Ex-Kanzler Gerhard Schröder sollte gestern vor einem Untersuchungsausschuss in Schwerin zum Nord-Stream-Komplex aussagen. Er sagte nichts Konkretes, bot aber immerhin eine wichtige Erinnerung.
Die gestrige Schlagzeile des Nordkurier war arg optimistisch: „Nord Stream 2 und Klimastiftung – Jetzt packt Gerhard Schröder aus“. Der ehemalige Bundeskanzler, bekennende Freund von Wladimir Putin und späterer Spitzen-Manager in dessen Umfeld im russischen Gasgeschäft, war gestern zum Klimastiftungs-Untersuchungsausschuss in Schwerin vorgeladen worden. Aus Gesundheitsgründen wurde dem 81-Jährigen gestattet, sich aus dem Homeoffice in Hannover per Video zuschalten zu lassen.
Egal auf welchem Wege er kommt, wenn ein Gerhard Schröder aussagen soll, dann ist das Medieninteresse groß, vor allem, wenn es um die North-Stream-Geschäfte geht. Die Kollegen erschienen in großer Zahl in Schwerin, doch ernsthaft hat wohl niemand angenommen, dass der alte Fahrensmann Schröder jetzt plötzlich vor einem Landtagsuntersuchungsausschuss „auspackt“. Allerdings manche Aussage war durchaus erhellend und erinnerte unfreiwillig an die Verantwortlichen für das deutsche Energie- und Wirtschaftsdesaster.
In Schwerin gibt es wahrscheinlich die einzige deutsche „Klimastiftung“, mit der sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss beschäftigt. Gegründet wurde sie Anfang 2021 vom Land Mecklenburg-Vorpommern und der Nord Stream 2 AG. Der Name sollte wohl den eigentlichen Zweck bemänteln. Zwar kümmerte sich die Stiftung offiziell auch um sogenannte Klimaprojekte, aber sie diente vor allem dem Zweck, quasi als Tarnorganisation, die Fertigstellung der Nord-Stream-2-Pipeline abzuwickeln.
Die Stiftungsgründung fällt noch in Donald Trumps erste Amtszeit. Der wollte Fertigstellung und Inbetriebnahme von Nord-Stream-2 bekanntlich verhindern. Mit guten Worten erreichte er diesbezüglich bei Angela Merkel nichts. Als er seinerzeit in einer Rede vor der UNO-Vollversammlung vor einer drohenden Energie-Abhängigkeit Deutschlands von Russland warnte, glänzte der damalige deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) mit demonstrativem höhnischen Lachen.
"Kaderpolitik auch im Westen"
Donald Trump beließ es allerdings nicht bei Worten, sondern er drohte mit US-Sanktionen gegen Firmen, die an Geschäften mit Nord-Stream beteiligt waren. Das blieb nicht ohne Wirkung, weshalb die Stiftung bei der Sanktionsumgehung hilfreich sein sollte.
Die Pipelines waren bekanntlich von Anfang an ein konfliktträchtiges Politikum. Polen, die baltischen Staaten und die Ukraine verstanden den Bau als Affront, diente er doch dazu, den Leitungs-Transit durch beide Länderbei bei russischen Gaslieferungen nach Deutschland zu umgehen. Ein russisch-ukrainischer Gasstreit hatte zuvor schon einmal zu Lieferschwierigkeiten geführt.
Gerhard Schröder brachte als deutscher Bundeskanzler die erste Nordstream-Pipeline auf den Weg, die zweite begleitete er dann quasi als russischer Geschäftsmann im Dienste seines Freundes Wladimir Putin.
Schröder hatte das erste Pipeline-Projekt bekanntlich als Kanzler 2005 noch unter Dach und Fach gebracht, um dann bald darauf, nach dem vorfristigen Ende seiner Amtszeit, nach Moskau zu Gazprom, bzw. in den Aufsichtsrat der North European Gas Pipeline Company zu wechseln. Das kommentierten kritische Stimmen in Russland laut Spiegel damals so:
„Nur die Kreml-kritische Tageszeitung ‚Kommersant‘ spottet über den Lobbyisten Schröder: ‚Die unerwartete Beschäftigung, die sich für den Ex-Kanzler fand, bedeutet, dass die in Russland bewährte Kaderpolitik Verbreitung auch im Westen findet: das Gas-Projekt werden nur Figuren leiten, die persönlich dem russischen Präsidenten zu Willen sind.‘“
In Polen schrieb die Presse seinerzeit in Anlehnung an den „Hitler-Stalin-Pakt“ vom „Schröder-Putin-Pakt“, wenn von Nord-Stream die Rede war.
