Henryk M. Broder / 23.02.2020 / 06:15 / Foto: CEphoto/Uwe Aranas / 106 / Seite ausdrucken

Zu früh gefreut, hat schon manchen gereut

Vorgestern brachte MEEDIA eine längere Meldung über einen Streit um Meinungsfreiheit zwischen Roland Tichy und Claudia Roth. Illustriert war die Geschichte mit einem Foto der grünen Vizepräsidentin des Bundestages, das entweder 30 Jahre alt ist oder von einem halben Dutzend Photoshop-Experten bearbeitet wurde. Darunter stand der Satz: Roland Tichy scheitert mit Klage gegen Claudia Roth.

Das mag Frau Roth so empfunden haben, aber wie so vieles, was Frau Roth empfindet, entspricht es nicht ganz den Tatsachen. Tichy hat die erste Runde in einem Verfahren verloren, das sich noch eine Weile hinziehen wird. Man könnte auch sagen: Frau Roth hat in der ersten Runde die Nase vorne gehabt. 

Zur Info: Vor dem LG Stuttgart ging es um eine Einstweilige Verfügung, die Tichy gegen Roth beantragt hatte, nachdem sie in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen u.a. behauptet hatte, man müsse die Stichwortgeber benennen, all diese neurechten Plattformen, deren Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen beruht – von Roland Tichy über Henryk M. Broder bis hin zu eindeutig rechtsradikalen Blogs

Nach dem Verfügungsverfahren kommt die Hauptsache

Tichy wird gegen die Entscheidung des Stuttgarter Landgerichts in Berufung gehen. Und egal, wie das Oberlandesgericht entscheiden wird, wird es nach dem sogenannten "Verfügungsverfahren" in der "Hauptsache" weitergehen, wieder vor dem LG und dem OLG, wenn eine der beiden Parteien sich nicht geschlagen gibt und auf weitere Rechtsmittel verzichtet. Dann sieht man sich möglicherweise in Karlsruhe wieder. 

Zu behaupten, Tichy sei mit seiner Klage gegen Roth "gescheitert", ist also entweder wishful thinking oder ejaculatio praecox. Frau Roth muss es nicht wissen, sie ist ja von Beruf "Dramaturgin", aber die Kollegen von MEEDIA sollten das Procedere in solchen Fällen kennen.

Es kommt noch etwas dazu. Eine Woche, nachdem das Interview in der Augsburger Allgemeinen erschienen war, druckte es der Konstanzer Südkurier nach, mit einer kleinen Änderung. Wer die Korrektur veranlasst hatte, Frau Roth oder ein Redakteur des Südkurier, ist nicht bekannt. Jedenfalls war der Satz mit dem "Geschäftsmodell" weg. Irgendjemand muss bemerkt haben, dass Frau Roth ein wenig über das Ziel hinausgeschossen war.

Die Entscheidung des Stuttgarter Landgerichts im Verfügungsverfahren war zwar nur eine vorläufige, aber ganz nach dem Gusto von Frau Roth. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn ausgerechnet diejenigen mit dem Versuch scheitern, eine zulässige Meinungsäußerung gerichtlich verbieten zu lassen, die selbst mehr als einmal in der Kritik standen, die Grenzen der Sagbaren gezielt verschieben zu wollen. Wer lauthals austeilt, beim leisesten Widerspruch aber vor Gericht zieht, macht sich wenig glaubwürdig. 

Hat Frau Roth ein Geschäftsmodell?

Jeder Mensch mit ein wenig Lebenserfahrug weiß, dass man den Tag nicht vor dem Abend bejubeln soll. Für Frau Roth ging es bis jetzt immer nur aufwärts, von Hoffmanns Comic Theater in Unna über das Europäische Parlament, wohin sie von den Grünen vorübergehend abgeschoben wurde, bis in das Präsidium des Bundestages. Da kann man/frau schon ein wenig übermütig werden. Auch der Weg nach Stalingrad war mit lauter Siegen gepflastert.

Womit wir bei der Frage aller Fragen wären: Hat Frau Roth ein Geschäftsmodell? Und wenn ja, wie sieht es aus?

