Bernhard Lassahn / 08.04.2010 / 22:17 / 0 / Seite ausdrucken

Böse Menschen

Ahnungslos komme ich aus dem Vogtland zurück, einer Gegend, in der man allerhand Heimatgefühl-Zubehör im zeitlosen Erzgebirge-Design kaufen kann. Zum Beispiel Räuchermännchen, und nun sogar - der Jahreszeit entsprechend – Räucherhäschen. Inzwischen wissen wir jedoch, dass durch das Rauchen der jeweiligen Umgebung „erheblicher Schaden“ zugefügt werden kann; und manchmal hatte ich bei einem flüchtigen Blick auf den Zustand der Ortschaften den Eindruck, dass an den Warnungen was dran sein könnte. Oft genug - das muss ich einräumen - habe ich diese Warnhinweise auf Zigarettenschachteln nicht ernst genommen, nun konnte ich nicht mehr die Augen verschließen vor nachhaltigen Schäden, die da durch die Massen von Räuchermännchen entstanden sind.

Ich war sogar in Auerbach - auch das noch! -, der berühmten „Stadt des Maschendrahtzauns“, wie auf einem zusätzlichen Ortsschild vermerkt wurde, das da am Ortseingang schon dreimal angebracht aber auch dreimal wieder entfernt wurde. Frau Ziegler (die inzwischen versucht, unerkannt in Berlin zu leben, was bei ihrem Sprachfehler und ihrer Vorliebe für rosafarbene Kleidung nicht leicht sein wird ...) bestätigte damals zum Ärger der restlichen Bevölkerung das Vorurteil, dass es sich bei den Menschen des Vogtlandes um ein streitsüchtiges Bergvolk handelt, das man lieber meiden sollte. Eben diese Frau Ziegler, die ihren Maschendrahtzaun durch eine feindliche Kletterpflanze des Nachbarn bedroht sah, fasste ihre Weltsicht in die erschütternde Formel zusammen „Alles böse Menschen!“

Ich habe es überstanden. Ehrlich gesagt: Sooo schlimm war es gar nicht. Kaum bin ich wieder in Berlin und sehe meine Post durch, merke ich, dass auch an anderen Stellen in Deutschland der Umgebung erheblicher Schaden zugefügt wird und dass auch anderswo ganz, ganz böse Menschen wirken.

Einen Brief vom Bundestag kriege ich auch nicht jeden Tag. Ich war erstaunt, dass der Briefkopf relativ geschmackvoll ist. Bei genauem Hinsehen, war es nicht der gesamte Bundestag, der mir schrieb, sondern die Bundestagsfraktion DIE LINKE und ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender, der sich „für das literaturinteressierte Publikum freut“, dass ich ihnen in Hamburg etwas von Käpt’n Blaubär vorlesen will, aber dann schreibt er:

„ ... möchte ich Sie doch auf den äußerst heiklen politischen Rahmen hinweisen, in dem Ihre Lesung stattfinden soll. Die ‚Vattenfall Lesetage’ werden ausgerichtet von einem Unternehmen, dessen Gebaren aus sozialer wie aus ökologischer Perspektive nur als katastrophal zu bezeichnen ist. Vattenfall betreibt u.a. den Schrottreaktor Krümmel, dessen unzählige Störfälle den Konzern nicht zum Abschalten, sondern zu unverantwortlichen Pfuschreparaturen veranlasst haben. Zudem baut der Konzern in Hamburg derzeit ein extrem klimaschädliches Mammut-Kohlekraftwerk. Der Plan, für eine Fernwärmetrasse dieses Kohlekraftwerkes mehrere Parks und Naturschutzgebiete zu zerstören und insbesondere Viertel mit sozial benachteiligter Wohnbevölkerung zu belasten, hat massive Bürgerproteste mobilisiert und ist derzeit vor dem Oberverwaltungsgericht anhängig, das bereits in einer Entscheidung im Eilverfahren deutlich machte, dass Vattenfalls Pläne erhebliche Schädigung von Mensch und Umwelt befürchten lassen ...“

Oh weh! Immerhin habe ich einen gewissen Sicherheitsabstand, inzwischen wohne ich nicht nur, sondern ich lebe sogar in Berlin, aber ich habe immer noch einen Koffer in Hamburg. Zwar bin ich da nicht mehr wahlberechtigt, habe aber mitgekriegt, dass da die GRÜNEN mit an der Regierung sind, um sich um das Kohlekraftwerk zu kümmern. Die sind womöglich überfordert; denn es kommt noch dicker:

„Gleichzeitig plant Vattenfall die Entlassung von 1500 Beschäftigten und die Ausgliederung vieler weiterer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Niedriglohnbereiche. An Argumenten für eine andere Unternehmensstrategie – für eine Orientierung auf arbeitsplatzsichernde, dezentrale, nachhaltige und saubere Energieerzeugung – mangelt es nicht. Doch der Konzern stellt sich taub.“

Das kann ich nicht glauben. Was ist los in der Hansestadt? Wie ist es möglich, dass gute Ideen ungenutzt bleiben und sich nicht durchsetzen können? Warum nicht? Versagt in Hamburg die öffentliche Kontrolle und die demokratische Willensbildung? Kann sich Vattenfall in der Konkurrenz um das bessere Konzept einfach mit vorgetäuschter Taubheit durchsetzen wie ein listiger Opa? Warum will Vattenfall nicht auf gute Argumente hören? Sind es womöglich abgrundtief dumme und böse Menschen? Doch weiter:

„Mit dem Sponsoring von kulturellen oder sportlichen Großveranstaltungen versucht Vattenfall von seiner tatsächlichen Unternehmenspraxis abzulenken und sich ein freundliches Image zu erkaufen. Lieber Herr Lassahn, ich möchte Sie aus den genannten Gründen eindringlich bitten, Ihre Teilnahme an den Vattenfall Lesetagen noch einmal kritisch zu überdenken und abzusagen. Lassen Sie es nicht zu, dass sich ein Unternehmen, das sich in seiner alltäglichen Geschäftspolitik für keine Ferkelei zu schade ist, ein Feigenblatt verpasst – und Künstler wie Sie dafür missbraucht. Bei Rückfragen stehen mein Büro und ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Mit meinen besten Grüßen ... (Unterschrift)“

Na gut.

Dann habe ich eben alles noch mal „kritisch überprüft“:

5. April 2010

An
Jan von Aken MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin


Lieber Herr von Aken

Volltreffer! Mit ihrer Bitte an mich, meinen Termin am 15.4. in Hamburg abzusagen, sind Sie genau an den Richtigen geraten: Ich nehme das ernst; ja, ich habe mir schon oft Gedanken zu der Frage gemacht, wie linkes Engagement heutzutage aussieht. Außerdem haben Sie Worte gewählt, die ich gut verstehe.

Gleich zu Anfang machen Sie mich auf den „äußerst“ heiklen politischen Rahmen aufmerksam - ein Lieblingswort von Käpt’n Blaubär! Eins, das ich - ungelogen - so oft wie möglich verwendet habe, immer wenn er von seinen „äußerst gefährlichen“ Abenteuern erzählt; es ist geradezu ein Erkennungswort: Jedes Mal wenn der Käpt’n „äußerst“ sagt, wissen die kleinen Bärchen, dass er lügt und schon an der Stelle sein ganzes Pulver verschossen hat.

Doch ich will mich nicht länger bei der Sprache aufhalten, sondern schnell die Kurve zur Politik kratzen. Gerne nehme ich in Anspruch, dass Sie – bzw. Ihr Büro – mir bei Rückfragen jederzeit zur Verfügung stehen. Ich habe Fragen.

Mit Ihrer eindringlichen Bitte erwarten Sie ziemlich viel von mir – wie viel (so in etwa)? Was schätzen Sie, auf wie viel Honorar ich verzichten müsste? Auch wenn Sie das „Gebaren“ von Vattenfall „katastrophal“ nennen, würde das nicht als höhere Gewalt anerkannt werden. Ich müsste meine Absage selber verantworten – so ist es ja auch gedacht. Mein finanzieller Einsatz bestünde also einerseits in der Einbuße von Einnahmen, andererseits in einer Konditionalstrafe. Was käme da zusammen? Ich bin gespannt auf die „Wertschätzung“, die ich bei Ihnen habe.

Dazu noch eine Frage; diesmal frage ich nicht nach einer konkreten Zahl, sondern nach Angaben in Prozenten: Stellen Sie sich vor, Sie würden für ihre politische Tätigkeit nicht etwa bezahlt (und hätten auch kein Büro), sondern müssten stattdessen Einbußen hinnehmen. Wie viel – prozentual zum Monatsgehalt – wäre Ihnen so ein Engagement wert? (Ich habe es auf den Monat umgelegt, nicht aufs Jahr, weil es neben dem Gebaren von Vattenfall bestimmt noch andere „Katastrophen“ gibt, die sie bekämpfen möchten).