Das nützliche Klima-Etikett
Bekanntlich hielt auch Schröders Nachfolgerin Angela Merkel am Pipeline-Projekt fest. In ihrer Amtszeit wurde dann auch Nord-Stream-2 gebaut. Für die Kritik der Osteuropäer daran, dass die deutsche Politik in Richtung einer deutschen Gas-Abhängigkeit steuerte, war die Kanzlerin kaum empfänglich. Auch entsprechende Vorstöße aus Washington prallten an ihr ab. Die Geschäfte rund ums Gas entwickelten sich auch unter ihrer Ägide bekanntlich prächtig.
Die Bundesregierung intervenierte auch nicht, als Schwesig, bzw. ihr Land, die Stiftung mit North-Stream gründete. Die Etikettierung als „Klimastiftung“ war zudem kein schlechter Einfall, denn „Klimarettung“ ist heutzutage fast sakrosankt.
Offiziell nannte sie sich „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ und wurde zu über 99 Prozent von Gazprom, bzw. deren Nord Stream 2 AG finanziert. Im Antrag der Landesregierung zur Stiftungs-Gründung steht, neben wohlklingenden Klimaschutz-Floskeln, auch zum Zweck der Übung:
„Die Gründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes in der Stiftung mit dem Ziel, einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline Nord Stream 2 zu leisten.“
Dazu habe die Stiftung mit der Blue Ship auch ein Schiff gekauft, das direkt zum Bau von Nord Stream 2 beitrug, heißt es bei Wikipedia. Keiner rechnete offenbar mit Putins offenem Angriff auf die Ukraine. Manuela Schwesig nicht, ebensowenig Angela Merkel, die gerade ihr Amt übergeben hatte, und ihr Nachfolger Olaf Scholz auch nicht. Aber als dann am 22. Februar 2022 die russischen Truppen in Richtung Kiew marschierten, bemühten sich die deutschen Politiker, die zuvor gern Kontakte zum Kreml-Herrscher gepflegt hatten, um möglichst viel Distanz zu Russland und russischen Institutionen.
Am 28. Februar 2022 erklärte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, sie wolle die Stiftung auflösen. Darüber gab es internen Streit – aufgelöst ist die Stiftung immer noch nicht. Nach außen wehrte man sich vor allem dagegen, dass Journalisten Einsicht in Unterlagen der Stiftung begehrten. Die Welt berichtete seinerzeit, dass die Gründungsunterlagen zur Stiftung nicht mehr auffindbar wären. Schwesig hörte zwar Rücktrittsforderungen, aber die perlten an ihr ab. Am 14. April 2022 wurde dann mit den Stimmen von CDU, FDP und Grünen im Landtag ein Untersuchungsausschuss zum Verhalten von Schwesigs Regierung in Bezug auf Nord Stream 2 und die Stiftung eingesetzt.
Wenn Unterlagen plötzlich verschwinden, gibt es viele brisante Fragen an Zeugen zu stellen. Das ist vor allem auch deshalb spannend, weil in Mecklenburg-Vorpommern im nächsten Jahr ein neuer Landtag gewählt wird. Folgerichtig will der Ausschuss auch prominente Zeugen hören, die Licht ins Dunkel der näheren Umstände der Stiftungsgründung und der Rolle der Ministerpräsidentin bringen könnten. Doch das wollen die meisten von ihnen wahrscheinlich ebensowenig wie der Zeuge Schröder.
Der Untersuchungsausschuss habe lange darum kämpfen müssen, Schröder zu den Vorgängen rund um die Klimastiftung befragen zu dürfen, heißt es in Medienberichten. Bereits im Januar sei er geladen worden, hätte dann aber kurzfristig abgesagt. Im April habe der Ex-Kanzler einen Brief an die Abgeordneten geschrieben, in dem er sein Nicht-Erscheinen mit einer „Burnout-Symptomatik“ begründet. Deshalb hätte ihm der Ausschuss eine Befragung in Hannover oder per Video angeboten.
Mit einem Anwalt an der Seite sei der Einundachtzigjährige ausgeruht in T-Shirt und Sakko auf dem Bildschirm erschienen. Wie die Ostseezeitung berichtet, gab es im Saal ein striktes Film- und Fotoverbot.
