Am Übelsten sind sie traditionellen Universitätsstädte, wo der linksgrüne Zeitgeist seinen Nachwuchs, wie einst die RAF unter Heimkindern, neuerdings unter ‘Landeskindern’ rekrutiert: “[...] nichts erlebt, nichts entbehrt, nichts erlitten, nichts durchgefochten. Nie Mut zeigen müssen. Nie ein Rückgrat ausgebildet. Früh an die Rente gedacht. Selten Väter, nie Männer geworden” (M. Klonovsky). In solchen Biotopen gedeihen Lebensformen von hängengebliebenen Abbrechern, Absolventen und Nichtabbrechern (=Langzeitgrundstudiumsabsolventen) samt abgebrochenen, absolvierten und nichtabgebrochenen Kebsweibern, die auf die Spießigkeit der ländlichen (oder, der Begriff in seiner weitesten Bedeutung benutzt, kleinbürgerlichen) Elterngeneration ein grelles Licht werfen—bespaßt von akademischen Karrieristen (deren ungezogener Nachwuchs mit elterlicher Rückendeckung das Kollegium einer jeden Bildungseinrichtung terrorisiert) sowie dem bunten Kulturprogramm der eingewanderten Einen Welt; von seiner eigenen Halbbildung, Fortschrittlichkeit, Gutmenschlichkeit und Wichtigkeit so durchdrungen, dass sogar das städtische Weichbild darunter leidet und als Kreuzung aus grellem ‘Unser Dorf wird schöner’—Biedermeier und totalitärem Monumentalismus neuester Sachlichkeit anzusprechen ist: der provinzielle Beitrag zur eingebildeten Postmoderne trieft aus jeder nachgebesserten Baustelle, wo nach spätestens zehn Jahren der Regen durchs Flachdach tröpfelt und das schärfere Ohr dabei das ununterbrochene Trällern eines Gassenhauers unterscheidet: “Wärst Du Dussel doch im Dorf geblieben”.
“Mehr entspannte Menschen mit Bodenhaftung könnten einen entscheidenden Unterschied machen.” Jetzt habe ich erst mal ganz herzlich gelacht. WOHER bitteschön sollen die “entspannten Menschen mit Bodenhaftung” kommen? Ich habe fast 14 Jahre in einem kleinen Dorf, mit S Bahn Anschluß, nahe München gewohnt. Obwohl ich der “Exot”, dazu noch vom Klassenfeind war, haben mich die Dorfbewohner ohne wenn und aber einfach aufgenommen, als wäre ich schon ewig da. Wenn ich heute nach 18 Jahren in dieses “Dorf” komme, erkenne ich es nicht wieder, es wimmelt nur so von Städtern, die ihre STADTMENTALITÄT aber leider mitgebracht haben. Keiner kennt keinen mehr, die Einbrüche haben zugenommen, was vorher kaum möglich war, weil jeder jeden kannte. Von Bodenhaftung keine Spur. Früh gehts mit dem SUV auf Arbeit, viele Kinder werden vorher im “Waldkindergarten” abgegeben, WAS soll da noch entspannt sein ?? Weil die Grundstückspreise explodiert sind in dieser Gegend, kleben die meisten Doppelhaushälften aneinander, das schafft eine wunderbare “Entspannung”. Die ganze Mist aus der Stadt wird jetzt auf die “Dörfer” verlegt. Wer dörflich, ohne Schnickschnack leben möchte, muß weit raus fahren, ohne ÖV Anschluß, ohne med. Versorgung, ohne Einkaufsmöglichkeit, geschweige denn Schulen und Kindergärten, eben dahin, wo sich die Füchse Gute Nacht sagen. Für Rentner ohne Auto unmöglich und für Berufstätige mit Kindern ebenfalls. Diese wunderschönen Gegenden werden leider immer mehr verfallen, weil unattraktiv für Gewerbe , Medizin und Handel. HEUTE muß sich ALLES lohnen, der Mensch wird immer mehr zur Nebensache. Die Kabarettistin LISA FITZ sagte es doch ganz deutlich, auf JEDEM Abgeordneten sitzen 30 Lobbyisten! München das “Millionendorf” hat seinen urigen Charakter total verloren, die Fußgängerzone ist genau so unattraktiv und verwechselbar wie jede andere in Deutschland ! Wie geklont sind diese grausamen Glasbauten, die zwischen die schönen alten Häuser gequetscht wurden.
@Andreas Rochow Keime benötigen nicht nur Wärme, sondern auch Nahrung, um zu gedeihen, und daran fehlt es in beiderseits mit Filtervlies abgeschotteten Blechkanälen. Ich finde nach fünf Jahren Betrieb in meinem Röhrensystem noch nicht mal Staub – im Filtervlies dafür um so mehr. Doch nicht nur Staub und Pollen hält die Anlage ab, sondern auch Mücken und Lärm. Im Sommer kommt die Luft vom Erdregister vorgekühlt aus den Düsen und im Winter vorgewärmt. Deshalb und wegen der 20 cm Dämmung sind auch bei -18 °C draußen die Innenoberflächen meiner Außenwände handwarm und jegliches Zugempfinden im Nacken, wenn ich abends auf dem Sofa sitze, gehört der Vergangenheit an. Herrlich! Ich gebe gerne zu, dass dieser Komfort in einer Stadtwohnung im 4. OG nicht zu haben ist.