Wenn wir diese Zahlen nebeneinander legen, würde sich womöglich eine Unverhältnismäßigkeit offenbaren (ich vermute es, ehrlich gesagt), die sich schon in Ihrer Ausdrucksweise abbildet. Aber ich könnte mich täuschen. Ich bin gerne bereit, meine Meinung zurecht zu rücken und würde mich entschuldigen, wenn ich Ihnen fälschlicherweise vorgeworfen haben sollte, dass sie, auf eines anderen Mannes Arsch durchs Feuer reiten wollen und sich dabei die moralische Großmäuligkeit bezahlen lassen von Leuten, die sie im Grunde verachten.

Zwar senden Sie mir Ihre „besten Grüße“, aber mein Eindruck, dass Sie mir in erster Linie Geringschätzung entgegen bringen, ist gleich bei der Frage nach dem Geld entstanden: Sie halten mich offenbar für ein Reichschwein, einen Besserverdienenden, einen Promi, der getrost auf ein paar Kröten verzichten kann, ich gehöre eben nicht zur „sozial benachteiligten Wohnbevölkerung“, für die Sie ein Herz haben. Wie kann ich mir erklären, dass Sie ein besonderes Augenmerk für die sozial Benachteiligten haben und gleichzeitig eine Wurstigkeit gegenüber meiner finanziellen Situation? Wozu rechnen Sie mich: zu Ihren Gegnern, denen man getrost Geld abzwacken kann oder zu denen, die Ihnen wohl gesonnen sind und die man um etwas bitten kann?

Es geht nicht nur ums Geld. Nicht nur, dass Sie mich um ein hübsches Sümmchen erleichtern wollen, sie scheinen auch selbstverständlich davon auszugehen, dass ich bereit bin, einen Vertrag zu brechen. Das will ich nicht. Nicht nur deshalb nicht, weil ich Strafen fürchte und spießig bin, sondern weil es für mich eine Selbstverständlichkeit ist, Verträge, die dich unterzeichnet habe, auch einzuhalten. Es wäre eine Ferkelei, Vereinbarungen kurzfristig platzen zu lassen, um den Partner, der so schnell keinen Ersatz schaffen kann, damit in Verlegenheit zu bringen. Sie bitten mich also um eine Ferkelei.

Da stellt sich die Frage: Wie wichtig sind Ihnen Verträge? Auch hier habe ich eine Meinung - vielleicht ein dummes Vorurteil - und ich bitte Sie auch in diesem Fall, mir zu widersprechen, wenn ich Ihnen Unrecht tue. Mir fällt Oscar Lafontaine ein, der einst Helmut Schmidt kritisierte und ihm „Sekundärtugenden“ bescheinigte (mit denen man auch ein KZ betreiben könnte). Halten Sie - und Ihre Partei - womöglich Vertragstreue für so etwas wie eine Sekundärtugend, auf die es nicht ankommt, wenn man sich dermaßen im Recht sieht, wie Sie es offenbar tun? Und wollen Sie die „Geschäftspolitik“ von Vattenfall, die sich, wie Sie es nennen, „für keine Ferkelei zu schade ist“, etwa mit einer weiteren Ferkelei bekämpfen?

Dabei wäre die Ferkelei, um die Sie mich inständig bitten, die schlimmere. Denn mein Vertragsbruch wäre eine echte Ferkelei, was man daran erkennt, dass sie strafbar ist. Die Ferkeleien von Vattenfall dagegen sind nur so genannte Ferkeleien – von Ihnen so genannt. Wären es echte (also strafbare) Ferkeleien, wäre es die Aufgabe der Politik, da einzugreifen. Tun Sie das? Informieren Sie mich bitte darüber! Mein Verdacht ist, dass Sie es eben nicht tun und wenn doch, dass Sie in dieser Sache nicht erfolgreich sind und sich ersatzweise auf reine Propaganda verlegen. Doch auch da müssen Sie eine deutliche Haltung einnehmen und einfache Fragen beantworten: Ist das Nichteinhalten von Verträgen eine „Geschäftspolitik“ - ein „Gebaren“ -, das Sie ablehnen oder nicht? Wie würden Sie es nennen, wenn Vattenfall Verträge nicht einhalten würde? Halten Sie Ihrerseits Verträge ein?