„Was soll dieser Unsinn?"
Im Auftritt blieb sich Schröder treu. Er unterbrach die Abgeordneten immer wieder, erklärte ihre Fragen für „unzulässig“, „lächerlich“ und „obskur“. Er wird mit Sätzen zitiert wie: „Es geht Sie einen feuchten Kehricht an, ob ich Kontakte zu mecklenburgischen Wirtschaftsvertretern hatte“ oder „Was soll dieser Unsinn? Herr Vorsitzender, können Sie diesen Mist beenden“.
Aber er rechtfertigt sein Handeln als Kanzler, wie die FAZ berichtet. Für ihn sei die energiepolitische Zusammenarbeit mit Russland „Friedenspolitik“ gewesen, so solle man das auch heute noch bezeichnen. Ach so? Mit Gas und Geld hatte das alles gar nichts zu tun?
Wenig überraschend ist seine Feststellung, dass er über die Nord Stream 2 Pipeline mit Russlands Präsident Wladimir Putin „immer einer Meinung gewesen“ sei. Die erwünschten Details zur Gründung der Klimastiftung erfahren die Abgeordneten nicht, werden aber belehrt, dass dies eine „außerordentlich vernünftige Entscheidung“ gewesen wäre. Schließlich habe sie dazu gedient, das Projekt fortführen zu können. „Die Stiftung war ein Instrument, um amerikanische Interventionen in unsere Energiepolitik zu verhindern“, wird Schröder von der Zeit zitiert.
Zur Verteidigung seines Kurses beruft er sich auch auf seine Nachfolgerin Angela Merkel, die die energiepolitische Zusammenarbeit mit Russland fortgeführt hätte. So stünde auch Merkels Name auf der Nord Stream 2 Pipeline. Sie hätten beide bei der Einweihung auf der Rohrleitung unterschrieben. Warum auch nicht, die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland bei Energiefragen – so der Ex-Kanzler – „lief völlig reibungslos und hat manche internationale Krise überstanden“.
Zum Atomausstieg auf Erdgas gesetzt
Interessant war, dass der Genosse Schröder daran erinnerte, warum in Deutschland der Hunger nach günstigem russischen Gas so groß wurde, dass ein solches Pipeline-Projekt wie Nord-Stream überhaupt als sinnvoll verkauft werden konnte. Die Zeit berichtet:
„Der frühere Bundeskanzler erklärte, Deutschland habe sich unter seiner rot-grünen Bundesregierung von der Kernenergie abwenden wollen und für die Sicherstellung des Energiebedarfs auf Kohle und das umweltfreundlichere Erdgas gesetzt. Günstiges Erdgas habe Russland via Pipeline liefern können.“
Letztlich war es also die rot-grüne Energiepolitik, die auch hier verantwortlich ist. Das ist zwar keine überraschende Enthüllung des Ex-Kanzlers, aber durchaus eine vielleicht hilfreiche Erinnerung in Zeiten, in denen die Bundesrepublik noch immer nicht die Umkehr zu einer vernünftigen Energiepolitik schafft, deren höchste Priorität die zuverlässige und sichere Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit bezahlbarer Energie ist, die auch nicht vermeintlich höherer Ziele wegen gefährdet werden darf.
Vielen Ausschussmitgliedern ging es natürlich darum, vielleicht doch noch etwas mehr zur Rolle der Ministerpräsidentin Schwesig zu erfahren. „Vielleicht kann Herr Schröder Auskunft darüber geben, wer die Idee zur Stiftung hatte, wann dies war und wann die Landesregierung darüber informiert wurde. Dass die Idee nicht aus Schwerin stammt, sondern aus Russland, gilt inzwischen als sicher. Dass die Sache einen gewissen Vorlauf gehabt haben muss, ist zumindest sehr wahrscheinlich“, zitiert der Nordkurier den Ausschussvorsitzenden Sebastian Ehlers (CDU).
Die Erfüllung dieses Auskunftswunsches hat der Christdemokrat bestimmt nicht ernsthaft erwartet. Schröder lobte die Gespräche mit Schwesig lediglich, verriet aber nichts Konkretes über deren Inhalt. Sie sei eine „angenehme und äußerst liebenswürdige" Person, habe Schröder gesagt. Der Ex-Kanzler zeigte deutlich, dass er nicht gewillt ist, irgendetwas auszusagen, was seinen Freunden und/oder Genossen schaden könnte.
