Als nach der Euphorie der Willkommenskultur die ersten Rufe nach Grenzschließung laut wurden, kam Kanzlerin Merkel ein wenig die Logik abhanden, als sie meinte, dass man die 3.000 km lange deutsche Grenze nicht einzäunen könne – es sollten besser statt dessen die 8.000 km Land- und die 43.000 km Seegrenzen der EU geschützt werden.
Doch die Volksseele ließ sich angesichts der Zuwanderung in die Sozialsysteme mit solchen Verschleierungen der Realität nicht mehr beruhigen, also mussten neue Nebelbomben her. Thomas de Maiziere, der Kanzlerin treu ergebener Innenminister, verkündete daher „Grenzkontrollen“. Er verlängerte sie sogar in heldenhafter Manier gegen den Widerstand der EU-Kommission.
Seither hat sich der Strom der einwanderungswilligen Jungmänner angeblich zu einem Tröpfeln verringert – sagen die meisten Medien. Belastbare Zahlen zur echten Einwanderung gibt es allerdings nicht, da Resettlement und Familiennachzug nicht in der Statistik erfasst werden, illegale Einwanderung schon gar nicht. Im Jahre 2017 sind allein nach Deutschland mehr „Flüchtlinge“ gekommen, als insgesamt über das Mittelmeer nach Europa kamen. Denn jetzt kommen sie auch per Flugzeug, Bahn oder Bus. Wie das mit den Grenzkontrollen vereinbar ist, versteht keiner, da nach wie vor 80 Prozent der Einwanderer keine Papiere vorweisen. Haben sie die versehentlich im Flugzeug unter dem Sitz vergessen? Ich bin jedenfalls noch nie in einen internationalen Flieger gestiegen, ohne meinen Pass oder Ausweis vorzeigen zu müssen.
Die Anweisung über die durchzuführenden Grenzkontrollen gibt es sicherlich schriftlich. Die Anweisung des Innenministers, jeden ins Land zu lassen, der das Wort „ASYL“ sagt, gibt es seit 2015 nur mündlich, und sie besteht laut Bundespolizei fort. Die Bundespolizei bestätigte auf Anfrage der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe) die derzeit geltende Regel, wonach „Drittstaatsangehörigen ohne aufenthaltslegitimierende Dokumente und mit Vorbringen eines Asylbegehrens die Einreise zu gestatten" sei.
Das kleine Zauberwort des deutschen „Sesam öffne dich“
Deshalb ist es eine Schmierenkomödie, was Behörden und Medien um die Abschiebung eines Togolesen aus Ellwangen aufführen. Ein absurdes Theater, das jede Grenze des gesunden Menschenverstandes sprengt. Der Togoer wehrt sich mit allen Mitteln gegen seine Abschiebung – nach Italien. Sein Anwalt hat gar mit dem Bundesverfassungsgericht gedroht.
Der Togolese Yussif O. könnte nämlich, genauso wie jeder andere Abgeschobene, an der Grenze erneut ohne Papiere vorsprechen und das kleine Zauberwort des deutschen „Sesam öffne dich“ aufsagen. Denn selbst unter dem fliegenden Teppich Seehofer gilt immer noch die mündliche „Regel“ seines Vorgängers. Die Rheinische Post schreibt dazu: „Zwar dürfe ein nach Italien abgeschobener Drittstaatsangehöriger eigentlich nicht erneut ins Bundesgebiet einreisen. Doch gilt nach Informationen der Redaktion für die Arbeit der Bundespolizei weiterhin die mündliche Anordnung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière vom September 2015, von einer Einreiseverweigerung bis auf weiteres aus humanitären Gründen abzusehen. Jeder Drittstaatler ohne Papiere, aber mit Asylbegehren ist danach an die zuständige Aufnahmeeinrichtung weiterzuleiten.“
Seit 2015 sind auf Grund dieser mündlichen Anweisung des Innenministers ohne Beschluss des Bundestages viele hunderttausende Zuwanderer in die deutschen Sozialsysteme eingewandert und können nicht abgeschoben werden, da sie keine Papiere haben. Deutschland ist auf Grund einer „mündlichen Anweisung des Innenministers“ seit mehreren Jahren das einzige Land der Welt geworden, in das man ohne Papiere leicht hinein, aber wegen fehlender Papiere schwer wieder hinaus kommt.
Trotz aller markigen Sprüche des neuen Innenministers, der wohl seiner Chefin genauso ergeben ist wie sein Vorgänger, wird der Zustand des „eigentlich ist es Gesetz, aber aus humanitären Gründen wird davon abgesehen“ ungebrochen fortgesetzt. Vielleicht sollte man diese Information einmal an den Professor der Jurisprudenz Daniel Thym weiterleiten, der in der permanenten Grenzöffnung keinen Rechtsbruch erkennen kann.