Roger Letsch / 14.01.2025 / 06:00 / Foto: freepik.com / 54 / Seite ausdrucken

Zensur: Es wird einsam in Europa

Zuckerbergs Kehrtwende sagt eine Menge aus über die Bedeutung, die er und Meta dem Gebrüll unserer Politiker und dem Markt Deutschland in seinem aktuellen Zustand noch beimessen.

Eine Grafik wurde vor einiger Zeit viel geteilt und belächelt auf den sozialen Medien. Sie zeigte eine Übersicht über die weltweit wichtigsten Innovationstreiber in Zukunftstechnologien im Wettbewerb. Drohnentechnologie etwa. Klare Führung für China. Im Quantencomputing haben die Amerikaner die Nase vorn. Bei der KI ist das Rennen zwischen China und den USA noch nicht entschieden. Irgendein Scherzkeks hatte die Grafik um einen „Wettbewerb“ ergänzt, den die EU haushoch dominiert: die Regulierung. Darin kann uns wirklich niemand das Wasser reichen!

Das im Hinterkopf, schaue man sich Mark Zuckerbergs Videobeichte an, in der er den vielen Millionen Benutzern seiner Produkte mitteilt, es künftig wieder mit der Meinungsfreiheit und ohne Bevormundung versuchen zu wollen. Zuckerberg nannte explizit drei Weltgegenden außerhalb der USA, in denen es die Meinungsfreiheit heute schwer hat. In China ist sie für Firmen wie Meta praktisch nicht existent, in Lateinamerika (speziell Brasilien) hängt sie von der Laune allmächtiger Großrichter ab, und in der EU nagen die emsigen Mäuse einer von der Realität entkoppelten Bürokratie an jeder Idee, sobald deren erste zaghafte Blättchen aus der Erde sprießen.

Buchstäblich nichts, was an technologischen Großthemen Investitionen anzieht, fühlt sich in der EU gerade besonders willkommen, und die Drohungen, welche die Politik dem „abtrünnigen“ Zuckerberg nun hinterherbrüllt, schlagen krachend weitere Türen zu.

„Gebt uns ein Schwert, mit dem wir uns die Kritiker vom Leib halten können"

Man muss, glaube ich, noch mal beleuchten, wie die Faktenchecks eigentlich eingeführt wurden. Kurz und in Märchenformat erzählt sich die Geschichte so: Es begab sich zu einer Zeit, als die Öffentlichkeit nicht mehr an die Verlautbarungen ihrer Medien glaubte und begann, an den Motiven der Journalisten zu zweifeln, die zwar unaufhörlich Preise für ihre Arbeit überreicht bekamen, deren Artikel jedoch immer weniger zu tun hatten mit der Realität, wie sie von Bürgern, Lesern und Zuschauern erlebt wurde. 

Die Bürger wurden darüber sehr zornig, und sie schufen sich ein Gegengewicht zu diesen Medien, nannten sie „Neue Medien“ und dank Plattformen wie Twitter oder Facebook verbreiteten sich deren Inhalte, ohne dass die Journalisten ihren Löffel im Brei hatten. Die Preise verwelkten, die Sender und Verlage brauchten die vielen Journalisten nicht mehr, die „Reputation“ dieser Journalisten sank noch unter die von Politikern und musste mühsam von Gänsefüßchen zusammengehalten werden. 

Da gingen die Journalisten, die ob ihres Bedeutungsverlusts sehr zornig waren, zu den Politikern und forderten „Gebt uns ein Schwert, mit dem wir uns die Kritiker vom Leib halten können und gebt uns einen Turm über den Wolken, in dem wir ungestört schreiben und euch lobpreisen können.“ Und die Politiker erhoben die Journalisten zu Faktencheckern und machten Gesetze, dank derer Facebook und Twitter dafür bezahlen mussten, wenn schon die Leser und Zuschauer es nicht mehr tun wollten. Das Gänsevolk hatte zwar die Fütterung verweigert, musste sich nun jedoch als Stopfgänse zwangsernähren lassen.

Und so schrieben viele Journalisten nicht mehr in den Ebenen, sondern faktencheckten – natürlich ganz unvoreingenommen und neutral – glücklich über den Wolken bis an ihr En… doch halt! Erst Twitter und dann auch noch Facebook weigerten sich plötzlich, die Faktenchecker zu privilegieren und ihren Turm über den Wolken zu bezahlen! Das machte nun die Journalisten und die Politiker wütend, und voller Zorn riefen sie im Chor: „Na, das wollen wir doch mal sehen!“

Rechnungen an Facebook schreiben 

Der Sturm der Entrüstung, den Mark Zuckerberg in Deutschland ausgelöst hat, soll dem Publikum vorgaukeln, dass es im Begriff ist, etwas Wertvolles bei seinem täglichen Medien-Konsum zu verlieren: Vitamin „W“ wie Wahrheit nämlich, welches nur in den Köpfen der Faktenchecker gebildet werden kann. Andere meinen – und diese Theorie widerspricht der ersten – das Publikum werde unerhörterweise zu geistiger Bewegung gezwungen, indem es sich in „Community Notes“ nach Vorbild von X demnächst auch auf Facebook selbst an der Vitaminbildung wird beteiligen müssen. Wieder andere fragen, ob das, was da von den Faktencheckern verabreicht wurde, wirklich „Vitamin W“ war, oder doch nur Angst, geistige Indolenz und Gehorsam erzeugte. Mit „Nebenwirkungen“, die für die Plattformen ebenso desaströs ausgefallen waren wie einst die Markteinführung von Lipobay für Bayer.