Auch die folgenden Zeugen werden wohl kaum mehr Konkretes zur Aufklärung beitragen. Für gestern Nachmittag wurde noch Angela Merkels ehemaliger Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) vor dem Ausschuss erwartet. Am 7. November sollen die beiden ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Peter Altmaier (CDU) aussagen und am 21. November Altkanzler Olaf Scholz (SPD). Der wird sich voraussichtlich nicht so recht erinnern können.
Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.

Lupenreine Demokraten, der Brioni-Cohiba-Gasgerd und sein Liebchen, der KGB Nowitschok Vladi. 1999 brachte der Acker gemeinsam mit seinem kriminellen VW Kumpan und dem Steinewerfer aus Frankfurt die Sonbenfinsternis nach Deutschland. Und seit dem hält die an.
@Marc Greiner: Tusk? Hat recht? - Deutschland hat das Recht, seine Lieferwege selbst zu bestimmen, egal was andere denken. Mal ein kleines Beispiel aus den frühen 80ern lt. Wikipedia zum Thema Bahnverkehr zwischen der DDR und der Sowjetunion (wichtigster Handelspartner der DDR): “In der Volksrepublik Polen kam es wiederholt zu politischen Unruhen, die schließlich 1981 zur Verhängung des Ausnahmezustandes führten. Daher wurde der Landweg über Polen sowohl militärstrategisch als auch wegen der geforderten hohen Transitgebühren ökonomisch als ungünstig angesehen.” Die Realität war, und darüber wurde nie richtig berichtigt, dass Waggons im Transit ausgeraubt wurden, in Polen! - Die Folge war der Bau der Fährverbindung von Mukran auf Rügen nach Klaipeda in Litauen, wirksam ab 1986. Also auch damals schon war eine Umgehung von Polen ökonomisch sinnvoll.
Energiewendepolitik in Deutschland: - Atomausstieg 2023 - Kohleausstieg bis 2030 - Weitgehender Verzicht auf billiges Russengas ab 2022 - Rückbau Gasnetze bis 2045 Alles maximal destruktiv und auf Verunmöglichung einer Umkehr ausgelegt. Das ist im Ergebnis nicht weniger als der nachgeholte Nerobefehl. Der Wähler wollte eben schon immer belogen und betrogen werden. Mit welcher günstigen und jederzeit gesicherten Leistung man die in Abwicklung befindliche Industrienation künftig versorgen möchte, erzählt keiner der ökopopulistischen Windbeutel (oder Müllbeutel?) von der Linken bis weit hinein in die CDU. Die Deutschen haben - wieder einmal - ohne Not (Nein, an die religiös aufgeladene Legende von Klimaapokalypse glaube ich nicht) selbst den Untergang gewählt. Die wenigsten kapieren es, bis es dann wirklich so weit ist. Blackout für mehrere Tage/Wochen, bürgerkriegsähnliche Zustände auf Grund des Zusammenbruchs der kompletten Versorgung (Clanstrukturen sind von enormen Vorteil, wenn der Rechtsstaat schachmatt gesetzt ist). Der Deutsche begreift leider immer erst nach Mord und Totschlag. Niemals vorher. Diese unnachahmliche dümmliche Art der historischen einmaligen ökonomisch-sozialen Selbstversenkung in Friedenszeiten wird noch als schlechte Groteske in die Geschichtsbücher eingehen. So viel ist bereits heute sicher. Deutschland wird schon lange nicht mehr am Hindukusch verteidigt. Auch nicht in der Ukraine, am Suwalki-Korridor oder den deutschen, lediglich kartographischen Landesgrenzen. Die letzte Haltelinie der Landesverteidigung ist bereits seit geraumer Zeit die eigene Haustüre.
Sagen wir ganz einfach: Mindestens zwei deutsche Regierungschefs (generisches Maskulinum) haben für den geheimdienstlichen Nachfolger des KGB gearbeitet.
Lustige Sicht auf die Geschichte. Bei den Grünen haben erst die türkischen Gastarbeitern das Wirtschaftswunder ermöglicht. Bei den Putin-Liebchen passiert das sogar noch später, d.h. erst mit dem russischen Gas. Dabei ist beides für einen signifikanten Verlust an Wohlstand verantwortlich.
Was spricht aus deutscher Sicht dagegen , lieber billiges russisches Erdgas zu kaufen , statt teures amerikanisches ?
Deutschland kriegt billiges Gas und muss dann eben russische imperialistische Interessen vertreten. Ein echt grüner Deal.