Annette Heinisch / 26.11.2018 / 13:00 / Foto: Beckilee / 60 / Seite ausdrucken

Zustimmen und gleichzeitig nein sagen, das geht nicht

Wenn ich mir die Politik so anschaue, dann sehe ich drei Möglichkeiten: Entweder unsere Politiker sind böswillig, sie hassen ihr Volk. Dann haben wir ein Problem. Aber warum soll man Böswilligkeit unterstellen, wenn Dummheit als Erklärung reichen würde? Dann haben wir ebenfalls ein Problem. Oder die Politiker sind in Wirklichkeit klug und verkaufen uns nur für dumm. Politiker, die ihr Volk für dumm verkaufen, sind ein riesiges Problem.

Nehmen wir als Beispiel den Migrationspakt. Nachdem dieser nicht, wie geplant, hinter geschlossenen Türen durchgezogen werden konnte und die Kritik daran immer lauter wurde, wollen jetzt Teile der CDU und CSU klarstellen, „dass der Pakt keine Grundlage für künftige Rechtsetzung sein kann, dass er völkerrechtlich unverbindlich ist und kein Völkergewohnheitsrecht begründen kann“. Das Parlament müsse „auch für die Gerichte“ klarstellen: Dieser Pakt begründet „keine neuen Ansprüche und weitet die bestehenden nicht aus“.

Der Bundestag solle die „letztlich unbegründeten“ Sorgen vieler Menschen aufgreifen und ihnen bestätigen, dass der Pakt nicht zu mehr Migration führe. Es sollen aber zugleich die „Chancen“ des Migrationspakts hervorgehoben werden: „Mehr Kooperation im Kampf gegen Schleuser, mehr Rücknahmebereitschaft der Herkunftsländer, mehr Zusammenarbeit bei Passbeschaffung und Identifikation, bessere Lebensbedingungen in Entwicklungsländern.“ 

Politik wie im Kindergarten

Die Bundesregierung solle diese Klarstellung durch eine diplomatische Erklärung entweder im Zusammenhang mit der Konferenz in Marokko abgegeben oder aber im Januar, wenn der Pakt in der UN–Generalversammlung eingebracht wird. 

Wenn ein solcher Pakt verabschiedet wird, dann handelt es sich um eine UN-Resolution wie alle anderen auch. Das ist dann nicht Hard Law, also nicht unmittelbar geltendes Recht, sondern Soft Law – mit der Betonung auf „Law“. Wie wir dann meinen, das auslegen zu wollen, interessiert schlicht niemanden. Es wird mit der Zeit durch Anwendung Völkergewohnheitsrecht, weil sich die Völker der Welt einen Kehricht um die Befindlichkeiten und Ansichten der Deutschen kümmern.

Wir können nicht einem solchen Pakt zustimmen, dann aber „ohne uns“ sagen. Entweder wir stimmen zu mit allen Konsequenzen, oder aber wir machen es wie Österreich, das nicht zustimmt und zur weiteren Klarstellung eine Erklärung abgibt, dass es durch den Pakt nicht gebunden ist. Zustimmen und gleichzeitig Nein sagen, das geht nicht.

Was die vermeintlichen Vorteile angeht, so wäre es doch nett, den deutschen Wählern zu sagen, dass es bereits eine völkerrechtliche Verpflichtung der Herkunftsstaaten gibt, ihre Bürger wieder aufzunehmen. Es ist ein Beispiel für Hard Law, das nicht beachtet wird.

Welches Zeug rauchen die?

Nun soll mir bitte jemand vernünftig und nachvollziehbar erklären, warum Staaten, die bisher die rechtliche Verpflichtung zur Rücknahme ihrer Bürger ignorieren, nun plötzlich aufgrund eines unverbindlichen Paktes ihr Verhalten komplett ändern sollen? Wer das meint, der muss etwas rauchen, das ich auch gerne hätte.

Und nur mal interessenhalber: Wie sollen die Länder, durch die die Fluchtrouten führen,  bessere Rahmenbedingungen für Migranten garantieren, wenn sie selbst bitterarm sind? Oft üben sie nicht einmal die Staatsgewalt in den Gebieten aus, in denen marodierende Banden das Sagen haben.  

Wahrscheinlich soll das aber nur heißen, dass wir – um dieses Problem zu umgehen – zukünftig regelmäßige Flugverbindungen in betroffene Regionen einrichten, um Migranten sicher zu uns zu holen. Die Afrikaner machen sich über unsere Dummheit seit Jahren lustig. Sie wissen schließlich, wer zu uns kommt und welche Konsequenzen das hat. Man muss nur einmal vor Ort in arabischen/afrikanischen Ländern mit den Leuten reden, die Europas und allen voran Deutschlands Selbstmord aus der Ferne betrachten. Keiner hat dafür Verständnis, Menschen für Nichtstun zu bezahlen, das wird in anderen Kulturkreisen als einfach nur bescheuert angesehen.

