Der Narr hat den Vorteil, nichts mehr zu verlieren zu haben. Das, was es zu verlieren gibt, hat er bereits freiwillig herausgegeben. Etwa einen seriösen Ruf. Er steht außerhalb der Konkurrenz. Kann von nun an wahr sprechen. Keiner muss ihn fürchten. Will er doch niemandes Platz einnehmen, niemanden verdrängen. Doch seine Weisheit hört man gern. Nur muss er unabhängig bleiben. Sonst hört der Narr auf, ein Narr zu sein.
Dem mittelalterlichen Narrator als Korrektiv für herrschende Absichten ähnelt zunächst die sehr viel ältere Figur der Kassandra des Dichters Homer. Kassandra war mit dem skill der strategischen Einsicht gesegnet, aber eine Intrige (“Fluch”) diskreditierte ihre Glaubwürdigkeit so vollkommen, dass ihre Rufe den trojanischen Mitbürgern wie jeck erschienen. Daneben gibt es eine dritte Figur, den Anwalt des Teufels, den Advocatus Diaboli. Erfunden und institutionalisiert an mediävalen europäischen Universitäten, um in der Klerikerausbildung durch ihn eine vorgetragene These im Disput testen zu lassen (Lanz oder Maischberger haben weder Prinzip noch Nutzen des A.D. je verstanden und darum auch nie in ihren kranken “Disput”-Sendungen umgesetzt), ist er der eigentliche Wächter der Gewissheiten. Zu blöd, dass die kath. Kirche ihre brauchbarsten Innovationen nicht mehr nutzt. ZEIT von 2016 unter “Keine Nächstenliebe mit der AfD”: “Die katholische Kirche verweigert der AfD den Dialog.” Soll sie doch, wenn sie wenigstens den Disput zu schätzen wüsste!
Herr Seiler, er ist auch keiner. Er arbeitet nur unkonventionell und damit originell. Die Ergebnisse können sich sehen lassen (Allein die Botschaftsverlegung nach Jerusalem - göttlich) Wenn Präsident Trump so weitermacht , kann er ein Grosser werden, wie Ronald Reagan.
“Es ist besser, die Leute vermuten nur, daß man ein Narr ist, als wenn man den Mund aufmacht und alle Zweifel zerstört.” (Mark Twain)
Nicht schlecht dieser Artikel. – Aber warum als Illustration der US-Präsident Trump? Der *kann* kein Narr in diesem Sinne sein, er darf es auch nicht, weil er der König ist. Ein Narr als Narr kann, wenn er es gut macht, eine konstruktive Rolle einnehmen, wie dieser Artikel aufzeigt. Aber ein Narr kann per definitionem nicht der König sein, er ist das Gegenüber des Königs. Verhält sich aber ein König wie der Narr, so ist das zerstörerisch. Trump mag sich wie ein Narr verhalten, aber er kann keiner sein.
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