Zerstört eure Armbanduhren!

Falls Sie an Ihrem Handgelenk eine Armbanduhr mit römischem Zifferblatt haben, sollten Sie diese Kolumne zu Ende lesen. Es geht um Ihre Reputation, denn an einer Uhr kann man nicht nur die Zeit ablesen (und die Vergänglichkeit des Daseins), sondern auch Ihre Haltung. Sind Sie tatsächlich „woke“ (aufgewacht) oder frönen Sie noch dem selbstgerechten Schlaf der „White Supremacy“, der weißen Überlegenheit?

Wir müssen über römische Ziffern reden. Sie sind das Erbe älterer italischer Völker und wurden von den Etruskern und Römern übernommen. Heute verwendet man diese Zahlschriften für die Zählung von Päpsten, Königen und oft auch für Kapitelüberschriften in Büchern.

Nachdem wir gelernt haben, dass auch Schach, Jasskarten, Mathematik, klassische Musik und Fotografie rassistisch sind, haben die „Aufgeweckten“ ihre Realsatire mit einer weiteren Episode fortgesetzt und den römischen Zahlen den Krieg erklärt.

Pariser Museen, die eigentlich Kulturgut konservieren sollten, haben begonnen, die römischen Ziffern auf den Museumstäfelchen durch die bei uns gebräuchlichen indischarabischen Zahlen zu ersetzen. Der Sonnenkönig Louis XIV. ist nun Louis 14. Begründung: Man wolle niemanden ausgrenzen.

Ausgegrenzt durch chinesische Schriftzeichen

Werden jetzt auch Pariser Museumstafeln in alle rund 6.900 Sprachen übersetzt? Damit niemand ausgegrenzt wird? Fühlen Sie sich eigentlich ausgegrenzt, wenn Sie indische Gurmukhi-Schriftzahlen, ägyptische Hieroglyphen oder eine chinesische Speisekarte nicht entziffern können?

Egal, ob Sie diese Entwicklung für ein Zeichen intellektueller Verblödung halten oder gar als Hinweis auf einen kulturellen Niedergang: Durchsuchen Sie Ihre Wohnung nach römischen Zifferblättern, zerschmettern Sie Opas Kettenuhr, reißen Sie Ihrer antiken Standuhr mit einer Beißzange die römischen Ziffern aus und vergessen Sie nicht, die Trümmer auf Facebook zu posten!

Was nützt Ihr Woke-Sein, wenn es andere nicht erfahren? Sollten die Medien auf Ihre Zivilcourage aufmerksam werden, erleben Sie 15 Minuten Berühmtsein und animieren einige unterbeschäftigte Mitmenschen, Kirchtürme zu stürmen, um in Talibanmanier die Zifferblätter zu säubern. Fortsetzung folgt? Aber sicher.

 

Claude Cueni (65) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Soeben erschien im Verlag Nagel & Kimche „Hotel California“, ein Lebensratgeber in Romanform für seine Enkelin. Dieser Beitrag erschien zuerst im Schweizer BLICK.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Georg Andreas Crivitz / 20.05.2021

Wer wird denn ausgegrenzt? Ich habe schon als Grundschulkind – Asterix sei Dank – römische Zahlen problemlos lesen können. Römische Ziffern sind europäisches Kulturerbe, das man jetzt wohl nicht mehr haben will. Und das, wo es in der Politik doch von »leidenschaftlichen Europäern« nur so wimmelt.

Walter Weimar / 20.05.2021

Jahrestage von Staaten werden oft im römischen Ziffern geschrieben. Selbst die DDR hat den Dreißigsten Jahrestag mit arabischen Ziffern geschrieben. Den Witz dazu gabs trotzdem.

Rainer Nicolaisen / 20.05.2021

Wie gut es tut, weißer Suprematist zu sein; als Rassist und Sexist sich zu fühlen, ist geil. Und wer mich als Nazi bezeichnen möchte, bitte schön: “Leckt mich ...!” Wenn andere sich daran stören, bringt es noch einmal soviel Spaß, Neger, Zigeuner, Indianer etc. zu sagen.—Das allgemeine geistige Schwachmatentum ist es doch nicht einmal wert, verachtet zu werden.

Lutz Herrmann / 20.05.2021

War Casio mit Hitler im Bunde oder isses voll Antifa?

Dr. Joachim Lucas / 20.05.2021

Jeden Tag wird ein neuer Gipfel menschlicher Dummheit erklommen. So viele Gipfel hat nicht einmal der Himalaya wie das Gebirge der Dummheit in der westlichen Welt.

armin_ulrich / 20.05.2021

Von Josef Weizenbaum stammt das Zitat: “Programmieren in BASIC ist wie rechnen mit römischen Zahlen.” Ich selbst verwende die römischen Zahlen sehr selten, schon aufgrund meines Vornamens und der Schlacht im Teutoburger Wald.

g.schilling / 20.05.2021

@Petra Wilhelmi. “weiß nix, kann nix, aber hört auf Befehle.” Damit ist das Ziel doch erreicht. George Orwell hatte die echte Weitsicht.

Kay Ströhmer / 20.05.2021

Wenn ich einem Doofen eine Sache bisher X-mal erklären musste, darf ich dann zukünftig nach zehn erfolglosen Versuchen aufhören?

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