Es ist wirklich eigenartig, dass unsere kosmopolitischen „Eliten“ von anderen Kulturen gar nichts wissen und nicht das geringste Verständnis – von Empathie ganz zu schweigen – für andere Sicht – und Denkweisen aufbringen.

Migration ist kein Lebenstraum

Ist diesen kosmopolitischen „Eliten“ schon einmal in den Sinn gekommen, dass man den Migranten nichts Gutes tut, wenn man sie in eine völlig andere Kultur holt? Dass Migration weder für die aufnehmenden Staaten noch für die Migranten ein Lebenstraum ist? Dass die meisten Menschen zu Hause bleiben wollen, in ihrer Heimat, bei ihren Familien und Freunden? Und dass die Staaten die Energie, die jetzt in die Organisation der menschlichen Tragödien fließt, besser einsetzen sollten, um diese zu verhindern?

Wie wäre es denn einmal mit der Anwendung des Verursacherprinzips. Die Massenfluchtbewegungen beruhen zu einem erheblichen Teil auf Misswirtschaft und Korruption in den Herkunftsländern. Manche Staaten wie Somalia kann man nicht einmal als failed states bezeichnen, es sind Länder without a state. Der Staat als Selbstbedienungsladen: Ein Prinzip, das die Parteien bei uns auch entdeckt haben, entsprechend abwärts geht es mit uns. Afrika ist uns aber deutlich voraus. 

Man kann das ändern, indem nur die Staaten Unterstützung wirtschaftlicher Art bekämen, die rechtstaatliche Grundsätze verfolgen und Korruption bekämpfen. Es entstünde ein Anreizsystem, das geeignet wäre, Migration einzudämmen. Der Migrationspakt hingegen macht Menschen zu Figuren auf dem Schachbrett der Politik, die nach Belieben von A nach B verschoben werden.

Die Sintflut kommt nach meiner Amtszeit

Erst hat unsere Politik angesichts des demographischen Wandels versagt. Dann wurden die Bürger mit dem legendären Satz „Die Rente ist sicher“ angelogen nach dem Motto: Die Sintflut kommt nach meiner Amtszeit. Nun ist sie in sichtbarer Entfernung, plötzlich scheint es die rettende Lösung, die fehlenden Beitragszahler aus anderen Ländern zu rekrutieren.

Dabei hat die Politik aber wieder eine Entwicklung verpennt, nämlich die Automatisierung. Dadurch werden demnächst ca. 50 Prozent der derzeitigen Arbeitsplätze überflüssig, der Rest wird hochqualifiziert sein, wofür wir selber nicht einmal ausreichend ausbilden. Und dann lotsen wir Mengen an unqualifzierten Migranten zu uns? Um unser Sozialsystem noch mehr zu strapazieren? Wie dumm ist das denn?

Migration ist zumeist eine Folge von "bad governance", ein Problem, das man lösen sollte – jedenfalls dann, wenn einem die Menschen, um die es geht, wirklich am Herzen liegen.

Stattdessen wird unsere Bevölkerung für dumm verkauft, es wird so getan, als sei Migration ein Naturgesetz wie die Schwerkraft, alternativlos. Migration ist aber kein Naturgesetz, sie ist Menschenwerk und kann daher auch von Menschen beeinflusst werden. Da Menschen, die ihren Verstand benutzen, selbst die Schwerkraft partiell besiegen können – sonst wäre Fliegen unmöglich – können sie erst recht menschliche Fehler korrigieren. Bad governance ist kein Naturgesetz!

Es bleibt die Frage, ob unsere Politiker dumm sind oder uns für dumm verkaufen. So rum oder so rum: Berlin – wir haben ein Problem!

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Karl-Heinz Vonderstein / 26.11.2018

Stefan Aust hat jetzt in der “Welt am Sonntag” fünf Thesen zum Migrationspakt geschrieben. 1.Der UN-Migrationspakt mache aus illegal Zugereiste legale Einwanderer mit vollem Zugriffsrecht auf die Leistungen des Sozialstaates. 2.Die Verlockung des Geldes hätte einen nachhaltige Wirkung auf die Zahl der Zuwanderer und damit auch auf die Stabilität des Sozialstaates. 3.Der Pakt ginge von einer Gleichrangigkeit der Sitten und Gebräuche aus.Was in anbetracht der derzeitigen Migration und ihrer Schattenseiten realitätsfremd wäre. 4.Die Rechte der Bevölkerung eines Zielstaates werden nicht berücksichtigt. 5.Die Sogwirkung dieses Paktes hätte eine Auswirkung, die mit der Willkommenskultur 2015 vergleichbar sei.

