Ansgar Neuhof / 27.04.2016 / 15:00 / Foto: Wikimedia Commons / 1 / Seite ausdrucken

Wozu braucht die SPD eine Off-Shore-Firma in Hongkong? (Teil 3)

Von Ansgar Neuhof.

In zwei Beiträgen hier und hier habe ich kürzlich über die SPD-Off-Shore-Firma Cavete Global Limited in Hongkong berichtet. Mittlerweile gibt es auch offizielle Reaktionen der SPD, die jedoch keine Aufklärung bringen, sondern widersprüchlich sind und mit bisherigen offiziellen Verlautbarungen nicht übereinstimmen.

Zunächst die Aussage der SPD-Generalsekretärin Katarina Barley am 16.04.2016 zur Cavete Ltd.  in einem Interview mit dem SWR :"Es geht um eine chinesische Variante der Zeitschrift Öko-Test. In China kann man sowas nur machen, wenn man auch in China eine Niederlassung hat. Eine Alternative ist, das in Hongkong zu machen, das haben wir getan.“ Diese Firma sei in China und Deutschland gemeldet und mache auch nichts anderes, als diese Zeitschrift in China zu betreiben. Es handele sich dabei keinesfalls um eine Briefkastenfirma.

Und nun die SPD-Parteizeitung Vorwärts am 20.04.2016 in einem Online-Beitrag:Im vergangenen Jahr ging mit der Internetseite Okoer.com ein Verbraucherportal für China online. … Um sich in China zu engagieren, war jedoch eine Firma notwendig, die ihren Sitz im Land hat. Hongkong geriet in den Blick … Eine mehrheitliche Beteiligung ausländischer Unternehmen an in China tätigen Unternehmen lässt sich in Hongkong wesentlich einfacher umsetzen als im chinesischen Mutterland. Deshalb wurde die Cavete Global Ltd. in der einstigen britischen Kronkolonie angesiedelt.

Frau Barley und der Vorwärts behaupten also, daß man die Firma in Hongkong benötige, um eine Zeitung zu verlegen (so Frau Barley) bzw. das Internetportal Okoer.com zu betreiben (so Vorwärts).

Ganz anders liest sich dies dann aber im Konzernabschluß der SPD-Wirtschaftsholding ddvg für 2014, wo es zur Cavete Ltd. heißt: „Als weiteren wichtigen Schritt … hat die ddvg in 2014 die Cavete Global Ltd. in Hongkong gegründet. In Kooperation zwischen der Öko-Test-Verlag GmbH und drei chinesischen Partnern wurde das erste unabhängige Verbraucherportal „Okoer.com“ in der VR China gestartet. Die neu gegründete Gesellschaft in Hongkong soll in 2015 ein gesellschaftsrechtliches Joint Venture mit den chinesischen Kooperationspartnern gründen, die die Vermarktung des Portals übernimmt.“ 

Schenkt man dem Konzernabschluß der ddvg Glauben, immerhin von Wirtschaftsprüfern testiert, dann ergibt sich folgendes Bild: Es gibt in China das Internet-Verbraucherportal Okoer.com, das auf einer Kooperation zwischen der Öko-Test Verlag GmbH und drei chinesischen Partnern basiert.  Außerdem gibt es die Cavete Global Ltd., die mittels eines Joint Ventures mit den chinesischen Partnern die Vermarktung des Portals übernehmen soll.

Unzutreffende SPD-Erklärungen

Gemessen an der offiziellen Verlautbarung im Konzernabschluß der ddvg sind die Erklärungen von Frau Barley und dem Vorwärts in folgenden Punkten unzutreffend:

1. Es geht nicht, wie Fr. Barley sagt, um eine Zeitung, sondern um ein Internetportal.

2. Die Cavete Ltd. betreibt nicht das chinesische Portal Okoer.com, sondern soll es vermarkten. Die Angaben von Fr. Barley und dem Vorwärts zum Geschäftszweck sind falsch.

3. Das chinesiche Internetportal Okoer.com befindet sich im Besitz der chinesichen Firma Youke, deren Gesellschafter drei chinesische Staatsbürger sind. Die Cavete Global Ltd. ist daran nicht beteiligt. Fr. Barley sagte hingegen, daß "man sowas nur machen" könne, wenn man in China bzw. Hongkong eine Niederlassung habe. Der Vorwärts schwächt dies immerhin ab und schreibt, daß es sich in Hongkong leichter umsetzen lasse. Beide ignorieren, daß die Cavete Global Ltd. an dem Portal bzw. an dem dieses Portal betreibenden Unternehmen nicht beteiligt ist, also keinswegs dafür benötigt wird.

