Wenn in der politischen Rede allzu suggestiv von dem Wortpaar „das Neue“ und „das Alte“ Gebrauch gemacht wird, sollte man aufhorchen. Denn dieses Wortpaar kann einen zerstörerischen Charakter bekommen. Wenn nämlich „das Neue“ als etwas in sich Geschlossenes einem ebenso geschlossenen „Alten“ gegenübergestellt wird, findet das Denken in Kontinuitäten der Entwicklung keinen Platz mehr im Denken – die feindliche Gegenüberstellung von neu und alt kappt die Entwicklungslinien. Er schafft eine Art tabula rasa – angeblich, um Platz für das Neue zu schaffen.
In Wirklichkeit entwurzelt er das Neue, beseitigt die Erinnerung an die Errungenschaften des Alten und einen kritischen Maßstab, an dem die Gewinne des Neuen zu messen sind. So wird nicht nur die Gegenwart entwurzelt, sondern auch die Zukunft. Die Zeitordnung wird kurzatmig. Eine besonders törichte Beschreibung der Moderne besteht darin, dass sie als eine Ordnung des „ständig Neuen“ und des „immer schneller Neuen“ dargestellt wird.
In einem sehr einleuchtenden Buch über die Kontroverse zwischen dem Konservativen Edmund Burke und dem Revolutionär Thomas Paine hat Yuval Levin herausgearbeitet, das der Unterschied zwischen den beiden nicht darin bestand, dass der eine „gegen“ Veränderung und der andere „für“ Veränderung war, sondern dass der eine skeptisch gegenüber der Fähigkeit der Menschen war, gleichsam aus dem Stand eine ganz neue Welt zu schaffen, während der andere fest an eine solche Radikal-Fähigkeit der Menschen glaubte (Yuval Levin, The Great Debate – Edmund Burke, Thomas Paine and the Birth of Right and Left).
Es ging um die Zeit zwischen dem Ende des 18. und dem Anfang des 19. Jahrhunderts, und Burke war ein Anhänger behutsamer Veränderungen während Paine ein Anhänger des radikalen Bruchs war. Beide Positionen schieden sich insbesondere an der französischen Revolution, die auf ihrem Höhepunkt bekanntlich einen neuen Kalender einführte, der mit dem Jahre 0 begann. Dieser Versuch, die Geschichte ganz neu beginnen zu lassen, ist bekanntlich kläglich gescheitert.
Frau Merkel hat nichts zu bieten
In unseren Tagen ist man wieder dabei, den großen Feldzug des Neuen gegen das Alte an die Stelle sachlich-sorgfältiger Entwicklung zu setzen. Man höre sich nur die Gigantomanie des Neuen an, die die amtierende Bundeskanzlerin auf dem „Weltgipfel“ in Davos von sich gegeben hat. Sie kündigte dort „Transformationen von gigantischem historischem Ausmaß“ an, bei denen „die gesamte Art des Wirtschaftens und des Lebens, wie wir es uns im Industriezeitalter angewöhnt haben, in den nächsten 30 Jahren verlassen werden.“
Wenn es danach geht, sind wir also in diesem Jahr 2020 in einem Jahr 0, und wir vollziehen eine große Bewegung des „Verlassens“. Das „Verlassen“ ist ein „Aufgeben“; es zeigt eine fundamentale Leere. Denn Frau Merkel hat nichts zu bieten, was im Maßstab des Wirtschaftens und Lebens im Industriezeitalter an seine Stelle treten könnte. Die heutige Gigantomanie ist gigantisch nur im Negativen. Sie kann nur „Weg mit ...!“ schreien. Nein, ich weiß, die Kanzlerin schreit nicht. Aber welche innere Raserei muss in dieser Person – und in dem sozialen Milieu, das jetzt mal eben „Abschied vom Industriezeitalter“ nehmen will – am Werk sein?
Die Meinungsmacher und Regierenden wollen uns weismachen, dass die sogenannte „Hassrede“ das Hauptproblem in Deutschland ist. Doch viel wichtiger ist es, sich mit der Sprache des Verlassens, des Entleerens, des Abbruchs zu befassen – mit der Zerstörungsrede.
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Danke, Herr Held. In der Natur wie in der Gesellschaft, was schnell wächst bzw. sich schnell ändert, wird instabil und taugt nichts.
Ergänzung meines Kommentars vom 10.02.2020: Unter dem Etikett "EU" entfernen sich Legislative und Judikative mit großen Schritten vom noch existierenden Souverän. Demokratische Kontrollen werden dadurch enorm erschwert. Eine nach UN-Vorbild hektisch geschaffene transnationale EU-Gerichtsbarkeit kommt völlig ohne Souverän aus und maßt sich Kompetenzen an, die über nationalen Verfassungen und Rechtsordnungen stehen. Wer die derart betriebene Zerstörung der Souveränitätsrechte beklagt, ist demnächst von nationalem Strafrecht bedroht. Im Bundestag wirkt eine regierungshörige Einheitsfront etablierter Parteien, die vergessen hat, dass sie das Volk vertritt. Mit dem offiziellen Framing "Volk - völkisch - Nazi" herrscht eine eindeutig antidemokratische Propaganda, mit der wir an Rechts- und Verfassungsbrüche der Regierung gewöhnt werden sollen. Das wird vom Staatsfunk und der aufgerüsteten Antifa täglich demonstriert.
