Vera Lengsfeld / 12.10.2020 / 14:00 / Foto: Pixabay / 33 / Seite ausdrucken

Zensur durch die Blume

Wie uns am 3. Oktober wieder einmal von unserem Bundespräsidenten Steinmeier bestätigt wurde, leben wir im besten Deutschland, das es je gab. Natürlich herrscht hier Meinungsfreiheit. Jeder kann sagen, was er will und wo er will. Nur muss er sich leider darauf gefasst machen, dass Sanktionen auf dem Fuße folgen, sobald die frei geäußerte Meinung nicht den politisch-korrekten Vorgaben entspricht. Das kann auch ausgewiesene Linke treffen, die ihre Ansichten im falschen Blatt publizieren. So ging es kürzlich dem sächsischen Autor und Gärtner Michael Beleites.

Beleites war seit 1982 einer der wichtigsten Umweltaktivisten der DDR. Deshalb wurde er von der Stasi beobachtet und verfolgt. Das hatte Reisesperren zur Folge, er durfte kein Abitur machen und nicht studieren. Sein „Operativer Vorgang“ hieß „Entomologe“. Das hinderte Beleites nicht, 1984 zu einem der beiden Initiatoren der ersten Protestdemonstration gegen Umweltzerstörung in der Chemieregion Wolfen-Bitterfeld zu werden.

Ab 1986 untersuchte er heimlich die gesundheitlichen und ökologischen Schäden des Uranabbaus der DDR. Das Ergebnis seiner Recherchen wurde 1988 vom Kirchlichen Forschungsheim Wittenberg veröffentlicht. Die Dokumentation Pechblende – Der Uranbergbau in der DDR und seine Folgen schlug ein wie eine Bombe und machte Beleites in der ganzen DDR bekannt.

Nach dem Mauerfall engagierte er sich nicht nur bei der Auflösung der Staatssicherheit, er war auch Mitbegründer von Greenpeace in der DDR.

Nach einem Zwischenspiel als Berater der Grünen im Sächsischen Landtag und Stasiunterlagenbeauftragter des Freistaates Sachsen von 2000 bis 2010 kehrte Beleites zu seinen ökologischen Wurzeln zurück. Er gründete gemeinsam mit seiner Frau Luise die Blankensteiner Blumen GbR und verlegte sich auf die Erzeugung von Blumen und Kräutertees aus biologischem Anbau. Daneben wirkte er als freier Autor. 2014 publizierte er seine jahrzehntelangen Naturbeobachtungen und Analysen in dem Buch Umweltresonanz – Grundzüge einer organismischen Biologie. 2016 veröffentlichte er einen  Rückblick auf die Umweltbewegung in der DDR mit dem Titel Dicke Luft: Zwischen Ruß und Revolte. Der Text wurde als würdig befunden, von der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung vertrieben zu werden. In diesem Buch befasst er sich auch mit der heutigen Umweltzerstörung in China, Südostasien, Afrika und Südamerika und kritisiert sie als Folge des westlichen Konsums. Deshalb müsse den davon betroffenen Menschen geholfen werden. Zum Beispiel dadurch, „eine Einfuhr von Gütern nur dann zu erlauben, wenn für ihre Gewinnung bzw. Herstellung im Ausland die dortige Umwelt nicht über das dazu im Inland erlaubte Maß hinaus geschädigt wurde.“

Gefährdete Arbeitsplätze

Nun sollte man denken, dass solche Positionen jedem aufrechten Grünen oder Linken zur Ehre gereichen. Aber Beleites, der nicht nur ein Ökologe, sondern ein wahrer Demokrat ist, hat keine Probleme, auch mit Andersdenkenden seine Sicht der Dinge zu erläutern und zu diskutieren. Etwas, das im heutigen Deutschland als Kontaktschuld gewertet und sanktioniert wird.

Bei Beleites sah die Sanktion so aus, dass die Leitungsgremien der VG Verbrauchergemeinschaft Dresden eG beschlossen haben, ohne Angabe von Gründen ihre Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen von Beleites und seiner Frau zu beenden. Dies wurde den beiden per E-Mail, verbunden mit einem Dank für die „langjährige gute Zusammenarbeit“ mitgeteilt. Für die Blankensteiner Blumen bedeutet die Kündigung ihrer Vermarktung eine gefährliche Einbuße, die den Fortbestand des Unternehmens, zumindest aber der Arbeitsplätze der Angestellten gefährdet.

Wie mehrere VG-Mitglieder erfahren haben, soll der Grund die Publikation zweier Artikel von Beleites sein, die inhaltlich nicht beanstandet wurden, aber bei „Tumult“ und „Kehre“ in den falschen Heften erschienen.

