversprechen, etwa eine Betriebsrente, entsprechende Rücklagen in der Bilanz aufführen. Tut sie das nicht, gibt es einen Satz schwedische Gardinen. Der Staat, mit seinen gewaltigen Sozialversprechen, muss das aber nicht.

Warum nicht? Darum. Der Staat muss auch keine ordentliche Bilanz machen. Er muss nicht einmal angeben, was ihm alles gehört und wie viel das wert ist. Daher spricht man hier von den sogenannten impliziten Schulden der Sozialstaaten. Diese Zahl findet man deshalb auch nirgends in einer amtlichen Statistik. Denn amtlich gibt’s die gar nicht. Immerhin wird sie von einem durchaus renommierten Finanzwissenschaftler mit dem netten Namen Bernd Raffelhüschen jedes Jahr ausgerechnet.

Für das Jahr 2019 kommt er – haben alle ein Beruhigungsmittel genommen? – auf eine gesamte Staatsverschuldung von 226 Prozent des BIP. Eine Idee mehr als die ausgewiesenen Schulden. Alleine in den Sozialversicherungen schlummern "unsichtbare" Schulden in der Höhe von 5,6 Billionen. Ja, das sind 5.600 Milliarden Euro. Wenn man die handelsüblichen Rechnungslegungsstandards auf den Staat anwendet.

Meiner Treu, gibt es denn nicht irgend eine positive Nachricht? Aber sicher, zwei sogar. Im Vergleich zu diesem Schuldenberg sind 2 zusätzliche Billionen zwar kein Klacks, aber auch kein neuer Weltuntergang. Super, und was ist die zweite gute Nachricht? Die ist jetzt echt gut: Der Autor, sowie alle Leser über 60 werden nur einen ganz, ganz, ganz kleinen Anteil am Zahlen dieser Zeche haben. Wenn überhaupt.

Richtig freuen darf sich die nächste Generation. Ach was, vielleicht sogar die zwei nächsten. Denn diese Schulden zahlen und nur schon die Sozialversicherungswerke sanieren, das dauert. Das dauert viele, viele Jahre lang. Ist das alternativlos? Aber nein. Zwei Alternativen gibt es: eine galoppierende Inflation, vielleicht auch eine Währungsreform ist die eine. Kennt der Deutsche ja. Die andere ist Krieg. Kennt der Deutsche auch.

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B.Jacob / 16.05.2020

Ich hätte mir auch nicht träumen lassen, dass unsere Politiker mitmachen um Merkels Wunsch zu erfüllen. Keiner hat das Recht auf soziale Marktwirtschaft für immer. Wie die sozialistische Planwirtschaft in der DDR funktioniert hat, sah man ja, aber das waren Peanuts gegenüber dem was unsere feudalistisch angehauchte Politikerkaste für die Globalisierung jetzt plant, Abschaffung von Mittelstand und Unternehmen, um das Diktat globaler Konzerne durch zu setzen, um als kleine Elite über Wohl und Wehe der Völker zu entscheiden, die insgesamt immer mehr verarmt. So werden unsere natürlichen Ressourcen auch Wasser an Konzerne verramscht, für ein bisschen Trinkgeld, versteht sich, unsere Naturressourcen für eine unsinnige ineffektive Präsidentschaft der Grünen Peter für Energiewende verpulvert und man nimmt die Rodung unserer Wälder als Trinkwasserspeicher in Kauf und so weiter. Rotzgöre Greta lässt grüßen.

Burkhard Mundt / 16.05.2020

Vorsätzlicher Staatsbankrott. Sind die Staatsfinanzen ruiniert, regiert es sich ganz ungeniert. Steckrübensuppe, Muckefuck und Hamsterkäufe auf dem Land. Geschichte wiederholt sich. Remigration wird einsetzen, wenn die Fleischtöpfe leer sind.

R. Nicolaisen / 16.05.2020

Ich plädiere dafür, vor allem viel später als Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland die Wirtschaft wieder anzufahren. Stattdessen sollte aus diesen Ländern importiert, importiert, importiert werden, bis die Target-Salden ausgeglichen sind.