Das Eingeständnis Zuckerbergs, dass die Faktenchecks eben gerade nicht politisch neutral waren, ganz gleich, wie oft das von den Akteuren behauptet wird, sondern dass entlang politischer Narrative, pharmazeutischer Produkte oder Laptops von Präsidentensöhnen munter gelöscht, gesperrt und gelogen wurde, dürfte so manchen Prozess, den User gegen die Zensurmaßnahmen von Facebook führen, als Schuldeingeständnis stark beschleunigen. Und es ist ja jetzt schon so, dass Anwälte wie Joachim Steinhöfel in Serie gegen Löschung, Zensur und die parasitären Faktencheck-Misteln gewinnen, mit denen Beiträge zwangsweise verunziert wurden. Steinhöfel kann dank dieser Kapitulation Zuckerbergs wohl viele Prozessakten schließen und mit Verweis auf das Video Zuckerbergs anfangen, Rechnungen an Facebook zu schreiben. 

Es ist eben nicht die Wahrheit, die von der Zensur geschützt wird, sondern die Macht. Ist immer so gewesen. Autoritäre Staaten haben mit dieser Tatsache kein Problem, demokratisch verfassten Staaten steht diese Waffe aber nicht zur Verfügung, weshalb man sie verbrämt, sich zur Ausführung Hilfskräfte sucht und ihnen klingende Namen gibt. Ein ganzer Zirkus aus Initiativen, NGOs und Kollektiven hat sich als Filter „gesellschaftlich relevante Gruppen“ über den trägen Westen gelegt. Mit den Kosten dafür belastet man die Unternehmen, die diese einfach nicht mehr tragen wollen. 

Höchste Zeit für die EU, ein paar Knoten zu lösen

Man sollte Zuckerbergs Sinneswandel aber nicht mit Mut verwechseln. Es war eine opportunistische Risikoabwägung in verändertem Marktumfeld, und diese Veränderung resultiert aus der Wahl Trumps und dem Ausgang der Kämpfe, die Elon Musk gegen Boykottaufrufe weit mächtigerer Gegner als deutsche C-Prominenz geführt hat, die auf X dramatische Abgänge üben. Zuckerberg ist ja weder dumm noch naiv, und wir dürfen annehmen, dass in seinen Auftritt auch die wütenden Reaktionen deutscher und europäischer Politiker sowie der Anblick von Folterinstrumenten wie dem „Digital Services Act“ DSA, dieser autoritären Missgeburt der EU, mit einkalkuliert war. Das sagt eine Menge aus über die Bedeutung, welche Zuckerberg und Meta dem Gebrüll unserer Politiker und dem Markt Deutschland in seinem aktuellen Zustand noch beimessen.

Höchste Zeit für die EU, ein paar Knoten zu lösen, die Folterwerkzeuge der Zensur wegzuwerfen und auch den Heerscharen des übermotivierten aktivistisch-akademischen Prekariats in den Löschkommandos wieder etwas Bewegung an der frischen Luft freier Ideen zu verschaffen, statt nach verbotenen Emotionen, falschen Pronomen und Mikroaggression zu forschen. Wer weiterhin Fakten checken will, kann das ja tun. Aber nicht mehr im Turm über den Wolken, sondern hier bei uns, in der Ebene, wo es laut ist, manchmal geschubst wird, aber Privilegien nicht existieren.

 

Roger Letsch, Jahrgang 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgt.de, wo dieser Text zuerst erschien.

Foto: ffreepik

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Leserpost

netiquette:

T. Schneegaß / 14.01.2025

Ich wage noch mal einen Versuch. Herr Letsch meint: “Andere meinen – und diese Theorie widerspricht der ersten – das Publikum werde unerhörterweise zu geistiger Bewegung gezwungen, indem es sich in „Community Notes“ nach Vorbild von X demnächst auch auf Facebook selbst an der Vitaminbildung wird beteiligen müssen.” Darf davon ausgegangen werden, dass Herr Letsch nicht nur für sich spricht und sich die komplette Achse den “Anderen” anschließt?

Ilona Grimm / 14.01.2025

@Markus Koof: Danke, Herr Koof, Sie haben Thomin Weller auch in meinem Sinne geantwortet. Wobei Ihnen nicht zustimme, ist das Verständnis dafür, dass jemand das Wirken Jesu mit dem des Teufels („das Böse der Welt“) in einen Topf wirft, weil er nicht in der Lage ist, die Bibel zu lesen - geschweige denn sie zu verstehen - und sich das Böse nicht anders erklären kann und will. Wer Gott und Jesus Christus leugnet, leugnet zwangsläufig auch die Existenz des Teufels, obwohl der in unserer Zeit High Life bis zum Exzess macht. (Auch im jüdischen Talmud wird Jesus verteufelt, weil die Mehrzahl der Juden für ihren Messias Jesus blind ist!)

