Die Anschläge von Brüssel machen mich wütend – wütend angesichts einer solch abgrundtiefen und gleichzeitig so berechenbaren und armseligen Menschenverachtung. Aber gerade deswegen will ich mindestens genauso offen und frei und auch wut- und hassfrei weiterleben wie bisher – ganz so, als gäbe es diese Terroristen gar nicht. Wenn die nämlich irgendetwas nicht ertragen können, dann, wenn man ihnen die Aufmerksamkeit verwehrt, für die sie bereit sind, unschuldige Menschen umzubringen. Schenkt man diesen Aufmerksamkeitsjunkies aber, was sie wollen, so verleiht man ihren Morden einen Sinn.
So selbstverständlich und ehrlich mein Mitgefühl mit den Opfern und Angehörigen ist, so gleichgültig stehe ich den Tätern gegenüber. Sie interessieren mich kein Stück. Es ist mir völlig egal, wie sie heißen, ob sie eine schwere Kindheit hatten, ob sie ausgegrenzt, gehänselt oder geschlagen wurden, ob sie zu viele oder zu wenige oder die falschen Bücher gelesen haben, ob ihre Eltern arm, reich, gut integriert oder strenggläubig waren, ob sie in ihrem Viertel wider Willen in falsche Kreise gerutscht sind. Mich interessiert nicht, ob sie früher ungläubig waren und sich heute für gläubig halten, ob sie Muslime, Buddhisten oder einfach nur nihilistische Arschlöcher sind, die einen heiligen Anlass suchen, um sich selbst einen Wert zu verleihen. Solche Menschen sind mir egal, denn sie haben keinerlei Bedeutung, die es wert wäre, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Es geht diesen Typen nur um das eigene kranke Ego
Eine solche Auseinandersetzung macht auch deswegen keinen Sinn, weil es keine logischen, rationalen oder „nachvollziehbaren“ Ursachen gibt, die terroristisches Handeln verständlich machen oder aber die individuelle Verantwortung des Einzelnen auch nur um einen Hauch schmälern würden. Jemand, der einfach so Zivilisten umbringt und dies mit dem US-Imperialismus, dem Handeln der Großmächte in Syrien oder mit jahrhundertealter und religiöser Unterdrückung oder sonstigen Pseudo-Rechtfertigungen verbindet, beschmutzt all jene, die in der Vergangenheit für Freiheit und Menschlichkeit eingetreten sind. Es geht dem nihilistischen Terroristen nicht um Rache, sondern nur um sein eigenes Ego, um seine eigene kranke Identität.
Terroristen ziehen ihre Energie einzig aus unserer Aufgeregtheit und aus unserer Verängstigung. Das Meucheln von Unbeteiligten bringt ihnen erst einmal gar nichts, zumal sie in der Regel selbst dabei das Zeitliche segnen. Der Terror wird nur dann zum Erfolg, wenn er Kettenreaktionen auslösen kann. Das kann er aber nur, wenn die Menschen sich wie Dominosteine verhalten. Daher verabscheuen Terroristen nichts mehr als unsere Freiheit, unsere Gelassenheit und die daraus entstehende Gefahr, dass wir uns möglicherweise anders verhalten, als sie es erwarten.
Wenn wir Terroristen das Handwerk legen wollen, macht es keinen Sinn, ihren Rechtfertigungen Gehör zu schenken, denn auch das löst den gewollten Dominoeffekt aus. Wer Barbaren für Gläubige oder für anderweitig nachvollziehbar Motivierte hält, lässt sich von der terroristischen menschenverachtenden Denkweise einlullen, geht ihr auf den Leim und zerstört so die eigene menschliche Zivilisation. Diesen Gefallen sollten wir ihnen nicht tun, denn dann wären sie am Ziel.
Wir sollten unser Niveau nicht auf das der Terroristen senken
Wir können Terroristen den größten Schaden dann zufügen, wenn wir ihnen all das, was sie von uns wollen, gezielt verweigern. Also: keine Panik, kein blinder Hass, keine pauschalen Schuldzuweisungen, kein wildes Draufhauen, kein Interesse für Motive und Hintergründe, aber auch kein Selbstzweifel und keine Kompromisse. Wir können Terroristen nicht wirklich daran hindern, Terroranschläge zu verüben. Was wir aber verhindern können ist, uns von ihren Taten beeindrucken und terrorisieren zu lassen. Wenn wir auf Terror ängstlich reagieren, so geben wir Terroristen die Zügel in der Hand. Diesen Spieß können wir herumdrehen: Wir können jeden einzelnen Terrorakt zum Anlass nehmen, noch stärker, noch offener und noch freier zu werden! Und wir sollten ungerührt und uneingeschränkt an dem festhalten, was Terroristen am meisten hassen: an unserer Freiheit!