Man muss zugeben, dass es ihr an Selbstbewusstsein nicht mangelt, nicht einmal in einem Zustand, der einen Mopedfahrer den Führerschein kosten würde. Dieses Selbstbewusstsein kommt ihr auch in Situationen zugute, die an Peinlichkeit nicht zu überbieten sind. Sie kann sie auch autoritär agieren, wenn es darum geht, die Geschäftsordnung des Bundestages flexibel zu praktizieren. Im Kampf gegen den Klimawandel nimmt sie jede Strapaze in Kauf. Und findet zwischendurch immer wieder Zeit, sich für diskriminierte Minderheiten einzusetzen. Wenn nötig, zieht sie sogar vor Gericht, um eine zulässige Meinungsäußerung gerichtlich verbieten zu lassen, obwohl sie es wenig glaubwürdig findet, wenn andere so etwas tun. Und wenn sie mal echte Fake News produziert, springt das Team Roth für sie ein.

So also sieht das Geschäftsmodell von Frau Roth aus. Es entspricht dem ptolemäischen Weltbild, wobei die Himmelskörper nicht um die Erde, sondern um Frau Roth kreisen. Eine echte Karrierefrau, die entsprechend dem Peter-Prinzip an der Stelle ihrer optimalen Inkompetenz angekommen ist.

 

Von Henryk M. Broder erschien am 8. November 2019 das Buch „Wer, wenn nicht ich – Henryk M. Broder“. Der Autor befasst sich darin mit „Deutschen, Deppen, Dichtern und Denkern auf dem Egotrip“. Das Buch kann im Achgut.com-Shop bestellt werden. Die dritte Auflage ist ab sofort lieferbar.

Foto: CEphoto/Uwe Aranas CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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August Klose / 23.02.2020

Frau Roth hat einen Beruf? Ich dachte, die hat nur einige Wochen an der LMU im Studentencafe gesessen?

H. Schmidt / 23.02.2020

Auf der Seite des Bundestages steht: “Der Bundestagspräsident steht dem Bundestag vor, wahrt die Rechte des Parlaments und leitet die Plenardebatten gerecht und unparteiisch.” Nun als Vize-Prä. ist mir die Frau noch nicht gerecht und unparteiisch aufgefallen. Sobald ein AFD-ler spricht und zu viel sagt was ihr nicht gefällt oder die AFD Reihen etwas lauter werden, kommt erst ihr schiefer Blick unter der Brille hindurch, welcher an eine Kröte erinnert die sich an einem Artgenossen verschluckt hat und dann der “Roth-Hammer”. Bei anderen Parteien ist sie da deutlich entspannter. Fazit: Sie führt ihr Amt nicht angemessen aus. Ansonsten: Danke für das Foto da oben. Hat mir prompt wieder den Tag versaut ;-) (P.S. Das war der diplomatisches Kommentar der mir je zu dieser Person eingefallen ist…hust)

Arne Busch / 23.02.2020

Oh mein Gott. Und das früh am Sonntag. Man ahnt nichts böses, hat gerade -  gut gelaunt - seine Tasse Kaffee in der Hand, das Frühstücksbrötchen liegt bereit, man öffnet gewohnt “Die Achse” auf seinem Tablet…. und sieht dieses Bild!

Gerhard Rachor / 23.02.2020

In Erinnerung von Frau Roth bleibt die denkwürdige Sendung im Bayerischen Rundfunk, wo sie allen Ernstes vor laufender Kamera bestritten hat, dass es Artikel 16a Abs. 2 GG gibt. Und sie hat ihren Standpunkt mit Vehemenz verteidigt. Ich habe mich da gefragt, ist das nur Ignoranz oder schon Dummheit?

Volker Voegele / 23.02.2020

Insgesamt ist es schon recht erstaunlich, wie lange sich das Polit-Schlachtschiff ‘HMS Claudia Roth’ aus dem letzten Jahrhundert über Wasser halten konnte. Man gönnt Ihnen, Herr Broder, gerne den intellektuellen oder juristischen Blattschuss für das glibber-grüne Ungetüm.

Karl Gustav / 23.02.2020

Guten Tag Herr Broder, eine Frage an Sie, warum beteiligen Sie sich nicht an dem Verfahren von Herrn Tichy? Sie sind ja ebenso von den Verunglimpfungen dieser unsäglichen Frau betroffen.

Jörg Plath / 23.02.2020

Auf alle Fälle ist die Sache spannender, als die meisten Eigenproduktionen des ÖR. Ich fieber schon auf den nächsten Schlagabtausch hin! Ob Wetten auf den Ausgang angenommen werden?

Sabine Schubert / 23.02.2020

Ich wäre sehr dafür, dass Frau Roth (ebenso Frau Künast) bei den Grünen wieder mehr in den medialen Vordergrund rückt. Die Achse-Leser werden wissen wieso.

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