Dirk Maxeiner / 16.03.2023 / 10:30 / Foto: Amrei-Marie / 8 / Seite ausdrucken

Zum Tode von Richard Wagner

Am 14. März ist der Schriftsteller und Achse-Autor Richard Wagner 70-jährig in einem Berliner Pflegeheim gestorben.

Als ich vergangene Woche mit einem Freund durch Berlin-Schöneberg fuhr, kam die Rede plötzlich auf Richard Wagner, der viele Jahre als Autor für die Achse schrieb. Ich hatte den an Parkinson erkrankten Schriftsteller einige Male in einem Heim nicht weit vom Rathaus Schöneberg besucht. Es fiel ihm schon rein physisch immer schwerer, zu schreiben, aber es war eine intellektuelle Freude, seinen glasklaren Analysen der politischen Lage zu folgen. Ich mochte seinen Banater-Akzent, er sprach ein wunderbares Deutsch, das sozusagen in der Ferne konserviert worden war. Richard wusste um sein Ende, er kämpfte mit Händen und Füßen – und hier ist das Wort wirklich angebracht – um wenigstens ein wenig Normalität und Teilhabe in seiner ausweglosen Situation. Und er behielt bei all dem auch noch seinen Humor und die Selbstironie. Er empfing mich, wie es sich gehört, als ein Schriftsteller in seiner Klause, bei meinen Besuchen im Heim standen noch seine umfangreichen Bücherregale wie eine schützende Burg um ihn herum. 

Richard, geboren 1952 im Banat in Rumänien, schrieb über seine Krankheit 2015 das Buch „Herr Parkinson“, über das die Literarische Welt schreibt: „Herr Parkinson ist ein Selbstporträt des Künstlers als kranker Mann. Schonungslos. Lakonisch. Zornig. Witzig. Traurig“. „Wer wüsste nicht, dass die Vernunft, wenn es um einen selbst geht, das Letzte ist, worauf man sich verlässt“, protokollierte er noch, und wusste doch: „Sie ist vielmehr das Erste, worauf man zu verzichten bereit wäre.“ 

„Wagner, bis zur Trennung 1989 mit Herta Müller verheiratet, war vor allem ein wunderbar lakonischer Lyriker, der insgesamt 12 Gedichtbände hinterlässt, deren erste fünf noch in Rumänien erschienen", schreibt der Tagesspiegel und lobt: „Die Kunstfertigkeit seines leichten Tons, mit dem er Leser auch bei schweren Themen bei der Stange hielt, darf man nicht unterschätzen".

Richard gehörte zu den Rebellen, die 1972 im rumänischen Temeswar die Aktionsgruppe Banat gründeten, suchte später zusammen mit Thea Dorn „Die deutsche Seele“ und lieferte so manchen Debattenbeitrag auf Achgut.com. So wie hier 2010: „Über den Verrat von gestern und heute". Sein Schlusssatz:

„Wer aber die Wahrheit nicht mehr ausspricht, weil es auf sie ankommt, sondern weil er denkt, dass er so besser ankommt, macht sich selbst zum Clown. Er hechelt den Standards nach. Im Ergebnis haben wir eine Ideologie der Standards. Sie untergräbt die Werte. Das aber ist zu bedenken."

Am 14. März ist Richard Wagner 70-jährig in einem Berliner Pflegeheim gestorben.

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Gottfried Solwig / 16.03.2023

Die Propaganda rollt weiter. In den Mainstream Medien steht überall” Rumäniendeutscher” Schriftsteller gestorben. Auf Wikipedia wurde aus Rumäniendeutscher (genauso bei Stefan Hell) ein rumänisch-deutscher Schriftsteller und keiner widerspricht. Richard Wagner hatte laut Kirchenbücher seines Geburtsortes Lowrin (wie im ca.90 % der Deutschen im Banat) nur deutsche Ahnen. Ich habe dagegen niemals im Zusammenhang mit Günter Grass der ja eine polnische Mutter hatte und somit “ nur, halb Deutscher” war, gelesen. Auch habe ich nie von Italiendeutsche oder Italienösterreicher in Bezug auf Südtiroler gelesen. Im Gegenzug zu sogenannten Russlanddeutsche (da gab es kaum einen, der nicht seit mindestens 3 Generationen aus gemischten Ehen stammt), die ins russische Reich ausgewandert sind und niemals Teil eines deutschen Staatswissenschaft Ware, wurden Banater Schwaben ab 1919 nach dem Zerfall Österreich-Ungarns zu Bürger der Nachfolgestaaten Osteuropas. Der Begriff Rumäniendeutsche ist eine Erfindung aus dem linken Milieu, um eine Distanz, eine Entfremdung zu den deutschen Minderheiten zu erzwingen, wo keine ist. Auf diese Weise sollte mit dem Begriff Deutschtürke eine Nähe entstehen, wo keine ist. Auch haben Banater ( mit Ausnahme von Herta Müller) keinen Akzent, sondern einen alemannischen Dialekt.

Fred Burig / 16.03.2023

@Thomas Szabó :”... Ich bin in der gleichen Situation wie sie, was diesen Herrn Wagner betrifft. Deshalb möchte ich mich gern ihren gut gewählten Worten anschließen - auch der Hoffnung, den “Nachschub” betreffend! Danke! MfG

F.Lux / 16.03.2023

“Nachschub”?...Ich seh die Sascha Lobos Schlange stehen.Auch mein Beileid an alle Trauernden Angehörigen.Den “Herrn Parkinson” hab ich mir soeben bestellt…Ein Bruder im Geiste!?Ich bin der Herr Krebs…Manchmal ist es klüger zu gehen, in solchen Zeiten.  :-)

Dr. med. Jesko Matthes / 16.03.2023

(...) In den / Zeitungen ists still. / Sie zählen bis drei. / Sie zählen und zielen / und halten inne. Auf uns / zählen sie, zielen sie. / Wir sitzen in der Rinne. / Wir sitzen in der Traufe. (...) - “Dem Liedermacher”, aus: “Rostregen”, 1986

Sabine Schönfelder / 16.03.2023

Ein wunderbarer Nachruf. Sie schlagen Brücken, Herr Maxeiner, selbst über den Tod hinaus. Danke schön.

Dieter Kief / 16.03.2023

Die Banater sind ein Pfund der deutschen Herkunft und Zukunft, vielen Dank für den Nachruf, Dirk Maxeiner. Richard Wagner war einer von ihnen. Die wertvollste Hinterlassenschaft ist in der Tat - sein Deutsch, das sich - u. a. .... - - Jahrhunderten Donauschwäbischer Siedlungen verdankt.

R. H. van Thiel / 16.03.2023

Ich glaube nicht an Übersinnliches, aber seltsam ist es doch, daß mir just dieser Tage wieder Richard Wagner einfiel und ich sein Buch “Habsburg” aus dem Bücherregal gezogen habe. Ich habe es damals sehr bedauert, daß er krankheitsbedingt nicht mehr für die Achse schreiben konnte. R. I. P.

Thomas Szabó / 16.03.2023

Ich kannte Herrn Wagner nicht, aber Dank der warmherzigen Beschreibung von Herrn Maxeiner habe ich jetzt ein Bild vor Augen, dem sich nach zu gehen lohnt. Mein Beileid an seine Lieben. Die weißen alten Männer auf Achse sterben langsam aus. Die Totenglocken erklingen in immer kürzeren Abständen. Die Achse braucht einen Nachschub an jungen Autoren.

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