Leo Hohensee / 16.05.2020

@Rainer Nicolaisen - hallo Herr Nicolaisen, Sie schreiben, ” ... Irgendwann haben die Politiker angefangen, ....  statt von Millionen zu sprechen nur noch von Milliarden zu reden ... ...” — Jetzt sind wir bei Billionen. 2 Billionen das sind 2 Millionen mal 1 Million oder dann 2.000 Milliarden. Und ich träume schon mein Leben lang von einer Million (meiner ersten). Es heißt, die erste Million ist die schwerste - mit den Scholzschen Rechenkünsten stände ich nach dessen neuzeitlichen Berechnungsverfahren nach Erlangen der ersten Million dann kurz vor der ersten Milliarde. Himmel. Diese Regierung hat vollständig abgewirtschaftet!  Wie war das noch mit der HSH Nordbank? Wurde da das politische Personal (u.a. Olaf Scholz) irgendwie zur Verantwortung gezogen, wurde den politisch Verantwortlichen wenigstens untersagt, sich eine automatische jährliche (?) Erhöhung von Salär und Diäten einzurichten. Ne, die treiben es immer doller. Welch ein Glück schon einmal, dass man die Folgen des wirtschaftlichen Untergangs auf Corona schieben kann! Ein Irrwitz bei der Sache, diese unfähige Bande mit dem Selbstbedienungs- und Selbstversorgungsgen spielt sich jetzt auch noch auf wie die Wohltäter !—Und ganz nebenbei wird dieser Staat in den Sozialismus überführt - ohne Widerstand der 16 Mio wertschöpfend Tätigen. Sozialismus und Nationalsozialismus - da geben immer besondere Schreihälse den Ton an, die anderen folgen dann mit glühendem Eifer.

Wilfried Cremer / 16.05.2020

Olaf dachte, was die Italiener und Franzosen können, macht er jetzt genauso, basta. Nicht zuletzt, um ätsch zu sagen, wenn die wieder betteln kommen. (Merkel ist kaputt.)

toni Keller / 16.05.2020

Wenn man dann noch an die Targetsalden denkt, also Geld dass der deutsche Staat via EU einigen Staaten hat zukommen lassen, damit diese mit dem Geld die Waren bezahlen können, die wir ihnen liefern, dann wird einem endgültig schlecht. Das ist wie wenn der Metzger mir Geld gibt, damit ich seine teuren Schnitzel, vom glücklichen Schwein kaufen kann und nicht auf das Billigfleisch vom unglücklichen Schwein zurückgreifen muss und wer würde da nein sagen, auch und wenn ihm klar sein muss, dass das nicht lange gut gehen kann für den Metzger! Sollte man aber in dem Tun des Metzgers einen Sinn suchen, so kann es nur der sein, alle anderen Konkurrenten auszuschalten, in die Pleite zu treiben und dann als Monopolist all die vorher rausgeworfenen Geldgeschenke wieder reinzuholen. Und vielleicht erklärt das auch das Unbehagen der anderen EU Staaten und vieler Deutschen betreffs dem seltsamen Treiben der deutschen Regierung , den die diese aber so gar nicht realisieren will. Im Grunde ist es seit 1958! klar, dass das Rentensystem irgendwann kollabieren muss, gerade weil die allgemeine Lebenserwartung steigt und steigt und damit die Zahl der Renten- und Pensionsempfänger ebenfalls (als Bismarck die Rente einführte lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei knapp 47 Jahren bei Männern, d.h man konnte davon ausgehen dass die wenigsten das Rentenalter überhaupt erreichten! Das hat sich radikal geändert und das bei sinkenden Geburtenraten). Gleichzeitig ruft die deutsche Regierung nicht erst seit dem Herbst 2015 nach Leuten die sie alimentieren kann,  Es wird schon länger mittels Horrorgeschichten Akzeptanz fürs Geldverschenken erzeugt. Dass damit den Leuten die wirklich unter schlimmen Zuständen gelitten hat, ins Gesicht schlägt, indem man jedem das schlimme Schicksal unterstellt,  realisieren unsere Gutmenschen schon länger nicht. Man hat nur seit dem Herbst 2015 den Eindruck, man hat nur einen Gang höher geschaltet Ich seh den Sinn in dem ganzen Treiben nicht!

Oliver Lang / 16.05.2020

“Die sogenannte Staatsquote Deutschlands betrug in den letzten 20 Jahren immer etwas zwischen 45 und knapp 50 Prozent des BIP. So viele Schulden schiebt der Staat vor sich her.” Alles klar, da braucht man nicht weiterlesen.

beat schaller / 16.05.2020

Herr Zeyer, was soll das? Sie sollen doch die armen Leute nicht erschrecken. Auch wenn Sie recht haben, das ist nicht nett und schon gar nicht am Wochenende, da werden die Leute solches Zeug am Ende sogar noch lesen und das geht schon gar nicht. b.schaller

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