Der größte Irrtum in der Debatte und leider gebetsmühlenartig wiederholt wird, das der Berliner ja das bekäme, was er selbst gewählt hat. Alle anderen, müssen sich dem Diktat der Mehrheit beugen. Hier kommen eine große Menge aus ihren kleinen Klitschen her und wollen Großstadt spielen. An den Feiertagen ist dann der Kollwitzplatz und andere urbanen Gebiete wie ausgestorben, weil alle zu Mutti und Vati zurück in die Provinz fahren. Sie gestalten wie kleine Kinder hier alles um nach ihren Vorstellungen, das Problem ist nur, dass alle darunter zu leiden haben, weil eine Mehrheit von Grünen-Fanatikern auf alte und neue Linken-Fanatiker treffen. Selbst das Wohnen im Umland befreit nicht komplett davon, wenn man Pech hat, trifft man auf Vorwende-sozialisierte Zuträger und Blockwarte, die immer noch eine gewisse Dominanz haben. Und dann eben die selben Spinner aus der Stadt, die hier ihre Träume von Landleben zelebrieren wollen.
Es muss doch möglich sein, in der Stadt in der man verwurzelt ist, einigermaßen vernünftig wohnen zu können. Auch die oft geäußerte Bemerkung, einfach wegziehen zu sollen, wenn es einem nicht passt, geht insoweit ins Leere, dass gar nicht einzusehen ist, sich diesem Massenirrsinn zu unterwerfen. Wann soll denn eine Grenze überschritten sein, dass man einen so weitreichenden Schritt macht, nicht jeder ist Beamter oder Pensionär und lässt gerne Freunde, Verwandte und wohnortnahe Versorgung wie Ärzte, Schule, techn. Dienstleistungen usw. sausen. Ein zusätzlicher Horror wartet am Morgen und Abend auf alle Pendler – die Zufahrtstraßen sind regelmäßig verstopft und der ÖPNV an der Kotzgrenze. Da sind die Landromantik-Träume schnell ausgeträumt. Warum lässt man zu, dass ein paar Egoisten die Caronakrise dazu missbrauchen, temporäre Fahrradstreifen zu installieren. Gleichzeitig nehmen aber die Fahrten der Lieferdienste zu, die bestimmt auch von diesen Egoisten bevorzugt aktiviert werden, die diese Fahrradstreifen benötigen zum Ausladen, da Internetbestellungen ja so hipp sind. Alles ein riesiger Kindergarten, andere werden überstimmt und niedergeschrieen, Hauptsache alle Infantilen bekommen ihren Willen. Hier wäre angebracht: “Macht das kaputt, was euch kaputtmacht!“. Das wird lustig, wenn sich die Sch..haus-Parolen auf einmal gegen die Mezzo-Sopranisten der Verblödungsindustrie richten.
Beklemmend, wie man selbst als hartgesottener Konservativer die ökosozialistische Terminologie internalisiert: „… mehr entspannte Menschen in Bodenhaltung …“ lese ich beim Überfliegen des letzten Satzes. Irgendwie aber gefällt es mir so besser. Bisher hat sich der deutsche Michel in beengter urbaner Etagenhaltung verblöden lassen, jetzt also, wenn die Trendprognose der Autorin stimmt, in „entspannter“ ländlicher Bodenhaltung. Annette Heinischs Optimismus, das rot-grüne Juste Milieu werde durch kontinuierliches Einatmen von Landluft aus seiner Blase herausfinden, teile ich nicht.
Es ist eine Legende zu glauben, man entkäme den Identitätsblasen auf dem Land oder am Metropolenrand. Die sind schon lange da, weil sie die Konsequenzen ihrer Transformations-Hybris selbst nicht mehr ertragen. Sie werden also schlimmstenfalls Nachzügler, der auf Zweikämpfe mit der Ignoranz vorbereitet sein muß als ” Nachbarschaftspflege “. Vom Land predigt sich die Weltfremdheit noch hartnäckiger und müheloser, entspannter halt. Und ist dort bereits schon mächtig in Mode gekommen. ALLE träumen davon, “auf dem Land “ zu leben, wo man bequem Wein saufen und Wasser predigen kann. Der dort zu beobachtende Bauboom wird dem Land den Rest geben und es komplett zersiedeln. Schuld daran ist die nicht vorhandene Einsicht, daß Deutschland besser dran wäre, wenn seine Bevölkerungsdichte geringer werden würde durch glasklare Zuwanderungsbedingungen , die sich allein an beruflicher Qualifikation orientieren . Also Asylkontigent und Einwanderung als zwei Fragen voneinander deutlich trennt. Aber - dieser Zug ist endgültig abgefahren. Und so begibt sich jeder, der die Möglichkeit hat, auf die ” Flucht ” ,vor diesem ungelösten Problem in seine spezifische Schutzburg. Bei der Unverhandelbarkeit des Problems bleibt einem nichts anderes übrig, wenn man friedlich leben und alt werden will. Auf dem Land versucht man gewissermaßen die Schmerzgrenze zwischen sich und staatlicher Fahrlässigkeit zu ziehen.
Herr bewahre mich davor, dass erneut diese “urbanen Eliten” aufs Land ziehen, um hier den “Dummerchen” zu erklären, wie das “Leben mit der Natur” geht. Nämlich so, des Sommers den Nachbarn verklagen, weil auf seinem Grundstück die Frösche ungehindert quaken, die städtische Grüne im Frühjahr über die Straße getragen hat. Nein danke, es war schwierig genug, das Gros von Euch wieder aus den Dörfern hinaus zu ekeln, als Ihr versuchtet Zwietracht zu säen.
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