1. Russland will seine Atomwaffen modernisieren und ausbauen. Polen unterliegt ständiger verbaler Bedrohung. Weißrussland liegt in Ketten. Die Ukraine kämpft um ihre Grenzen. Das kleine Litauen schrumpft und altert unaufhaltsam.
2. Zugleich blüht die ethnische Umwandlung West-Europas aus einer reproduktiven Vitalität an seiner Südgrenze, die schon 2040 dafür sorgt, dass die Hälfte der Menschheit unter 25 Jahren in Afrika lebt, dort unglücklich ist und eine neue Existenz sucht. Für das Jahr 2050 werden rund 950 Millionen Wanderungswillige allein aus den afrikanisch-arabischen Gebieten erwartet.
3. In der EU mit gut 500 Millionen Einwohnern wollen die meisten Nationen ihre Heimat im Falle eines Angriffs nicht mehr verteidigen. Gerade 15 Prozent der Niederländer, 18 Prozent der Deutschen, 20 Prozent der Italiener und 21 Prozent der Spanier würden Widerstand leisten. Unter Skandinaviern (74% Finnen; 55% Schweden) und West-Slawen (64% Ukrainer; 47% Polen) gibt es entschieden mehr Bereitschaft zur Gegenwehr (Gallup 06/15; http://i.imgur.com/pYQkLUi.png).
4. Die vielen Millionen Menschen aus nicht-europäischen Kulturräumen, die in der Alten Welt bereits siedeln, werden bleiben. Auch die bösartigsten Judenhasser unter ihnen sind bis zum Vollzug ihrer Verbrechen unantastbar. Versprechungen auf die Wiederherstellung der gewohnten demokratischen Verhältnisse sind völkerrechtswidriger Populismus.
5. Legal wäre bestenfalls eine Kontrolle der Zuwanderung. Alles andere wäre verbrecherische Vertreibung. Doch im EU-Rahmen haben die Einzelstaaten die Hoheit über ihre Grenzen verloren, weshalb – etwa in Großbritannien – eine Neuverhandlung der Verträge gefordert wird.
6. Die westslawischen Länder sehen selbstverständlich bis auf weiteres ihre Zukunft in der EU, müssen aber umdenken, sobald von dort keine Entwicklungs-Milliarden mehr kommen, weil niemand mehr da ist, der die Töpfe für Strukturförderungen noch füllen könnte.
7. Die EU kann in ihrer bisherigen Form nur so lange existieren, wie Deutschland fähig und willens ist, dafür zu bezahlen.
8. Verlässt Großbritannien die EU, muss Deutschland den Löwenanteil der britischen Netto-Zahlungen übernehmen. Folgen weitere Staatsbankrotte in der Südschiene, muss das vergreisende Deutschland deren vergreisende Bevölkerungen und fallierenden Banken über die Ausgabe von zusätzlichen deutschen Staatsschulden über Wasser halten. Dabei können Bundesschulden schnell ihre Triple-A-Bewertung verlieren. Die EU würde dann rein finanziell selbst für den Fall unhaltbar, dass die Berliner Regierungen eisern zu ihr stünden.
9. Die Entscheidung Großbritannien bei der 2016er Abstimmung über das Verbleiben in der EU ist offen. Dass jetzt beim Anschlag auf das Hotel Riu Imperial Marhaba in Tunesien vorrangig Briten ermordet wurden, könnte die Stimmung eines „Bloß raus aus der EU, die uns immer mehr Gefahrenbringer aufzwingt“, unerwartet verstärken.
10. Werden die Skandinavier, die nach einer Abwendung der Briten ebenfalls höhere Beträge nach Brüssel abführen müssten, in der EU bleiben? Falls auch sie gehen und ihre Nettozahlungen auch noch von Deutschland zu übernehmen sind, ist es mit den Strukturmilliarden nach Osteuropa vorbei.
Diese Zehn Denkpunkte dienten als Impuls für eine Veranstaltung in Gdansk Ende Juni 2015. Es ging um Strategien für einen Think-Tank für die Schaffung eines Commonwealth der ehemaligen Rzeczpospolita.
Folgende Punkte sind für Osteuropa von besonderer Relevanz:
- Auf die geschilderte Situation müsste sich ein Think-Tank für die Schaffung eines Commonwealth der ehemaligen Rzeczpospolita, der mit seinen rund 100 Millionen Menschen auf knapp 1,2 Millionen Quadratkilometern vorbereiten. 220 Jahre nach ihrem Untergang (1795) sind Prinzipien der Demokratie und Freiwilligkeit selbstverständlich. Die unverzichtbare Aufarbeitung ehemaliger Verbrechen und Ungerechtigkeiten bleibt gewiss schwierig, ist aber mental und intellektuell zu schaffen. Eine andere Hauptstadt als seinerzeit Warschau wäre naheliegend. Grodno in Weißrussland, wo man 1566 die polnisch-litauische Union besiegelt, könnte eine Kandidatin werden.
- Demographisch steht Osteuropa noch fragiler da als der westliche Teil des Kontinents, weil neben den geringen Geburtenraten auch noch die Besten abwandern. Es ist bislang jedoch von Terror oder gar bürgerkriegsähnlichen Situationen in seinen Metropolen verschont. Die erfolgreiche Verteidigung eben dieses kostbaren Zustandes könnte im weiteren Verlauf des 21. Jahrhunderts sein entscheidender Standortvorteil werden. Es ist dafür aufschlussreich, dass Polen am 25. Juni 2015 die Verpflichtung ablehnt, auch nur 2659 Ostafrikaner und Syrer aufzunehmen, obwohl mit Donald Tusk ein Pole als Präsident des Europäischen Rates fungiert.
- Osteuropa kann nur gewinnen, wenn seine Länder den Rückfall auf nationalistische Altgrenzen zugunsten einer multinationalen Union vermeiden, die mit der alten Rrzeczpospolita Jahrhunderte lang Erfahrungen sammeln konnte.
- Der Terminus COMMONWEALTH wählt die Assoziation zum Commonwealth of Australia bewusst. Dort hat die 2013er Operation Sovereign Borders den Zufluss von Unruhe-Potentialen effektiv, aber unblutig gestoppt und einen Raum geschaffen, der die bereits vorhandene innere Rechtssicherheit mit besserer militärischer Abschirmung kombiniert.
- In den kommenden Jahrzehnten werden alle Territorien gute Entwicklungschancen behalten, die auch Leistungsentschlossenen aus den abrutschenden Ländern der ehemaligen Ersten Welt Zuflucht gewähren. Dabei sind die Ländereien der ehemaligen RZECZPOSPOLITA ökologisch zumindest gleichwertig mit den immensen Flächen Kanadas oder Australiens.
- Der aktuelle Pessimismus in Osteuropa ist verständlich, aber eine weise Fortentwicklung auf den Feldern inneren Friedens, sozialer Kohäsion und gesetzlicher Zuverlässigkeit könnte ein Refugium schaffen, das sein demografisches Ausbluten stoppt und sogar die immer wieder beschworenen Rückwanderungen aus der Sphäre haltloser Utopien holt.