Sam Lowry / 14.01.2025

Kopie mit kleiner Namensänderung: “Erika hat in ihrer Amtszeit eine geschickte Falle für alle Parteien gestellt, mit der Forderung gegen Fa#chisten einzuschreiten. Damit war alles besiegelt, wer setzt sich nicht gegen Fa#chismus ein? Keiner, damit hat sie alle hinter sich gebracht. Dadurch wurde das Ende der pluralen Demokratie eingeläutet und die Brandmauer war schon errichtet bevor die AfD gegründet wurde. Nach 2015 wurde die AfD mit den Ruf als der Nadsieh belegt, und schon war die Opposition im Keim zu ersticken.Für alle Verbrechen und Wohlstandsverlust ist nur eine Person und eine Partei verantwortlich, Erika und die CDU. Wir wären heute nicht da, wenn dieses Subjekt nicht an die Macht gekommen wäre, und die Grünen würden bei 5% hängen. Nie wieder CDU, nie wieder Kartellparteien wählen!!!”

Markus Koof / 14.01.2025

@ Thomin Weller Es ist schade zu lesen, wie sehr der mystische Leib Christi, die Kirche, mit den Werken des Teufels, Nitsche, Marx oder Darwin u.ä. gleichgesetzt wird. Als Christ bete ich für Sie. Zumal viele dieser Menschen nicht nur Freimaurer waren, sondern auch zu „den Feinden der gesamten Menschheit“ gehören (Johannes an die Thessalonicher). Der Teufel ist die Lüge. Aber ich kann verstehen, dass viele das Böse der Welt heute mit dem Wirken Jesu „in einen Topf“ werfen. Jeder wird nach seinen Taten gerichtet werden. Nichts kann von nichts entstehen — egal was Darwins Evoloutionstheorie behauptet, die übrigens einfach zu widerlegen ist.

sybille eden / 14.01.2025

Die Idee , ein vereintes Europa zu schaffen, stammt ja letztlich nicht von Robert Schumann, sondern von Adolf Hitler. Nun kann sich jeder ” seinen Reim “ darauf machen ......

Sam Lowry / 14.01.2025

Übrigens: Menschen, die schlechte Dinge vorhersagen, werden von der Masse eher gemieden. Daher auch die Abneigung gegen die “Impf”-Gegner bzw. die, die schwere Nebenwirkungen der Plörre prognostiziert haben. So war es für die Hauptstrom-Medien ein Leichtes, diese Forscher oder Unternehmensberater zu diskreditieren. Seltsamerweise ist das in Sachen Klima völlig anders. Da scheint man die zu verhimmeln, die den Untergang vorhersagen…

Lutz Liebezeit / 14.01.2025

Ich bin auch dafür einen dicken Knoten zu lösen und zwar mit dem Schwert: Der Begriff “Rechts” wird diskriminierend benutzt. Der soll die europäische Politik der Entstaatlichung und Entnationalisierung flankieren, indem er den Nationalstaat und sein Volk beschmutzt. Das ist schon ganz schön perfide. Die antinationalen Parteien haben weder das Recht, den Nationalstaat zu untergraben, noch das Völkerrecht für die Engländer, Österreicher, Franzosen, Deutschen, Italiener auszuschalten. / Der Kapitalist steht politisch “rechts”. Die politisch “rechte” Flanke ist also schon belegt. Da braucht man sich bloß Karl Marxens ökonomische Kritik “Das Kapital” ins Gedächtnis zu rufen. “Links” steht der Sozialist. Der Kapitalist privatisiert den Staat, der Sozialist verstaatlicht die Privatwirtschaft. / Wer seine Partei als “Rechtspartei” bezeichnet, diskrtiminiert seine Partei, verschreckt potentielle Wähler und treibt den anderen Parteien Migranten als Wähler zu. Weil der Begriff “Rechts” eine Transformation durchlaufen hat nämlich durch den NS. Die antinationalen Parteien haben kein Interesse, den Begriff vom Kopf auf die Füßen zu stellen, schließlich sind sie selber die Urheber der Transformation. Dabei haben die am allerwenigsten den Schutz des Judentums im Sinn. / Im Übrigen war der “Kampf gegen Rechts” schon in der DDR das Mittel, die Kritik zum Schweigen zu bringen und die Bürger zu verängstigen. Treffender für AfD, FPÖ, Le Pen usw. ist die Bezeichnung “nationale” Parteien. Damit werden die Gegenstücke mit beschrieben: die antinationalen Parteien. Jeder weiß, welche gemeint sind. Wer nicht antideutsch tickt, kann heute keine Karriere mehr machen. Schon gar keine Parteikarriere. Die “antinationale” und “antideutsche” Haltung ist ganz ohne Zweifel volksverhetzend. Wer sein Land vor Invasoren verteidigt, ist ein Nazi? Dann waren die Indianer auch Nazis! Die Gegenseite ist sich bewußt über den rassistischen und volksverhetzenden Charakter des Begriffs “Rechtspartei”.

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