Zum Tangotanzen braucht man immer zwei. Für den Terror gilt dasselbe: Es gibt keinen Terroristen ohne Terrorisierte. Es gibt nur Attentäter – und Menschen, die sich von diesen terrorisieren lassen, oder eben nicht. Wenn wir ihnen diese Gefolgschaft verweigern, zerfällt das terroristische Geschäftsmodell zu Staub. Das ist nicht leicht, denn selbstverständlich gehören auch Trauer und Wut angesichts sinnloser Opfer zu unserer Menschlichkeit. Diese zu zeigen, ist nur zu verständlich. Aber wenn wir glauben, dem Mangel an Menschlichkeit dadurch begegnen zu können, dass wir unsere eigene Menschlichkeit korrumpieren, dann werden wir den Krieg gegen den Terror verlieren.
Gleichzeitig sollten wir aber auch nicht bei uns selbst nach Ursachen dafür suchen, warum kranke Seelen meinen, die Welt durch Massenmord zum Positiven verändern zu können. Wenn wir dies tun, senken wir unser eigenes Niveau auf das der Terroristen. Angesichts der menschlichen Abgründe, mit denen uns der Terror konfrontiert, gibt es kein deutlicheres Zeichen, als das eigene Zivilisationsniveau zu erhöhen. Und das heißt: Mehr Offenheit, mehr Freiheit, mehr Mut, mehr Selbstbestimmung, weniger Grenzendenken, weniger Angst, weniger Bevormundung. Fuck terrorism – love freedom!
Matthias Heitmann ist freier Publizist und Autor des Buches „Zeitgeisterjagd. Auf Safari durch das Dickicht des modernen politischen Denkens“ (TvR Medienverlag, Jena 2015). Seine Website findet sich unter www.zeitgeisterjagd.de. Dieser Artikel ist zuerst in der BFT Bürgerzeitung erschienen.
Beitragsbild: Brian Barbutti Flickr CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

Sie wollen es offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen, Herr Heitmann. Es handelt sich nicht um narzistisch motivierte Einzeltäter. Es handelt sich um radikale, ideologisierte Vertreter einer Massen-Religion, die diesem terroristischen Handeln definitiv Sinn und Legitimität verleiht. Einer aktuellen Untersuchung zufolge hegen übrigens mindestens 11% der syrischen "Flüchtlinge" dezidierte Sympathie für diese Terroristen (Arab Center for Research and Policy Studies). Mit noch so gut gemeinten Ratschlägen, die diesen Sachverhalt außer Acht lassen, werden wir nicht weiter kommen. Im Moment tanzt man mit dem Westen Tango, egal ob wir das zu ignorieren versuchen oder nicht.
Herr Heitmann ermahnt uns eindringlich, den Terrorismus schlicht zu ignorieren - da dieser letztlich unvermeidbar sei. Also immer fröhlich und möglichst unbeeindruckt weitermachen wie bisher - dann "zerfällt das terroristische Geschäftsmodell zu Staub". Eine wirklich beeindruckend einfache Lösung, um mit dem dramatisch zunehmenden Terror fertig zu werden! Vor allem muß nach dieser einfachen Rezeptur auch nicht etwa die ungebrochene Liebe zu einer "offenen und freien Gesellschaft" - was auch immer hierunter eigentlich konkret und en Detail im fraglichen Zusammenhang zu verstehen sein soll - hinterfragt, geschweige denn durch kleingeistige Restriktionen frustriert werden. Vorbehaltlos zuzustimmen ist dem Verfasser aber, daß es nicht die geringste Rechtfertigung für die barbarischen Terrorakte und ihre Vollstrecker geben kann. Dennoch bleibt eine sensible Ursachenforschung unvermeidbar, wenn man nicht bei der absehbar drastischen Zunahme der Weltbevölkerung zulasten der künftigen Generationen von vornherein vor dem ohne Gegenmaßnahmen zu erwartenden Terror einer Heerschar von vermeintlich Chancenlosen vollständig kapitulieren will.