Damit sind wir bei der Frage der angemessenen Mittel, die, wie Hegel sagte, die „Wahrheit über den Zweck verraten“. Ihre Strategie, mich als vertragsbrüchigen Spielverderber zu instrumentalisieren, ist weder recht noch billig (jedenfalls nicht für mich, für Sie natürlich schon). Und was wäre der Zweck, der dieses Mittel heiligen soll?

Wenn 1500 Beschäftigten bei Vattenfall die Entlassung droht, warum soll ich mich dann auch noch aus meinen Verpflichtungen entlassen (die ich übrigens auch - ja, sogar verstärkt - gegenüber dem Publikum empfinde)? Was halten Sie für wünschenswert: für Vattenfall zu arbeiten oder von Vattenfall entlassen zu werden? Also: Den Beschäftigten, die unmittelbar mit den von Ihnen beklagten Ferkeleien zu tun haben, soll der Arbeitsplatz erhalten werden; freie Dienstleistende dagegen, die im Rahmen des Kulturprogramms engagiert sind, (Ich habe schon mehrmals mit Vattenfall zusammen gearbeitet, es sind auch schon die 12. Lesetage, und kann nicht klagen ...) sollen sich selbst entlassen, um damit gegen die Entlassungen an anderer Stelle zu protestieren. Und was ist mit den Sportlern? Hätten die „unzähligen“ Teilnehmer beim 30. Vattenfall-Halbmarathon etwa aus politischen Gründen kurz vor dem Ziel stehen bleiben sollen?

Ich habe den Eindruck, dass Sie über das Zusammenspiel von Kultur und Politik primitive Vorstellungen haben. Bedenken Sie bitte, dass es sich bei ‚Käpt’n Blaubär’ um ein Programm geht, das sich in erster Linie an Kinder richtet. Wenn Sie wirklich der Meinung sind, dass Vattenfall damit versucht, von seiner „tatsächlichen Unternehmenspraxis abzulenken“, können Sie beruhigt sein: Das klappt nicht. Damit unterstellen Sie Ihrem Gegner eine Dummheit, die in hoher Dosis auf Sie selbst zurück strahlt. Ich kann in dem Rahmen weder als Vertuscher noch als Aufklärer wirken. Ich bin nicht als Referent über die vielfältigen Aktivitäten des Veranstalters geladen. Das ist nicht meine Rolle und entspricht nicht meinen Möglichkeiten. Ich bin auch kein Feigenblatt. Aus welcher Mottenkiste haben Sie denn diese Formulierung? (Die Frage müssen Sie nicht beantworten, das interessiert mich nur am Rande).

Richtig wiederum ist, dass sich Vattenfall mit dem Sponsoring von Kultur und Sport ein „freundliches Image“ verschaffen kann. An dieser Stelle wollen Sie nun ansetzen, um durch eine Absage dem Veranstalter einen Image-Verlust zuzufügen. Dazu meine nächste Frage – diesmal wieder in Zahlen. Stellen wir uns 500 Besucher vor, die von der Absage betroffen wären. Wie viele davon würden ihren Unmut gegen den Künstler (also gegen mich) richten und wie viele gegen den Veranstalter (also gegen Vattenfall)?

Nicht nur dass ich schon lange als Künstler durch die Lande reise, ich habe außerdem seit den 70er Jahren, als ich empirische Kulturwissenschaften studiert habe, als Veranstalter und Kritiker gearbeitet und im Laufe der Jahre schon einiges an Absagen mit den entsprechenden Reaktionen des Publikums erlebt. Ich könnte Ihnen da eine recht fundierte Einschätzung liefern – falls Sie es überhaupt wissen wollen. Ich bin jedenfalls neugierig auf Ihre Schätzung.

Wie auch immer Ihre Quote aussieht, Sie rechnen schon damit, dass ein gewisser Image-Verlust auch an mir hängen bliebe – oder? Dabei gäbe es nicht nur einen rein ideellen Verlust (der sich vielleicht sogar auf den Blaubär überträgt, den ich ja nicht alleine ausgedacht habe), sondern als weitere Nebenwirkung auch noch einen materiellen; denn wenn ich erst einmal das Image habe, Verträge nicht einzuhalten, muss ich damit rechnen, dass gerade die guten Veranstalter, solche Künstler instinktiv meiden und dass ich aufgrund meines Geschäftsgebarens weitere finanzielle Einbußen fürchten muss.

