Rainer Bonhorst / 14.02.2025 / 16:24 / Foto: United States Congress / 90 / Seite ausdrucken

J.D. Vance Rede in München: Wer hat Angst vor den eigenen Wählern?

Der amerikanische Vizepräsident J.D. Vance lieferte den Europäern auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine spektakuläre Lehrstunde in Demokratie. Das verschlug manchem Anwesenden den Atem.

Da kommt der amerikanische Vizepräsident nach München und die anwesenden Europäer erwarten die übliche Mahnrede, Europa solle mehr für die eigene Verteidigung tun. Das hat J.D. Vance auch gesagt, aber eher beiläufig. Vor ihm hatte Ursula von der Leyen ohnehin schon Besserung versprochen. Was aber tat Vance statt der üblichen erwarteten Forderung, mehr Verteidigungsmilliarden zu zücken? Er lieferte uns Europäern eine halbe Lehrstunde in Sachen Demokratie. 

Dieses Stück Demokratie-Nachhilfe stellte er durchaus in den Zusammenhang mit dem Hauptthema der Münchener Sicherheits-Konferenz: also mit der Frage gegen wen und wie sollen wir uns besser absichern. Und dann stellte er die für viele Anwesende peinliche Frage: Was sollen wir eigentlich verteidigen? Unsere Demokratie, na klar. Aber wie sieht es denn mit unserer Demokratie aus, für die wir kämpfen sollen?

Vance nahm da kein Blatt vor den Mund: Es steht, sagte er, nicht zum Besten mit unserer Demokratie. Er nannte Beispiele von Cancel Culture, die in mehreren europäischen Ländern inzwischen nicht nur kulturell, sondern auch juristisch die freie Rede unterdrücken. Er nannte das Beispiel der annullierten Präsidentenwahl in Rumänien. Und er sprach von Brandmauern, die er ebenfalls undemokratisch nannte.

Viele Politiker in Europa wie auch in Amerika hätten offenbar Angst vor den eigenen Wählern. Er nannte die Sorgen von Millionen Menschen vor einer aus dem Ruder gelaufenen Migration. Wer diese Sorgen so vieler Menschen ignoriert oder unterdrückt, der verlasse den Kern der westlichen Grundwerte. Also den Kern dessen, was es zu verteidigen gilt. 

Frei, wortgewandt, selbstsicher und furchtlos

Ein konkreter Anlass für diese Philippika war auch, dass AfD und BSW bei der Münchener Konferenz nicht willkommen waren. Auch das für ihn Beispiel einer undemokratischen Cancel Culture. 

Und dann war da noch was: Da stand der zweite Mann in Trumps Amerika und sprach frei, wortgewandt, selbstsicher und furchtlos vor einem überraschten Publikum. Er wurde mit höflichem Applaus verabschiedet, aber mehr noch mit einer gewissen Schockstarre.

Hat er – wie Elon Musk neulich – unseren Politikern empfohlen mit der AfD zu koalieren? Nicht hier in München. Aber er hat ein Beispiel dafür geliefert, was in Amerika ohnehin ein von der Verfassung stärker geschützter Wert ist als bei uns in Europa: die freie Rede. So viel Freiheit, wie er sie sich genommen hat, verschlug, wie es scheint, manchem der Anwesenden den Atem. 

Das Fazit des Vizepräsidenten: Wer die freie Rede nicht zulässt und den freien Wählerwillen ignoriert, auch wenn es unbequem ist, weiß im Kern nicht, wofür er sich nach außen verteidigen soll. Muss man dem Mann zustimmen? Im Prinzip ja, wenn auch nicht in allen Punkten. Jedenfalls tat es der Konferenz gut, gleich zum Auftakt, aus mächtigem Mund ein paar überraschende Gedanken zu hören, die in einer Demokratie eigentlich nicht überraschend sein sollten. 

Hören und sehen Sie hier im englischen Original die Hammer-Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance (anstatt der grottenschlechten Simultanübersetzung im ZDF).

Rainer Bonhorst, geboren 1942 in Nürnberg, arbeitete als Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in London und Washington. Von 1994 bis 2009 war er Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen-Zeitung.