Danke, Herr Heitmann! Sie schreiben mir aus der Seele. Die Opfer und ihre Hinterbliebenen bzw. der weitere Lebensweg und die gute Versorgung von körperlichen und seelischen Verletzungen von Überlebenden nicht nur terroristischer, sondern jeglicher Straftaten sollte absoluten Vorrang haben vor "Verstehen" des Täters. Genau die Dinge, die Sie aufgezählt haben und die immer erörtert werden, am besten noch: "Was haben "wir" bei der Integration falsch gemacht?", interessieren absolut nicht mehr. Die Vokabel "IS-Kämpfer" ist eine Verhöhnung der Opfer - es sind Banditen und Mörder. Ich kann allerdings nicht mit abgeklärter Gleichgültigkeit oder nur Trauer und Wut an solche Leute denken, nein ich empfinde Hass auf solche Typen. Diese durften sich hier breit machen, die Vorzüge der hiesigen Gesellschaft nutzen, meist auch den von anderen erwirtschafteten Sozialstaat. Dazu erlebten sie sukzessives Zurückweichen dieser Gesellschaft vor immer dreisteren Forderungen nach Respekt und Toleranz gegenüber ihrer totalitären Ideologie und keine Grenzsetzung auch bei geringfügigeren Straftaten. Es wird Zeit für eine Null-Toleranz gegenüber Hasspredigern, Salafisten, Moscheevereinen usw. Wer unsere Lebensweise verachtenswert findet, möge dorthin gehen, wo die Lebensweise seiner Mitmenschen seine Frömmigkeit nicht in Zorn versetzt und sich unseren Sozialstaat abschminken. Wer das eine will, muss das amdere mögen. Es kann nicht sein, dass ein Dieter Nuhr oder Hamed Abdel-Samad wegen Volksverhetzung angeklagt werden, eine Burkaträgerin, die jemanden wegen Beleidigung anzeigt erst nach einem islamischen Rechtsgutachten vor einem deutschen Gericht ihre Maskerade ablegen muss, aber ein Pierre Vogel oder diverse nicht deutsch sprechende Imame hier ihre kranken Thesen ungestraft verbreiten dürfen. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen treten Turban- und Schleier-Damen auf, die sich demonstrativ von der europäischen Gesellschaft unterscheiden wollen und auf unsere Kosten Soziologie studieren dürfen, damit sie anschl. gegen angebliche Diskriminierung kämpfen können. Nicht nur diese Ideologie ist krank, sondern der unterwürfig-schwanzwedelnde Umgang der deutschen Politik und sonstiger Gutmenschen mit dieser Ideologie.
Naja, das ist zum einen Verzicht auf Analyse, zum anderen allgemeines Geschwafel (kann es leider nicht anders nennen). Ein Analyseverzicht macht es unmöglich, sinnvoll zu agieren. Allgemeine Kalendersprüche wie "Mehr Offenheit..." sind eben nur Kalendersprüche.
Hmm, das klingt alles ganz schön - aber was ist damit gemeint? Was ist zum Beispiel "blinder Haß"? Wenn man durch die Straßen rennt und wahllos auf potentielle Terroristen, also die, die man persönlich dafür hält, einschlägt? Oder beginnt "blinder Haß", was sicherlich nicht wenige Politiker, Journalisten und Künstler unterstützen würden, schon damit, wenn man davor warnt, daß der Islam nicht ganz unschuldig an den Terroristen ist? Und was heißt "weniger Grenzendenken"? Gerade in der jetzigen Situation? Wäre es nicht doch vernünftig, etwas "mehr Grenzendenken" zu fordern? Sowohl was Staatsgrenzen, als auch was Grenzen des Akzeptierens in der Gesellschaft angeht? Was ist mit "mehr Freiheit" gemeint? Jeder Grüne, jeder Linke, viele SPD- und anscheinend auch nicht wenige CDU- und FDP-Anhänger würden hier sofort sagen: Seht Ihr: Grenzen sind illegal, jeder muß die Freiheit haben, zu leben, wo er möchte, jeder muß die Freiheit haben, seine Religion so auszuleben, wie er das für richtig hält, auch wenn das in die Freiheit anderer, zum Beispiel der eigenen Kinder, hineingreift. Insofern finde ich es einfach zu sagen: Wir brauchen mehr Mut, mehr Freiheit usw.. Für mich ist "Mut" in diesen Tagen, wenn man es wagt, darauf aufmerksam zu machen, daß Frau Merkel eventuell nicht ganz unschuldig ist, daß Terroristen unkontrolliert, unerfaßt, durch ganz Europa touren. "Mutig" wäre es auch, zu sagen, daß es irgendwie sonderbar ist, daß die Polizei zwar die gewaltbereiten Salafisten anscheinend alle kennt, aber nicht einmal bei akuter Terrorgefahr, wie es der Fall ist, irgendwelche Rechte hat, diese festzunehmen oder ausweisen zu lassen. Oder warum warnt man, daß es "nur eine Frage der Zeit sei, bis so was hier passiert", so wie die belgische Polizei meinte, "ja, einen Terroranschlag wie in Brüssel habe man kommen sehen". Na prima, kann man da nur sagen. Warum zahlt man in diesem Fall überhaupt irgendwelche Steuern an den Staat, wenn diesem die eigenen Bürger unwichtiger sind als irgendwelche abstrakten Ideen von angeblichem Liberalismus, der im Moment nur bewirkt, daß Leute, die bereit sind, andere zu töten, mit Samthandschuhen angefaßt werden. Das ist dann für mich kein Liberalimus mehr, sondern eine ideologisch verbrämte, dekadente, satte und mitleidlose Selbtsaufgabe.