Gunter Weißgerber / 10.03.2018 / 11:00 / Foto: Gostens / 8 / Seite ausdrucken

Zu kalt für den Fortschritt

„StreetScooter bietet clevere E-Mobilität für Ihren Arbeitsalltag“ tönt die DHL. Auf das Wort clever scheint es dabei besonders anzukommen. Gemeinhin ein eher positiv besetzter Begriff. Wer will nicht clever sein und dabei anständig durchs Leben gehen? 

Die jüngste Kältewelle verführte mich zu mehrfachen Fragen an die bemitleidenswerten DHL-Sklaven, die bei Tagestemperaturen zwischen minus 10 und minus 15 Grad Celsius mitsamt ihren frostroten Nasen bibbernd die Post ans Haus brachten. Die fortschrittlich ausgebeuteten Menschlein klagten nicht. Als neugieriger Kunde musste ich den Aufschlag machen. Von allein hätten diese freundlichen, nahe am Erfrieren die Post ausfahrenden Staatsbürger in DHL-Diensten ihren Kummer für sich behalten. Ich nahm mir sogleich vor, an Stelle der Betroffenen öffentlich Meldung zu erstatten. Was ich hiermit tue.

Mehrfach an verschiedenen Tagen passte ich in den letzten Wochen das Postauto ab. So wie die Omi, die sonst nichts zu tun hat und auf diesem Wege etwas von den Weltläufen in der Region zu erfahren hofft. Ich fragte immer, wie es denn so bei dieser Schweinekälte läuft, und ob es denn wenigstens in der Fahrkabine auszuhalten sei. Pustekuchen! „Wir machen die Heizung nicht an, weil wir unsere Runde schaffen und nicht mit leeren Akkus unterwegs liegenbleiben wollen. Die Heizung benötigt doch auch Strom.“, so die Antworten. 

Wer schon einmal länger mit ausgefallener Heizung fahren musste, weiß einzuschätzen, was der Fortschritt von den DHL-Beschäftigten so abverlangt. Ein Hoch dem Fortschritt! Gestern, die Kältewelle ist vorbei, wollte ich wieder nach der Heizung und den Liegenbleiben-Ängsten fragen. Vor dem Fragen stutzte ich. Statt eines hochmodernen e-Spielzeug-Autos kam ein angeblich stinkender Benziner. Auf meine Frage kam die Antwort: „Also das mit der Heizung, das ist nicht mehr so schlimm. Die ist wieder angeschaltet, aaaber es gibt jetzt gerade viele Umleitungen, und wir wissen nicht, ob wir die zusätzlichen Kilometer schaffen ohne liegenzubleiben. Die Zusatz-Kilometer fressen noch mehr Strom. Deshalb fahren wir besser mit den Benzinern.“ Clever bedeutet auch aalglatt. Die DHL ist sehr clever.

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Leserpost

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H.Berndt / 10.03.2018

@Heiko, absolut stringente Beweisführung, selten so gelacht! Ich bin seit über 45 Jahren in der Energiewirtschaft tätig, dieser Hype um die E-Mobilität macht mich immer noch total fertig! Aber Gott sei Dank kommt der Strom ja aus der Steckdose!

Hermann Köller / 10.03.2018

Leider hat Heiko Stadler unrecht: moderne Dieselmotoren sind so energieeffizent, daß für die Fahrgastraumheizung nicgts mehr übrig bleibt. Der wird dann elektrisch beheizt.

Caroline Neufert / 10.03.2018

Nicht jedem kann es so gut gehen wie Ihnen. “Sklaven” sind es aber wohl kaum und man muss nicht Hayalis Tweet gelesen haben, um zu wissen, dass die Kollegen schlau genug sind, ihre Arbeit zu optimieren. Die Zeitungsverlage waren es übrigens, die sich dem Mindestlohn für ihre Zusteller verweigerten und sich eine Sondergenehmigung holten. Aber das wird hier nicht thematisiert. Passt nicht in die Gleichschaltung.

Jens Fortmann / 10.03.2018

“Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.”  Wilhelm II über die Zukunft der Mobilität. Das mit dem Fortschritt war wohl noch nie Sache der Deutschen, weder links, noch ökologisch oder konservativ - irgend einen Grund gibt es immer warum früher alles besser war und alles Neue genüsslich kritisiert (E-Mobilität) oder dämonisiert (1980: Computer, heute : KI) wird. Die Zukunft wird nicht gestaltet sondern bejammert.

Franz Haag / 10.03.2018

Liebe Leser, ein paar Fakten: - Wird die Heizung (Sitz) eines Streetscooters im Dauerbetrieb betrieben, reduziert sich die Reichweite lediglich um ca. 800 m. Dies kann doch wirklich vernachlässigt werden. - Streetscooter gibt im Prospekt 80 km Reichweite an. Die geringste Reichweite im Winter, die im Stern publiziert wurde, waren 70 km. Wenn die Tour über 70 km beträgt. muss eben nachgeladen (Mittagspause) oder der größere Akku (120 km Reichweite) oder Range-Extender (300 - 500 km Reichweite) geordert werden. Auch ein Benziner oder Diesel bleibt liegen, wenn ich die Reichweiten-Anzeige ignoriere und nicht rechtzeitig nachtanke. Für Bedienfehler bzw. falsch bestellte Ausstattung sollte nicht der Hersteller oder der Elektroantrieb verantwortlich gemacht werden.

Bernhard Freiling / 10.03.2018

@ Heiko Stadler:  Das wäre ja wirklich genial! Gibt es sowas schon zu kaufen? :-) :-)

K.H. Münter / 10.03.2018

So sammelt die Post, auf Kosten der armen Zusteller, weiterhin praktische Erfahrungen zum Betrieb mit E-Fahrzeugen. Das mit den Heizungen war ja vorauszusehen aber daß schnöde Umleitungen mit den extra-Kilometern so reinhauen, wer hätte das gedacht bzw. man hätte es auch schon vorher ausrechnen können. Aber das wäre ja ein Minuspunkt für die Elektro-Euphorie gewesen. Diese verdammte Reichweite!

Heiko Stadler / 10.03.2018

Elektroautos sind clever, aber es gibt eine noch clevere Technik: Es ist die Kraft-Wärme-Kopplung. Das geht so: Ein Verbrennungsmotor, idealerweise ein hocheffizienter Diesel, erzeugt die Antriebsleistung und die Abwärme wird für die Fahrgastraum-Heizung verwendet. Diese Technik ist effizient, umweltschonend, benötigt keine Kühltürme, erwärmt keine Flüsse, legt die Stromversorgung nicht lahm und schreddert keine Vögel.

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