Es fehlt mir da die Erfolgsaussicht. Die Perspektive. Das Positive. Ich erkenne am Horizont niemanden, der – wie es bei Ernst Bloch heißt – ins „Gelingen verliebt“ ist. Im Gegenteil. Es sieht mir verdächtig nach einem katastrophenverliebten Crashkurs aus. Es soll nur Schaden angerichtet werden. Der 15.4. ist ein historisches Datum. Bekanntlich ist an dem Tag in den frühen Morgenstunden die ‚Titanic’ untergegangen. Stellen Sie sich etwa auch für die Lesetage so eine „Katastrophe“ vor, mit einer spektakulären Pleite für das Flaggschiff der Eröffnungsveranstaltung? Ich soll die Show platzen lassen und dabei als eine Art Selbstmordattentäter ohne Sprengstoff auftreten. Dazu also wollen Sie mich „missbrauchen“?

Sieht so ein linkes Engagement von heute aus? Worin unterscheiden Sie sich dann von Priestern, die ständig die Katastrophe - den Weltuntergang - predigen, damit die verschreckten Schäfchen Opfer bringen und selber in Leben in Selbstgefälligkeit führen? Sie erwarten recht große Opfer: Ich soll finanzielle Einbußen hinnehmen, soll Abstriche bei meinem Selbstwertgefühl machen, soll es in Kauf nehmen, dass ich als unzuverlässig gelte, und einen Image-Verlust hätte ich auch zu verkraften. Außerdem - und damit sind wir wieder beim Wert der Propaganda - soll ich mich mit einer halbgaren Meinungsäußerung blamieren.

Denn der Vertragsbruch würde mich nicht nur als Geschäftsmann unglaubwürdig machen, sondern auch in Hinblick auf die Aussage, die meine Absage mit Pauken und Trompeten begleiten soll. Denn ich könnte meinen Gesinnungswandel nicht anders begründen als mit Dummheit. Was stellen Sie sich denn vor, was soll ich sagen? Etwa: Ich war so blöd und habe mich nicht rechtzeitig um die wichtigen Dinge gekümmert, oder: Ich bin dermaßen leicht zu beeinflussen, dass ich nur einen Brief kriegen muss mit ein paar starken Formulierungen und einem Briefkopf vom Bundestag, schon halte ich meine Meinung von gestern für bedeutungslos? Wie auch immer: Meine Stellungnahme wäre in keinem Fall qualifiziert und würde sich selbst sofort ins Aus kicken. Man könnte mich nicht ernst nehmen. Ich möchte aber nicht - wie Sie sich vielleicht nur schwer vorstellen können - als jemand auftreten, der Inkompetenz und Unzuverlässigkeit vor sich herflattern lässt wie eine Alkoholfahne. Ich möchte nicht so dumm dastehen, wie Sie mich hinstellen wollen. Sie verwechseln mich da mit der Figur eines gewissen Leichtmatrosen. Jürgen Trettin hat mir mal einen Titel vorgeschlagen, falls ich später mal meine Biografie schreiben will – und zwar: „Ich war Hein Blöd!“ Ein Scherz. Ein kleiner. Es ist schon lange her. Er konnte nicht ahnen, dass Sie das – ohne jeden Humor – als Rolle für mich wünschen.

Die Fragen, die ich angesprochen habe, sind womöglich nicht leicht zu beantworten, aber ein paar Zeilen sollte es Ihnen schon wert sein. Keine Mühe dürften Ihnen die Fragen nach den Schätzwerten machen. Da müssen Sie einfach nur offenbaren, was Sie sich vorgestellt haben (irgendwas werden Sie sich ja gedacht haben) – also, noch mal kurz:

1. Für wie hoch halten sie das rein finanzielle Opfer, das Sie von mir erbitten? In Euro.

2. Wie viel wäre Ihnen selber so ein Engagement wert? In Prozenten.

3. Zur vermuteten Erfolgsquote der gewünschten Maßnahme: Bei 500 von der Absage betroffenen Besuchern würde sich der Image-Schaden wie verteilen?
Gegen mich:
Gegen Vattenfall:

Bin gespannt – und grüße mit gemischten Gefühlen.

Bernhard Lassahn

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