Das veranlasste mich, bei der Verbrauchergemeinschaft in Dresden nachzufragen. Nachdem ich den Vorstand telefonisch nicht erreichen konnte, schickte ich eine E-Mail mit folgenden Fragen:

1. Hat es Beanstandungen bezüglich der Waren, die von der Blankensteiner Blumen GbR geliefert wurden, gegeben?

2. Wenn ja, gab es mindestens eine Abmahnung vor Beendigung der Geschäftsbeziehungen?

3. Wenn nein, welche anderen Gründe gab es für die abrupte Beendigung der Geschäftsbeziehungen?

4. Gibt es einen Zusammenhang mit den jüngsten Veröffentlichungen von Michael Beleites, etwa in der in der Naturschutz-Zeitung „Die Kehre“?

5. Wenn ja, was haben die dort von Beleites geäußerten Ansichten mit Geschäftsbeziehungen zu tun?

6. Falls 4. zutrifft, ist Ihnen bewußt, in welche Tradition Sie sich stellen?

Die Verbrauchergemeinschaft hat nicht geantwortet, was auch eine Antwort ist.

Es hat nie fachliche Beanstandungen gegeben. Es gibt auch keine anderen Gründe für die abrupte Beendigung der Geschäftsbeziehungen, außer die jüngsten Veröffentlichungen von Beleites. In welche Tradition sich die Verbrauchergemeinschaft mit ihrer Sanktionierung stellt, scheint ihr entweder nicht bewusst oder egal zu sein. Cancel culture ist längst Alltag im besten Deutschland, das wir je hatten. Wer sich nicht im immer enger werdenden Meinungs- und Verhaltenskorridor bewegt, läuft Gefahr, wirtschaftlich ruiniert zu werden. Beleites ist nicht der Erste, dem das passiert und wenn es nicht bald einen energischen Widerspruch gegen diese Praxis gibt, wird er nicht der Letzte sein.

Wer dazu schweigt, stimmt zu!

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Robert Loeffel, Bern / 12.10.2020

Solche Artikel sind wichtiger denn je!!! Frau Lengsfeld sie haben ja von den neuen Blockwarten und Denunzianten aus dem Lager der ANTIFA mit ihren ungeheuerlichen Äusserungen zu ihrer Person auch widerliche Erfahrungen gemacht. Die Linken, Grünen und Antifanten stehen heute in ihrem Eifer und der Verfolgung von Andersdenkenden den Nazis in nichts nach. Jetzt könnte man wieder den viel zitierten Satz schreiben: der neue Faschismus wird nicht sagen … …die Linken als „Weltmeister“ der Geschichtsklitterung könnten diese Schlacht gewinnen und das kann einem Angst machen.

Uwe Mildner / 12.10.2020

Es ist sehr traurig, diesen Bericht zu lesen. Und es macht wütend. Sollte der Kommunismus schleichend doch siegen? Oder ist es einfach die Beschreibung einer gesellschaftlichen Unwucht? Wer hat noch Interesse am Wohlergehen des Geschäftspartners, des Nachbarn? Dieser Artikel macht mich fassungslos.

Andreas Rochow / 12.10.2020

@ Karla Kuhn - Liebe Schwester im Geiste! Alle Ihre Einwände unterschreibe ich ohne Abstriche. All die Gender-Black Lifes Matter-Fridays4future-Flattening The Curve-Lockdown- sogar Recycling-Kampagnen stammen von der Weltregierung in spe, also der UNO. Deren Sprache ist das American Englisch. Wenn sie wissen wollen, wie das gesprochen klingt, hören Sie sich den Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres oder einen seiner Vorgänger Ban Ki-moon, Dag Hammarskjöld oder Kurt Waldheim an. Auch Angela Merkel wird in ihrer kommenden Funktion American English sprechen. Sie trainiert schon.

Michael Genniges / 12.10.2020

Nebenbei: Der Fall Michael Wendler gehört ebenso kritisiert und passt genau in das cancel culture Muster.

Mathias Rudek / 12.10.2020

Herr @Unger, ich stimme Ihnen hundertprozentig zu. Sozialisten sind in diesem Punkt Werkonservativen oder politisch Anderstickenden nie empathisch gegenüber. Das sind einfach die größeren Arschlöcher.

Boris Kotchoubey / 12.10.2020

Herr Beleites war Landesbeauftragte für Stasi-Akten! Das, und nicht irgendeine “Kehre” ist ein Verbrechen im Land, in dem Stasi-Leute das Sagen haben. Wie Mafia-Bosse sagen: “Er wußte zu viel.”

E. Albert / 12.10.2020

Das erinnert mich alles fatal an “Kauft nicht bei Juden!” - So fängt es an. Eine Gruppe erhebt sich über eine andere und spricht diesen die Menschlichkeit ab. Wie das endet, ist wohlbekannt…wie Falk Bodmer hier kommentiert: erst Nationalsozialisten, dann Realsozialisten und jetzt Ökosozialisten…

Mathias Rudek / 12.10.2020

Ich werde mich stets dazu äußern und mich gegen diese Cancel Culture wehren. Das ist beispiellos existentvernichtend. Und über allem krönt der selbstgefällige Apparatschik Steinmeier. Shame on you!

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