Man kann mit harmlos klingenden, mit ruhiger Stimme ausgesprochenen, einfachen Worten, etwas Maßloses, Ungeheuerliches ausdrücken. Man kann mit diesen Worten vernichten, Leid und Chaos stiften. Und die, diese Worte aussprechende Person mag noch so unscheinbar und äußerlich friedfertig daherkommen. Trotzdem kann sie spalten, zerstören, Hass schüren, Unheil schaffen. Die Worte können darauf abzielen, das Gute, Schöne, Wahre zu entleiben und Schlechtes zu fördern. Die Revolutionäre in Frankreich waren überzeugt davon, dass der Mensch zu allem fähig sei. Es nur eine Frage des Wollens sei, sich eine neue Welt zu schaffen. In der Tradition dieser französischen Revolutionäre steht die Linke. Dostojewski hat etwa in „Die Brüder Karamasow“ beschrieben, wie eine Entmenschlichung der Gesellschaft durch linke Ideologie vorangetrieben wird. Er sah kommen, was dann eintrat. Linke glauben stets, sie können alles neu schaffen. Einen neuen Menschen schaffen. Das Alte ungestraft abschaffen. Alles sei es nur eine Frage der richtigen Methode, der richtigen Erziehung und der richtigen, begleitenden (autoritären) Maßnahmen. Doch auch die aktuelle öko-sozialistische Ideologie wird sich als Lug und Trug erweisen.
Hatte Stalin nicht so was ähnliches gesagt wie: Die großen Transformatoren kommen und gehen, aber das deutsche Volk und der deutsche Staat bleibt (noch eine Weile).
Zitat: Aber welche innere Raserei muss in dieser Person – und in dem sozialen Milieu, das jetzt mal eben „Abschied vom Industriezeitalter“ nehmen will – am Werk sein? Raserei? Oder Irresein? Ich tippe auf letzteres...
Wir haben seit sagen wir mal 1950 eine "historisch gigantische" Bevölkerungsentwicklung ausgerechnet dort, wo man es gar nicht gebrauchen kann, das ist alles. Innert 100 Jahren, also bis 2050 eine Vervierfachung - da kann einem schwindlig werden, eine Transformation des Denkens und Handelns Richtung "weniger ist mehr" erböte sich als hilfreich. Also Agenda 2100 der UNO: Bis dahin sind wir so ca. 4 Milliarden, einfach dadurch, dass es die Hyperfertilen so machen wie die Euros, die Japaner mit ihren 1,5-Kind-Frauen. Niemandem würde etwas genommen, aber alle hätten eine entspanntere Zukunft mit Entwicklung, die nicht sofort wieder aufgefressen wäre durch hemmungsloses Kindermachen - wobei die Kinder die Leidtragenden sind, SIE müssen die unweigerlich kommenden Verteilungskämpfe, die Völkermorde etc. entweder betreiben oder erdulden. Schönen Gruß aus Ruanda. Man sollte noch bedenken, dass bereits im Jahre 1950 die Menschheit eine Zahl erreicht hatte, die historisch ein- und erstmalig war, mithin 2,5 Milliarden. Das gab es vor 1950 auch noch nie. Eine solche Menschheit von 2,5 Milliarden, also die von 1950, ein Jahr, in dem ich höchstselbst ganz neu war, eine solche Menschheit wird bis 2050 noch hinzu kommen - ein ganzes Deutschland mit 80 Millionen Menschen mehr jedes Jahr. Macht nach Adam Riese 30 mal 80 Mio. = 2.400 Millionen, voilà. Man stelle sich vor, es wären in 30 Jahren genauso viele WENIGER, also dann 7,7 heute minus 2,4 = 5,3 im Jahre 2050 (jeweils Milliarden). Ginge ganz leicht, und wir wären einem möglichen Paradies auf Erden ein erhebliches Stück näher und nicht noch ferner. Wir haben die Wahl, take it or leave it. Bis das alle begreifen hilft nur ein Zaun nach Martin Neuffer, SPD (1924 bis 2004): "Die Erden wächst nicht mit" (1982). Sehr gute Rezension mit Szenario im "Spiegel" 16/1982, gucksdu unter "die Reichen werden Todeszäune ziehen", garantiert nur ein Treffer. (Ich werde das doch nicht schon mal zitiert haben - nit möglich. Also: LIES! Politsäläfist
Die große "Verlasserin" hat Visionen von einer Monstrosität, dass sie sie nicht im Klartext vorzutragen wagt. In der von UNO-Aktivisten vorgedachten "Großen Transformation" treffen sich die Verlierer der "sozialistischen Weltrevolution(en)" und holen zu einer neuen gigantischen Kraftanstrengung aus. Dass sie aus der Vergangenheit nichts gelernt haben, lasten sie der Vergangenheit selbst an. Es gilt, sich von der Gesamtheit der Kultur - mit Ausnahme des "UNESCO-Kulturerbes" - zu verabschieden. Mit der Beseitigung der Nationalstaatlichkeit sollen der unzuverlässige Souverän, die Demokratie, die Politische Wahrhaftigkeit und der Rechtsstaat ihre Basis verlieren. Die "lichte Zukunft" liegt bekanntlich im Dunkeln. An ihre Stelle soll der Zwang zur Weltrettung treten. Die umfassenden Verwüstungen, die die Große Transformation mit sich bringen wird, haben die UN-Oligarchen einkalkuliert. Soll das wirklich die einzige Möglichkeit sein, die bedrohliche Überbevölkerung abzuwenden?