Foto: United States Congress

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Leserpost

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Andreas Donath / 15.02.2025

Einfach Spitzenklasse und sehr konsequent an den Wahlversprechen orientiert! Was Trump und seine in meiner Sicht großartige Mannschaft in nur dreieinhalb Wochen schon auf die Beine gestellt haben, ist atemberaubend. Ich weiß, es gibt viele in der kritischen Szene, die die USA als solche nicht mögen und sich dann gerne von den Tom-Oliver Regenauers und Ernst Wolffs weismachen lassen, dass das alles Show sei und in Wahrheit alle gleich schlecht wären. Nein, die Unterschiede sind fundamental. Sie könnten gewaltiger nicht sein. Mir können die genannten Schwarzmaler ihre Bücher nicht andrehen, ich hasse es, wenn nicht differenziert wird. Ich mag das Amerika des Deep State, der Clintons, Obamas, Bidens, Pelosis oder Harris’ nicht - deren Befindlichkeit und Politikverständnis ist Lichtjahre von allem entfernt, was meinem Werteverständnis entspricht. Die Staaten unter der neuen Ägide Trump werden mir dagegen von Tag zu Tag sympathischer, wobei da auch etwas Neid mitschwingt, denn solche Politiker, die sich ohne Wenn und Aber für ihre eigenen Leute, für ihr eigenes Volk einsetzen, hätte ich in Deutschland, auch gerne. Doch in diesem Land der drögen (Alt-)Parteien-Technokraten und der gewerbsmäßigen Rückwärtsruderer vom Schlage Merz ist das wohl reine Fiktion. In einem Land, in dem Massen hirngewaschener Friedhofskomiker immer neue “Demos gegen Rechts” zelebrieren, je mehr unschuldige Menschen von wildgewordenen, fanatisierten Migranten aus Gewaltkulturen um ihr Leben und Lebensglück gebracht werden, scheint vielleicht nicht alles, aber doch sehr vieles vergeblich.

Gunter Frank / 14.02.2025

Ich stimme dieser unfassbar klugen, menschenfreundlichen und mutigen Rede in allen Punkten zu. JD forever.

S. Marek / 14.02.2025

Live im Original gesehen. Das war eine erstklassige Rede, und ich hoffe, daß diese bei den anwesenden und und sonst wo in Deutschland wie auch der gesamten EU angekommen ist.

Norbert Brausse / 14.02.2025

Eine imponierende freie Rede. Am meisten hat mich seine Aussage zur Rumänienwahl beeindruckt. Wie schwach muss Rumäniens Demokratie sein, wenn 400.000 $, ich glaube so viel waren es, will mir aber nicht noch einmal die Rede anhören, von Putin ausreichen, die rumänische Präsidentenwahl zu beeinflussen? Wichtiger ist natürlich seine Aussage, dass wir zuerst unsere inneren Verhältnisse in Ordnung bringen müssen, bevor wir uns der Welt außerhalb Europas zuwenden können. Und da haben wir Deutsche doch in Afghanistan gnadenlos versagt, wenn man sieht, wie einfach die Taliban ihr Land zurückerobern konnten. Was waren dort unsere westlichen Werte wert? Im Ergebnis dieser Niederlage holen wir jetzt Tausende sogenannte „afghanische Verteidiger der Demokratie“ nach Deutschland, um diese liebevoll „Ortskräfte“ genannten jungen Männer hier zu vielfachen Kosten zu versorgen.

R. Reiger / 14.02.2025

Schlagzeile von heute, vom 14.02.1025 (googlen):»Merz nennt Vance-Rede »fast schon übergriffig« Ich denke mal, so viel Interesse an Deutschland haben Trump und Vance nun auch wieder nicht, als dass sie da übergriffig werden müssten. Wesentliche DAX-Konzerne haben doch schon mehr Wertschöpfung in N-Amerika und sonst wo als bei uns. Und noch ein paar Schlagzeilen: »14.02.2025 Scholz: Europa muss sich selbst gegen jede Bedrohung verteidigen können«, »10.01.2025 Habeck spricht Klartext: Europa muss sich endlich selbst verteidigen«, »12.11.2024 Röttgen: Europäer müssen sich selbst um Sicherheit kümmern«. Ja, Leute, das ist ja lustig, ihr sagt ja genau das selbe wie Trump (!!!!!), dann ist man sich ja einig, da rennt ihr doch offene Türen bei Trump und Vance ein, siehe auch: »12.02.2025 Trumps Verteidigungsminister: Kümmert Euch selbst um die Ukraine!«. Dann kommt hintendrauf: »14.02.2025 Merz warnt vor Europas Bedeutungsverlust in der Welt«. Chja, Vance hat seine Meinung gesagt und der Rest verbleibt für uns. Jeder ist selbst z.B. seines wirtschaftlichen Wohlstands Schmied. Können wir unseren wirtschaftlichen Abstieg und den Abstieg unserer Verteidigungsfähigkeit aus eigener Kraft noch verhindern? Können wir schon laufen oder krabbeln wir noch?

Sam Lowry / 14.02.2025

Ich meine, das ist der amerikanische Vice-President. Den auszulachen wird Folgen haben. Auch unsere Mainstream-Presse wurde sicher schon notiert!

Rex Kramer / 14.02.2025

Worte wie Hammerschläge! Treffend! Wahr! Ohne Zweifel! Und die Botschaft ist angekommen. Ich schätze, bei dem einen oder anderen Zuhörer vor Ort brennt die Rosette ...

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