Drei verschiedene Versionen für denselben Sachverhalt

Der Konzernabschluß der ddvg, Katarina Barley und Vorwärts liefern drei (!) verschiedene SPD-Versionen für denselben Sachverhalt. Das ist erklärungsbedürftig. Versucht man sich an einer steuerlichen und juristischen Bewertung, ist folgendes festzustellen:

1. Ob die Cavete Global Ltd. eine Briefkastenfirma ist, ist unklar. Da die Angaben von Frau Barley und Vorwärts zum tatsächlichen Geschäftszweck nicht stimmen, ist nicht ersichtlich, ob die Cavete Ltd. eine eigene Geschäftstätigkeit ausübt (wie z. B. die Vermarktung des Portals Okoer.com). Im Konzernabschluß für 2014, der am 21.10.2015 unterzeichnet wurde, heißt es auch nur, daß eine Vermarktungstätigkeit ausgeübt werden soll, also offenbar zumindest bis dahin noch nicht ausgeübt wurde. Jedenfalls sind typische Merkmale einer Briefkastenfirma erfüllt. Äußerst geringes Stammkapital (1.000 Hongkong-Dollar, d. h. ca. 115 €). Gründung und Verwaltung durch die Tricor Ltd., wohl die bedeutendste Büro-Servicegesellschaft für ausländische Firmeninhaber in Hongkong. Postanschrift bei dieser Service-Gesellschaft. Daß die Cavete Ltd. über Geschäftsräume und eigenes Personal verfügt, ist nicht erkennbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs besteht in solchen Fällen die - widerlegbare - Vermutung, daß es sich um eine Briefkastenfirma zur Umgehung der deutschen Steuer handele.

2. Es ist allerdings nicht anzunehmen, daß die Cavete Ltd. als bloße Briefkastenfirma zur kriminellen Steuerhinterziehung gedacht ist. Bisher werden ohnehin nur Anfangsverluste aufgelaufen sein, die zu keiner Steuer führen. Vielmehr ist die Firma für die SPD bzw. ddvg sehr viel interessanter, wenn sie einen  echten Geschäftsbetrieb unterhält bzw. aufnehmen würde. Denn dann kann die SPD bzw. ddvg tatsächlich Steuern sparen – und das ganz legal. Sie muß nur noch den deutschen Geschäftsführer der Cavete Ltd. durch einen in Hongkong ansässigen Geschäftsführer ersetzen, und schon unterfällt sie nicht mehr der deutschen Steuerpflicht. Mit der Aufnahme eines Geschäftsbetriebes und einem Geschäftsführerwechsel wäre die Cavete Ltd. nicht nur kein Briefkasten mehr, sondern würde auf ihre geschäftlichen Aktivitäten mit China Steuern in Höhe von 0 (in Worten: Null) Euro/Dollar zahlen; denn weder in Hongkong noch in Deutschland würden Steuern erhoben werden. Und das wäre dann in der Tat die höchste Kunst der Steueroptimierung. Null Steuern und das noch legal.

3. Dabei könnte „Steueroptimierung“ noch nicht einmal der entscheidende Grund für die Firmengründung in Hongkong sein. Die Cavete Ltd. ist vor allem deshalb so wichtig, weil sie ihre Geschäfte im Geheimen machen kann. Die Geheimhaltung bezieht sich dabei nicht auf die Existenz der Firma - diese ist ja im Rechenschaftsbericht genannt -, sondern auf deren Aktivitäten und geschäftlichen Erfolg. So lassen sich die Vertragsbeziehungen zwischen der Vermarktungsfirma Cavete Ltd. und dem von Öko-Test betriebenen chinesischen Verbraucherportal Okoer.com unter dem Schutz Hongkongs beliebig gestalten; beispielsweise könnten die Vergütungen für die Vermarktungstätigkeit so hoch festgelegt werden, daß das (expandierende) Verbraucherportal in China nur geringe Gewinne erzielt, während bei der Cavete Ltd. in Hongkong hohe Gewinne anfallen, die daraus einen großen Kapitalstock aufbauen kann. Mit der Firmengründung in Hongkong entzieht sich die SPD bzw. ddvg den ohnehin nicht übermäßigen deutschen Transparenzvorschriften. Sollte die SPD bzw. ddvg also tatsächlich einmal den chinesischen Markt „erobern“ und sehr viel Geld verdienen, können Umsätze, Gewinne und daraus resultierende Vermögenswerte in unbegrenzter Höhe versteckt werden - gar nicht unbedingt vor dem Fiskus (denn insoweit fällt ja keine Steuer an, wenn man es richtig macht), sondern vor der Öffentlichkeit.

Mit welchem Steuersatz kalkuliert die SPD?

Fazit:

Die SPD ist aufgerufen, ihre Off-Shore-Aktivitäten in Hongkong und China aufzuklären. Die Nennung der chinesischen Partner sowie die Offenlegung der bisherigen Aktivitäten und der Jahresabschlüsse – auch ohne  Rechtspflicht – ist einzufordern. Auch die Offenlegung des Business-Plans ist angezeigt, der üblicherweise vor Beginn solch umfassender Aktivitäten aufgestellt wird und in Hongkong vor der Eröffnung eines Bankkontos der Bank vorgelegt werden muß und aus dem sich ergeben würde, mit welchem Steuersatz die SPD bzw. ddvg kalkuliert hat.

Ansgar Neuhof (46) ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit eigener Kanzlei in Berlindvg kalkuliert?

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Leserpost

netiquette:

Test 45: 40770

Andreas Rochow / 27.04.2016

Ebenso wie um die Panama Papers wird es um die unappetitlichen SPD-Aktivitäten mit Cavete Global Ltd. in Honkong still werden. Der SPD-eigene Medienkonzern kann mit dazu beitragen und das "Feindbild" von NGOs wie Transparency International ist ein anderes.

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