Roland Müller / 26.11.2018

Der tunesische Innenminister hat in einem Interview mit der RAI erklärt, das er die Dschihadisten und sonstigen Kriminellen auf gar keinen Fall zurück nehmen wird, weil er dafür zu wenig Platz im Knast hat. So viel zum Thema erhöhte Rücknahmebereitschaft. Im übrigen zeigte er sich erfreut, das er das kriminelle Gesindel los geworden ist ohne dafür etwas zu tun zu müssen.

Rainer Grimmer / 26.11.2018

@Herr Weyer: “Ich würde gerne was tun aber keiner geht mit.” Nun ja. Warten auf die Anderen kann auch eine Ausrede sein. Ich gehe morgen 1400 Stück AfD Flyer gegen den Migrationspakt verteilen. Andere hier machen das auch. So versuchen wir, unser Umfeld für dieses Thema zu sensibilisieren. Einfach machen. Geht!

Daniel Kaiser / 26.11.2018

“Dass Migration weder für die aufnehmenden Staaten noch für die Migranten ein Lebenstraum ist? Dass die meisten Menschen zu Hause bleiben wollen, in ihrer Heimat, bei ihren Familien und Freunden? “ Ich glaube, dieses kann man nicht verallgemeinern. Es gibt gewiss Migranten, die ohne Not auswandern. Die Frage ist, ob jemand zur Lustmehrung oder zur Leidvermeidung auswandert. Ersteres dürfte anzuzweifeln sein, wenn Menschen ohne greifbare Perspektive direkt in ein abgehängtes Prekariat ferab der Heimat einwandern. Dies dürfte ein Zeichen dafür sein, dass sie in ihrer Heimat genauso unerquickliche Lebenspersktiven besitzen. Im Falle eines indischen Akademikers, der mit Startkapital nach Kalifornien zieht, um im Silicon Valley ein StartUp zu gründen, liegt die Lage doch substanziell anders.

toni Keller / 26.11.2018

Dennoch bleibt die Frage: Was tun? Was tun wenn der Pakt unterzeichnet ist? Sollen wir dann, unter Hinweis auf den Pakt in eines der arabischen oder afrikanischen Unterzeichnerländer auswandern und dort darauf bestehen, dass der Pakt ja nun auch für uns gilt? Man uns also unser Schnitzel und unser Bier zukommen lässt uns kostenfrei die Landessprache beibringt und dafür sorgt, dass wie im lokalen Arbeitsmarkt Fuß fassen können? Und wenn man nicht nett zu uns ist, dann kommen die UNO Blauhelme?

Susanne Watts / 26.11.2018

Doch, man kann sehr gut zustimmen und gleichzeitig nein sagen. Ich erinnere an den ehemaligen US Senator und Aussenminister unter Obama, John Kerry, der in 2004 als Präsidentskandidat sagte, “I voted for the Irak war before I voted against it.” Der gleiche John Kerry, der bei seiner Nominierungsrede sagte, “I’m John Kerry and I’m reporting for duty.” - 33 Jahre zuvor hatte er seine Orden, die er für seinen Dienst in Vietnam erhalten hatte, übern Zaun des Weissen Hauses geworfen. Aber bei den Linken auf der ganzen Welt (zu denen mittlerweile auch die CDU zählt) wird solches Verhalten ja als mutig und wohlüberlebt beklatscht.

W.Schneider / 26.11.2018

Nachdem die Sonderbeauftragte für Internationale Migration der UN, Louise Arbour, in einem Zeit online Interview gesagt hatte: ” Tatsächlich hatte sich die UN niemals in ihrer Geschichte ernsthaft mit Migration befasst”, drängt sich doch die Frage auf, warum Frau Dr. Merkel und ihre Regierung, insbesondere Herr Harbarth, sich seit April 2017 so dringend um diesen Pakt bemühen. Es bleibt für mich nur eine Erklärung: Offensichtlich sollen die gravierenden Fehler der sog. Willkommenskultur als Idee der UN dargestellt und das Bild unserer Kanzlerin vor der Geschichte korrigiert werden.

Andrea Bauer / 26.11.2018

Ich bin erst bis zum Unterabschnitt “Welches Zeug rauchen die” gekommen, kann aber jetzt schon resümieren, dass die Autorin mir aus der Seele schreibt. Ich hoffe, noch viel hier von ihr zu lesen, ganz offensichtlich eine Autorin mit Bildung und gesundem Menschenverstand. DANKE.

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